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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
daß man sich darvon erhalten und ausharren kan/ sodann in der gedult sich
offt zu üben hat. 5. Wo man je das studium medicum erwehlte/ erforder-
te solches nicht allein noch eine gute zeit/ sich darinnen so geschickt zu machen/
daß man mit guten gewissen sich dessen gebrauchen könte; indem an des men-
schen gesundheit und leben zu arbeiten keine geringe sache ist/ wie vielleicht
manche solches auf die leichte achsel nehmen/ und mit einer in der eil zusammen
gerafften wissenschafft sich vergnügen. Und gesetzt/ man erlernete was recht-
schaffenes darinnen/ so gehets doch mit beförderung und anbringung der me-
dicorum
so schwer her/ als bey Theologis, und habe ich nicht nur einen ge-
kennt/ der das seinige gethan/ und weil es auch mit der promotion nicht fort
gewolt/ gewünschet ein Theologus worden zu seyn/ da er noch eher unter zu-
kommen getrauet hätte. Möchte also eine solche umwechselung die hoffnung
des unterkommens so gar nicht fester setzen/ daß sie eher schwerer gemacht wür-
de. Alles dieses in der furcht des HErrn anerwogen hoffe ich werde zeigen/
daß nichts besser und dem gewissen gemässer seye/ als in dem lande und einma-
lig erkanten beruff bleiben/ dem HErrn seine wege befehlen/ sich der gegen-
wärtigen gnade treulich gebrauchen/ stille seyn und hoffen: Dann damit sind
wir starck/ und der liebste vater läst diejenige/ welche ihm vertrauen/ nicht zu
schanden werden.

SECTIO VII.
Als einem das zu dem Magisterio entlehnte
geld erst in seinem amt wieder zu bezahlen
schwer wurde.

VJelleicht wird derselbe unterschiedliche mal durch das/ was drüber
ausgestanden/ erinnert worden seyn/ daß es besser gewesen/ den unnö-
thigen Magister titul zu unterlassen/ als durch darzu gelehntes geld/
so wieder zu zahlen schwer worden/ sich viel verdrießligkeit/ schimpf und
schaden zugezogen zu haben. Jch bin keiner davon/ welche die gradus aca-
demicos
schlechter dings verwerffen/ sondern lasse sie mir/ wo sie nöthig oder
nützlich/ wolgefallen. Also habe selbs in meiner jugend magistriret/ weil
ichs nöthig hatte/ als der mit lesen und collegia zu halten meinen aufent-
halt auf universitäten suchen muste. So unbillige ich es auch nicht/ wessen
profession einen solchen titul erfordert/ und es also der unkosten werth ist/
daß man denselben suche und annehme. Wo man aber dergleichen nicht be-
darff/ bin nicht in abrede/ daß ich die jenige bedaure/ die das geld/ so besser
und nützlicher anzuwenden wäre/ darzu/ was alsdann eine blosse eitelkeit

ist/

Das ſiebende Capitel.
daß man ſich darvon erhalten und ausharren kan/ ſodann in der gedult ſich
offt zu uͤben hat. 5. Wo man je das ſtudium medicum erwehlte/ erforder-
te ſolches nicht allein noch eine gute zeit/ ſich darinnen ſo geſchickt zu machen/
daß man mit guten gewiſſen ſich deſſen gebrauchen koͤnte; indem an des men-
ſchen geſundheit und leben zu arbeiten keine geringe ſache iſt/ wie vielleicht
manche ſolches auf die leichte achſel nehmen/ und mit einer in der eil zuſammen
gerafften wiſſenſchafft ſich vergnuͤgen. Und geſetzt/ man erlernete was recht-
ſchaffenes darinnen/ ſo gehets doch mit befoͤrderung und anbringung der me-
dicorum
ſo ſchwer her/ als bey Theologis, und habe ich nicht nur einen ge-
kennt/ der das ſeinige gethan/ und weil es auch mit der promotion nicht fort
gewolt/ gewuͤnſchet ein Theologus worden zu ſeyn/ da er noch eher unter zu-
kommen getrauet haͤtte. Moͤchte alſo eine ſolche umwechſelung die hoffnung
des unterkommens ſo gar nicht feſter ſetzen/ daß ſie eher ſchwerer gemacht wuͤr-
de. Alles dieſes in der furcht des HErrn anerwogen hoffe ich werde zeigen/
daß nichts beſſer und dem gewiſſen gemaͤſſer ſeye/ als in dem lande und einma-
lig erkanten beruff bleiben/ dem HErrn ſeine wege befehlen/ ſich der gegen-
waͤrtigen gnade treulich gebrauchen/ ſtille ſeyn und hoffen: Dann damit ſind
wir ſtarck/ und der liebſte vater laͤſt diejenige/ welche ihm vertrauen/ nicht zu
ſchanden werden.

SECTIO VII.
Als einem das zu dem Magiſterio entlehnte
geld erſt in ſeinem amt wieder zu bezahlen
ſchwer wurde.

VJelleicht wird derſelbe unterſchiedliche mal durch das/ was druͤber
ausgeſtanden/ erinnert worden ſeyn/ daß es beſſer geweſen/ den unnoͤ-
thigen Magiſter titul zu unterlaſſen/ als durch darzu gelehntes geld/
ſo wieder zu zahlen ſchwer worden/ ſich viel verdrießligkeit/ ſchimpf und
ſchaden zugezogen zu haben. Jch bin keiner davon/ welche die gradus aca-
demicos
ſchlechter dings verwerffen/ ſondern laſſe ſie mir/ wo ſie noͤthig oder
nuͤtzlich/ wolgefallen. Alſo habe ſelbs in meiner jugend magiſtriret/ weil
ichs noͤthig hatte/ als der mit leſen und collegia zu halten meinen aufent-
halt auf univerſitaͤten ſuchen muſte. So unbillige ich es auch nicht/ weſſen
profeſſion einen ſolchen titul erfordert/ und es alſo der unkoſten werth iſt/
daß man denſelben ſuche und annehme. Wo man aber dergleichen nicht be-
darff/ bin nicht in abrede/ daß ich die jenige bedaure/ die das geld/ ſo beſſer
und nuͤtzlicher anzuwenden waͤre/ darzu/ was alsdann eine bloſſe eitelkeit

iſt/
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[192/0204] Das ſiebende Capitel. daß man ſich darvon erhalten und ausharren kan/ ſodann in der gedult ſich offt zu uͤben hat. 5. Wo man je das ſtudium medicum erwehlte/ erforder- te ſolches nicht allein noch eine gute zeit/ ſich darinnen ſo geſchickt zu machen/ daß man mit guten gewiſſen ſich deſſen gebrauchen koͤnte; indem an des men- ſchen geſundheit und leben zu arbeiten keine geringe ſache iſt/ wie vielleicht manche ſolches auf die leichte achſel nehmen/ und mit einer in der eil zuſammen gerafften wiſſenſchafft ſich vergnuͤgen. Und geſetzt/ man erlernete was recht- ſchaffenes darinnen/ ſo gehets doch mit befoͤrderung und anbringung der me- dicorum ſo ſchwer her/ als bey Theologis, und habe ich nicht nur einen ge- kennt/ der das ſeinige gethan/ und weil es auch mit der promotion nicht fort gewolt/ gewuͤnſchet ein Theologus worden zu ſeyn/ da er noch eher unter zu- kommen getrauet haͤtte. Moͤchte alſo eine ſolche umwechſelung die hoffnung des unterkommens ſo gar nicht feſter ſetzen/ daß ſie eher ſchwerer gemacht wuͤr- de. Alles dieſes in der furcht des HErrn anerwogen hoffe ich werde zeigen/ daß nichts beſſer und dem gewiſſen gemaͤſſer ſeye/ als in dem lande und einma- lig erkanten beruff bleiben/ dem HErrn ſeine wege befehlen/ ſich der gegen- waͤrtigen gnade treulich gebrauchen/ ſtille ſeyn und hoffen: Dann damit ſind wir ſtarck/ und der liebſte vater laͤſt diejenige/ welche ihm vertrauen/ nicht zu ſchanden werden. 1696. SECTIO VII. Als einem das zu dem Magiſterio entlehnte geld erſt in ſeinem amt wieder zu bezahlen ſchwer wurde. VJelleicht wird derſelbe unterſchiedliche mal durch das/ was druͤber ausgeſtanden/ erinnert worden ſeyn/ daß es beſſer geweſen/ den unnoͤ- thigen Magiſter titul zu unterlaſſen/ als durch darzu gelehntes geld/ ſo wieder zu zahlen ſchwer worden/ ſich viel verdrießligkeit/ ſchimpf und ſchaden zugezogen zu haben. Jch bin keiner davon/ welche die gradus aca- demicos ſchlechter dings verwerffen/ ſondern laſſe ſie mir/ wo ſie noͤthig oder nuͤtzlich/ wolgefallen. Alſo habe ſelbs in meiner jugend magiſtriret/ weil ichs noͤthig hatte/ als der mit leſen und collegia zu halten meinen aufent- halt auf univerſitaͤten ſuchen muſte. So unbillige ich es auch nicht/ weſſen profeſſion einen ſolchen titul erfordert/ und es alſo der unkoſten werth iſt/ daß man denſelben ſuche und annehme. Wo man aber dergleichen nicht be- darff/ bin nicht in abrede/ daß ich die jenige bedaure/ die das geld/ ſo beſſer und nuͤtzlicher anzuwenden waͤre/ darzu/ was alsdann eine bloſſe eitelkeit iſt/

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/204>, abgerufen am 24.11.2024.