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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. II. SECTIO XXIX.
liche personen in solchem zustand als die elteste in opposition gegen die lehrer
anzusehen haben. Wo also noch zween stände zusammen concurriren/ ge-
het man weniger ab von der regel/ welche die drey haben wolte/ als wo einer
allein bleibet.

§. 7. Am allernechsten aber achte komme noch mit der alten einsetzung
überein diejenige art der consistorien/ davon in quaestione geredet wird/
wo die elteste/ welche von der gemeinde den predigern zugeordnet/ diese
stelle vertreten/ und also anzusehen sind/ daß die gemeinde denselben/ da-
mit das exercitium ihres juris, weil andere hindernüssen sind/ daß sie sol-
ches des orts oder zu der zeit nicht wol durch sich selbs üben kan/ entweder
weil die gemeinde allzu groß/ oder anders in weg stehet/ sich in die alte ver-
fassung zu setzen/ aufgetragen/ und also diese was sie thun als dero deputirte
verrichten.

§. 8. Hieraus erhellet nun 1. daß die prediger solches urtheil jure divi-
no
sich solitarie nicht zumessen können/ welches wir gesehen von dem HErrn
ausdrücklich der gantzen gemeinde gegeben zu seyn: Wo sie es aber hätten/
wäre solches aufs wenigste nicht jure divino sondern ex concessione oder
auch conniventia der andern statuum, oder sonderlich daß der dritte stand
gewaltsam von seinem recht vertrungen worden/ ja auch meistens von dem-
selben nichts weiß. Jndessen ist solches vielmehr ein miß- und übelstand der
kirchen als der göttlichen ordnung gemäß/ und solten prediger/ wann man
ihnen solches allein überlassen wolte/ es lieber decliniren/ und auf alle
weise daran seyn/ damit neben ihnen noch andere zu desto mehrer versicherung
ihrer gewissen/ und mit andern die verantwortung zu theilen/ verordnet wür-
den. Viel weniger würde sichs wol schicken/ da sie diejenige/ welche von
der gemeinde zugeordnet worden/ von der übung dessen/ was ihnen diese
aufgetragen/ abhalten wolten.

§. 9. Hingegen gebühret den eltesten solches judicium mit den predi-
gern jure divino, und solches wie ich achte auf doppelte art/ einmal/ wie
sie Apostel Gesch. 15. neben den Aposteln und der gemeinde erzehlet wer-
den/ und also so zu reden der zweyte stand der kirchen sind/ dem bereits pro-
prio jure
solches zukommt/ so dann so fern sie von der gemeinde auch verordnet
dero stelle mit repraesentiren/ und ihr recht üben/ wo man sie also davon aus-
schliessen wolte/ würde ihnen nicht nur eintrag in ihr von GOTT tra-
gendes amt/ dazu sie mit hand auflegen geweihet und abgesondert worden/
gethan werden/ sondern es würde zugleich der gesamten gemeinde das noch
einig habende exercitium des ihro noch viel völliger und mehr zukommen-
den rechts entzogen: welches eine nicht geringere sünde wäre/ als wo ande-
re die prediger von solchem recht verstossen/ oder ihnen in ihr heilig amt ein-

griff
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ARTIC. II. SECTIO XXIX.
liche perſonen in ſolchem zuſtand als die elteſte in oppoſition gegen die lehrer
anzuſehen haben. Wo alſo noch zween ſtaͤnde zuſammen concurriren/ ge-
het man weniger ab von der regel/ welche die drey haben wolte/ als wo einer
allein bleibet.

§. 7. Am allernechſten aber achte komme noch mit der alten einſetzung
uͤberein diejenige art der conſiſtorien/ davon in quæſtione geredet wird/
wo die elteſte/ welche von der gemeinde den predigern zugeordnet/ dieſe
ſtelle vertreten/ und alſo anzuſehen ſind/ daß die gemeinde denſelben/ da-
mit das exercitium ihres juris, weil andere hindernuͤſſen ſind/ daß ſie ſol-
ches des orts oder zu der zeit nicht wol durch ſich ſelbs uͤben kan/ entweder
weil die gemeinde allzu groß/ oder anders in weg ſtehet/ ſich in die alte ver-
faſſung zu ſetzen/ aufgetragen/ und alſo dieſe was ſie thun als dero deputirte
verrichten.

§. 8. Hieraus erhellet nun 1. daß die prediger ſolches urtheil jure divi-
no
ſich ſolitariè nicht zumeſſen koͤnnen/ welches wir geſehen von dem HErrn
ausdruͤcklich der gantzen gemeinde gegeben zu ſeyn: Wo ſie es aber haͤtten/
waͤre ſolches aufs wenigſte nicht jure divino ſondern ex conceſſione oder
auch conniventia der andern ſtatuum, oder ſonderlich daß der dritte ſtand
gewaltſam von ſeinem recht vertrungen worden/ ja auch meiſtens von dem-
ſelben nichts weiß. Jndeſſen iſt ſolches vielmehr ein miß- und uͤbelſtand der
kirchen als der goͤttlichen ordnung gemaͤß/ und ſolten prediger/ wann man
ihnen ſolches allein uͤberlaſſen wolte/ es lieber decliniren/ und auf alle
weiſe daran ſeyn/ damit neben ihnen noch andere zu deſto mehrer verſicherung
ihrer gewiſſen/ und mit andern die verantwortung zu theilen/ verordnet wuͤr-
den. Viel weniger wuͤrde ſichs wol ſchicken/ da ſie diejenige/ welche von
der gemeinde zugeordnet worden/ von der uͤbung deſſen/ was ihnen dieſe
aufgetragen/ abhalten wolten.

§. 9. Hingegen gebuͤhret den elteſten ſolches judicium mit den predi-
gern jure divino, und ſolches wie ich achte auf doppelte art/ einmal/ wie
ſie Apoſtel Geſch. 15. neben den Apoſteln und der gemeinde erzehlet wer-
den/ und alſo ſo zu reden der zweyte ſtand der kirchen ſind/ dem bereits pro-
prio jure
ſolches zukom̃t/ ſo dann ſo fern ſie von der gemeinde auch verordnet
dero ſtelle mit repræſentiren/ und ihr recht uͤben/ wo man ſie alſo davon aus-
ſchlieſſen wolte/ wuͤrde ihnen nicht nur eintrag in ihr von GOTT tra-
gendes amt/ dazu ſie mit hand auflegen geweihet und abgeſondert worden/
gethan werden/ ſondern es wuͤrde zugleich der geſamten gemeinde das noch
einig habende exercitium des ihro noch viel voͤlliger und mehr zukommen-
den rechts entzogen: welches eine nicht geringere ſuͤnde waͤre/ als wo ande-
re die prediger von ſolchem recht verſtoſſen/ oder ihnen in ihr heilig amt ein-

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[283/0295] ARTIC. II. SECTIO XXIX. liche perſonen in ſolchem zuſtand als die elteſte in oppoſition gegen die lehrer anzuſehen haben. Wo alſo noch zween ſtaͤnde zuſammen concurriren/ ge- het man weniger ab von der regel/ welche die drey haben wolte/ als wo einer allein bleibet. §. 7. Am allernechſten aber achte komme noch mit der alten einſetzung uͤberein diejenige art der conſiſtorien/ davon in quæſtione geredet wird/ wo die elteſte/ welche von der gemeinde den predigern zugeordnet/ dieſe ſtelle vertreten/ und alſo anzuſehen ſind/ daß die gemeinde denſelben/ da- mit das exercitium ihres juris, weil andere hindernuͤſſen ſind/ daß ſie ſol- ches des orts oder zu der zeit nicht wol durch ſich ſelbs uͤben kan/ entweder weil die gemeinde allzu groß/ oder anders in weg ſtehet/ ſich in die alte ver- faſſung zu ſetzen/ aufgetragen/ und alſo dieſe was ſie thun als dero deputirte verrichten. §. 8. Hieraus erhellet nun 1. daß die prediger ſolches urtheil jure divi- no ſich ſolitariè nicht zumeſſen koͤnnen/ welches wir geſehen von dem HErrn ausdruͤcklich der gantzen gemeinde gegeben zu ſeyn: Wo ſie es aber haͤtten/ waͤre ſolches aufs wenigſte nicht jure divino ſondern ex conceſſione oder auch conniventia der andern ſtatuum, oder ſonderlich daß der dritte ſtand gewaltſam von ſeinem recht vertrungen worden/ ja auch meiſtens von dem- ſelben nichts weiß. Jndeſſen iſt ſolches vielmehr ein miß- und uͤbelſtand der kirchen als der goͤttlichen ordnung gemaͤß/ und ſolten prediger/ wann man ihnen ſolches allein uͤberlaſſen wolte/ es lieber decliniren/ und auf alle weiſe daran ſeyn/ damit neben ihnen noch andere zu deſto mehrer verſicherung ihrer gewiſſen/ und mit andern die verantwortung zu theilen/ verordnet wuͤr- den. Viel weniger wuͤrde ſichs wol ſchicken/ da ſie diejenige/ welche von der gemeinde zugeordnet worden/ von der uͤbung deſſen/ was ihnen dieſe aufgetragen/ abhalten wolten. §. 9. Hingegen gebuͤhret den elteſten ſolches judicium mit den predi- gern jure divino, und ſolches wie ich achte auf doppelte art/ einmal/ wie ſie Apoſtel Geſch. 15. neben den Apoſteln und der gemeinde erzehlet wer- den/ und alſo ſo zu reden der zweyte ſtand der kirchen ſind/ dem bereits pro- prio jure ſolches zukom̃t/ ſo dann ſo fern ſie von der gemeinde auch verordnet dero ſtelle mit repræſentiren/ und ihr recht uͤben/ wo man ſie alſo davon aus- ſchlieſſen wolte/ wuͤrde ihnen nicht nur eintrag in ihr von GOTT tra- gendes amt/ dazu ſie mit hand auflegen geweihet und abgeſondert worden/ gethan werden/ ſondern es wuͤrde zugleich der geſamten gemeinde das noch einig habende exercitium des ihro noch viel voͤlliger und mehr zukommen- den rechts entzogen: welches eine nicht geringere ſuͤnde waͤre/ als wo ande- re die prediger von ſolchem recht verſtoſſen/ oder ihnen in ihr heilig amt ein- griff n n 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/295>, abgerufen am 22.11.2024.