ben ist. Mit Herr M. N. aber habe ich die correspondenz nicht unterbrochen, da ich niemal an seiner declaration mangel gefunden, und er sich ja einer theolo- gischen facultät zum examine zu sistiren parat ist: mehr kan ich nicht finden. Al- so bleibe ich einmal dabey, und lasse mich nimmer von meiner meinung abbringen, wo in einer gemeinde einige dergleichen irrungen und trennungen anfangen, daß das übel allezeit zunehme, wo man sich mit heftigkeit widersetzet, aber gedult, liebe und sanfftmuth bringen alles mit der zeit wieder zu recht. So nun geliebter bru- der sich zu gleichem resolvirte, würde er hoffentlich mehr ruhe in seiner seele haben und sich bald alles wieder legen, und was sich vergangen hätte, wieder nach und nach samlen sehen. Hierinnen sage ich meine meinung, so gut ichs im hertzen habe, obwol demselben in seinem gewissen nicht vorschreibe, so wenig als ich dem meinigen vorschreiben liesse. Jndessen glaube derselbe gewiß, daß von guter zeit täglich, ja wol offtermal des tages, die sache dem himmlischen Vater hertzlich vor getragen, und ihn, alles nach seiner weißheit zur beybehaltung, liebe und wahrheit einzurich- ten, geliebten bruder aber und andere, so damit zu thun haben, mit gewisser erkänt- nüß seines willens zu erfüllen, angeruffen habe. Uber solches weiß ich darnach wei- ter nichts zu thun, sondern muß es dem befehlen, dessen sache es ist, und dessen rath endlich allezeit besser als der unsrige ist und bleibet.
21. Jan. 1690.
SECTIO LIV. Bedencken über eine schrifft eines beschuldigten/ von der materie der rechtfertigung und heiligung/ an dessen bruder.
DJe schrifft, die hiemit wieder zurück sende, anlangende, habe sie zweymal in der furcht des HErrn durchlesen. Wann denn offenhertzig, sonderlich was betrifft den Articul von der rechtfertigung und heiligung, meine meynung schreiben solle, so versichere, nachdem mir des herrn bruders schwierig- keit, sich gantz deutlich zu erklären, bekant ist, daß ich vor mich mit dieser erklärung würde zu frieden seyn, indem was etwa an einem und andern ort etwas zweifelhaf- tig möchte lauten, aus andern stellen zum besten wiederum erkläret werden kan. Hingegen kan ich nicht gut davor seyn, ob nicht leute, die wider denselben ohne das starck animiret, unrecht vorher gehabt zu haben nicht erkennen, und alles blos- serdings nach den schul-terminis eingerichtet und gemessen haben wollen, wenn
sie
ARTIC. V. SECTIO LIV.
ben iſt. Mit Herr M. N. aber habe ich die correſpondenz nicht unterbrochen, da ich niemal an ſeiner declaration mangel gefunden, und er ſich ja einer theolo- giſchen facultaͤt zum examine zu ſiſtiren parat iſt: mehr kan ich nicht finden. Al- ſo bleibe ich einmal dabey, und laſſe mich nimmer von meiner meinung abbringen, wo in einer gemeinde einige dergleichen irrungen und trennungen anfangen, daß das uͤbel allezeit zunehme, wo man ſich mit heftigkeit widerſetzet, aber gedult, liebe und ſanfftmuth bringen alles mit der zeit wieder zu recht. So nun geliebter bru- der ſich zu gleichem reſolvirte, wuͤrde er hoffentlich mehr ruhe in ſeiner ſeele haben und ſich bald alles wieder legen, und was ſich vergangen haͤtte, wieder nach und nach ſamlen ſehen. Hierinnen ſage ich meine meinung, ſo gut ichs im hertzen habe, obwol demſelben in ſeinem gewiſſen nicht vorſchreibe, ſo wenig als ich dem meinigen vorſchreiben lieſſe. Jndeſſen glaube derſelbe gewiß, daß von guter zeit taͤglich, ja wol offtermal des tages, die ſache dem himmliſchen Vater hertzlich vor getragen, und ihn, alles nach ſeiner weißheit zur beybehaltung, liebe und wahrheit einzurich- ten, geliebten bruder aber und andere, ſo damit zu thun haben, mit gewiſſer erkaͤnt- nuͤß ſeines willens zu erfuͤllen, angeruffen habe. Uber ſolches weiß ich darnach wei- ter nichts zu thun, ſondern muß es dem befehlen, deſſen ſache es iſt, und deſſen rath endlich allezeit beſſer als der unſrige iſt und bleibet.
21. Jan. 1690.
SECTIO LIV. Bedencken uͤber eine ſchrifft eines beſchuldigten/ von der materie der rechtfertigung und heiligung/ an deſſen bruder.
DJe ſchrifft, die hiemit wieder zuruͤck ſende, anlangende, habe ſie zweymal in der furcht des HErrn durchleſen. Wann denn offenhertzig, ſonderlich was betrifft den Articul von der rechtfertigung und heiligung, meine meynung ſchreiben ſolle, ſo verſichere, nachdem mir des herrn bruders ſchwierig- keit, ſich gantz deutlich zu erklaͤren, bekant iſt, daß ich vor mich mit dieſer erklaͤrung wuͤrde zu frieden ſeyn, indem was etwa an einem und andern ort etwas zweifelhaf- tig moͤchte lauten, aus andern ſtellen zum beſten wiederum erklaͤret werden kan. Hingegen kan ich nicht gut davor ſeyn, ob nicht leute, die wider denſelben ohne das ſtarck animiret, unrecht vorher gehabt zu haben nicht erkennen, und alles bloſ- ſerdings nach den ſchul-terminis eingerichtet und gemeſſen haben wollen, wenn
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ben iſt. Mit Herr M. N. aber habe ich die correſpondenz nicht unterbrochen,
da ich niemal an ſeiner declaration mangel gefunden, und er ſich ja einer theolo-
giſchen facultaͤt zum examine zu ſiſtiren parat iſt: mehr kan ich nicht finden. Al-
ſo bleibe ich einmal dabey, und laſſe mich nimmer von meiner meinung abbringen,
wo in einer gemeinde einige dergleichen irrungen und trennungen anfangen, daß
das uͤbel allezeit zunehme, wo man ſich mit heftigkeit widerſetzet, aber gedult, liebe
und ſanfftmuth bringen alles mit der zeit wieder zu recht. So nun geliebter bru-
der ſich zu gleichem reſolvirte, wuͤrde er hoffentlich mehr ruhe in ſeiner ſeele haben
und ſich bald alles wieder legen, und was ſich vergangen haͤtte, wieder nach und
nach ſamlen ſehen. Hierinnen ſage ich meine meinung, ſo gut ichs im hertzen habe,
obwol demſelben in ſeinem gewiſſen nicht vorſchreibe, ſo wenig als ich dem meinigen
vorſchreiben lieſſe. Jndeſſen glaube derſelbe gewiß, daß von guter zeit taͤglich, ja
wol offtermal des tages, die ſache dem himmliſchen Vater hertzlich vor getragen,
und ihn, alles nach ſeiner weißheit zur beybehaltung, liebe und wahrheit einzurich-
ten, geliebten bruder aber und andere, ſo damit zu thun haben, mit gewiſſer erkaͤnt-
nuͤß ſeines willens zu erfuͤllen, angeruffen habe. Uber ſolches weiß ich darnach wei-
ter nichts zu thun, ſondern muß es dem befehlen, deſſen ſache es iſt, und deſſen rath
endlich allezeit beſſer als der unſrige iſt und bleibet.
21. Jan. 1690.
SECTIO LIV.
Bedencken uͤber eine ſchrifft eines beſchuldigten/
von der materie der rechtfertigung und heiligung/
an deſſen bruder.
DJe ſchrifft, die hiemit wieder zuruͤck ſende, anlangende, habe ſie zweymal in
der furcht des HErrn durchleſen. Wann denn offenhertzig, ſonderlich
was betrifft den Articul von der rechtfertigung und heiligung, meine
meynung ſchreiben ſolle, ſo verſichere, nachdem mir des herrn bruders ſchwierig-
keit, ſich gantz deutlich zu erklaͤren, bekant iſt, daß ich vor mich mit dieſer erklaͤrung
wuͤrde zu frieden ſeyn, indem was etwa an einem und andern ort etwas zweifelhaf-
tig moͤchte lauten, aus andern ſtellen zum beſten wiederum erklaͤret werden kan.
Hingegen kan ich nicht gut davor ſeyn, ob nicht leute, die wider denſelben ohne
das ſtarck animiret, unrecht vorher gehabt zu haben nicht erkennen, und alles bloſ-
ſerdings nach den ſchul-terminis eingerichtet und gemeſſen haben wollen, wenn
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 663. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/675>, abgerufen am 22.11.2024.
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