Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Das siebende Capitel.
gen kan) durchgehen/ mit göttlicher anruffung alles einfältig erwegen/ und an
sich in die übung zu bringen befleissen wird/ der wird damit den besten grund le-
gen/ ein rechtschaffener diener GOttes und nützliches gefäß seiner gnade zu
werden. Und kommet er dann das zweite mal über das vorige/ so wird ihm
gewiß vieles/ so ihm vorhin gantz dunckel und unverständlich geschienen/ aus der
vorigen übung gantz klar und verständlich werden/ daß man immer in der heil-
samen erkäntnüß und zwar mit solcher gewißheit wachse/ daß man in der see-
len versichert seye/ was wir glauben/ seye nicht auf menschen autorität ge-
gründet/ sondern wir habens aus dem unfehlbaren wort GOttes. Will man
noch einige menschliche weitere beyhülff gebrauchen/ als die ich nicht verachten
will/ so werden unterschiedliche liebe bücher hiezu bequem gefunden werden
können/ da wol nechst Hunnii Epitome credendorum eines der vornehm-
sten unter allen meines ermessens des lieben Arnds wahres Christenthum seyn
möchte. So werden wir auch in solchem das jenige bezeuget finden/ was wir
aus der schrifft selbs einfältig gefasset haben/ und immer mehr und weitere an-
leitung antreffen/ weiter in erkäntnüß derselben zu zunehmen. Wir werden
aber auf solche art auch nichts lernen/ dessen wir nicht versichert/ daß es der-
maleins nicht nur uns/ sondern unsern anvertraueten schäflein könne nutz seyn/
auf das wir zeit und mühe an nichts anwenden/ so uns dermaleins gereuen
möchte. Dieses wäre mein einfältiger rath/ wo Titius propria industria
(denn wo man auf der universität seyn kan/ hat man seiner praeceptorum
hülff und manuduction) sich allein zum predigamt und an der kirchen nützlich
zu arbeiten ferner tüchtig machen wolte. GOTT regiere alle hertzen/ das je-
nige zu erwählen/ was das nützlichste seyn mag/ und ers selbs zu segnen be-
schlossen hat.

SECTIO VI.
Als einer in gedancken stund/ das lang getriebe-
ne studium Theologicum mit dem medico
zu verwechseln.

JCh habe dessen zustand und anliegen zur gnüge ersehen. Jch finde a-
ber das vorgestellte zur änderung des studii Theologici und ergreif-
fung des medici in dem gewissen/ ja auch was das eusserliche angehet/
nicht zulänglich. 1. Sehe ich nicht/ warum der Herr an dem/ daß er aus

gött-

Das ſiebende Capitel.
gen kan) durchgehen/ mit goͤttlicher anruffung alles einfaͤltig erwegen/ und an
ſich in die uͤbung zu bringen befleiſſen wird/ der wird damit den beſten grund le-
gen/ ein rechtſchaffener diener GOttes und nuͤtzliches gefaͤß ſeiner gnade zu
werden. Und kommet er dann das zweite mal uͤber das vorige/ ſo wird ihm
gewiß vieles/ ſo ihm vorhin gantz dunckel und unverſtaͤndlich geſchienen/ aus der
vorigen uͤbung gantz klar und verſtaͤndlich werden/ daß man immer in der heil-
ſamen erkaͤntnuͤß und zwar mit ſolcher gewißheit wachſe/ daß man in der ſee-
len verſichert ſeye/ was wir glauben/ ſeye nicht auf menſchen autoritaͤt ge-
gruͤndet/ ſondern wir habens aus dem unfehlbaren wort GOttes. Will man
noch einige menſchliche weitere beyhuͤlff gebrauchen/ als die ich nicht verachten
will/ ſo werden unterſchiedliche liebe buͤcher hiezu bequem gefunden werden
koͤnnen/ da wol nechſt Hunnii Epitome credendorum eines der vornehm-
ſten unter allen meines ermeſſens des lieben Arnds wahres Chriſtenthum ſeyn
moͤchte. So werden wir auch in ſolchem das jenige bezeuget finden/ was wir
aus der ſchrifft ſelbs einfaͤltig gefaſſet haben/ und immer mehr und weitere an-
leitung antreffen/ weiter in erkaͤntnuͤß derſelben zu zunehmen. Wir werden
aber auf ſolche art auch nichts lernen/ deſſen wir nicht verſichert/ daß es der-
maleins nicht nur uns/ ſondern unſern anvertraueten ſchaͤflein koͤnne nutz ſeyn/
auf das wir zeit und muͤhe an nichts anwenden/ ſo uns dermaleins gereuen
moͤchte. Dieſes waͤre mein einfaͤltiger rath/ wo Titius propria induſtria
(denn wo man auf der univerſitaͤt ſeyn kan/ hat man ſeiner præceptorum
huͤlff und manuduction) ſich allein zum predigamt und an der kirchen nuͤtzlich
zu arbeiten ferner tuͤchtig machen wolte. GOTT regiere alle hertzen/ das je-
nige zu erwaͤhlen/ was das nuͤtzlichſte ſeyn mag/ und ers ſelbs zu ſegnen be-
ſchloſſen hat.

SECTIO VI.
Als einer in gedancken ſtund/ das lang getriebe-
ne ſtudium Theologicum mit dem medico
zu verwechſeln.

JCh habe deſſen zuſtand und anliegen zur gnuͤge erſehen. Jch finde a-
ber das vorgeſtellte zur aͤnderung des ſtudii Theologici und ergreif-
fung des medici in dem gewiſſen/ ja auch was das euſſerliche angehet/
nicht zulaͤnglich. 1. Sehe ich nicht/ warum der Herr an dem/ daß er aus

goͤtt-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0202" n="190"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;iebende Capitel.</hi></fw><lb/>
gen kan) durchgehen/ mit go&#x0364;ttlicher anruffung alles einfa&#x0364;ltig erwegen/ und an<lb/>
&#x017F;ich in die u&#x0364;bung zu bringen beflei&#x017F;&#x017F;en wird/ der wird damit den be&#x017F;ten grund le-<lb/>
gen/ ein recht&#x017F;chaffener diener GOttes und nu&#x0364;tzliches gefa&#x0364;ß &#x017F;einer gnade zu<lb/>
werden. Und kommet er dann das zweite mal u&#x0364;ber das vorige/ &#x017F;o wird ihm<lb/>
gewiß vieles/ &#x017F;o ihm vorhin gantz dunckel und unver&#x017F;ta&#x0364;ndlich ge&#x017F;chienen/ aus der<lb/>
vorigen u&#x0364;bung gantz klar und ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich werden/ daß man immer in der heil-<lb/>
&#x017F;amen erka&#x0364;ntnu&#x0364;ß und zwar mit &#x017F;olcher gewißheit wach&#x017F;e/ daß man in der &#x017F;ee-<lb/>
len ver&#x017F;ichert &#x017F;eye/ was wir glauben/ &#x017F;eye nicht auf men&#x017F;chen <hi rendition="#aq">autorit</hi>a&#x0364;t ge-<lb/>
gru&#x0364;ndet/ &#x017F;ondern wir habens aus dem unfehlbaren wort GOttes. Will man<lb/>
noch einige men&#x017F;chliche weitere beyhu&#x0364;lff gebrauchen/ als die ich nicht verachten<lb/>
will/ &#x017F;o werden unter&#x017F;chiedliche liebe bu&#x0364;cher hiezu bequem gefunden werden<lb/>
ko&#x0364;nnen/ da wol nech&#x017F;t <hi rendition="#aq">Hunnii Epitome credendorum</hi> eines der vornehm-<lb/>
&#x017F;ten unter allen meines erme&#x017F;&#x017F;ens des lieben Arnds wahres Chri&#x017F;tenthum &#x017F;eyn<lb/>
mo&#x0364;chte. So werden wir auch in &#x017F;olchem das jenige bezeuget finden/ was wir<lb/>
aus der &#x017F;chrifft &#x017F;elbs einfa&#x0364;ltig gefa&#x017F;&#x017F;et haben/ und immer mehr und weitere an-<lb/>
leitung antreffen/ weiter in erka&#x0364;ntnu&#x0364;ß der&#x017F;elben zu zunehmen. Wir werden<lb/>
aber auf &#x017F;olche art auch nichts lernen/ de&#x017F;&#x017F;en wir nicht ver&#x017F;ichert/ daß es der-<lb/>
maleins nicht nur uns/ &#x017F;ondern un&#x017F;ern anvertraueten &#x017F;cha&#x0364;flein ko&#x0364;nne nutz &#x017F;eyn/<lb/>
auf das wir zeit und mu&#x0364;he an nichts anwenden/ &#x017F;o uns dermaleins gereuen<lb/>
mo&#x0364;chte. Die&#x017F;es wa&#x0364;re mein einfa&#x0364;ltiger rath/ wo <hi rendition="#aq">Titius propria indu&#x017F;tria</hi><lb/>
(denn wo man auf der <hi rendition="#aq">univer&#x017F;i</hi>ta&#x0364;t &#x017F;eyn kan/ hat man &#x017F;einer <hi rendition="#aq">præceptorum</hi><lb/>
hu&#x0364;lff und <hi rendition="#aq">manuduction</hi>) &#x017F;ich allein zum predigamt und an der kirchen nu&#x0364;tzlich<lb/>
zu arbeiten ferner tu&#x0364;chtig machen wolte. GOTT regiere alle hertzen/ das je-<lb/>
nige zu erwa&#x0364;hlen/ was das nu&#x0364;tzlich&#x017F;te &#x017F;eyn mag/ und ers &#x017F;elbs zu &#x017F;egnen be-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hat.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> VI.</hi><lb/>
Als einer in gedancken &#x017F;tund/ das lang getriebe-<lb/>
ne <hi rendition="#aq">&#x017F;tudium Theologicum</hi> mit dem <hi rendition="#aq">medico</hi><lb/>
zu verwech&#x017F;eln.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">J</hi>Ch habe de&#x017F;&#x017F;en zu&#x017F;tand und anliegen zur gnu&#x0364;ge er&#x017F;ehen. Jch finde a-<lb/>
ber das vorge&#x017F;tellte zur a&#x0364;nderung des <hi rendition="#aq">&#x017F;tudii Theologici</hi> und ergreif-<lb/>
fung des <hi rendition="#aq">medici</hi> in dem gewi&#x017F;&#x017F;en/ ja auch was das eu&#x017F;&#x017F;erliche angehet/<lb/>
nicht zula&#x0364;nglich. 1. Sehe ich nicht/ warum der Herr an dem/ daß er aus<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">go&#x0364;tt-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0202] Das ſiebende Capitel. gen kan) durchgehen/ mit goͤttlicher anruffung alles einfaͤltig erwegen/ und an ſich in die uͤbung zu bringen befleiſſen wird/ der wird damit den beſten grund le- gen/ ein rechtſchaffener diener GOttes und nuͤtzliches gefaͤß ſeiner gnade zu werden. Und kommet er dann das zweite mal uͤber das vorige/ ſo wird ihm gewiß vieles/ ſo ihm vorhin gantz dunckel und unverſtaͤndlich geſchienen/ aus der vorigen uͤbung gantz klar und verſtaͤndlich werden/ daß man immer in der heil- ſamen erkaͤntnuͤß und zwar mit ſolcher gewißheit wachſe/ daß man in der ſee- len verſichert ſeye/ was wir glauben/ ſeye nicht auf menſchen autoritaͤt ge- gruͤndet/ ſondern wir habens aus dem unfehlbaren wort GOttes. Will man noch einige menſchliche weitere beyhuͤlff gebrauchen/ als die ich nicht verachten will/ ſo werden unterſchiedliche liebe buͤcher hiezu bequem gefunden werden koͤnnen/ da wol nechſt Hunnii Epitome credendorum eines der vornehm- ſten unter allen meines ermeſſens des lieben Arnds wahres Chriſtenthum ſeyn moͤchte. So werden wir auch in ſolchem das jenige bezeuget finden/ was wir aus der ſchrifft ſelbs einfaͤltig gefaſſet haben/ und immer mehr und weitere an- leitung antreffen/ weiter in erkaͤntnuͤß derſelben zu zunehmen. Wir werden aber auf ſolche art auch nichts lernen/ deſſen wir nicht verſichert/ daß es der- maleins nicht nur uns/ ſondern unſern anvertraueten ſchaͤflein koͤnne nutz ſeyn/ auf das wir zeit und muͤhe an nichts anwenden/ ſo uns dermaleins gereuen moͤchte. Dieſes waͤre mein einfaͤltiger rath/ wo Titius propria induſtria (denn wo man auf der univerſitaͤt ſeyn kan/ hat man ſeiner præceptorum huͤlff und manuduction) ſich allein zum predigamt und an der kirchen nuͤtzlich zu arbeiten ferner tuͤchtig machen wolte. GOTT regiere alle hertzen/ das je- nige zu erwaͤhlen/ was das nuͤtzlichſte ſeyn mag/ und ers ſelbs zu ſegnen be- ſchloſſen hat. SECTIO VI. Als einer in gedancken ſtund/ das lang getriebe- ne ſtudium Theologicum mit dem medico zu verwechſeln. JCh habe deſſen zuſtand und anliegen zur gnuͤge erſehen. Jch finde a- ber das vorgeſtellte zur aͤnderung des ſtudii Theologici und ergreif- fung des medici in dem gewiſſen/ ja auch was das euſſerliche angehet/ nicht zulaͤnglich. 1. Sehe ich nicht/ warum der Herr an dem/ daß er aus goͤtt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/202
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/202>, abgerufen am 25.12.2024.