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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
nicht/ wo E. Hochfl. Durchl. solchem gnädigen rath GOttes gemäß sich durch sei-
nen finger von der welt kräfftig ableiten zu lassen/ sich selbs untersuchen/ daß sie
unterschiedliches/ welches sie etwa vorher noch nicht also an sich gewahr zu werden
vermocht/ antreffen werden/ worinnen sie der HErr von einiger anhängigkeit der
welt reinigen will. So viel sie aber bey sich von solchen dingen entdecken/ will
es nöthig seyn/ mit getrostem hertzen die sache anzugreiffen. Wie wol ich davor
achte/ daß der himmlische Vater selbs in sothanem werck zu hülffe kommen/ und
durch ein und andere widerwertigkeit/ davon sie vielleicht bereits etwas seither er-
fahren/ dero fleiß sich von der welt loßzuwircken/ stattlich befördern werde. Al-
len witwen ist dieses ein vornehmes stück ihrer pflicht/ und hingegen eine kron ihrer
übrigen tugenden/ die enthaltung der meisten/ sonsten etwa in der welt passirli-
cher/ ja bey hohem stande der meinung nach fast unvermeidlicher/ wollüsten. Wo
aber ein witwenstand nicht nur allein vor der welt rühmlich/ sondern vor GOtt
christlich geführet werden solle/ so will noch ein mehreres erfordert werden/ nem-
lich nach Pauli worten/ die hoffnung auf GOtt stellen/ und sich also alles
mißtraurigen klagens/ ungedult/ unmäßiger sorge/ zu enthalten/ hingegen am ge-
bet und gottesdienst tag und nacht zu bleiben/ das ist/ so viel ungehinderter man
ist/ so viel emsiger allein mit GOtt umzugehen/ und in ihm die freude zu suchen.
Welches alles E. Hochfl. Durchl. als dasjenige anzusehen haben/ wohin sie der
finger Gottes weiset/ welchen sie erkennet/ daß er sie von der welt/ nicht nur wie
alle insgesamt von der welt abgesondert seyn sollen/ sondern als eine witwe/ abzie-
hen wolle. Wie ich auch des guten vertrauens lebe/ daß sie selbs angelegenlich
dahin bearbeiten werde/ würdiglich solchem beruff zu leben/ und alsdann alles
vertrauen auf den HErrn zu setzen: sonderlich nachdem etwa mehrere vorhin nö-
thig geachtete ausgaben in diesem stande nunmehr wol ausbleiben mögen/ ja sol-
len/ dahin zu trachten/ daß sie desto reicher werden möge an guten wercken und
übung der liebe/ so wol an den ihrigen als andern dero hülffe bedürfftigen/ an
welcherley dingen nun nicht mehrers abgebrochen/ sondern vielmehr zugesetzet/
und solches vor eine vornehme witwenpflicht angesehen werden solle. Dieses al-
les wirds auch seyn/ darum ich den allerhöchsten stäts eyffrig anruffen werde/ des-
sen kräfftige gnade E. Hochfl. Durchl. durch den Heil. Geist in und zu solchem
allen leiten/ und ihr exempel dazu heiligen wolle/ zu gesegneter nachfolge vieler/
welche er deroselben in dem eusserlichen stande gleich gemacht hat/ so vielmehr aber
bey andern/ welche wo sie nicht aufs wenigste ein gleiches thun/ durch den hohen
vorgang sich recht beschämet erkennen. Jetzo aber gebe seine milde güte auch rath
und hülffe/ alles in dem eusserlichen glücklich zu künfftiger ruhe einzurichten/ und
hindere alle widrige anschläge.

SECTIO

Das ſiebende Capitel.
nicht/ wo E. Hochfl. Durchl. ſolchem gnaͤdigen rath GOttes gemaͤß ſich durch ſei-
nen finger von der welt kraͤfftig ableiten zu laſſen/ ſich ſelbs unterſuchen/ daß ſie
unterſchiedliches/ welches ſie etwa vorher noch nicht alſo an ſich gewahr zu werden
vermocht/ antreffen werden/ worinnen ſie der HErr von einiger anhaͤngigkeit der
welt reinigen will. So viel ſie aber bey ſich von ſolchen dingen entdecken/ will
es noͤthig ſeyn/ mit getroſtem hertzen die ſache anzugreiffen. Wie wol ich davor
achte/ daß der himmliſche Vater ſelbs in ſothanem werck zu huͤlffe kommen/ und
durch ein und andere widerwertigkeit/ davon ſie vielleicht bereits etwas ſeither er-
fahren/ dero fleiß ſich von der welt loßzuwircken/ ſtattlich befoͤrdern werde. Al-
len witwen iſt dieſes ein vornehmes ſtuͤck ihrer pflicht/ und hingegen eine kron ihrer
uͤbrigen tugenden/ die enthaltung der meiſten/ ſonſten etwa in der welt paſſirli-
cher/ ja bey hohem ſtande der meinung nach faſt unvermeidlicher/ wolluͤſten. Wo
aber ein witwenſtand nicht nur allein vor der welt ruͤhmlich/ ſondern vor GOtt
chriſtlich gefuͤhret werden ſolle/ ſo will noch ein mehreres erfordert werden/ nem-
lich nach Pauli worten/ die hoffnung auf GOtt ſtellen/ und ſich alſo alles
mißtraurigen klagens/ ungedult/ unmaͤßiger ſorge/ zu enthalten/ hingegen am ge-
bet und gottesdienſt tag und nacht zu bleiben/ das iſt/ ſo viel ungehinderter man
iſt/ ſo viel emſiger allein mit GOtt umzugehen/ und in ihm die freude zu ſuchen.
Welches alles E. Hochfl. Durchl. als dasjenige anzuſehen haben/ wohin ſie der
finger Gottes weiſet/ welchen ſie erkennet/ daß er ſie von der welt/ nicht nur wie
alle insgeſamt von der welt abgeſondert ſeyn ſollen/ ſondern als eine witwe/ abzie-
hen wolle. Wie ich auch des guten vertrauens lebe/ daß ſie ſelbs angelegenlich
dahin bearbeiten werde/ wuͤrdiglich ſolchem beruff zu leben/ und alsdann alles
vertrauen auf den HErrn zu ſetzen: ſonderlich nachdem etwa mehrere vorhin noͤ-
thig geachtete ausgaben in dieſem ſtande nunmehr wol ausbleiben moͤgen/ ja ſol-
len/ dahin zu trachten/ daß ſie deſto reicher werden moͤge an guten wercken und
uͤbung der liebe/ ſo wol an den ihrigen als andern dero huͤlffe beduͤrfftigen/ an
welcherley dingen nun nicht mehrers abgebrochen/ ſondern vielmehr zugeſetzet/
und ſolches vor eine vornehme witwenpflicht angeſehen werden ſolle. Dieſes al-
les wirds auch ſeyn/ darum ich den allerhoͤchſten ſtaͤts eyffrig anruffen werde/ deſ-
ſen kraͤfftige gnade E. Hochfl. Durchl. durch den Heil. Geiſt in und zu ſolchem
allen leiten/ und ihr exempel dazu heiligen wolle/ zu geſegneter nachfolge vieler/
welche er deroſelben in dem euſſerlichen ſtande gleich gemacht hat/ ſo vielmehr aber
bey andern/ welche wo ſie nicht aufs wenigſte ein gleiches thun/ durch den hohen
vorgang ſich recht beſchaͤmet erkennen. Jetzo aber gebe ſeine milde guͤte auch rath
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SECTIO
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[452/0464] Das ſiebende Capitel. nicht/ wo E. Hochfl. Durchl. ſolchem gnaͤdigen rath GOttes gemaͤß ſich durch ſei- nen finger von der welt kraͤfftig ableiten zu laſſen/ ſich ſelbs unterſuchen/ daß ſie unterſchiedliches/ welches ſie etwa vorher noch nicht alſo an ſich gewahr zu werden vermocht/ antreffen werden/ worinnen ſie der HErr von einiger anhaͤngigkeit der welt reinigen will. So viel ſie aber bey ſich von ſolchen dingen entdecken/ will es noͤthig ſeyn/ mit getroſtem hertzen die ſache anzugreiffen. Wie wol ich davor achte/ daß der himmliſche Vater ſelbs in ſothanem werck zu huͤlffe kommen/ und durch ein und andere widerwertigkeit/ davon ſie vielleicht bereits etwas ſeither er- fahren/ dero fleiß ſich von der welt loßzuwircken/ ſtattlich befoͤrdern werde. Al- len witwen iſt dieſes ein vornehmes ſtuͤck ihrer pflicht/ und hingegen eine kron ihrer uͤbrigen tugenden/ die enthaltung der meiſten/ ſonſten etwa in der welt paſſirli- cher/ ja bey hohem ſtande der meinung nach faſt unvermeidlicher/ wolluͤſten. Wo aber ein witwenſtand nicht nur allein vor der welt ruͤhmlich/ ſondern vor GOtt chriſtlich gefuͤhret werden ſolle/ ſo will noch ein mehreres erfordert werden/ nem- lich nach Pauli worten/ die hoffnung auf GOtt ſtellen/ und ſich alſo alles mißtraurigen klagens/ ungedult/ unmaͤßiger ſorge/ zu enthalten/ hingegen am ge- bet und gottesdienſt tag und nacht zu bleiben/ das iſt/ ſo viel ungehinderter man iſt/ ſo viel emſiger allein mit GOtt umzugehen/ und in ihm die freude zu ſuchen. Welches alles E. Hochfl. Durchl. als dasjenige anzuſehen haben/ wohin ſie der finger Gottes weiſet/ welchen ſie erkennet/ daß er ſie von der welt/ nicht nur wie alle insgeſamt von der welt abgeſondert ſeyn ſollen/ ſondern als eine witwe/ abzie- hen wolle. Wie ich auch des guten vertrauens lebe/ daß ſie ſelbs angelegenlich dahin bearbeiten werde/ wuͤrdiglich ſolchem beruff zu leben/ und alsdann alles vertrauen auf den HErrn zu ſetzen: ſonderlich nachdem etwa mehrere vorhin noͤ- thig geachtete ausgaben in dieſem ſtande nunmehr wol ausbleiben moͤgen/ ja ſol- len/ dahin zu trachten/ daß ſie deſto reicher werden moͤge an guten wercken und uͤbung der liebe/ ſo wol an den ihrigen als andern dero huͤlffe beduͤrfftigen/ an welcherley dingen nun nicht mehrers abgebrochen/ ſondern vielmehr zugeſetzet/ und ſolches vor eine vornehme witwenpflicht angeſehen werden ſolle. Dieſes al- les wirds auch ſeyn/ darum ich den allerhoͤchſten ſtaͤts eyffrig anruffen werde/ deſ- ſen kraͤfftige gnade E. Hochfl. Durchl. durch den Heil. Geiſt in und zu ſolchem allen leiten/ und ihr exempel dazu heiligen wolle/ zu geſegneter nachfolge vieler/ welche er deroſelben in dem euſſerlichen ſtande gleich gemacht hat/ ſo vielmehr aber bey andern/ welche wo ſie nicht aufs wenigſte ein gleiches thun/ durch den hohen vorgang ſich recht beſchaͤmet erkennen. Jetzo aber gebe ſeine milde guͤte auch rath und huͤlffe/ alles in dem euſſerlichen gluͤcklich zu kuͤnfftiger ruhe einzurichten/ und hindere alle widrige anſchlaͤge. 2. Febr. 1682. SECTIO

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/464>, abgerufen am 25.11.2024.