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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
art/ ihren anvertrauten gleicher massen verbieten/ sondern sie sind solch ver-
bot (der nichts anders ist als eine wiederholung des göttlichen) zu thun ver-
bunden. Was aber den andern satz anlangt/ so müssen wir zu dessen er-
weiß wissen/ daß die gebotene heiligung des Sabbaths durchaus nicht besteh-
bloß oder vornemlich in der ruhe des leibes/ gleich ob wäre denn alles solches er-
laubet und göttlichem willen gemäß/ was keine den leib ermüdende arbeit wä-
re. Jndem diese meinung von treuen Christlichen lehrern offt widerleget/ und
gezeiget ist worden/ daß damit ein nicht Christlicher sondern Jüdischer/ und
zwar der irrigen meinung der letzteren Juden/ so alles allein auf das eusserliche
haben ankommen lassen/ gemässer Sabbath wäre. Sondern es bestehet die
heiligung darinnen/ gleichwie wir die übrigen sechs tage der wochen bemühet
sind/ unsere ordentliche beruffs-geschäffte zu verrichten/ und vor unseren noth-
wendigen unterhalt geziemlich zu sorgen und zu arbeiten/ welches uns hindert/
daß wir solche tage über nicht vermögen GOTT allein und mit der überlas-
sung unseres/ hertzens die zu seiner innerlichen wirckung bey uns nöthig ist/ zu
dienen: Daß also dieser tag nach göttlichem willen darzu bestimmet seye/ daß
wir hindangesetzt alles übrigen zeitlichen/ einig und allein GOTT dienen.
Nun können wir GOTT nicht dienen/ daß wir ihm etwas geben/ oder etwas
schaffen könten/ daran er nutzen haben möchte. Sondern aller sein dienst/
den wir ihm leisten mögen/ und den er von uns erfordert/ bestehet darinnen/
daß wir ihn und seine güte je mehr und mehr erkennen/ und daß aus solcher
erkäntnüß hertzlicher glaube an ihn und inbrünstige liebe gegen ihn bey uns
entzündet/ der menschaber hierdurch bewogen werde/ folgendes sein gan-
tzes leben aus schuldiger danckbarkeit zu seines GOTTES ehren anzu-
wenden. Dieses ist aller dienst/ welchen GOTT von uns erwartet/ und
wir doch denselben ihm zu leisten von uns selbsten gantz untüchtig sind; son-
dern sollen wir ihm dienen/ so muß er solchen dienst erst selbs in uns wircken.
Wie uns aber bekant ist/ so pfleget GOTT nicht unmittelbar bey uns zu wir-
cken/ sondern er hat seine gewisse mittel/ das wort und die heilige Sacra-
menten/ verordnet/ durch dero übernatürliche krafft er selbs dasjenige in den
hertzen der seinigen wircket/ was er von ihnen fordert. Es verhält sich aber
mit der krafft derselben mittel also/ daß zwar der mensch sich göttlicher gnade
in denenselben theilhafftig zu werden nicht von selbsten vorbereiten/ oder erst
die mittel kräftig machen kan: aber gleichwol kan er sich der wirckung der-
selben verlustig machen/ wo er solche nicht gebrauchen oder auch in dem eus-
serlichen der göttlichen ordnung sich nicht bequemen will: sodann mag er auch
dieselbe bey sich unkräfftig machen/ wo er entweder bey dem gebrauch der-
selben sich ihrer wirckung widersetzet/ und sie hindert/ oder nach dersel-

ben

Das ſiebende Capitel.
art/ ihren anvertrauten gleicher maſſen verbieten/ ſondern ſie ſind ſolch ver-
bot (der nichts anders iſt als eine wiederholung des goͤttlichen) zu thun ver-
bunden. Was aber den andern ſatz anlangt/ ſo muͤſſen wir zu deſſen er-
weiß wiſſen/ daß die gebotene heiligung des Sabbaths durchaus nicht beſteh-
bloß oder vornemlich in der ruhe des leibes/ gleich ob waͤꝛe denn alles ſolches eꝛ-
laubet und goͤttlichem willen gemaͤß/ was keine den leib ermuͤdende arbeit waͤ-
re. Jndem dieſe meinung von treuen Chriſtlichen lehrern offt widerleget/ und
gezeiget iſt worden/ daß damit ein nicht Chriſtlicher ſondern Juͤdiſcher/ und
zwar der irrigen meinung der letzteren Juden/ ſo alles allein auf das euſſerliche
haben ankommen laſſen/ gemaͤſſer Sabbath waͤre. Sondern es beſtehet die
heiligung darinnen/ gleichwie wir die uͤbrigen ſechs tage der wochen bemuͤhet
ſind/ unſere ordentliche beruffs-geſchaͤffte zu verrichten/ und vor unſeren noth-
wendigen unterhalt geziemlich zu ſorgen und zu arbeiten/ welches uns hindert/
daß wir ſolche tage uͤber nicht vermoͤgen GOTT allein und mit der uͤberlaſ-
ſung unſeres/ hertzens die zu ſeiner innerlichen wirckung bey uns noͤthig iſt/ zu
dienen: Daß alſo dieſer tag nach goͤttlichem willen darzu beſtimmet ſeye/ daß
wir hindangeſetzt alles uͤbrigen zeitlichen/ einig und allein GOTT dienen.
Nun koͤnnen wir GOTT nicht dienen/ daß wir ihm etwas geben/ oder etwas
ſchaffen koͤnten/ daran er nutzen haben moͤchte. Sondern aller ſein dienſt/
den wir ihm leiſten moͤgen/ und den er von uns erfordert/ beſtehet darinnen/
daß wir ihn und ſeine guͤte je mehr und mehr erkennen/ und daß aus ſolcher
erkaͤntnuͤß hertzlicher glaube an ihn und inbruͤnſtige liebe gegen ihn bey uns
entzuͤndet/ der menſchaber hierdurch bewogen werde/ folgendes ſein gan-
tzes leben aus ſchuldiger danckbarkeit zu ſeines GOTTES ehren anzu-
wenden. Dieſes iſt aller dienſt/ welchen GOTT von uns erwartet/ und
wir doch denſelben ihm zu leiſten von uns ſelbſten gantz untuͤchtig ſind; ſon-
dern ſollen wir ihm dienen/ ſo muß er ſolchen dienſt erſt ſelbs in uns wircken.
Wie uns aber bekant iſt/ ſo pfleget GOTT nicht unmittelbar bey uns zu wir-
cken/ ſondern er hat ſeine gewiſſe mittel/ das wort und die heilige Sacra-
menten/ verordnet/ durch dero uͤbernatuͤrliche krafft er ſelbs dasjenige in den
hertzen der ſeinigen wircket/ was er von ihnen fordert. Es verhaͤlt ſich aber
mit der krafft derſelben mittel alſo/ daß zwar der menſch ſich goͤttlicher gnade
in denenſelben theilhafftig zu werden nicht von ſelbſten vorbereiten/ oder erſt
die mittel kraͤftig machen kan: aber gleichwol kan er ſich der wirckung der-
ſelben verluſtig machen/ wo er ſolche nicht gebrauchen oder auch in dem euſ-
ſerlichen der goͤttlichen ordnung ſich nicht bequemen will: ſodann mag er auch
dieſelbe bey ſich unkraͤfftig machen/ wo er entweder bey dem gebrauch der-
ſelben ſich ihrer wirckung widerſetzet/ und ſie hindert/ oder nach derſel-

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[376/0388] Das ſiebende Capitel. art/ ihren anvertrauten gleicher maſſen verbieten/ ſondern ſie ſind ſolch ver- bot (der nichts anders iſt als eine wiederholung des goͤttlichen) zu thun ver- bunden. Was aber den andern ſatz anlangt/ ſo muͤſſen wir zu deſſen er- weiß wiſſen/ daß die gebotene heiligung des Sabbaths durchaus nicht beſteh- bloß oder vornemlich in der ruhe des leibes/ gleich ob waͤꝛe denn alles ſolches eꝛ- laubet und goͤttlichem willen gemaͤß/ was keine den leib ermuͤdende arbeit waͤ- re. Jndem dieſe meinung von treuen Chriſtlichen lehrern offt widerleget/ und gezeiget iſt worden/ daß damit ein nicht Chriſtlicher ſondern Juͤdiſcher/ und zwar der irrigen meinung der letzteren Juden/ ſo alles allein auf das euſſerliche haben ankommen laſſen/ gemaͤſſer Sabbath waͤre. Sondern es beſtehet die heiligung darinnen/ gleichwie wir die uͤbrigen ſechs tage der wochen bemuͤhet ſind/ unſere ordentliche beruffs-geſchaͤffte zu verrichten/ und vor unſeren noth- wendigen unterhalt geziemlich zu ſorgen und zu arbeiten/ welches uns hindert/ daß wir ſolche tage uͤber nicht vermoͤgen GOTT allein und mit der uͤberlaſ- ſung unſeres/ hertzens die zu ſeiner innerlichen wirckung bey uns noͤthig iſt/ zu dienen: Daß alſo dieſer tag nach goͤttlichem willen darzu beſtimmet ſeye/ daß wir hindangeſetzt alles uͤbrigen zeitlichen/ einig und allein GOTT dienen. Nun koͤnnen wir GOTT nicht dienen/ daß wir ihm etwas geben/ oder etwas ſchaffen koͤnten/ daran er nutzen haben moͤchte. Sondern aller ſein dienſt/ den wir ihm leiſten moͤgen/ und den er von uns erfordert/ beſtehet darinnen/ daß wir ihn und ſeine guͤte je mehr und mehr erkennen/ und daß aus ſolcher erkaͤntnuͤß hertzlicher glaube an ihn und inbruͤnſtige liebe gegen ihn bey uns entzuͤndet/ der menſchaber hierdurch bewogen werde/ folgendes ſein gan- tzes leben aus ſchuldiger danckbarkeit zu ſeines GOTTES ehren anzu- wenden. Dieſes iſt aller dienſt/ welchen GOTT von uns erwartet/ und wir doch denſelben ihm zu leiſten von uns ſelbſten gantz untuͤchtig ſind; ſon- dern ſollen wir ihm dienen/ ſo muß er ſolchen dienſt erſt ſelbs in uns wircken. Wie uns aber bekant iſt/ ſo pfleget GOTT nicht unmittelbar bey uns zu wir- cken/ ſondern er hat ſeine gewiſſe mittel/ das wort und die heilige Sacra- menten/ verordnet/ durch dero uͤbernatuͤrliche krafft er ſelbs dasjenige in den hertzen der ſeinigen wircket/ was er von ihnen fordert. Es verhaͤlt ſich aber mit der krafft derſelben mittel alſo/ daß zwar der menſch ſich goͤttlicher gnade in denenſelben theilhafftig zu werden nicht von ſelbſten vorbereiten/ oder erſt die mittel kraͤftig machen kan: aber gleichwol kan er ſich der wirckung der- ſelben verluſtig machen/ wo er ſolche nicht gebrauchen oder auch in dem euſ- ſerlichen der goͤttlichen ordnung ſich nicht bequemen will: ſodann mag er auch dieſelbe bey ſich unkraͤfftig machen/ wo er entweder bey dem gebrauch der- ſelben ſich ihrer wirckung widerſetzet/ und ſie hindert/ oder nach derſel- ben

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/388>, abgerufen am 25.11.2024.