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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
sorge seiner unwürdigkeit hat, daß nicht allein der beichtvater demselben ernstlich ins
gewissen rede, die schwere der sünden, so es in mißbrauch des trostes und in der com-
munion
begehen würde, und daß alles nothwendig zu seinem schweren gerichte
ausschlagen müste, vorstelle, daher die communion auszusetzen und sich erst zu
wahrer busse zu bequemen, vermahne, endlich aber, wo es sich nicht abhalten lassen
will, ausdrücklich die absolution also clausulire, daß ohne versicherunge wahrer
busse dasselbe keinen trost davon haben könne. 12. Auf solche art geschiehet keine
entheiligung göttlichen namens von seiten des predigers, dessen conditionalis alle-
zeit wahr ist: obwol der andere, da er die conditionatam, ohne daß die bedingun-
ge bey ihm erfüllet wäre, auf sich zeucht, solche göttliche warheit an sich entheiliget.
13. Jch sage aber alles dieses, nicht daß ichs nicht anders wünschete, auch die kir-
che zu andern verfassungen schreiten solte: sondern daß das gewissen des predigers,
der gern alles mit wenigerem anstoß thäte, aber dessen macht nicht empfangen hat,
wo er noch nach möglichkeit das seine thut, beruhiget werde, indem GOtt nicht von
ihm fordern werde was er ihm nicht gegeben, und damit zufrieden sey, wo er selbs
seinen namen nicht entheiliget, ob er wol zulassen muß, daß einige das durch ihn ge-
sprochene wort mißbrauchen und entheiligen.
XV. Daher finde ich nicht, wie geliebter bruder sich ferner solchen amts-
verrichtungen zu entziehen vermöge, sondern halte davor, er habe sich gegen das
Consistorium ausdrücklich dahin zu erklären, daß er sich wieder in den gehorsam
der kirchen-ordnungen begeben wolle. Dieses thuende, nachdem durch GOttes
gnade die angeführete momenta, wie ich hoffe, ihn überzeuget haben werden (dann
wider ein noch des gegentheils sich gewiß versicherndes, ob wol irrendes, gewissen,
bekenne ich gerne, daß ohne sünde auch das gute nicht gethan werden könne) wird
er nicht sündigen: hingegen kan ich das itzige beginnen nicht anders ansehen, als
daß unterschiedliches sündliches darinnen stecke, und daraus folge. Der leiden,
die demselben drüber vorstehen mögen, gedencke ich nicht, und bekenne gerne, wo
diese sache sonsten richtig, daß man um des guten willen auch kein leiden zu scheuen
habe. Es stehen mir aber wichtigere dinge vor. 1. Daß derselbe besorglich sich
und seinen dienst darmit der kirchen unbrauchbar machen, und sie um die frucht
der reichlich in ihm gelegten gaben bringen wird. Dann ob bis daher seiner
schwachheit noch zugesehen und er bey der predigt gelassen worden, so aus der hoff-
nung, daß er in seiner tentation endlich eluctiren werde, geschehen seyn mag, kan
ich doch nicht absehen, wie das Consistorium in die harre denselben dabey lassen,
und die verrichtungen des amts trennen könne, noch auch, wie der Pastor und die ge-
meine darbey beruhen werden. Also wirds auf eine dimission endlich nothwendig
auslauffen müssen. Da gedencke derselbe aber, ob ers mit guten gewissen drauf an-
kommen lassen könne, da ihm nichts zugemuthet wird, das er nicht gezeigter mas-
sen, und wo es recht eingesehen wird, mit gutem gewissen thun könte, seines diensts,
der,
Das ſiebende Capitel.
ſorge ſeiner unwuͤrdigkeit hat, daß nicht allein der beichtvater demſelben ernſtlich ins
gewiſſen rede, die ſchwere der ſuͤnden, ſo es in mißbrauch des troſtes und in der com-
munion
begehen wuͤrde, und daß alles nothwendig zu ſeinem ſchweren gerichte
ausſchlagen muͤſte, vorſtelle, daher die communion auszuſetzen und ſich erſt zu
wahrer buſſe zu bequemen, vermahne, endlich aber, wo es ſich nicht abhalten laſſen
will, ausdruͤcklich die abſolution alſo clauſulire, daß ohne verſicherunge wahrer
buſſe daſſelbe keinen troſt davon haben koͤnne. 12. Auf ſolche art geſchiehet keine
entheiligung goͤttlichen namens von ſeiten des predigers, deſſen conditionalis alle-
zeit wahr iſt: obwol der andere, da er die conditionatam, ohne daß die bedingun-
ge bey ihm erfuͤllet waͤre, auf ſich zeucht, ſolche goͤttliche warheit an ſich entheiliget.
13. Jch ſage aber alles dieſes, nicht daß ichs nicht anders wuͤnſchete, auch die kir-
che zu andern verfaſſungen ſchreiten ſolte: ſondern daß das gewiſſen des predigers,
der gern alles mit wenigerem anſtoß thaͤte, aber deſſen macht nicht empfangen hat,
wo er noch nach moͤglichkeit das ſeine thut, beruhiget werde, indem GOtt nicht von
ihm fordern werde was er ihm nicht gegeben, und damit zufrieden ſey, wo er ſelbs
ſeinen namen nicht entheiliget, ob er wol zulaſſen muß, daß einige das durch ihn ge-
ſprochene wort mißbrauchen und entheiligen.
XV. Daher finde ich nicht, wie geliebter bruder ſich ferner ſolchen amts-
verrichtungen zu entziehen vermoͤge, ſondern halte davor, er habe ſich gegen das
Conſiſtorium ausdruͤcklich dahin zu erklaͤren, daß er ſich wieder in den gehorſam
der kirchen-ordnungen begeben wolle. Dieſes thuende, nachdem durch GOttes
gnade die angefuͤhrete momenta, wie ich hoffe, ihn uͤberzeuget haben werden (dann
wider ein noch des gegentheils ſich gewiß verſicherndes, ob wol irrendes, gewiſſen,
bekenne ich gerne, daß ohne ſuͤnde auch das gute nicht gethan werden koͤnne) wird
er nicht ſuͤndigen: hingegen kan ich das itzige beginnen nicht anders anſehen, als
daß unterſchiedliches ſuͤndliches darinnen ſtecke, und daraus folge. Der leiden,
die demſelben druͤber vorſtehen moͤgen, gedencke ich nicht, und bekenne gerne, wo
dieſe ſache ſonſten richtig, daß man um des guten willen auch kein leiden zu ſcheuen
habe. Es ſtehen mir aber wichtigere dinge vor. 1. Daß derſelbe beſorglich ſich
und ſeinen dienſt darmit der kirchen unbrauchbar machen, und ſie um die frucht
der reichlich in ihm gelegten gaben bringen wird. Dann ob bis daher ſeiner
ſchwachheit noch zugeſehen und er bey der predigt gelaſſen worden, ſo aus der hoff-
nung, daß er in ſeiner tentation endlich eluctiren werde, geſchehen ſeyn mag, kan
ich doch nicht abſehen, wie das Conſiſtorium in die harre denſelben dabey laſſen,
und die verrichtungen des amts tꝛennen koͤnne, noch auch, wie der Paſtor und die ge-
meine darbey beruhen werden. Alſo wirds auf eine dimiſſion endlich nothwendig
auslauffen muͤſſen. Da gedencke derſelbe aber, ob ers mit guten gewiſſen drauf an-
kommen laſſen koͤnne, da ihm nichts zugemuthet wird, das er nicht gezeigter maſ-
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[696/0708] Das ſiebende Capitel. ſorge ſeiner unwuͤrdigkeit hat, daß nicht allein der beichtvater demſelben ernſtlich ins gewiſſen rede, die ſchwere der ſuͤnden, ſo es in mißbrauch des troſtes und in der com- munion begehen wuͤrde, und daß alles nothwendig zu ſeinem ſchweren gerichte ausſchlagen muͤſte, vorſtelle, daher die communion auszuſetzen und ſich erſt zu wahrer buſſe zu bequemen, vermahne, endlich aber, wo es ſich nicht abhalten laſſen will, ausdruͤcklich die abſolution alſo clauſulire, daß ohne verſicherunge wahrer buſſe daſſelbe keinen troſt davon haben koͤnne. 12. Auf ſolche art geſchiehet keine entheiligung goͤttlichen namens von ſeiten des predigers, deſſen conditionalis alle- zeit wahr iſt: obwol der andere, da er die conditionatam, ohne daß die bedingun- ge bey ihm erfuͤllet waͤre, auf ſich zeucht, ſolche goͤttliche warheit an ſich entheiliget. 13. Jch ſage aber alles dieſes, nicht daß ichs nicht anders wuͤnſchete, auch die kir- che zu andern verfaſſungen ſchreiten ſolte: ſondern daß das gewiſſen des predigers, der gern alles mit wenigerem anſtoß thaͤte, aber deſſen macht nicht empfangen hat, wo er noch nach moͤglichkeit das ſeine thut, beruhiget werde, indem GOtt nicht von ihm fordern werde was er ihm nicht gegeben, und damit zufrieden ſey, wo er ſelbs ſeinen namen nicht entheiliget, ob er wol zulaſſen muß, daß einige das durch ihn ge- ſprochene wort mißbrauchen und entheiligen. XV. Daher finde ich nicht, wie geliebter bruder ſich ferner ſolchen amts- verrichtungen zu entziehen vermoͤge, ſondern halte davor, er habe ſich gegen das Conſiſtorium ausdruͤcklich dahin zu erklaͤren, daß er ſich wieder in den gehorſam der kirchen-ordnungen begeben wolle. Dieſes thuende, nachdem durch GOttes gnade die angefuͤhrete momenta, wie ich hoffe, ihn uͤberzeuget haben werden (dann wider ein noch des gegentheils ſich gewiß verſicherndes, ob wol irrendes, gewiſſen, bekenne ich gerne, daß ohne ſuͤnde auch das gute nicht gethan werden koͤnne) wird er nicht ſuͤndigen: hingegen kan ich das itzige beginnen nicht anders anſehen, als daß unterſchiedliches ſuͤndliches darinnen ſtecke, und daraus folge. Der leiden, die demſelben druͤber vorſtehen moͤgen, gedencke ich nicht, und bekenne gerne, wo dieſe ſache ſonſten richtig, daß man um des guten willen auch kein leiden zu ſcheuen habe. Es ſtehen mir aber wichtigere dinge vor. 1. Daß derſelbe beſorglich ſich und ſeinen dienſt darmit der kirchen unbrauchbar machen, und ſie um die frucht der reichlich in ihm gelegten gaben bringen wird. Dann ob bis daher ſeiner ſchwachheit noch zugeſehen und er bey der predigt gelaſſen worden, ſo aus der hoff- nung, daß er in ſeiner tentation endlich eluctiren werde, geſchehen ſeyn mag, kan ich doch nicht abſehen, wie das Conſiſtorium in die harre denſelben dabey laſſen, und die verrichtungen des amts tꝛennen koͤnne, noch auch, wie der Paſtor und die ge- meine darbey beruhen werden. Alſo wirds auf eine dimiſſion endlich nothwendig auslauffen muͤſſen. Da gedencke derſelbe aber, ob ers mit guten gewiſſen drauf an- kommen laſſen koͤnne, da ihm nichts zugemuthet wird, das er nicht gezeigter maſ- ſen, und wo es recht eingeſehen wird, mit gutem gewiſſen thun koͤnte, ſeines dienſts, der,

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 696. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/708>, abgerufen am 22.11.2024.