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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
erhalten sehen mögen: dazu wir aber nach seinem verlangen zu cooperiren kei-
ne gelegenheit gefunden/ als denen nicht zukomt/ in eine sache/ so vor gehöri-
gem consistorio schwebet/ sich einzumischen und auf ein stätiges erfordern
unsre meinung zu ertheilen. Nachdem aber des consistorii schluß nicht zum
besten ausgefallen seyn muß/ da er translociret worden/ ist mir hertzlich leyd/
daß vernehme/ daß der successor sich nicht also bezeugen solte/ wie christliche
mitglieder der gemeinde solches von ihm verlangen möchten: sonderlich aber
hätte wünschen mögen/ daß mein Großgl. Hochgl. Herr unverunruhiget hätte
bleiben können. Wann aber zu eigener gewissens information mein weniges
bedencken und rath erfordert wird/ so kan erstlich von der sache selbs nicht ur-
theilen/ mit was recht oder unrecht der pfarherr das korn heimlich genommen:
wiewol da aufs wenigste scheinet solches vorher zu geben nicht gebräuchlich gewe-
sen zu seyn/ so grosse praesumtion vor ihn nicht seyn muß: sodann bey derglei-
chen neuer praetension mir vorkomt/ daß wenigstens vor der execution eine
erinnerung und freundliche forderung hätte vorhergehen mögen. 2. Daß der-
selbe auch auf geschehenen freundlichen anspruch keine andere antwort gebe/ als
die sache vor den richter zu weisen/ scheinet auch sehr hart/ und weiß ich eben
nicht/ was er vor ursachen dessen anführen mögen: indem sonsten jederman lie-
ber seinem nechsten seiner sache rechenschafft giebet/ als gleich an die obrigkeit
provociret (es wären dann sonderliche ursachen/ daß man dieser einsehen ver-
langen möchte) vielmehr da es ein prediger mit seinen zuhörern zu thun hat. Es
bleibet aber alles solches billig der erkäntnüß des ordentlichen richters heimge-
wiesen. 3. Das anliegen selbs aber näher zu berühren/ so ist zum fordersten
zum grund zu legen/ daß die krafft der absolution und heiligen abendmahls
weder an der würdigkeit noch liebe oder haß des predigers/ so damit umgehet/
und uns dieselbe zu ertheilen hat/ liege/ sondern aus der einsetzung unsers lieb-
sten Heylandes herkomme. Daher ob mir der unwürdigste und böseste predi-
ger/ der in seinem amt gelitten zu werden nicht verdiente/ die absolution und
den leib und blut des HERRN mittheilete/ ob er auch in seiner seelen mir al-
les das widrigste wünschete/ würden dannoch solche theure gnaden-mittel/ da
ich in den übrigen in christlicher bereitschafft/ welche erfordert wird/ stünde/
mir nicht weniger heilsam und gesegnet seyn. 4. Weil aber auch nicht nur von
der gültigkeit und krafft solcher gnaden-mittel selbs geredet wird/ sondern die
absicht auch gehet auf die erbauung/ die man dabey haben mag/ und wir a-
ber wissen/ daß das vertrauen des beicht-kindes zu dem beicht-vater das gemü-
the nicht wenig bequem machet/ damit das wort GOTTES ungehindert sei-
ne krafft in demselben ereigne/ hingegen wo ein mißtrauen ist/ in solchem H.
actu leicht dasselbe verstöret/ und der heilsame nutzen sehr gehindert werden mag:

als

Das ſiebende Capitel.
erhalten ſehen moͤgen: dazu wir aber nach ſeinem verlangen zu cooperiren kei-
ne gelegenheit gefunden/ als denen nicht zukomt/ in eine ſache/ ſo vor gehoͤri-
gem conſiſtorio ſchwebet/ ſich einzumiſchen und auf ein ſtaͤtiges erfordern
unſre meinung zu ertheilen. Nachdem aber des conſiſtorii ſchluß nicht zum
beſten ausgefallen ſeyn muß/ da er translociret worden/ iſt mir hertzlich leyd/
daß vernehme/ daß der ſucceſſor ſich nicht alſo bezeugen ſolte/ wie chriſtliche
mitglieder der gemeinde ſolches von ihm verlangen moͤchten: ſonderlich aber
haͤtte wuͤnſchen moͤgen/ daß mein Großgl. Hochgl. Herr unverunruhiget haͤtte
bleiben koͤnnen. Wann aber zu eigener gewiſſens information mein weniges
bedencken und rath erfordert wird/ ſo kan erſtlich von der ſache ſelbs nicht ur-
theilen/ mit was recht oder unrecht der pfarherr das korn heimlich genommen:
wiewol da aufs wenigſte ſcheinet ſolches vorher zu geben nicht gebraͤuchlich gewe-
ſen zu ſeyn/ ſo groſſe præſumtion vor ihn nicht ſeyn muß: ſodann bey derglei-
chen neuer prætenſion mir vorkomt/ daß wenigſtens vor der execution eine
erinnerung und freundliche forderung haͤtte vorhergehen moͤgen. 2. Daß der-
ſelbe auch auf geſchehenen freundlichen anſpruch keine andere antwort gebe/ als
die ſache vor den richter zu weiſen/ ſcheinet auch ſehr hart/ und weiß ich eben
nicht/ was er vor urſachen deſſen anfuͤhren moͤgen: indem ſonſten jederman lie-
ber ſeinem nechſten ſeiner ſache rechenſchafft giebet/ als gleich an die obrigkeit
provociret (es waͤren dann ſonderliche urſachen/ daß man dieſer einſehen ver-
langen moͤchte) vielmehr da es ein prediger mit ſeinen zuhoͤrern zu thun hat. Es
bleibet aber alles ſolches billig der erkaͤntnuͤß des ordentlichen richters heimge-
wieſen. 3. Das anliegen ſelbs aber naͤher zu beruͤhren/ ſo iſt zum forderſten
zum grund zu legen/ daß die krafft der abſolution und heiligen abendmahls
weder an der wuͤrdigkeit noch liebe oder haß des predigers/ ſo damit umgehet/
und uns dieſelbe zu ertheilen hat/ liege/ ſondern aus der einſetzung unſers lieb-
ſten Heylandes herkomme. Daher ob mir der unwuͤrdigſte und boͤſeſte predi-
ger/ der in ſeinem amt gelitten zu werden nicht verdiente/ die abſolution und
den leib und blut des HERRN mittheilete/ ob er auch in ſeiner ſeelen mir al-
les das widrigſte wuͤnſchete/ wuͤrden dannoch ſolche theure gnaden-mittel/ da
ich in den uͤbrigen in chriſtlicher bereitſchafft/ welche erfordert wird/ ſtuͤnde/
mir nicht weniger heilſam und geſegnet ſeyn. 4. Weil aber auch nicht nur von
der guͤltigkeit und krafft ſolcher gnaden-mittel ſelbs geredet wird/ ſondern die
abſicht auch gehet auf die erbauung/ die man dabey haben mag/ und wir a-
ber wiſſen/ daß das vertrauen des beicht-kindes zu dem beicht-vater das gemuͤ-
the nicht wenig bequem machet/ damit das wort GOTTES ungehindert ſei-
ne krafft in demſelben ereigne/ hingegen wo ein mißtrauen iſt/ in ſolchem H.
actu leicht daſſelbe verſtoͤret/ und der heilſame nutzen ſehr gehindert werden mag:

als
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[486/0498] Das ſiebende Capitel. erhalten ſehen moͤgen: dazu wir aber nach ſeinem verlangen zu cooperiren kei- ne gelegenheit gefunden/ als denen nicht zukomt/ in eine ſache/ ſo vor gehoͤri- gem conſiſtorio ſchwebet/ ſich einzumiſchen und auf ein ſtaͤtiges erfordern unſre meinung zu ertheilen. Nachdem aber des conſiſtorii ſchluß nicht zum beſten ausgefallen ſeyn muß/ da er translociret worden/ iſt mir hertzlich leyd/ daß vernehme/ daß der ſucceſſor ſich nicht alſo bezeugen ſolte/ wie chriſtliche mitglieder der gemeinde ſolches von ihm verlangen moͤchten: ſonderlich aber haͤtte wuͤnſchen moͤgen/ daß mein Großgl. Hochgl. Herr unverunruhiget haͤtte bleiben koͤnnen. Wann aber zu eigener gewiſſens information mein weniges bedencken und rath erfordert wird/ ſo kan erſtlich von der ſache ſelbs nicht ur- theilen/ mit was recht oder unrecht der pfarherr das korn heimlich genommen: wiewol da aufs wenigſte ſcheinet ſolches vorher zu geben nicht gebraͤuchlich gewe- ſen zu ſeyn/ ſo groſſe præſumtion vor ihn nicht ſeyn muß: ſodann bey derglei- chen neuer prætenſion mir vorkomt/ daß wenigſtens vor der execution eine erinnerung und freundliche forderung haͤtte vorhergehen moͤgen. 2. Daß der- ſelbe auch auf geſchehenen freundlichen anſpruch keine andere antwort gebe/ als die ſache vor den richter zu weiſen/ ſcheinet auch ſehr hart/ und weiß ich eben nicht/ was er vor urſachen deſſen anfuͤhren moͤgen: indem ſonſten jederman lie- ber ſeinem nechſten ſeiner ſache rechenſchafft giebet/ als gleich an die obrigkeit provociret (es waͤren dann ſonderliche urſachen/ daß man dieſer einſehen ver- langen moͤchte) vielmehr da es ein prediger mit ſeinen zuhoͤrern zu thun hat. Es bleibet aber alles ſolches billig der erkaͤntnuͤß des ordentlichen richters heimge- wieſen. 3. Das anliegen ſelbs aber naͤher zu beruͤhren/ ſo iſt zum forderſten zum grund zu legen/ daß die krafft der abſolution und heiligen abendmahls weder an der wuͤrdigkeit noch liebe oder haß des predigers/ ſo damit umgehet/ und uns dieſelbe zu ertheilen hat/ liege/ ſondern aus der einſetzung unſers lieb- ſten Heylandes herkomme. Daher ob mir der unwuͤrdigſte und boͤſeſte predi- ger/ der in ſeinem amt gelitten zu werden nicht verdiente/ die abſolution und den leib und blut des HERRN mittheilete/ ob er auch in ſeiner ſeelen mir al- les das widrigſte wuͤnſchete/ wuͤrden dannoch ſolche theure gnaden-mittel/ da ich in den uͤbrigen in chriſtlicher bereitſchafft/ welche erfordert wird/ ſtuͤnde/ mir nicht weniger heilſam und geſegnet ſeyn. 4. Weil aber auch nicht nur von der guͤltigkeit und krafft ſolcher gnaden-mittel ſelbs geredet wird/ ſondern die abſicht auch gehet auf die erbauung/ die man dabey haben mag/ und wir a- ber wiſſen/ daß das vertrauen des beicht-kindes zu dem beicht-vater das gemuͤ- the nicht wenig bequem machet/ damit das wort GOTTES ungehindert ſei- ne krafft in demſelben ereigne/ hingegen wo ein mißtrauen iſt/ in ſolchem H. actu leicht daſſelbe verſtoͤret/ und der heilſame nutzen ſehr gehindert werden mag: als

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/498>, abgerufen am 21.11.2024.