Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Das siebende Capitel.
offterem gefül von deroselben lieblichkeit nach Gottes willen gestärcket werden mö-
gen: wozu eine tägliche fleißigste erwegung sothaner schätze wol die herrlichste
übung ist. Stehen wir nun darinnen fest/ und erkennen diese güter/ so ist der sa-
che leicht gerathen/ da wird der süsse geschmack der himmlischen speise und trancks
den innerlichen appetit zur völlerey/ oder den leib geilmachender zärtlichkeit in essen
und trincken/ die köstlichkeit der kleider des heils/ damit wir uns angethan erken-
nen/ alle lust zu einigen euserlichen schnöden und jener kleider befleckenden pracht
oder propren freude/ die lieblichkeit der göttlichen liebe und daher entstehenden
freude alle unnütze welt-freude und zeitvertreib/ der unschätzbare reichthum Christi
alle begierde nach diesen erdenkoth oder geld/ die erkante weißheit und nutzbarkeit
des väterlichen willens über uns/ alle anhängigkeit unsers eigenen willens/ und in
summa was wir in GOtt und unsern Jesu gefunden haben/ alles hochachten/ das
übrige tilgen und vergessen. Alsdenn so haben solche und andere bücher/ die diese
und übrige unsere pflichten uns vorhalten/ ihren rechten nutz/ wo erstlich die müg-
lichkeit denselben nachzufolgen durch den glauben der güter in Christo und also das
Evangelium zu wege gebracht worden ist: und bettet also Gesetz und Evangelium
in dem werck unsers heils ein ander die hand/ in dero rechten zusammengattung u.
ordnung aber bestehet wol die grösseste weißheit eines christen/ vornehmlich aber
Theologi und predigers. Worinnen aber E. Hochfl. D. von der treue ihres wehrte-
sten hoff-predigers genugsam handleitung finden/ mir aber/ daß/ da ich in das
schreiben gekommen/ allzuviele Wort mag gemacht haben/ aus gnädigster dero zu-
neigung zu gut halten wird.

SECTIO XII.
Gelassenheit und Dancksagung zu GOtt/ wo auch
eine sache nicht nach verlangen abgegangen. Kampff in an-
fechtung/ derer herrlichen nutzen und sieg. Gebet
vor einander. Betrübte zeiten.

JCh antworte abermal meiner gewohnheit nach etwas langsam/ bitte aber
dabey/ nicht weniger zu glauben/ daß mir das seinige recht angenehm und
erfreulich gewesen. Erfreulich war mir zu vernehmen/ daß er mit solcher
willigen gelassenheit und dancksagung zu GOtt/ als aller hertzen regierer/ dessen
fügung angenommen/ da seine weißheit unsre menschliche gedancken in bewusten
geschäfften nicht von statten gehen lassen wolte/ sondern sobald zeigete/ daß die
ihrige davon unterschieden wären. Und so sol es seyn/ daß wir den HErrn preisen/

und

Das ſiebende Capitel.
offterem gefuͤl von deroſelben lieblichkeit nach Gottes willen geſtaͤrcket werden moͤ-
gen: wozu eine taͤgliche fleißigſte erwegung ſothaner ſchaͤtze wol die herrlichſte
uͤbung iſt. Stehen wir nun darinnen feſt/ und erkennen dieſe guͤter/ ſo iſt der ſa-
che leicht gerathen/ da wird der ſuͤſſe geſchmack der himmliſchen ſpeiſe und trancks
den innerlichen appetit zur voͤllerey/ oder den leib geilmachender zaͤrtlichkeit in eſſen
und trincken/ die koͤſtlichkeit der kleider des heils/ damit wir uns angethan erken-
nen/ alle luſt zu einigen euſerlichen ſchnoͤden und jener kleider befleckenden pracht
oder propren freude/ die lieblichkeit der goͤttlichen liebe und daher entſtehenden
freude alle unnuͤtze welt-freude und zeitvertreib/ der unſchaͤtzbare reichthum Chriſti
alle begierde nach dieſen erdenkoth oder geld/ die erkante weißheit und nutzbarkeit
des vaͤterlichen willens uͤber uns/ alle anhaͤngigkeit unſers eigenen willens/ und in
ſumma was wir in GOtt und unſern Jeſu gefunden haben/ alles hochachten/ das
uͤbrige tilgen und vergeſſen. Alsdenn ſo haben ſolche und andere buͤcher/ die dieſe
und uͤbrige unſere pflichten uns vorhalten/ ihren rechten nutz/ wo erſtlich die muͤg-
lichkeit denſelben nachzufolgen durch den glauben der guͤter in Chriſto und alſo das
Evangelium zu wege gebracht worden iſt: und bettet alſo Geſetz und Evangelium
in dem werck unſers heils ein ander die hand/ in dero rechten zuſammengattung u.
ordnung aber beſtehet wol die groͤſſeſte weißheit eines chriſten/ vornehmlich aber
Theologi und predigers. Worinnen aber E. Hochfl. D. von der treue ihres wehrte-
ſten hoff-predigers genugſam handleitung finden/ mir aber/ daß/ da ich in das
ſchreiben gekommen/ allzuviele Wort mag gemacht haben/ aus gnaͤdigſter dero zu-
neigung zu gut halten wird.

SECTIO XII.
Gelaſſenheit und Danckſagung zu GOtt/ wo auch
eine ſache nicht nach verlangen abgegangen. Kampff in an-
fechtung/ derer herrlichen nutzen und ſieg. Gebet
vor einander. Betruͤbte zeiten.

JCh antworte abermal meiner gewohnheit nach etwas langſam/ bitte aber
dabey/ nicht weniger zu glauben/ daß mir das ſeinige recht angenehm und
erfreulich geweſen. Erfreulich war mir zu vernehmen/ daß er mit ſolcher
willigen gelaſſenheit und danckſagung zu GOtt/ als aller hertzen regierer/ deſſen
fuͤgung angenommen/ da ſeine weißheit unſre menſchliche gedancken in bewuſten
geſchaͤfften nicht von ſtatten gehen laſſen wolte/ ſondern ſobald zeigete/ daß die
ihrige davon unterſchieden waͤren. Und ſo ſol es ſeyn/ daß wir den HErrn preiſen/

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0454" n="442"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;iebende Capitel.</hi></fw><lb/>
offterem gefu&#x0364;l von dero&#x017F;elben lieblichkeit nach Gottes willen ge&#x017F;ta&#x0364;rcket werden mo&#x0364;-<lb/>
gen: wozu eine ta&#x0364;gliche fleißig&#x017F;te erwegung &#x017F;othaner &#x017F;cha&#x0364;tze wol die herrlich&#x017F;te<lb/>
u&#x0364;bung i&#x017F;t. Stehen wir nun darinnen fe&#x017F;t/ und erkennen die&#x017F;e gu&#x0364;ter/ &#x017F;o i&#x017F;t der &#x017F;a-<lb/>
che leicht gerathen/ da wird der &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;chmack der himmli&#x017F;chen &#x017F;pei&#x017F;e und trancks<lb/>
den innerlichen <hi rendition="#aq">appetit</hi> zur vo&#x0364;llerey/ oder den leib geilmachender za&#x0364;rtlichkeit in e&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und trincken/ die ko&#x0364;&#x017F;tlichkeit der kleider des heils/ damit wir uns angethan erken-<lb/>
nen/ alle lu&#x017F;t zu einigen eu&#x017F;erlichen &#x017F;chno&#x0364;den und jener kleider befleckenden pracht<lb/>
oder propren freude/ die lieblichkeit der go&#x0364;ttlichen liebe und daher ent&#x017F;tehenden<lb/>
freude alle unnu&#x0364;tze welt-freude und zeitvertreib/ der un&#x017F;cha&#x0364;tzbare reichthum Chri&#x017F;ti<lb/>
alle begierde nach die&#x017F;en erdenkoth oder geld/ die erkante weißheit und nutzbarkeit<lb/>
des va&#x0364;terlichen willens u&#x0364;ber uns/ alle anha&#x0364;ngigkeit un&#x017F;ers eigenen willens/ und in<lb/>
&#x017F;umma was wir in GOtt und un&#x017F;ern Je&#x017F;u gefunden haben/ alles hochachten/ das<lb/>
u&#x0364;brige tilgen und verge&#x017F;&#x017F;en. Alsdenn &#x017F;o haben &#x017F;olche und andere bu&#x0364;cher/ die die&#x017F;e<lb/>
und u&#x0364;brige un&#x017F;ere pflichten uns vorhalten/ ihren rechten nutz/ wo er&#x017F;tlich die mu&#x0364;g-<lb/>
lichkeit den&#x017F;elben nachzufolgen durch den glauben der gu&#x0364;ter in Chri&#x017F;to und al&#x017F;o das<lb/>
Evangelium zu wege gebracht worden i&#x017F;t: und bettet al&#x017F;o Ge&#x017F;etz und Evangelium<lb/>
in dem werck un&#x017F;ers heils ein ander die hand/ in dero rechten zu&#x017F;ammengattung u.<lb/>
ordnung aber be&#x017F;tehet wol die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te weißheit eines chri&#x017F;ten/ vornehmlich aber<lb/><hi rendition="#aq">Theologi</hi> und predigers. Worinnen aber E. Hochfl. D. von der treue ihres wehrte-<lb/>
&#x017F;ten hoff-predigers genug&#x017F;am handleitung finden/ mir aber/ daß/ da ich in das<lb/>
&#x017F;chreiben gekommen/ allzuviele Wort mag gemacht haben/ aus gna&#x0364;dig&#x017F;ter dero zu-<lb/>
neigung zu gut halten wird.</p>
            <dateline> <hi rendition="#aq">21. Sept. 1681.</hi> </dateline>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">SECTIO XII.</hi><lb/>
Gela&#x017F;&#x017F;enheit und Danck&#x017F;agung zu GOtt/ wo auch<lb/>
eine &#x017F;ache nicht nach verlangen abgegangen. Kampff in an-<lb/>
fechtung/ derer herrlichen nutzen und &#x017F;ieg. Gebet<lb/>
vor einander. Betru&#x0364;bte zeiten.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">J</hi>Ch antworte abermal meiner gewohnheit nach etwas lang&#x017F;am/ bitte aber<lb/>
dabey/ nicht weniger zu glauben/ daß mir das &#x017F;einige recht angenehm und<lb/>
erfreulich gewe&#x017F;en. Erfreulich war mir zu vernehmen/ daß er mit &#x017F;olcher<lb/>
willigen gela&#x017F;&#x017F;enheit und danck&#x017F;agung zu GOtt/ als aller hertzen regierer/ de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
fu&#x0364;gung angenommen/ da &#x017F;eine weißheit un&#x017F;re men&#x017F;chliche gedancken in bewu&#x017F;ten<lb/>
ge&#x017F;cha&#x0364;fften nicht von &#x017F;tatten gehen la&#x017F;&#x017F;en wolte/ &#x017F;ondern &#x017F;obald zeigete/ daß die<lb/>
ihrige davon unter&#x017F;chieden wa&#x0364;ren. Und &#x017F;o &#x017F;ol es &#x017F;eyn/ daß wir den HErrn prei&#x017F;en/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[442/0454] Das ſiebende Capitel. offterem gefuͤl von deroſelben lieblichkeit nach Gottes willen geſtaͤrcket werden moͤ- gen: wozu eine taͤgliche fleißigſte erwegung ſothaner ſchaͤtze wol die herrlichſte uͤbung iſt. Stehen wir nun darinnen feſt/ und erkennen dieſe guͤter/ ſo iſt der ſa- che leicht gerathen/ da wird der ſuͤſſe geſchmack der himmliſchen ſpeiſe und trancks den innerlichen appetit zur voͤllerey/ oder den leib geilmachender zaͤrtlichkeit in eſſen und trincken/ die koͤſtlichkeit der kleider des heils/ damit wir uns angethan erken- nen/ alle luſt zu einigen euſerlichen ſchnoͤden und jener kleider befleckenden pracht oder propren freude/ die lieblichkeit der goͤttlichen liebe und daher entſtehenden freude alle unnuͤtze welt-freude und zeitvertreib/ der unſchaͤtzbare reichthum Chriſti alle begierde nach dieſen erdenkoth oder geld/ die erkante weißheit und nutzbarkeit des vaͤterlichen willens uͤber uns/ alle anhaͤngigkeit unſers eigenen willens/ und in ſumma was wir in GOtt und unſern Jeſu gefunden haben/ alles hochachten/ das uͤbrige tilgen und vergeſſen. Alsdenn ſo haben ſolche und andere buͤcher/ die dieſe und uͤbrige unſere pflichten uns vorhalten/ ihren rechten nutz/ wo erſtlich die muͤg- lichkeit denſelben nachzufolgen durch den glauben der guͤter in Chriſto und alſo das Evangelium zu wege gebracht worden iſt: und bettet alſo Geſetz und Evangelium in dem werck unſers heils ein ander die hand/ in dero rechten zuſammengattung u. ordnung aber beſtehet wol die groͤſſeſte weißheit eines chriſten/ vornehmlich aber Theologi und predigers. Worinnen aber E. Hochfl. D. von der treue ihres wehrte- ſten hoff-predigers genugſam handleitung finden/ mir aber/ daß/ da ich in das ſchreiben gekommen/ allzuviele Wort mag gemacht haben/ aus gnaͤdigſter dero zu- neigung zu gut halten wird. 21. Sept. 1681. SECTIO XII. Gelaſſenheit und Danckſagung zu GOtt/ wo auch eine ſache nicht nach verlangen abgegangen. Kampff in an- fechtung/ derer herrlichen nutzen und ſieg. Gebet vor einander. Betruͤbte zeiten. JCh antworte abermal meiner gewohnheit nach etwas langſam/ bitte aber dabey/ nicht weniger zu glauben/ daß mir das ſeinige recht angenehm und erfreulich geweſen. Erfreulich war mir zu vernehmen/ daß er mit ſolcher willigen gelaſſenheit und danckſagung zu GOtt/ als aller hertzen regierer/ deſſen fuͤgung angenommen/ da ſeine weißheit unſre menſchliche gedancken in bewuſten geſchaͤfften nicht von ſtatten gehen laſſen wolte/ ſondern ſobald zeigete/ daß die ihrige davon unterſchieden waͤren. Und ſo ſol es ſeyn/ daß wir den HErrn preiſen/ und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/454
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/454>, abgerufen am 18.12.2024.