Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Das siebende Capitel.
überstiegen; trauete aber nimmermehr/ ihre sachen einem commercio
mit dem teufel oder dessen eingeben zu zu schreiben/ sondern meine/ daß
ich genug zeigen kan/ wie es habe können von ihr selbs herkommen. Und
haben sonst fromme vornehme leute (darunter E. Excell. einen vorneh-
men und klugen staatsmann kennen/ so sie eine zeitlang bey sich gehabt)
kein zeugnüs der boßheit gegeben/ ob sie wol zuletzt mit ihrer fast unträg-
lichen härtigkeit nicht zu frieden seyn können und wieder von ihr abgelas-
sen. Jhre scripta, höre/ fangen an viel in Jtalien zu kommen/ und darin
unter den Papisten gelesen zu werden. Fast gleiches/ was oben gemel-
det/ habe auch vor einem halben jahre an einen Baron/ so unser confes-
sion
zugethan/ und in schreiben/ wie viel erbauung er aus ihren schrifften
hätte/ rühmete/ dabey ein bedencken begehrende/ geantwortet; was er
repliciret/ sende hierbey/ solches mit gelegenheit wieder erwartende. Jch
habe ort und namen weggelassen/ weil er sich etwa darüber beschweren
möchte/ daß ohne erlaubnüß seinen brief vorzeigete. Daraus ist zu se-
hen/ was gegen mein sentiment excipiret/ habe ihm auch noch nicht ge-
antwortet/ weil gemeint nach seiner vertröstung mündlich mit ihm zu
sprechen/ und weiß dißmal nicht wo er ist.

SECTIO XXX.
Daß die Römische kirche die arch Noä nicht
seye. An einen vornehmen Papisten/ dessen hauß-frau
Evangelisch war.

DJe geliebte hauß-frau stärcke GOtt in der evangelischen erkanten
warheit/ und lasse nicht zu/ daß sie einigerley weise davon abgewen-
det werde/ sondern in solcher erkäntnüß mit einfältigem hertzen
und gläubigem gehorsam ihrem GOtt treulich diene. Es ist die kirche
freylich eine arca Noae, ausser der kein heil ist/ aber das ist ein solcher
ruhm/ welcher der gantzen GOtt allein bekannten anzahl aller rechtgläu-
bigen in der gantzen welt/ in denen GOtt den wahren glauben und gött-
liches vertrauen auf das verdienst Christi gewircket/ allein zustehet/ am
allerwenigsten aber sich derselbigen würde die Römische kirch/ die noch
wol unter allen particular kirchen (wie ich sie nicht anders als eine par-
ticularem
erkennen kan.) der corruptesten eine ist/ anmassen kan. Ach
wol dem/ welcher anfängt die kirche nicht mehr mit fleischlichen augen/
oder vornemlich nach dem eusserlichen anzuschauen/ sondern in dem geist
zu erkennen! wie wird der selbige seinem GOtt so hertzlich zu dancken ur-
sach/ und eine solche zufriedenheit in seiner seele/ unter dem übrigem vie-

lem

Das ſiebende Capitel.
uͤberſtiegen; trauete aber nimmermehr/ ihre ſachen einem commercio
mit dem teufel odeꝛ deſſen eingeben zu zu ſchreiben/ ſondern meine/ daß
ich genug zeigen kan/ wie es habe koͤnnen von ihr ſelbs herkommen. Und
haben ſonſt fromme vornehme leute (darunter E. Excell. einen vorneh-
men und klugen ſtaatsmann kennen/ ſo ſie eine zeitlang bey ſich gehabt)
kein zeugnuͤs der boßheit gegeben/ ob ſie wol zuletzt mit ihrer faſt untraͤg-
lichen haͤrtigkeit nicht zu frieden ſeyn koͤnnen und wieder von ihr abgelaſ-
ſen. Jhre ſcripta, hoͤre/ fangen an viel in Jtalien zu kommen/ und darin
unter den Papiſten geleſen zu werden. Faſt gleiches/ was oben gemel-
det/ habe auch vor einem halben jahre an einen Baron/ ſo unſer confes-
ſion
zugethan/ und in ſchreiben/ wie viel erbauung er aus ihren ſchrifften
haͤtte/ ruͤhmete/ dabey ein bedencken begehrende/ geantwortet; was er
repliciret/ ſende hierbey/ ſolches mit gelegenheit wieder erwartende. Jch
habe ort und namen weggelaſſen/ weil er ſich etwa daruͤber beſchweren
moͤchte/ daß ohne erlaubnuͤß ſeinen brief vorzeigete. Daraus iſt zu ſe-
hen/ was gegen mein ſentiment excipiret/ habe ihm auch noch nicht ge-
antwortet/ weil gemeint nach ſeiner vertroͤſtung muͤndlich mit ihm zu
ſprechen/ und weiß dißmal nicht wo er iſt.

SECTIO XXX.
Daß die Roͤmiſche kirche die arch Noaͤ nicht
ſeye. An einen vornehmen Papiſten/ deſſen hauß-frau
Evangeliſch war.

DJe geliebte hauß-frau ſtaͤrcke GOtt in der evangeliſchen erkanten
warheit/ und laſſe nicht zu/ daß ſie einigerley weiſe davon abgewen-
det werde/ ſondern in ſolcher erkaͤntnuͤß mit einfaͤltigem hertzen
und glaͤubigem gehorſam ihrem GOtt treulich diene. Es iſt die kirche
freylich eine arca Noæ, auſſer der kein heil iſt/ aber das iſt ein ſolcher
ruhm/ welcher der gantzen GOtt allein bekannten anzahl aller rechtglaͤu-
bigen in der gantzen welt/ in denen GOtt den wahren glauben und goͤtt-
liches vertrauen auf das verdienſt Chriſti gewircket/ allein zuſtehet/ am
allerwenigſten aber ſich derſelbigen wuͤrde die Roͤmiſche kirch/ die noch
wol unter allen particular kirchen (wie ich ſie nicht anders als eine par-
ticularem
erkennen kan.) der corrupteſten eine iſt/ anmaſſen kan. Ach
wol dem/ welcher anfaͤngt die kirche nicht mehr mit fleiſchlichen augen/
oder vornemlich nach dem euſſerlichen anzuſchauen/ ſondern in dem geiſt
zu erkennen! wie wird der ſelbige ſeinem GOtt ſo hertzlich zu dancken ur-
ſach/ und eine ſolche zufriedenheit in ſeiner ſeele/ unter dem uͤbrigem vie-

lem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0152" n="140"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;iebende Capitel.</hi></fw><lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;tiegen; trauete aber nimmermehr/ ihre &#x017F;achen einem <hi rendition="#aq">commercio</hi><lb/>
mit dem teufel ode&#xA75B; de&#x017F;&#x017F;en eingeben zu zu &#x017F;chreiben/ &#x017F;ondern meine/ daß<lb/>
ich genug zeigen kan/ wie es habe ko&#x0364;nnen von ihr &#x017F;elbs herkommen. Und<lb/>
haben &#x017F;on&#x017F;t fromme vornehme leute (darunter E. <hi rendition="#aq">Excell.</hi> einen vorneh-<lb/>
men und klugen &#x017F;taatsmann kennen/ &#x017F;o &#x017F;ie eine zeitlang bey &#x017F;ich gehabt)<lb/>
kein zeugnu&#x0364;s der boßheit gegeben/ ob &#x017F;ie wol zuletzt mit ihrer fa&#x017F;t untra&#x0364;g-<lb/>
lichen ha&#x0364;rtigkeit nicht zu frieden &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen und wieder von ihr abgela&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Jhre <hi rendition="#aq">&#x017F;cripta,</hi> ho&#x0364;re/ fangen an viel in Jtalien zu kommen/ und darin<lb/>
unter den Papi&#x017F;ten gele&#x017F;en zu werden. Fa&#x017F;t gleiches/ was oben gemel-<lb/>
det/ habe auch vor einem halben jahre an einen Baron/ &#x017F;o un&#x017F;er <hi rendition="#aq">confes-<lb/>
&#x017F;ion</hi> zugethan/ und in &#x017F;chreiben/ wie viel erbauung er aus ihren &#x017F;chrifften<lb/>
ha&#x0364;tte/ ru&#x0364;hmete/ dabey ein bedencken begehrende/ geantwortet; was er<lb/><hi rendition="#aq">replicir</hi>et/ &#x017F;ende hierbey/ &#x017F;olches mit gelegenheit wieder erwartende. Jch<lb/>
habe ort und namen weggela&#x017F;&#x017F;en/ weil er &#x017F;ich etwa daru&#x0364;ber be&#x017F;chweren<lb/>
mo&#x0364;chte/ daß ohne erlaubnu&#x0364;ß &#x017F;einen brief vorzeigete. Daraus i&#x017F;t zu &#x017F;e-<lb/>
hen/ was gegen mein <hi rendition="#aq">&#x017F;entiment excipir</hi>et/ habe ihm auch noch nicht ge-<lb/>
antwortet/ weil gemeint nach &#x017F;einer vertro&#x0364;&#x017F;tung mu&#x0364;ndlich mit ihm zu<lb/>
&#x017F;prechen/ und weiß dißmal nicht wo er i&#x017F;t.</p>
            <dateline>1686.</dateline>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXX.</hi><lb/>
Daß die Ro&#x0364;mi&#x017F;che kirche die arch Noa&#x0364; nicht<lb/>
&#x017F;eye. An einen vornehmen Papi&#x017F;ten/ de&#x017F;&#x017F;en hauß-frau<lb/>
Evangeli&#x017F;ch war.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>Je geliebte hauß-frau &#x017F;ta&#x0364;rcke GOtt in der evangeli&#x017F;chen erkanten<lb/>
warheit/ und la&#x017F;&#x017F;e nicht zu/ daß &#x017F;ie einigerley wei&#x017F;e davon abgewen-<lb/>
det werde/ &#x017F;ondern in &#x017F;olcher erka&#x0364;ntnu&#x0364;ß mit einfa&#x0364;ltigem hertzen<lb/>
und gla&#x0364;ubigem gehor&#x017F;am ihrem GOtt treulich diene. Es i&#x017F;t die kirche<lb/>
freylich eine <hi rendition="#aq">arca Noæ,</hi> au&#x017F;&#x017F;er der kein heil i&#x017F;t/ aber das i&#x017F;t ein &#x017F;olcher<lb/>
ruhm/ welcher der gantzen GOtt allein bekannten anzahl aller rechtgla&#x0364;u-<lb/>
bigen in der gantzen welt/ in denen GOtt den wahren glauben und go&#x0364;tt-<lb/>
liches vertrauen auf das verdien&#x017F;t Chri&#x017F;ti gewircket/ allein zu&#x017F;tehet/ am<lb/>
allerwenig&#x017F;ten aber &#x017F;ich der&#x017F;elbigen wu&#x0364;rde die Ro&#x0364;mi&#x017F;che kirch/ die noch<lb/>
wol unter allen <hi rendition="#aq">particular</hi> kirchen (wie ich &#x017F;ie nicht anders als eine <hi rendition="#aq">par-<lb/>
ticularem</hi> erkennen kan.) der <hi rendition="#aq">corrupte&#x017F;t</hi>en eine i&#x017F;t/ anma&#x017F;&#x017F;en kan. Ach<lb/>
wol dem/ welcher anfa&#x0364;ngt die kirche nicht mehr mit flei&#x017F;chlichen augen/<lb/>
oder vornemlich nach dem eu&#x017F;&#x017F;erlichen anzu&#x017F;chauen/ &#x017F;ondern in dem gei&#x017F;t<lb/>
zu erkennen! wie wird der &#x017F;elbige &#x017F;einem GOtt &#x017F;o hertzlich zu dancken ur-<lb/>
&#x017F;ach/ und eine &#x017F;olche zufriedenheit in &#x017F;einer &#x017F;eele/ unter dem u&#x0364;brigem vie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lem</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0152] Das ſiebende Capitel. uͤberſtiegen; trauete aber nimmermehr/ ihre ſachen einem commercio mit dem teufel odeꝛ deſſen eingeben zu zu ſchreiben/ ſondern meine/ daß ich genug zeigen kan/ wie es habe koͤnnen von ihr ſelbs herkommen. Und haben ſonſt fromme vornehme leute (darunter E. Excell. einen vorneh- men und klugen ſtaatsmann kennen/ ſo ſie eine zeitlang bey ſich gehabt) kein zeugnuͤs der boßheit gegeben/ ob ſie wol zuletzt mit ihrer faſt untraͤg- lichen haͤrtigkeit nicht zu frieden ſeyn koͤnnen und wieder von ihr abgelaſ- ſen. Jhre ſcripta, hoͤre/ fangen an viel in Jtalien zu kommen/ und darin unter den Papiſten geleſen zu werden. Faſt gleiches/ was oben gemel- det/ habe auch vor einem halben jahre an einen Baron/ ſo unſer confes- ſion zugethan/ und in ſchreiben/ wie viel erbauung er aus ihren ſchrifften haͤtte/ ruͤhmete/ dabey ein bedencken begehrende/ geantwortet; was er repliciret/ ſende hierbey/ ſolches mit gelegenheit wieder erwartende. Jch habe ort und namen weggelaſſen/ weil er ſich etwa daruͤber beſchweren moͤchte/ daß ohne erlaubnuͤß ſeinen brief vorzeigete. Daraus iſt zu ſe- hen/ was gegen mein ſentiment excipiret/ habe ihm auch noch nicht ge- antwortet/ weil gemeint nach ſeiner vertroͤſtung muͤndlich mit ihm zu ſprechen/ und weiß dißmal nicht wo er iſt. 1686. SECTIO XXX. Daß die Roͤmiſche kirche die arch Noaͤ nicht ſeye. An einen vornehmen Papiſten/ deſſen hauß-frau Evangeliſch war. DJe geliebte hauß-frau ſtaͤrcke GOtt in der evangeliſchen erkanten warheit/ und laſſe nicht zu/ daß ſie einigerley weiſe davon abgewen- det werde/ ſondern in ſolcher erkaͤntnuͤß mit einfaͤltigem hertzen und glaͤubigem gehorſam ihrem GOtt treulich diene. Es iſt die kirche freylich eine arca Noæ, auſſer der kein heil iſt/ aber das iſt ein ſolcher ruhm/ welcher der gantzen GOtt allein bekannten anzahl aller rechtglaͤu- bigen in der gantzen welt/ in denen GOtt den wahren glauben und goͤtt- liches vertrauen auf das verdienſt Chriſti gewircket/ allein zuſtehet/ am allerwenigſten aber ſich derſelbigen wuͤrde die Roͤmiſche kirch/ die noch wol unter allen particular kirchen (wie ich ſie nicht anders als eine par- ticularem erkennen kan.) der corrupteſten eine iſt/ anmaſſen kan. Ach wol dem/ welcher anfaͤngt die kirche nicht mehr mit fleiſchlichen augen/ oder vornemlich nach dem euſſerlichen anzuſchauen/ ſondern in dem geiſt zu erkennen! wie wird der ſelbige ſeinem GOtt ſo hertzlich zu dancken ur- ſach/ und eine ſolche zufriedenheit in ſeiner ſeele/ unter dem uͤbrigem vie- lem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/152
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/152>, abgerufen am 27.11.2024.