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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
väter und ihre schrifften ehren, auch zugeben, daß das gute in denselben möge
zu nützlicher frucht angewendet werden, obwol in allen ziemlich viele irrthü-
mer, die unsrer lehr entgegen stehen, sich zugleich mit finden, ja auch in der bi-
bel die apocryphische bücher zu stehen leiden, und so gar der gemeinde recom-
mendir
en, die doch auch nicht von allen irrungen frey sind: so haben wir bil-
lig gleiche liebe gegen die jenige zu erzeigen, wann gottselige leute zu unser oder
unser väter zeiten in einem hertzlichen eifer vor GOtt schrifften herausgege-
ben, worin nicht alles gold, silber oder edelgesteine ist, sondern auch holtz, heu
und stoppeln sich untermischet hat, daß wir doch das gute in ihnen loben, mit
dem übrigen aber gedult tragen. Auf diese weise gehen wir am sichersten,
und verwahren uns, daß wir uns, welches sonst leicht geschehen kan, nicht an
jemand versündigen. Jm übrigen wann gelegenlich (denn allzu sorgfältig
nachzuforschen würde auch verdacht machen) etwas von der Historia des
Betkii erfahren werden könte, solte mir auch künfftig die communication
angenehm seyn.

SECTIO XXV.
Bruder- und schwester-name. Gemeinschafft
der heiligen.
Gnade, friede, liecht, krafft und trost von unserem allerlieb-
sten Heyland und bruder JESU CHristo.

JN demselben auserwehlte frau und vielgeliebte Schwester! daß ich
mich itzo mit auslassung der sonst nicht verwerflichen aber unter nä-
her vereinigten seelen nicht nöthiger titul, dieses namens und an-
spruchs gebrauche, wird mir dieselbe nicht übel deuten, als die dazu mich
dardurch veranlasset, da sie mir den liebreichen, obwol mir mit recht nicht zu-
kommenden vaters-namen beyzulegen beliebet, dardurch aber mir macht ge-
geben, mit deroselben in keinem andern respect in unserer brieflichen un-
terredung zu handlen, als welchen die gemeinschafft, die wir in unserem
allerliebsten JESU haben, uns gegen einander machet. Zwar finde ich, daß
der mir anmuthende vaters-namen mir von ihrer werthen seele nicht zu-
komme; Dann ich habe sie nicht gezeuget durch das evangelium, und
wo jemal etwas, so ich aber geschehen zu seyn mich nicht versichern kan,
von mir zu dero geistlichen besten geschehen wäre, würde es allein in eini-
ger stärckung und aufmunterung nicht aber in einigem solchen bestan-
den seyn, das einigerley massen den vaters-namen verdiente. Weil ich sie

aber

Das ſiebende Capitel.
vaͤter und ihre ſchrifften ehren, auch zugeben, daß das gute in denſelben moͤge
zu nuͤtzlicher frucht angewendet werden, obwol in allen ziemlich viele irrthuͤ-
mer, die unſrer lehr entgegen ſtehen, ſich zugleich mit finden, ja auch in der bi-
bel die apocryphiſche buͤcher zu ſtehen leiden, und ſo gar der gemeinde recom-
mendir
en, die doch auch nicht von allen irrungen frey ſind: ſo haben wir bil-
lig gleiche liebe gegen die jenige zu erzeigen, wann gottſelige leute zu unſer oder
unſer vaͤter zeiten in einem hertzlichen eifer vor GOtt ſchrifften herausgege-
ben, worin nicht alles gold, ſilber oder edelgeſteine iſt, ſondern auch holtz, heu
und ſtoppeln ſich untermiſchet hat, daß wir doch das gute in ihnen loben, mit
dem uͤbrigen aber gedult tragen. Auf dieſe weiſe gehen wir am ſicherſten,
und verwahren uns, daß wir uns, welches ſonſt leicht geſchehen kan, nicht an
jemand verſuͤndigen. Jm uͤbrigen wann gelegenlich (denn allzu ſorgfaͤltig
nachzuforſchen wuͤrde auch verdacht machen) etwas von der Hiſtoria des
Betkii erfahren werden koͤnte, ſolte mir auch kuͤnfftig die communication
angenehm ſeyn.

SECTIO XXV.
Bruder- und ſchweſter-name. Gemeinſchafft
der heiligen.
Gnade, friede, liecht, krafft und troſt von unſerem allerlieb-
ſten Heyland und bruder JESU CHriſto.

JN demſelben auserwehlte frau und vielgeliebte Schweſter! daß ich
mich itzo mit auslaſſung der ſonſt nicht verwerflichen aber unter naͤ-
her vereinigten ſeelen nicht noͤthiger titul, dieſes namens und an-
ſpruchs gebrauche, wird mir dieſelbe nicht uͤbel deuten, als die dazu mich
dardurch veranlaſſet, da ſie mir den liebreichen, obwol mir mit recht nicht zu-
kommenden vaters-namen beyzulegen beliebet, dardurch aber mir macht ge-
geben, mit deroſelben in keinem andern reſpect in unſerer brieflichen un-
terredung zu handlen, als welchen die gemeinſchafft, die wir in unſerem
allerliebſten JESU haben, uns gegen einander machet. Zwar finde ich, daß
der mir anmuthende vaters-namen mir von ihrer werthen ſeele nicht zu-
komme; Dann ich habe ſie nicht gezeuget durch das evangelium, und
wo jemal etwas, ſo ich aber geſchehen zu ſeyn mich nicht verſichern kan,
von mir zu dero geiſtlichen beſten geſchehen waͤre, wuͤrde es allein in eini-
ger ſtaͤrckung und aufmunterung nicht aber in einigem ſolchen beſtan-
den ſeyn, das einigerley maſſen den vaters-namen verdiente. Weil ich ſie

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[128/0140] Das ſiebende Capitel. vaͤter und ihre ſchrifften ehren, auch zugeben, daß das gute in denſelben moͤge zu nuͤtzlicher frucht angewendet werden, obwol in allen ziemlich viele irrthuͤ- mer, die unſrer lehr entgegen ſtehen, ſich zugleich mit finden, ja auch in der bi- bel die apocryphiſche buͤcher zu ſtehen leiden, und ſo gar der gemeinde recom- mendiren, die doch auch nicht von allen irrungen frey ſind: ſo haben wir bil- lig gleiche liebe gegen die jenige zu erzeigen, wann gottſelige leute zu unſer oder unſer vaͤter zeiten in einem hertzlichen eifer vor GOtt ſchrifften herausgege- ben, worin nicht alles gold, ſilber oder edelgeſteine iſt, ſondern auch holtz, heu und ſtoppeln ſich untermiſchet hat, daß wir doch das gute in ihnen loben, mit dem uͤbrigen aber gedult tragen. Auf dieſe weiſe gehen wir am ſicherſten, und verwahren uns, daß wir uns, welches ſonſt leicht geſchehen kan, nicht an jemand verſuͤndigen. Jm uͤbrigen wann gelegenlich (denn allzu ſorgfaͤltig nachzuforſchen wuͤrde auch verdacht machen) etwas von der Hiſtoria des Betkii erfahren werden koͤnte, ſolte mir auch kuͤnfftig die communication angenehm ſeyn. 1688. SECTIO XXV. Bruder- und ſchweſter-name. Gemeinſchafft der heiligen. Gnade, friede, liecht, krafft und troſt von unſerem allerlieb- ſten Heyland und bruder JESU CHriſto. JN demſelben auserwehlte frau und vielgeliebte Schweſter! daß ich mich itzo mit auslaſſung der ſonſt nicht verwerflichen aber unter naͤ- her vereinigten ſeelen nicht noͤthiger titul, dieſes namens und an- ſpruchs gebrauche, wird mir dieſelbe nicht uͤbel deuten, als die dazu mich dardurch veranlaſſet, da ſie mir den liebreichen, obwol mir mit recht nicht zu- kommenden vaters-namen beyzulegen beliebet, dardurch aber mir macht ge- geben, mit deroſelben in keinem andern reſpect in unſerer brieflichen un- terredung zu handlen, als welchen die gemeinſchafft, die wir in unſerem allerliebſten JESU haben, uns gegen einander machet. Zwar finde ich, daß der mir anmuthende vaters-namen mir von ihrer werthen ſeele nicht zu- komme; Dann ich habe ſie nicht gezeuget durch das evangelium, und wo jemal etwas, ſo ich aber geſchehen zu ſeyn mich nicht verſichern kan, von mir zu dero geiſtlichen beſten geſchehen waͤre, wuͤrde es allein in eini- ger ſtaͤrckung und aufmunterung nicht aber in einigem ſolchen beſtan- den ſeyn, das einigerley maſſen den vaters-namen verdiente. Weil ich ſie aber

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/140>, abgerufen am 23.11.2024.