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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. I. SECTIO X.
von ihnen allein, sondern aus der wirckung GOttes herkomme, und zwar
nicht allein aus der allgemeinen wirckung nach dem ersten articul, da, wie
es heißt. Ap. Gesch. 17, 28. daß wir in GOTT leben, weben und sind,
keine creatur ohne göttliche mitwirckung das geringste zu thun vermag, son-
dern diese allezeit in jener werck umlaufft. Daß auch Theologi sagen, crea-
turae & Dei operantis unam numero esse actionem: neque enim creator
virtutes tantum agendi indidit causis secundis sed & per has coinfluit
actione una eademque indivisa. Danh. Hodos. ph. 3. p. 310.
sondern
auch aus der absonderlichen mitwirckung des heiligen Geistes nach dem drit-
ten articul: Und zwar kans nicht anders seyn, dann nach dem wir vor uns
selbs zu allem guten ungeschickt und todt sind, so kan kein einiger ein gutes
werck verrichten aus eigener krafft, sondern es wird göttliche und des heiligen
Geistes kraft nothwendig darzu erfordert, nicht allein daß derselbe uns kräf-
te verleihe, sondern in denselben selbs bey uns wircke; so ist es GOTT selbs
der in den Philippern wircket, beyde das wollen und das vollbringen
nach seinem wohlgefallen. Phil. 2, 13.
Also gedencket auch Paulus
Eph. 3, 20. der krafft, die da in uns wircket: und 1. Thess. 2, 13.
GOttes, der da wircke in denen die da glauben. Sonderlich heisset es
von den gaben. 1. Cor. 12, 9. Es ist ein GOtt, der da wircket alles in
allen: und v. 11. Dis aber alles wircket derselbige einige Geist.
Sind
denn nun alle wercke eines gläubigen wahrhafftige wercke GOttes und sei-
nes geistes in ihm, so können wir auch das edle werck, da er von göttlichem
wort handlet, nicht darvon ausschliessen, sondern erkennen es auch, daß
es in mitwirckung des heiligen Geistes geschehe, und also, so viel dessen als
des menschen seye.

§. 8. Hingegen möchte eingewendet werden, daß damit aller unter-
scheid wieder aufgehaben würde, in dem ja GOttes wort in den Propheten
und Aposteln also heisset, weil es nicht ihr, sondern sein werck seye, so müßten
wir gleiche würde auch der gläubigen wort lassen: Weil es eben wol GOt-
tes werck in ihnen seye. Aber es ist solcher einwurf nicht gnug, obigen unter-
scheid aufzuheben, in dem etwas in unterschiedlichem verstand und ordnung
GOttes werck seyn kan. Und lässet sich die sache deutlich machen durch die
vergleichung der wercke, die nach der ordnung der natur und die durch wun-
derwerck geschehen. Es machet ein Apostel oder ander wunderthäter ei-
nen krancken gesund: Ein Medicus macht einen andern durch artzeney ge-
sund. Daß jenes ein werck GOttes seye, leuchtet einem jeden in die augen;
Dieses aber ists nicht weniger. Aber beyde stehen nicht in einer ordnung,
und findet sich viel unterschied. 1. Bey dem wunderwerck ists-pur allein

GOt-

ARTIC. I. SECTIO X.
von ihnen allein, ſondern aus der wirckung GOttes herkomme, und zwar
nicht allein aus der allgemeinen wirckung nach dem erſten articul, da, wie
es heißt. Ap. Geſch. 17, 28. daß wir in GOTT leben, weben und ſind,
keine creatur ohne goͤttliche mitwirckung das geringſte zu thun vermag, ſon-
dern dieſe allezeit in jener werck umlaufft. Daß auch Theologi ſagen, crea-
turæ & Dei operantis unam numero eſſe actionem: neque enim creator
virtutes tantum agendi indidit cauſis ſecundis ſed & per has coinfluit
actione una eademque indiviſa. Danh. Hodoſ. ph. 3. p. 310.
ſondern
auch aus der abſonderlichen mitwirckung des heiligen Geiſtes nach dem drit-
ten articul: Und zwar kans nicht anders ſeyn, dann nach dem wir vor uns
ſelbs zu allem guten ungeſchickt und todt ſind, ſo kan kein einiger ein gutes
werck verrichten aus eigener krafft, ſondern es wird goͤttliche und des heiligen
Geiſtes kraft nothwendig darzu erfordert, nicht allein daß derſelbe uns kraͤf-
te verleihe, ſondern in denſelben ſelbs bey uns wircke; ſo iſt es GOTT ſelbs
der in den Philippern wircket, beyde das wollen und das vollbringen
nach ſeinem wohlgefallen. Phil. 2, 13.
Alſo gedencket auch Paulus
Eph. 3, 20. der krafft, die da in uns wircket: und 1. Theſſ. 2, 13.
GOttes, der da wircke in denen die da glauben. Sonderlich heiſſet es
von den gaben. 1. Cor. 12, 9. Es iſt ein GOtt, der da wircket alles in
allen: und v. 11. Dis aber alles wircket derſelbige einige Geiſt.
Sind
denn nun alle wercke eines glaͤubigen wahrhafftige wercke GOttes und ſei-
nes geiſtes in ihm, ſo koͤnnen wir auch das edle werck, da er von goͤttlichem
wort handlet, nicht darvon ausſchlieſſen, ſondern erkennen es auch, daß
es in mitwirckung des heiligen Geiſtes geſchehe, und alſo, ſo viel deſſen als
des menſchen ſeye.

§. 8. Hingegen moͤchte eingewendet werden, daß damit aller unter-
ſcheid wieder aufgehaben wuͤrde, in dem ja GOttes wort in den Propheten
und Apoſteln alſo heiſſet, weil es nicht ihr, ſondern ſein werck ſeye, ſo muͤßten
wir gleiche wuͤrde auch der glaͤubigen wort laſſen: Weil es eben wol GOt-
tes werck in ihnen ſeye. Aber es iſt ſolcher einwurf nicht gnug, obigen unter-
ſcheid aufzuheben, in dem etwas in unterſchiedlichem verſtand und ordnung
GOttes werck ſeyn kan. Und laͤſſet ſich die ſache deutlich machen durch die
vergleichung der wercke, die nach der ordnung der natur und die durch wun-
derwerck geſchehen. Es machet ein Apoſtel oder ander wunderthaͤter ei-
nen krancken geſund: Ein Medicus macht einen andern durch artzeney ge-
ſund. Daß jenes ein werck GOttes ſeye, leuchtet einem jeden in die augen;
Dieſes aber iſts nicht weniger. Aber beyde ſtehen nicht in einer ordnung,
und findet ſich viel unterſchied. 1. Bey dem wunderwerck iſts-pur allein

GOt-
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[47/0059] ARTIC. I. SECTIO X. von ihnen allein, ſondern aus der wirckung GOttes herkomme, und zwar nicht allein aus der allgemeinen wirckung nach dem erſten articul, da, wie es heißt. Ap. Geſch. 17, 28. daß wir in GOTT leben, weben und ſind, keine creatur ohne goͤttliche mitwirckung das geringſte zu thun vermag, ſon- dern dieſe allezeit in jener werck umlaufft. Daß auch Theologi ſagen, crea- turæ & Dei operantis unam numero eſſe actionem: neque enim creator virtutes tantum agendi indidit cauſis ſecundis ſed & per has coinfluit actione una eademque indiviſa. Danh. Hodoſ. ph. 3. p. 310. ſondern auch aus der abſonderlichen mitwirckung des heiligen Geiſtes nach dem drit- ten articul: Und zwar kans nicht anders ſeyn, dann nach dem wir vor uns ſelbs zu allem guten ungeſchickt und todt ſind, ſo kan kein einiger ein gutes werck verrichten aus eigener krafft, ſondern es wird goͤttliche und des heiligen Geiſtes kraft nothwendig darzu erfordert, nicht allein daß derſelbe uns kraͤf- te verleihe, ſondern in denſelben ſelbs bey uns wircke; ſo iſt es GOTT ſelbs der in den Philippern wircket, beyde das wollen und das vollbringen nach ſeinem wohlgefallen. Phil. 2, 13. Alſo gedencket auch Paulus Eph. 3, 20. der krafft, die da in uns wircket: und 1. Theſſ. 2, 13. GOttes, der da wircke in denen die da glauben. Sonderlich heiſſet es von den gaben. 1. Cor. 12, 9. Es iſt ein GOtt, der da wircket alles in allen: und v. 11. Dis aber alles wircket derſelbige einige Geiſt. Sind denn nun alle wercke eines glaͤubigen wahrhafftige wercke GOttes und ſei- nes geiſtes in ihm, ſo koͤnnen wir auch das edle werck, da er von goͤttlichem wort handlet, nicht darvon ausſchlieſſen, ſondern erkennen es auch, daß es in mitwirckung des heiligen Geiſtes geſchehe, und alſo, ſo viel deſſen als des menſchen ſeye. §. 8. Hingegen moͤchte eingewendet werden, daß damit aller unter- ſcheid wieder aufgehaben wuͤrde, in dem ja GOttes wort in den Propheten und Apoſteln alſo heiſſet, weil es nicht ihr, ſondern ſein werck ſeye, ſo muͤßten wir gleiche wuͤrde auch der glaͤubigen wort laſſen: Weil es eben wol GOt- tes werck in ihnen ſeye. Aber es iſt ſolcher einwurf nicht gnug, obigen unter- ſcheid aufzuheben, in dem etwas in unterſchiedlichem verſtand und ordnung GOttes werck ſeyn kan. Und laͤſſet ſich die ſache deutlich machen durch die vergleichung der wercke, die nach der ordnung der natur und die durch wun- derwerck geſchehen. Es machet ein Apoſtel oder ander wunderthaͤter ei- nen krancken geſund: Ein Medicus macht einen andern durch artzeney ge- ſund. Daß jenes ein werck GOttes ſeye, leuchtet einem jeden in die augen; Dieſes aber iſts nicht weniger. Aber beyde ſtehen nicht in einer ordnung, und findet ſich viel unterſchied. 1. Bey dem wunderwerck iſts-pur allein GOt-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/59>, abgerufen am 27.11.2024.