gang zu dieser zeit erwarten dörffte, wo nicht allgemach und von langer zeit seine fundamenten zu wancken anfingen, welches man ja noch nicht sehe. Aber mich schrecket dieses nicht, wie ich ohne das fast die vornehmste werck Gottes finde gesche- hen zu seyn um die zeit, da man am wenigsten solches davor halten wollen, oder zu hoffen getrauet: indem der HErr dadurch offenbar macht, daß es also sein und nicht menschen werck seye. Und wie? solten wir nicht schon ein und ander dinge gewahr werden, die, genau eingesehen, anfangen zu weisen, daß sich etwas in dem pabstthum rege, so eine bereitung werden kan zu grossen und solchen dingen, welche wichtige revolutionen nach sich ziehen mögen? Einmal etliche weit einsehende ge- müther getrauen einiges dergleichen warzunehmen, was zu seiner zeit klärer her- vorbrechen wird. Uns stehet vornemlich zu, der göttlichen weißheit und güte alles lediglich heimzustellen, und von deroselben die hülffe in gedult zu erwarten, die ge- wißlich kommen, und endlich nicht verziehen wird.
21. Jun. 1687.
SECTIO X. Ungemach von denjenigen/ die es gut meinen/ aber in eigensinn und hefftigkeit verfallen/ da mans ihnen nicht recht machet/ und doch ihre schuld tragen soll.
WEgen N N. bey ihnen sache, ist mir wol hertzlich leid, was er mir davon schreibet, ohne welche relation sonsten nichts davon weiß. Es ist frey- lich so, wie geliebter Bruder schreibet, daß wir mit diesen leuten, in denen Gott einen guten willen gewircket, und die sich doch in die gedult jetziger zeiten nicht schicken wollen, übel dran sind, wie ich lang genug in solchem exercitio gestanden, und noch nicht eben frey davon bin. Von ihrer seiten haben wir das ansehn, als ge- be man dem fleisch und weltlicher furcht zu vielen platz, und seye nicht aufrichtig in der sache des HErrn, wo man ihrem eigensinn nicht folget, oder alles ihr hefftiges billigen wil. Von der andern seiten, wann wir gleichwol auch alle härtigkeit gegen sie nicht auf unsere verantwortung mitnehmen und sie auch verdammen wollen, wer- den uns nachmal auch, was vor fehler an ihnen sind, eben so wol imput[i]ret, als wann wir auch dieselbe vertheidigten: und stecken also zwischen thür und angel. Bis daher habe ich noch den sichersten weg gefunden, wo man ohne hinterhalt am redlichsten durchgehet, bezeuget, was man an ihnen lobe, erkennet was an ihnen nicht zu billigen, andere verwahret, daß man um der anhengenden schwachheit wil- len das gute nicht hindern solle, und wo dann von den meisten zu hart gegen sie geschlossen wird, sich des urtheils nicht theilhafftig macht, sondern sein mißfall, und wie man es gegen die den schwachen schuldige gedult zu streiten erkenne, be- zeuget, und alsdann ohn gewaltsames widersetzen demjenigen den lauff lässet, was GOtt endlich wider verhengen wil. Nun der HErr gebe auch darinnen nöthi- ge weißheit um seiner ehre willen.
23. Aug. 1687.
SECT.
Das ſiebende Capitel.
gang zu dieſer zeit erwarten doͤrffte, wo nicht allgemach und von langer zeit ſeine fundamenten zu wancken anfingen, welches man ja noch nicht ſehe. Aber mich ſchrecket dieſes nicht, wie ich ohne das faſt die vornehmſte werck Gottes finde geſche- hen zu ſeyn um die zeit, da man am wenigſten ſolches davor halten wollen, oder zu hoffen getrauet: indem der HErr dadurch offenbar macht, daß es alſo ſein und nicht menſchen werck ſeye. Und wie? ſolten wir nicht ſchon ein und ander dinge gewahr werden, die, genau eingeſehen, anfangen zu weiſen, daß ſich etwas in dem pabſtthum rege, ſo eine bereitung werden kan zu groſſen und ſolchen dingen, welche wichtige revolutionen nach ſich ziehen moͤgen? Einmal etliche weit einſehende ge- muͤther getrauen einiges dergleichen warzunehmen, was zu ſeiner zeit klaͤrer her- vorbrechen wird. Uns ſtehet vornemlich zu, der goͤttlichen weißheit und guͤte alles lediglich heimzuſtellen, und von deroſelben die huͤlffe in gedult zu erwarten, die ge- wißlich kommen, und endlich nicht verziehen wird.
21. Jun. 1687.
SECTIO X. Ungemach von denjenigen/ die es gut meinen/ aber in eigenſinn und hefftigkeit verfallen/ da mans ihnen nicht recht machet/ und doch ihre ſchuld tragen ſoll.
WEgen N N. bey ihnen ſache, iſt mir wol hertzlich leid, was er mir davon ſchreibet, ohne welche relation ſonſten nichts davon weiß. Es iſt frey- lich ſo, wie geliebter Bruder ſchreibet, daß wir mit dieſen leuten, in denen Gott einen guten willen gewircket, und die ſich doch in die gedult jetziger zeiten nicht ſchicken wollen, uͤbel dran ſind, wie ich lang genug in ſolchem exercitio geſtanden, und noch nicht eben frey davon bin. Von ihrer ſeiten haben wir das anſehn, als ge- be man dem fleiſch und weltlicher furcht zu vielen platz, und ſeye nicht aufrichtig in der ſache des HErrn, wo man ihrem eigenſinn nicht folget, oder alles ihr hefftiges billigen wil. Von der andern ſeiten, wann wir gleichwol auch alle haͤrtigkeit gegen ſie nicht auf unſere verantwortung mitnehmen und ſie auch verdam̃en wollen, wer- den uns nachmal auch, was vor fehler an ihnen ſind, eben ſo wol imput[i]ret, als wann wir auch dieſelbe vertheidigten: und ſtecken alſo zwiſchen thuͤr und angel. Bis daher habe ich noch den ſicherſten weg gefunden, wo man ohne hinterhalt am redlichſten durchgehet, bezeuget, was man an ihnen lobe, erkennet was an ihnen nicht zu billigen, andere verwahret, daß man um der anhengenden ſchwachheit wil- len das gute nicht hindern ſolle, und wo dann von den meiſten zu hart gegen ſie geſchloſſen wird, ſich des urtheils nicht theilhafftig macht, ſondern ſein mißfall, und wie man es gegen die den ſchwachen ſchuldige gedult zu ſtreiten erkenne, be- zeuget, und alsdann ohn gewaltſames widerſetzen demjenigen den lauff laͤſſet, was GOtt endlich wider verhengen wil. Nun der HErr gebe auch darinnen noͤthi- ge weißheit um ſeiner ehre willen.
23. Aug. 1687.
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Das ſiebende Capitel.
gang zu dieſer zeit erwarten doͤrffte, wo nicht allgemach und von langer zeit ſeine
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ſchrecket dieſes nicht, wie ich ohne das faſt die vornehmſte werck Gottes finde geſche-
hen zu ſeyn um die zeit, da man am wenigſten ſolches davor halten wollen, oder zu
hoffen getrauet: indem der HErr dadurch offenbar macht, daß es alſo ſein und
nicht menſchen werck ſeye. Und wie? ſolten wir nicht ſchon ein und ander dinge
gewahr werden, die, genau eingeſehen, anfangen zu weiſen, daß ſich etwas in dem
pabſtthum rege, ſo eine bereitung werden kan zu groſſen und ſolchen dingen, welche
wichtige revolutionen nach ſich ziehen moͤgen? Einmal etliche weit einſehende ge-
muͤther getrauen einiges dergleichen warzunehmen, was zu ſeiner zeit klaͤrer her-
vorbrechen wird. Uns ſtehet vornemlich zu, der goͤttlichen weißheit und guͤte alles
lediglich heimzuſtellen, und von deroſelben die huͤlffe in gedult zu erwarten, die ge-
wißlich kommen, und endlich nicht verziehen wird.
21. Jun. 1687.
SECTIO X.
Ungemach von denjenigen/ die es gut meinen/ aber
in eigenſinn und hefftigkeit verfallen/ da mans ihnen nicht
recht machet/ und doch ihre ſchuld tragen ſoll.
WEgen N N. bey ihnen ſache, iſt mir wol hertzlich leid, was er mir davon
ſchreibet, ohne welche relation ſonſten nichts davon weiß. Es iſt frey-
lich ſo, wie geliebter Bruder ſchreibet, daß wir mit dieſen leuten, in denen
Gott einen guten willen gewircket, und die ſich doch in die gedult jetziger zeiten nicht
ſchicken wollen, uͤbel dran ſind, wie ich lang genug in ſolchem exercitio geſtanden,
und noch nicht eben frey davon bin. Von ihrer ſeiten haben wir das anſehn, als ge-
be man dem fleiſch und weltlicher furcht zu vielen platz, und ſeye nicht aufrichtig in
der ſache des HErrn, wo man ihrem eigenſinn nicht folget, oder alles ihr hefftiges
billigen wil. Von der andern ſeiten, wann wir gleichwol auch alle haͤrtigkeit gegen
ſie nicht auf unſere verantwortung mitnehmen und ſie auch verdam̃en wollen, wer-
den uns nachmal auch, was vor fehler an ihnen ſind, eben ſo wol imputiret, als
wann wir auch dieſelbe vertheidigten: und ſtecken alſo zwiſchen thuͤr und angel.
Bis daher habe ich noch den ſicherſten weg gefunden, wo man ohne hinterhalt am
redlichſten durchgehet, bezeuget, was man an ihnen lobe, erkennet was an ihnen
nicht zu billigen, andere verwahret, daß man um der anhengenden ſchwachheit wil-
len das gute nicht hindern ſolle, und wo dann von den meiſten zu hart gegen ſie
geſchloſſen wird, ſich des urtheils nicht theilhafftig macht, ſondern ſein mißfall,
und wie man es gegen die den ſchwachen ſchuldige gedult zu ſtreiten erkenne, be-
zeuget, und alsdann ohn gewaltſames widerſetzen demjenigen den lauff laͤſſet, was
GOtt endlich wider verhengen wil. Nun der HErr gebe auch darinnen noͤthi-
ge weißheit um ſeiner ehre willen.
23. Aug. 1687.
SECT.
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/568>, abgerufen am 25.11.2024.
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