Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.ARTIC. IV. SECTIO XXX. mit an handgebung nützlicher anschläge zu der kirchen besten zu gebrauchen wü-sten. Viele halten sie etwa mit fleiß lieber von allem solchen ab/ oder geben die dinge an/ daraus doch endlich zu dem wahren besten wenig ausgerichtet werden kan. Also wo ich die augen hinwende/ daher ich hülffe hoffen wolte/ finde ich allemal so viele hindernüß/ die mir die hoffnung schlagen/ als dinge/ welche dieselbe aufrich- ten könten. Was den 3.stand anlanget/ welcher gleichwol in solcher besserung auch nicht auszuschliessen wäre/ finden sich auch wiederum unzehlige hindernüssen: er ist längst von aller gemeinschafft der kirchlichen rechten/ die ihm gleichwol gebüh- ren/ fast gar ausgeschlagen/ und lassen sich die oberstände/ sonderlich nunmehr der obrigkeitliche/ diejenige gewalt schwerlich mehr aus den händen reissen/ welche sie zum nachtheil des 3ten an sich gezogen haben/ ja auch alle berathschlagung hie- von/ daß demselben seine rechte wiedergegeben würden/ solte den meisten als gleichsam seditiös vorkommen; gleich ob wolte man die hoheit deroselben schmä- hen/ und eine confusion unter denen ständen einführen; so gar daß auch guten gemüthern unter denen hohen dieses leicht von denjenigen/ die ihr interesse dabey haben/ beygebracht werden mag/ daß sie über die beybehaltung dessen/ was der gemeinde entzogen/ wol so ernstlich eyffern möchten/ als wolte man ihnen etwas des göttlichen/ so ihnen anvertraut/ entziehen. Als lange aber der dritte stand/ wider göttliche ordnung von solcher seiner rechten übung abgehalten wird/ glaube ich wenig segen zu hoffen: ferner ist auch leider derselbe also bewandt/ daß man fast zweiffeln mag/ ob er auch in dieser seiner bewandnüß mit nutzen/ die ihm/ und also der gantzen kirche/ von unserm Heyland gegönte jura exerciren könte/ und nicht in solchem gebrauch eben so wohl sich und andern schaden thun möchte. Wel- ches alles erwogen mir kaum einige hoffnung lässet/ eines erklecklichen sortgangs zu allgemeiner besserung aller derjenigen consiliorum, welche mögen vorgebracht werden. Sondern ich werde mehr und mehr in der sorge bekräfftiget/ der HErr möchte wol dasjenige Hauß/ welches fast auf keinerley weise mehr geflicket wer- den kan/ daß es zusammen halte/ umschmeissen/ und es nachmals aufs neue bauen/ deren jenes durch die verhängnüß der verfolgungen nahe gnug seyn dörffte/ dieses aber von dem HErrn auf ihme bekante art ausgerichtet werden wird. 2. Jn- dessen dörfften wir darum die hände nicht sincken lassen/ oder den krancken seinem prognostico mit gäntzlicher verlassung überlassen/ sondern da es bey GOtt stehet/ wie viel u. wann er segen geben will/ müssen wir jedesmal in einfalt unsers hertzens thun/ so viel uns der HErr verstand/ erkäntnüß/ vermögen/ und gelegenheit gie- bet/ und nachdem solches geschehen/ mit hertzlichem gebet und verleugnung unsers willens seiner heiligen weißheit den erfolg empfehlen. Dann der HErr q q q 2
ARTIC. IV. SECTIO XXX. mit an handgebung nuͤtzlicher anſchlaͤge zu der kirchen beſten zu gebrauchen wuͤ-ſten. Viele halten ſie etwa mit fleiß lieber von allem ſolchen ab/ oder geben die dinge an/ daraus doch endlich zu dem wahren beſten wenig ausgerichtet werden kan. Alſo wo ich die augen hinwende/ daher ich huͤlffe hoffen wolte/ finde ich allemal ſo viele hindernuͤß/ die mir die hoffnung ſchlagen/ als dinge/ welche dieſelbe aufrich- ten koͤnten. Was den 3.ſtand anlanget/ welcher gleichwol in ſolcher beſſerung auch nicht auszuſchlieſſen waͤre/ finden ſich auch wiederum unzehlige hindernuͤſſen: er iſt laͤngſt von aller gemeinſchafft der kirchlichen rechten/ die ihm gleichwol gebuͤh- ren/ faſt gar ausgeſchlagen/ und laſſen ſich die oberſtaͤnde/ ſonderlich nunmehr der obrigkeitliche/ diejenige gewalt ſchwerlich mehr aus den haͤnden reiſſen/ welche ſie zum nachtheil des 3ten an ſich gezogen haben/ ja auch alle berathſchlagung hie- von/ daß demſelben ſeine rechte wiedergegeben wuͤrden/ ſolte den meiſten als gleichſam ſeditiös vorkommen; gleich ob wolte man die hoheit deroſelben ſchmaͤ- hen/ und eine confuſion unter denen ſtaͤnden einfuͤhren; ſo gar daß auch guten gemuͤthern unter denen hohen dieſes leicht von denjenigen/ die ihr intereſſe dabey haben/ beygebracht werden mag/ daß ſie uͤber die beybehaltung deſſen/ was der gemeinde entzogen/ wol ſo ernſtlich eyffern moͤchten/ als wolte man ihnen etwas des goͤttlichen/ ſo ihnen anvertraut/ entziehen. Als lange aber der dritte ſtand/ wider goͤttliche ordnung von ſolcher ſeiner rechten uͤbung abgehalten wird/ glaube ich wenig ſegen zu hoffen: ferner iſt auch leider derſelbe alſo bewandt/ daß man faſt zweiffeln mag/ ob er auch in dieſer ſeiner bewandnuͤß mit nutzen/ die ihm/ und alſo der gantzen kirche/ von unſerm Heyland gegoͤnte jura exerciren koͤnte/ und nicht in ſolchem gebrauch eben ſo wohl ſich und andern ſchaden thun moͤchte. Wel- ches alles erwogen mir kaum einige hoffnung laͤſſet/ eines erklecklichen ſortgangs zu allgemeiner beſſerung aller derjenigen conſiliorum, welche moͤgen vorgebracht werden. Sondern ich werde mehr und mehr in der ſorge bekraͤfftiget/ der HErr moͤchte wol dasjenige Hauß/ welches faſt auf keinerley weiſe mehr geflicket wer- den kan/ daß es zuſammen halte/ umſchmeiſſen/ und es nachmals aufs neue bauen/ deren jenes durch die verhaͤngnuͤß der verfolgungen nahe gnug ſeyn doͤrffte/ dieſes aber von dem HErrn auf ihme bekante art ausgerichtet werden wird. 2. Jn- deſſen doͤrfften wir darum die haͤnde nicht ſincken laſſen/ oder den krancken ſeinem prognoſtico mit gaͤntzlicher verlaſſung uͤberlaſſen/ ſondern da es bey GOtt ſtehet/ wie viel u. wann er ſegen geben will/ muͤſſen wir jedesmal in einfalt unſers hertzens thun/ ſo viel uns der HErr verſtand/ erkaͤntnuͤß/ vermoͤgen/ und gelegenheit gie- bet/ und nachdem ſolches geſchehen/ mit hertzlichem gebet und verleugnung unſers willens ſeiner heiligen weißheit den erfolg empfehlen. Dann der HErr q q q 2
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ARTIC. IV. SECTIO XXX.
mit an handgebung nuͤtzlicher anſchlaͤge zu der kirchen beſten zu gebrauchen wuͤ-
ſten. Viele halten ſie etwa mit fleiß lieber von allem ſolchen ab/ oder geben die
dinge an/ daraus doch endlich zu dem wahren beſten wenig ausgerichtet werden
kan. Alſo wo ich die augen hinwende/ daher ich huͤlffe hoffen wolte/ finde ich allemal
ſo viele hindernuͤß/ die mir die hoffnung ſchlagen/ als dinge/ welche dieſelbe aufrich-
ten koͤnten. Was den 3.ſtand anlanget/ welcher gleichwol in ſolcher beſſerung
auch nicht auszuſchlieſſen waͤre/ finden ſich auch wiederum unzehlige hindernuͤſſen:
er iſt laͤngſt von aller gemeinſchafft der kirchlichen rechten/ die ihm gleichwol gebuͤh-
ren/ faſt gar ausgeſchlagen/ und laſſen ſich die oberſtaͤnde/ ſonderlich nunmehr
der obrigkeitliche/ diejenige gewalt ſchwerlich mehr aus den haͤnden reiſſen/ welche
ſie zum nachtheil des 3ten an ſich gezogen haben/ ja auch alle berathſchlagung hie-
von/ daß demſelben ſeine rechte wiedergegeben wuͤrden/ ſolte den meiſten als
gleichſam ſeditiös vorkommen; gleich ob wolte man die hoheit deroſelben ſchmaͤ-
hen/ und eine confuſion unter denen ſtaͤnden einfuͤhren; ſo gar daß auch guten
gemuͤthern unter denen hohen dieſes leicht von denjenigen/ die ihr intereſſe dabey
haben/ beygebracht werden mag/ daß ſie uͤber die beybehaltung deſſen/ was der
gemeinde entzogen/ wol ſo ernſtlich eyffern moͤchten/ als wolte man ihnen etwas
des goͤttlichen/ ſo ihnen anvertraut/ entziehen. Als lange aber der dritte ſtand/
wider goͤttliche ordnung von ſolcher ſeiner rechten uͤbung abgehalten wird/ glaube
ich wenig ſegen zu hoffen: ferner iſt auch leider derſelbe alſo bewandt/ daß man faſt
zweiffeln mag/ ob er auch in dieſer ſeiner bewandnuͤß mit nutzen/ die ihm/ und alſo
der gantzen kirche/ von unſerm Heyland gegoͤnte jura exerciren koͤnte/ und nicht
in ſolchem gebrauch eben ſo wohl ſich und andern ſchaden thun moͤchte. Wel-
ches alles erwogen mir kaum einige hoffnung laͤſſet/ eines erklecklichen ſortgangs
zu allgemeiner beſſerung aller derjenigen conſiliorum, welche moͤgen vorgebracht
werden. Sondern ich werde mehr und mehr in der ſorge bekraͤfftiget/ der HErr
moͤchte wol dasjenige Hauß/ welches faſt auf keinerley weiſe mehr geflicket wer-
den kan/ daß es zuſammen halte/ umſchmeiſſen/ und es nachmals aufs neue
bauen/ deren jenes durch die verhaͤngnuͤß der verfolgungen nahe gnug ſeyn doͤrffte/
dieſes aber von dem HErrn auf ihme bekante art ausgerichtet werden wird. 2. Jn-
deſſen doͤrfften wir darum die haͤnde nicht ſincken laſſen/ oder den krancken ſeinem
prognoſtico mit gaͤntzlicher verlaſſung uͤberlaſſen/ ſondern da es bey GOtt ſtehet/
wie viel u. wann er ſegen geben will/ muͤſſen wir jedesmal in einfalt unſers hertzens
thun/ ſo viel uns der HErr verſtand/ erkaͤntnuͤß/ vermoͤgen/ und gelegenheit gie-
bet/ und nachdem ſolches geſchehen/ mit hertzlichem gebet und verleugnung
unſers willens ſeiner heiligen weißheit den erfolg empfehlen. Dann der
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/503>, abgerufen am 16.02.2025. |