Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Der innerliche und geistliche Friede. Frankfurt (Main), 1686.

Bild:
<< vorherige Seite

sie. Sie sind eine kugel/ damit wir spielen/
oder auch unser geschäfft treiben mögen:
wir müssen uns aber nicht drauff stellen:
in jenem fall läufft sie da und dorthin/ und
wir bleiben in ruhe/ wo wir aber darauff
stehen wollen/ so haben wir nimmer festen
stand. Also alslang das hertz sich auff et-
was leget mit einer liebe/ so muß es in eben
der ungewißheit und unruhe stehen/ als
solche sache selbs unbeständig und vieler ge-
fahr unterworffen ist. Alles dieses aber
lässet sich nicht zuwege bringen/ das ist die
liebe deß zeitlichen ablegen/ ohne die oben
recommendirte erkantnuß der besten gü-
ter/ so der liebe würdig sind: weil ja das
menschliche hertz auß seiner unvollkommen-
heit allezeit etwas ausser sich haben muß/
auff dem es beruhe/ hat es nun nichts festes/
so greifft es nach dem was es hat: wie ei-
ner der in dem wasser in gefahr schwebet/
wo er nichts festes ergreiffen kan/ in der
angst nach jeglichem reise/ das ihn doch
nicht halten mag/ greiffet/ aber solches
fahren lässet/ bald er etwas bessers erbli-
cket. Also unser hertz von der liebe der welt-
lichen dinge abzuziehen/ ist kein füglicher
mittel/ als ihm die dinge vorzulegen/ die es

lieben

ſie. Sie ſind eine kugel/ damit wir ſpielen/
oder auch unſer geſchaͤfft treiben moͤgen:
wir muͤſſen uns aber nicht drauff ſtellen:
in jenem fall laͤufft ſie da und dorthin/ und
wir bleiben in ruhe/ wo wir aber darauff
ſtehen wollen/ ſo haben wir nimmer feſten
ſtand. Alſo alslang das hertz ſich auff et-
was leget mit einer liebe/ ſo muß es in eben
der ungewißheit und unruhe ſtehen/ als
ſolche ſache ſelbs unbeſtaͤndig und vieler ge-
fahr unterworffen iſt. Alles dieſes aber
laͤſſet ſich nicht zuwege bringen/ das iſt die
liebe deß zeitlichen ablegen/ ohne die oben
recommendirte erkantnuß der beſten guͤ-
ter/ ſo der liebe wuͤrdig ſind: weil ja das
menſchliche hertz auß ſeiner unvollkommen-
heit allezeit etwas auſſer ſich haben muß/
auff dem es beruhe/ hat es nun nichts feſtes/
ſo greifft es nach dem was es hat: wie ei-
ner der in dem waſſer in gefahr ſchwebet/
wo er nichts feſtes ergreiffen kan/ in der
angſt nach jeglichem reiſe/ das ihn doch
nicht halten mag/ greiffet/ aber ſolches
fahren laͤſſet/ bald er etwas beſſers erbli-
cket. Alſo unſer hertz von der liebe der welt-
lichen dinge abzuziehen/ iſt kein fuͤglicher
mittel/ als ihm die dinge vorzulegen/ die es

lieben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0158" n="146"/>
&#x017F;ie. Sie &#x017F;ind eine kugel/ damit wir &#x017F;pielen/<lb/>
oder auch un&#x017F;er ge&#x017F;cha&#x0364;fft treiben mo&#x0364;gen:<lb/>
wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en uns aber nicht drauff &#x017F;tellen:<lb/>
in jenem fall la&#x0364;ufft &#x017F;ie da und dorthin/ und<lb/>
wir bleiben in ruhe/ wo wir aber darauff<lb/>
&#x017F;tehen wollen/ &#x017F;o haben wir nimmer fe&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;tand. Al&#x017F;o alslang das hertz &#x017F;ich auff et-<lb/>
was leget mit einer liebe/ &#x017F;o muß es in eben<lb/>
der ungewißheit und unruhe &#x017F;tehen/ als<lb/>
&#x017F;olche &#x017F;ache &#x017F;elbs unbe&#x017F;ta&#x0364;ndig und vieler ge-<lb/>
fahr unterworffen i&#x017F;t. Alles die&#x017F;es aber<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich nicht zuwege bringen/ das i&#x017F;t die<lb/>
liebe deß zeitlichen ablegen/ ohne die oben<lb/><hi rendition="#aq">recommendirte</hi> erkantnuß der be&#x017F;ten gu&#x0364;-<lb/>
ter/ &#x017F;o der liebe wu&#x0364;rdig &#x017F;ind: weil ja das<lb/>
men&#x017F;chliche hertz auß &#x017F;einer unvollkommen-<lb/>
heit allezeit etwas au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich haben muß/<lb/>
auff dem es beruhe/ hat es nun nichts fe&#x017F;tes/<lb/>
&#x017F;o greifft es nach dem was es hat: wie ei-<lb/>
ner der in dem wa&#x017F;&#x017F;er in gefahr &#x017F;chwebet/<lb/>
wo er nichts fe&#x017F;tes ergreiffen kan/ in der<lb/>
ang&#x017F;t nach jeglichem rei&#x017F;e/ das ihn doch<lb/>
nicht halten mag/ greiffet/ aber &#x017F;olches<lb/>
fahren la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ bald er etwas be&#x017F;&#x017F;ers erbli-<lb/>
cket. Al&#x017F;o un&#x017F;er hertz von der liebe der welt-<lb/>
lichen dinge abzuziehen/ i&#x017F;t kein fu&#x0364;glicher<lb/>
mittel/ als ihm die dinge vorzulegen/ die es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lieben</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0158] ſie. Sie ſind eine kugel/ damit wir ſpielen/ oder auch unſer geſchaͤfft treiben moͤgen: wir muͤſſen uns aber nicht drauff ſtellen: in jenem fall laͤufft ſie da und dorthin/ und wir bleiben in ruhe/ wo wir aber darauff ſtehen wollen/ ſo haben wir nimmer feſten ſtand. Alſo alslang das hertz ſich auff et- was leget mit einer liebe/ ſo muß es in eben der ungewißheit und unruhe ſtehen/ als ſolche ſache ſelbs unbeſtaͤndig und vieler ge- fahr unterworffen iſt. Alles dieſes aber laͤſſet ſich nicht zuwege bringen/ das iſt die liebe deß zeitlichen ablegen/ ohne die oben recommendirte erkantnuß der beſten guͤ- ter/ ſo der liebe wuͤrdig ſind: weil ja das menſchliche hertz auß ſeiner unvollkommen- heit allezeit etwas auſſer ſich haben muß/ auff dem es beruhe/ hat es nun nichts feſtes/ ſo greifft es nach dem was es hat: wie ei- ner der in dem waſſer in gefahr ſchwebet/ wo er nichts feſtes ergreiffen kan/ in der angſt nach jeglichem reiſe/ das ihn doch nicht halten mag/ greiffet/ aber ſolches fahren laͤſſet/ bald er etwas beſſers erbli- cket. Alſo unſer hertz von der liebe der welt- lichen dinge abzuziehen/ iſt kein fuͤglicher mittel/ als ihm die dinge vorzulegen/ die es lieben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_friede_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_friede_1686/158
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Der innerliche und geistliche Friede. Frankfurt (Main), 1686, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_friede_1686/158>, abgerufen am 22.11.2024.