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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
deln, ob ers gleich mißbraucht, denn um der person und unglaubens wil-
len wird das wort nicht falsch, dadurch es ein sacrament worden, und
eingesetzt, denn er spricht nicht, wenn ihr glaubt und würdig seyd, so habr
ihr mein leib und blut, sondern; nehmet, esset, trincket, das ist mein leib
und blut:
item solches thut (nemlich das ich jetzo thue, einsetze, euch gebe
und nehmen heisse.) Das ist so viel gesagt, GOtt gebe du seyest unwürdig
oder würdig, so hastu hie sein leib und blut, aus krafft dieser wort, so zu
dem brod und wein kommen. Solches mercke und behalte nur wol, denn
auf den worten stehet aller unser grund, schutz und wehre wider alle irr-
thüme und verführuug, so je kommen sind, oder noch kommen mögen.

Diese wort könten nicht klärer seyn. Daher da der theure mann gleich anfangs f.
222. a. (lat. p. 551.)
seine handlung von dem H. sacrament in 3. stück ausdrücklich
abtheilet, was es seye, was es nütze, und wer es empfangen solle: so ist unse-
re frage aus dem ersten auszumachen, und hat er sich gnug erkläret: darauf folgt
p. 555. von dem nutzen, und p. 558. (teutsch f. 224.) wer die person sey, die solche
krafft und nutz
(er saget nicht, die sache des sacraments selbs) empfahe. Da-
mit fallen alle darzwischen gesetzte glossen, die wort auf den vorgefasten sinn zu brin-
gen, von selbsten dahin, und bleibet hingegen fest stehen, wo Lutherus und auch die
Apologia von dem gebrauch des sacraments reden, und den glauben erfordern,
daß sie solches allezeit nicht von der natur des sacraments sondern dessen frucht und
heilsamen gebrauch verstanden haben wollen. Und komt mir die distinction unter
dem wesen und frucht des sacraments nicht dunckel sondern hell gnug, ja gantz noth-
wendig aus der natur des sacraments fliessend vor. So haben wir bey jedem sacra-
ment gnugsam eine doppelte verheissung, die eine dasjenige zu geben, was seine ein-
setzung in sich fasset, welche absolut und unbedingt, daher die person seye bewandt
wie sie wolle, dieselbe an ihr erfüllet wird, die andere aber gehet auf die frucht des sa-
craments, das in lauter geistlichen dingen bestehet, und daher hat sie allezeit die be-
dingung des glaubens bey sich. Der schluß, wenn die gottlosen das wesen des sacra-
ments hätten, so müsten sie auch einigen nutzen darvon haben, anders müste Christi
leib als etwas todtes angesehen werden, woraus folgte, daß die gottlosen auch von
dem lebendigmachenden leib Christi (Joh. 6. v. 51. 54. 55.) müsten vergebung der
sünden haben, welches gleichwol GOttes heiligkeit nicht zugebe, hat keine krafft.
Dann Christi leib ist zwar nie nicht todt oder in sich selbs unkräfftig, aber bey einigen
wircket er nicht, weil sie seiner wirckung nicht fähig sind. Also war sein leib allezeit vol-
ler heilwertiger kraft: indessen genossen allein diejenige derselben, die ihn, ja jene nur
seines kleides saum, im glauben anrührten, hingegen Judas in seinem kuß, andere
die ihn in seinem leiden mißhandelten, rührten eben den leib an mit jenen, aber ohne
daher erlangte krafft. Also lässet GOttes heiligkeit zwar nicht zu, daß die gottlo-

sen

Das ſiebende Capitel.
deln, ob ers gleich mißbraucht, denn um der perſon und unglaubens wil-
len wird das wort nicht falſch, dadurch es ein ſacrament worden, und
eingeſetzt, denn er ſpricht nicht, wenn ihr glaubt und wuͤrdig ſeyd, ſo habr
ihr mein leib und blut, ſondern; nehmet, eſſet, trincket, das iſt mein leib
und blut:
item ſolches thut (nemlich das ich jetzo thue, einſetze, euch gebe
und nehmen heiſſe.) Das iſt ſo viel geſagt, GOtt gebe du ſeyeſt unwuͤrdig
oder wuͤrdig, ſo haſtu hie ſein leib und blut, aus krafft dieſer wort, ſo zu
dem brod und wein kommen. Solches mercke und behalte nur wol, denn
auf den worten ſtehet aller unſer grund, ſchutz und wehre wider alle irr-
thuͤme und verfuͤhruug, ſo je kommen ſind, oder noch kommen moͤgen.

Dieſe wort koͤnten nicht klaͤrer ſeyn. Daher da der theure mann gleich anfangs f.
222. a. (lat. p. 551.)
ſeine handlung von dem H. ſacrament in 3. ſtuͤck ausdruͤcklich
abtheilet, was es ſeye, was es nuͤtze, und wer es empfangen ſolle: ſo iſt unſe-
re frage aus dem erſten auszumachen, und hat er ſich gnug erklaͤret: darauf folgt
p. 555. von dem nutzen, und p. 558. (teutſch f. 224.) wer die perſon ſey, die ſolche
krafft und nutz
(er ſaget nicht, die ſache des ſacraments ſelbs) empfahe. Da-
mit fallen alle darzwiſchen geſetzte gloſſen, die wort auf den vorgefaſten ſinn zu brin-
gen, von ſelbſten dahin, und bleibet hingegen feſt ſtehen, wo Lutherus und auch die
Apologia von dem gebrauch des ſacraments reden, und den glauben erfordern,
daß ſie ſolches allezeit nicht von der natur des ſacraments ſondern deſſen frucht und
heilſamen gebrauch verſtanden haben wollen. Und komt mir die diſtinction unter
dem weſen und frucht des ſacraments nicht dunckel ſondern hell gnug, ja gantz noth-
wendig aus der natur des ſacraments flieſſend vor. So haben wir bey jedem ſacra-
ment gnugſam eine doppelte verheiſſung, die eine dasjenige zu geben, was ſeine ein-
ſetzung in ſich faſſet, welche abſolut und unbedingt, daher die perſon ſeye bewandt
wie ſie wolle, dieſelbe an ihr erfuͤllet wird, die andere aber gehet auf die frucht des ſa-
craments, das in lauter geiſtlichen dingen beſtehet, und daher hat ſie allezeit die be-
dingung des glaubens bey ſich. Der ſchluß, wenn die gottloſen das weſen des ſacra-
ments haͤtten, ſo muͤſten ſie auch einigen nutzen darvon haben, anders muͤſte Chriſti
leib als etwas todtes angeſehen werden, woraus folgte, daß die gottloſen auch von
dem lebendigmachenden leib Chriſti (Joh. 6. v. 51. 54. 55.) muͤſten vergebung der
ſuͤnden haben, welches gleichwol GOttes heiligkeit nicht zugebe, hat keine krafft.
Dañ Chriſti leib iſt zwar nie nicht todt oder in ſich ſelbs unkraͤfftig, aber bey einigen
wiꝛcket eꝛ nicht, weil ſie ſeiner wiꝛckung nicht faͤhig ſind. Alſo war ſein leib allezeit vol-
ler heilwertiger kraft: indeſſen genoſſen allein diejenige derſelben, die ihn, ja jene nur
ſeines kleides ſaum, im glauben anruͤhrten, hingegen Judas in ſeinem kuß, andere
die ihn in ſeinem leiden mißhandelten, ruͤhrten eben den leib an mit jenen, aber ohne
daher erlangte krafft. Alſo laͤſſet GOttes heiligkeit zwar nicht zu, daß die gottlo-

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[730/0742] Das ſiebende Capitel. deln, ob ers gleich mißbraucht, denn um der perſon und unglaubens wil- len wird das wort nicht falſch, dadurch es ein ſacrament worden, und eingeſetzt, denn er ſpricht nicht, wenn ihr glaubt und wuͤrdig ſeyd, ſo habr ihr mein leib und blut, ſondern; nehmet, eſſet, trincket, das iſt mein leib und blut: item ſolches thut (nemlich das ich jetzo thue, einſetze, euch gebe und nehmen heiſſe.) Das iſt ſo viel geſagt, GOtt gebe du ſeyeſt unwuͤrdig oder wuͤrdig, ſo haſtu hie ſein leib und blut, aus krafft dieſer wort, ſo zu dem brod und wein kommen. Solches mercke und behalte nur wol, denn auf den worten ſtehet aller unſer grund, ſchutz und wehre wider alle irr- thuͤme und verfuͤhruug, ſo je kommen ſind, oder noch kommen moͤgen. Dieſe wort koͤnten nicht klaͤrer ſeyn. Daher da der theure mann gleich anfangs f. 222. a. (lat. p. 551.) ſeine handlung von dem H. ſacrament in 3. ſtuͤck ausdruͤcklich abtheilet, was es ſeye, was es nuͤtze, und wer es empfangen ſolle: ſo iſt unſe- re frage aus dem erſten auszumachen, und hat er ſich gnug erklaͤret: darauf folgt p. 555. von dem nutzen, und p. 558. (teutſch f. 224.) wer die perſon ſey, die ſolche krafft und nutz (er ſaget nicht, die ſache des ſacraments ſelbs) empfahe. Da- mit fallen alle darzwiſchen geſetzte gloſſen, die wort auf den vorgefaſten ſinn zu brin- gen, von ſelbſten dahin, und bleibet hingegen feſt ſtehen, wo Lutherus und auch die Apologia von dem gebrauch des ſacraments reden, und den glauben erfordern, daß ſie ſolches allezeit nicht von der natur des ſacraments ſondern deſſen frucht und heilſamen gebrauch verſtanden haben wollen. Und komt mir die diſtinction unter dem weſen und frucht des ſacraments nicht dunckel ſondern hell gnug, ja gantz noth- wendig aus der natur des ſacraments flieſſend vor. So haben wir bey jedem ſacra- ment gnugſam eine doppelte verheiſſung, die eine dasjenige zu geben, was ſeine ein- ſetzung in ſich faſſet, welche abſolut und unbedingt, daher die perſon ſeye bewandt wie ſie wolle, dieſelbe an ihr erfuͤllet wird, die andere aber gehet auf die frucht des ſa- craments, das in lauter geiſtlichen dingen beſtehet, und daher hat ſie allezeit die be- dingung des glaubens bey ſich. Der ſchluß, wenn die gottloſen das weſen des ſacra- ments haͤtten, ſo muͤſten ſie auch einigen nutzen darvon haben, anders muͤſte Chriſti leib als etwas todtes angeſehen werden, woraus folgte, daß die gottloſen auch von dem lebendigmachenden leib Chriſti (Joh. 6. v. 51. 54. 55.) muͤſten vergebung der ſuͤnden haben, welches gleichwol GOttes heiligkeit nicht zugebe, hat keine krafft. Dañ Chriſti leib iſt zwar nie nicht todt oder in ſich ſelbs unkraͤfftig, aber bey einigen wiꝛcket eꝛ nicht, weil ſie ſeiner wiꝛckung nicht faͤhig ſind. Alſo war ſein leib allezeit vol- ler heilwertiger kraft: indeſſen genoſſen allein diejenige derſelben, die ihn, ja jene nur ſeines kleides ſaum, im glauben anruͤhrten, hingegen Judas in ſeinem kuß, andere die ihn in ſeinem leiden mißhandelten, ruͤhrten eben den leib an mit jenen, aber ohne daher erlangte krafft. Alſo laͤſſet GOttes heiligkeit zwar nicht zu, daß die gottlo- ſen

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/742>, abgerufen am 22.11.2024.