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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. I. SECT. XV.
gleich damit, wie es seyn solte, das hertz zu einer heiligen ehrerbietung vor
GOTT bewogen wird) so wird solche sünde unterschiedlichmal von denen
begangen, die sonsten, wo sie an GOTT gedencken, warhafftig zu einer hei-
ligen ehrerbietung gegen ihn sich bewogen finden, und in ihrem hertzen also
vieles dessen haben, dessen gegentheil doch in solchem liederlichen gebrauch
des worts sich zeigen will. Wo wir nun allen solchen mangel der ehrer-
bietung, die wir GOTT schuldig sind, vor grössere sünden halten, als mor-
den, stehlen, und anders dergleichen, so müsten wir eben solches von allem de-
me sagen, so offt wir zum exempel einiges mal in der schrifft lesen, GOTTes
wort hören, einige zeugnüssen göttlicher güte, gerechtigkeit und dergleichen
sehen, ein gebet thun, und aber nicht zugleich die jenige schuldige ehrerbie-
tung in dem hertzen haben, welche vor göttlicher majestät nöthig ist. Massen
alle solche eben einerley sünde sind mit dem mißbrauch des namens JESU.
So kommt auch noch dazu, daß die effectus solcher sünde bey weitem so
schwer nicht sind, als jener mit derselben vergliechener. Daher ob ich wol
keine, und also auch diese, sünde, nicht an sich selbs will gering machen, oder
achten, sondern aller sünden schwere erkenne, und lehre, so wolte ich doch
nicht gern einige sünde in vergleichung gegen andere so hoch exaggeriren,
da die zuhörer in dem nachsinnen leicht anstossen möchten, daß weil sie der[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
schwere nicht so groß befunden, sie hinge gen darnach die andere schwere eben
so wol gering achteten.
2. Jst unleugbar, daß der heilige Geist eben ein so hohe person seye,
als die übrige, als die gleicher ewigkeit und majestät sind, daher freylich dero-
selben lob und preiß in predigten und schrifften gehöret werden soll, wie
sie dann auch nimmermehr in dem gebet auszuschliessen ist, oder so viel ich
müßte, deroselben gedächtnis unterlassen wird. Zwar leugne ich nicht,
daß deren gebet sich wenigere finden, welche an den heiligen Geift besonders
gerichtet sind, als an den Vater und den Sohn. Es gehet uns aber auch
die schrifft hierinnen vor, wo wir die besondern gebet alle zu dem himmlischen
Vater und dem HERRN CHristo gerichtet finden werden, daß ich einen
guten freund kenne, welcher in schwere gedancken darüber gerathen, und
mir sein anligen geklagt, ob man auch den heiligen Geist anbeten dörff-
te, weil die schrifft so gar sparsam etwas dessen gedencke. Solte ich aber die
ursach suchen, achtete ich diese vor nicht verwerflich, weil der heilige Geist
der Geist deß gebets und dessen wirckende ursach bey uns ist, daß derselbe das
allermeiste gebet zu dem Vater und dem Sohn, selten aber zu sich, richtet;
Wie wir sehen, daß unser Heyland gemeiniglich auch alle ehr von sich auf
den Vater wendete. Was aber die vornehmste wercke des heiligen Geistes
anlanget, ists freylich also, wie gemeldet, daß dieselbe, die wiedergeburt
und
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ARTIC. I. SECT. XV.
gleich damit, wie es ſeyn ſolte, das hertz zu einer heiligen ehrerbietung vor
GOTT bewogen wird) ſo wird ſolche ſuͤnde unterſchiedlichmal von denen
begangen, die ſonſten, wo ſie an GOTT gedencken, warhafftig zu einer hei-
ligen ehrerbietung gegen ihn ſich bewogen finden, und in ihrem hertzen alſo
vieles deſſen haben, deſſen gegentheil doch in ſolchem liederlichen gebrauch
des worts ſich zeigen will. Wo wir nun allen ſolchen mangel der ehrer-
bietung, die wir GOTT ſchuldig ſind, vor groͤſſere ſuͤnden halten, als mor-
den, ſtehlen, und anders dergleichen, ſo muͤſten wir eben ſolches von allem de-
me ſagen, ſo offt wir zum exempel einiges mal in der ſchrifft leſen, GOTTes
wort hoͤren, einige zeugnuͤſſen goͤttlicher guͤte, gerechtigkeit und dergleichen
ſehen, ein gebet thun, und aber nicht zugleich die jenige ſchuldige ehrerbie-
tung in dem hertzen haben, welche vor goͤttlicher majeſtaͤt noͤthig iſt. Maſſen
alle ſolche eben einerley ſuͤnde ſind mit dem mißbrauch des namens JESU.
So kommt auch noch dazu, daß die effectus ſolcher ſuͤnde bey weitem ſo
ſchwer nicht ſind, als jener mit derſelben vergliechener. Daher ob ich wol
keine, und alſo auch dieſe, ſuͤnde, nicht an ſich ſelbs will gering machen, oder
achten, ſondern aller ſuͤnden ſchwere erkenne, und lehre, ſo wolte ich doch
nicht gern einige ſuͤnde in vergleichung gegen andere ſo hoch exaggeriren,
da die zuhoͤrer in dem nachſinnen leicht anſtoſſen moͤchten, daß weil ſie der[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
ſchwere nicht ſo groß befunden, ſie hinge gen darnach die andere ſchwere eben
ſo wol gering achteten.
2. Jſt unleugbar, daß der heilige Geiſt eben ein ſo hohe perſon ſeye,
als die uͤbrige, als die gleicher ewigkeit und majeſtaͤt ſind, daher freylich dero-
ſelben lob und preiß in predigten und ſchrifften gehoͤret werden ſoll, wie
ſie dann auch nimmermehr in dem gebet auszuſchlieſſen iſt, oder ſo viel ich
muͤßte, deroſelben gedaͤchtnis unterlaſſen wird. Zwar leugne ich nicht,
daß deren gebet ſich wenigere finden, welche an den heiligen Geift beſonderſ
gerichtet ſind, als an den Vater und den Sohn. Es gehet uns aber auch
die ſchrifft hierinnen vor, wo wir die beſondern gebet alle zu dem himmliſchen
Vater und dem HERRN CHriſto gerichtet finden werden, daß ich einen
guten freund kenne, welcher in ſchwere gedancken daruͤber gerathen, und
mir ſein anligen geklagt, ob man auch den heiligen Geiſt anbeten doͤrff-
te, weil die ſchrifft ſo gar ſparſam etwas deſſen gedencke. Solte ich aber die
urſach ſuchen, achtete ich dieſe vor nicht verwerflich, weil der heilige Geiſt
der Geiſt deß gebets und deſſen wirckende urſach bey uns iſt, daß derſelbe das
allermeiſte gebet zu dem Vater und dem Sohn, ſelten aber zu ſich, richtet;
Wie wir ſehen, daß unſer Heyland gemeiniglich auch alle ehr von ſich auf
den Vater wendete. Was aber die vornehmſte wercke des heiligen Geiſtes
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und
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[75/0087] ARTIC. I. SECT. XV. gleich damit, wie es ſeyn ſolte, das hertz zu einer heiligen ehrerbietung vor GOTT bewogen wird) ſo wird ſolche ſuͤnde unterſchiedlichmal von denen begangen, die ſonſten, wo ſie an GOTT gedencken, warhafftig zu einer hei- ligen ehrerbietung gegen ihn ſich bewogen finden, und in ihrem hertzen alſo vieles deſſen haben, deſſen gegentheil doch in ſolchem liederlichen gebrauch des worts ſich zeigen will. Wo wir nun allen ſolchen mangel der ehrer- bietung, die wir GOTT ſchuldig ſind, vor groͤſſere ſuͤnden halten, als mor- den, ſtehlen, und anders dergleichen, ſo muͤſten wir eben ſolches von allem de- me ſagen, ſo offt wir zum exempel einiges mal in der ſchrifft leſen, GOTTes wort hoͤren, einige zeugnuͤſſen goͤttlicher guͤte, gerechtigkeit und dergleichen ſehen, ein gebet thun, und aber nicht zugleich die jenige ſchuldige ehrerbie- tung in dem hertzen haben, welche vor goͤttlicher majeſtaͤt noͤthig iſt. Maſſen alle ſolche eben einerley ſuͤnde ſind mit dem mißbrauch des namens JESU. So kommt auch noch dazu, daß die effectus ſolcher ſuͤnde bey weitem ſo ſchwer nicht ſind, als jener mit derſelben vergliechener. Daher ob ich wol keine, und alſo auch dieſe, ſuͤnde, nicht an ſich ſelbs will gering machen, oder achten, ſondern aller ſuͤnden ſchwere erkenne, und lehre, ſo wolte ich doch nicht gern einige ſuͤnde in vergleichung gegen andere ſo hoch exaggeriren, da die zuhoͤrer in dem nachſinnen leicht anſtoſſen moͤchten, daß weil ſie der_ ſchwere nicht ſo groß befunden, ſie hinge gen darnach die andere ſchwere eben ſo wol gering achteten. 2. Jſt unleugbar, daß der heilige Geiſt eben ein ſo hohe perſon ſeye, als die uͤbrige, als die gleicher ewigkeit und majeſtaͤt ſind, daher freylich dero- ſelben lob und preiß in predigten und ſchrifften gehoͤret werden ſoll, wie ſie dann auch nimmermehr in dem gebet auszuſchlieſſen iſt, oder ſo viel ich muͤßte, deroſelben gedaͤchtnis unterlaſſen wird. Zwar leugne ich nicht, daß deren gebet ſich wenigere finden, welche an den heiligen Geift beſonderſ gerichtet ſind, als an den Vater und den Sohn. Es gehet uns aber auch die ſchrifft hierinnen vor, wo wir die beſondern gebet alle zu dem himmliſchen Vater und dem HERRN CHriſto gerichtet finden werden, daß ich einen guten freund kenne, welcher in ſchwere gedancken daruͤber gerathen, und mir ſein anligen geklagt, ob man auch den heiligen Geiſt anbeten doͤrff- te, weil die ſchrifft ſo gar ſparſam etwas deſſen gedencke. Solte ich aber die urſach ſuchen, achtete ich dieſe vor nicht verwerflich, weil der heilige Geiſt der Geiſt deß gebets und deſſen wirckende urſach bey uns iſt, daß derſelbe das allermeiſte gebet zu dem Vater und dem Sohn, ſelten aber zu ſich, richtet; Wie wir ſehen, daß unſer Heyland gemeiniglich auch alle ehr von ſich auf den Vater wendete. Was aber die vornehmſte wercke des heiligen Geiſtes anlanget, iſts freylich alſo, wie gemeldet, daß dieſelbe, die wiedergeburt und k 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/87>, abgerufen am 25.11.2024.