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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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warhafftiges bestes/ und zwar allezeit das
jenige am eiffrigsten und fleißigsten/ woran
demselben das meiste gelegen ist. Wann
wir Christen denn wissen/ daß gleich wie
uns/ also auch dem nechsten/ an dem geistli-
chen und seiner seelen heil das meiste gelegen/
so muß auch die liebe dieses sein gutes nicht
weniger als seine leibliche oder weltliche
wolfahrt suchen und verlangen. Daher
die jenige liebe/ welche sich allein damit ver-
gnugte/ das zeitliche wolwesen des nechsten
zu befördern/ ohne einige vor desselben seele
habende sorgfalt und verlangen/ würde sich
abermahl verrathen/ daß sie von keinem hö-
hern ursprung wäre/ als von der erden und
natur/ da hingegen/ welche sich auch auff
das geistliche erstrecket/ ihres Göttlichen ur-
sprungs zeugnis eben darinnen hat. Wie
wir aber von aller liebe anzeiget/ daß sie
thätlich seye/ so muß auch diese seyn/ daß
wie ich meines nechsten seele und heil lieben
solle/ ich auch nach allem vermögen an dem-
selben zu arbeiten/ mich nicht verdriessen las-
se. Es ist aber solche arbeit nicht nur die je-
nige/ welche gewissen standen und amptern
obliget/ da der prediger hauptwerck ist zu
trachten 1. Tim. 4/ 16. Daß sie sich selbs

selig

warhafftiges beſtes/ und zwar allezeit das
jenige am eiffrigſten und fleißigſten/ woran
demſelben das meiſte gelegen iſt. Wann
wir Chriſten denn wiſſen/ daß gleich wie
uns/ alſo auch dem nechſten/ an dem geiſtli-
chen und ſeineꝛ ſeelen heil das meiſte gelegen/
ſo muß auch die liebe dieſes ſein gutes nicht
weniger als ſeine leibliche oder weltliche
wolfahrt ſuchen und verlangen. Daher
die jenige liebe/ welche ſich allein damit ver-
gnugte/ das zeitliche wolweſen des nechſten
zu befoͤrdern/ ohne einige vor deſſelben ſeele
habende ſorgfalt und verlangen/ würde ſich
abermahl verrathen/ daß ſie von keinem hoͤ-
hern urſprung waͤre/ als von der erden und
natur/ da hingegen/ welche ſich auch auff
das geiſtliche erſtrecket/ ihres Goͤttlichen ur-
ſprungs zeugnis eben darinnen hat. Wie
wir aber von aller liebe anzeiget/ daß ſie
thaͤtlich ſeye/ ſo muß auch dieſe ſeyn/ daß
wie ich meines nechſten ſeele und heil lieben
ſolle/ ich auch nach allem vermoͤgen an dem-
ſelben zu arbeiten/ mich nicht verdrieſſen laſ-
ſe. Es iſt aber ſolche arbeit nicht nur die je-
nige/ welche gewiſſen ſtanden und amptern
obliget/ da der prediger hauptwerck iſt zu
trachten 1. Tim. 4/ 16. Daß ſie ſich ſelbs

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[159/0221] warhafftiges beſtes/ und zwar allezeit das jenige am eiffrigſten und fleißigſten/ woran demſelben das meiſte gelegen iſt. Wann wir Chriſten denn wiſſen/ daß gleich wie uns/ alſo auch dem nechſten/ an dem geiſtli- chen und ſeineꝛ ſeelen heil das meiſte gelegen/ ſo muß auch die liebe dieſes ſein gutes nicht weniger als ſeine leibliche oder weltliche wolfahrt ſuchen und verlangen. Daher die jenige liebe/ welche ſich allein damit ver- gnugte/ das zeitliche wolweſen des nechſten zu befoͤrdern/ ohne einige vor deſſelben ſeele habende ſorgfalt und verlangen/ würde ſich abermahl verrathen/ daß ſie von keinem hoͤ- hern urſprung waͤre/ als von der erden und natur/ da hingegen/ welche ſich auch auff das geiſtliche erſtrecket/ ihres Goͤttlichen ur- ſprungs zeugnis eben darinnen hat. Wie wir aber von aller liebe anzeiget/ daß ſie thaͤtlich ſeye/ ſo muß auch dieſe ſeyn/ daß wie ich meines nechſten ſeele und heil lieben ſolle/ ich auch nach allem vermoͤgen an dem- ſelben zu arbeiten/ mich nicht verdrieſſen laſ- ſe. Es iſt aber ſolche arbeit nicht nur die je- nige/ welche gewiſſen ſtanden und amptern obliget/ da der prediger hauptwerck iſt zu trachten 1. Tim. 4/ 16. Daß ſie ſich ſelbs ſelig

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/221>, abgerufen am 24.11.2024.