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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
langt, so ists ja kein ander leben nach dieser zeit, als eben das jenige, so in der
wiedergeburt entzündet und erwecket worden; und finde ich den unterscheid
nicht wol anders als wie zwischen einem noch in mutterleibe ligenden und nun
an das liecht gebohrnen kinde, wo es ein leben, aber eine ziemliche unterschie-
dene krafft desselben ist. Ob es eben der Theologus seye, welcher mit unsers
lieben Lutheri antwort von der tauff nicht allerdings zu frieden seyn solte, weiß
ich nicht, als der ich diesen nicht kenne, derjenige aber davon ich rede, ist sonsten
in ipsa cathedra Lutheri, und bezeiget eine grosse aestim von des theuren
mannes schrifften, daraus er einen Commentarium über die Bibel ausgehen
lässet. Von des M. Statii cynosu[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]a habe noch seither nichts ferner erfahren,
möchte etwa nicht so gar unvermuthlich seyn, daß das scriptum wäre suppri-
mir
et worden. Neodorpii privilegia der christen aber habe selbs annoch
hie gefunden, und ein gutes theil darinnen bereits gelesen, nicht ohne hertzliches
vergnügen Was nach einigem der Reformirten irrthum darinnen schmecket,
hindert mich nicht viel, dann es leicht erkant wird, und wo ich den rechten grund
des glaubens finde, bin ich gewohnt, andere ob wol auch schwerere irrthume
und verstoß mit gedult und erbarmen anzusehen und zu vertragen. Bedancke
mich indessen für die anzeige und übersandte titul, ohne welches ich das buch
wol schwerlich würde bekommen haben. Was den christlichen buchbinder be-
trifft, ist mir u. andern guten hertzen, durch communication solches berichts,
grosse freude gemacht worden, dafür wir uns bertzlich bedancken. Jch schätze
die göttliche gnade und liecht bey allen hoch, aber so vielmehr bey denen sonsten
einfältigen, deren erkäntnüß weniger von menschlicher wissenschafft und kunst
hat, daher gewöhnlich reiner ist. Werde jedesmal durch dergleichen exempel
eines theils getröstet und aufgerichtet, daß der HErr noch in seiner gnade sich
bey solchen lieben leuten kräftig weiset und den einfältigen seines reichs geheim-
nüssen offenbaret, ob wol auch andern theils beschämet, daß bey allem meinen
studiren, noch so viel zurück bleibe gegen dergleichen freunden. Wobey mich
dennoch dieses noch erfreuet, daß ich weiß, ein glied an dem leib zu seyn, daran
jene auch glieder sind, da die ehre und gnade einem glied erzeiget, mich nicht we-
niger erfreuen soll, und zuweiln erfreuet, als ob ich an eigner person solcher ge-
nösse. Crameri tractätlein, die ich zusammen trucken lassen, schicke ich selbs;
und ist eben dasjenige/ so ich bedaure, die vorige meß versäumet zu haben.
Hingegen verlangt mich wol recht nach Havemanni scripto, und übersetz-
ung: Die bey solcher gelegenheit aber bedeutete leibes beschwerlichkeit hat
mich wol von hertzen betrübet: Der HErr wolle nach seinem heiligen willen
dieselbe mildern und wegnehmen, oder wo es ja der in sein fleisch bestimmte
pfahl seyn soll, ihm in kindlicher gelassenheit tragen helffen, hingegen in seiner
schwachheit sich so viel stärcker erweisen, und also auch an ihm den zweck so-
[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]haner heimsuchung kräfftig befördern. Das bedencken über die Theopra-

xian

Das ſiebende Capitel.
langt, ſo iſts ja kein ander leben nach dieſer zeit, als eben das jenige, ſo in der
wiedergeburt entzuͤndet und erwecket worden; und finde ich den unterſcheid
nicht wol anders als wie zwiſchen einem noch in mutterleibe ligenden und nun
an das liecht gebohrnen kinde, wo es ein leben, aber eine ziemliche unterſchie-
dene krafft deſſelben iſt. Ob es eben der Theologus ſeye, welcher mit unſers
lieben Lutheri antwort von der tauff nicht allerdings zu frieden ſeyn ſolte, weiß
ich nicht, als der ich dieſen nicht kenne, derjenige aber davon ich rede, iſt ſonſten
in ipſa cathedra Lutheri, und bezeiget eine groſſe æſtim von des theuren
mannes ſchrifften, daraus er einen Commentarium uͤber die Bibel ausgehen
laͤſſet. Von des M. Statii cynoſu[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]a habe noch ſeither nichts ferner erfahren,
moͤchte etwa nicht ſo gar unvermuthlich ſeyn, daß das ſcriptum waͤre ſuppri-
mir
et worden. Neodorpii privilegia der chriſten aber habe ſelbs annoch
hie gefunden, und ein gutes theil darinnen bereits geleſen, nicht ohne hertzliches
vergnuͤgen Was nach einigem der Reformirten irrthum darinnen ſchmecket,
hindert mich nicht viel, dañ es leicht erkant wird, und wo ich den rechten grund
des glaubens finde, bin ich gewohnt, andere ob wol auch ſchwerere irrthume
und verſtoß mit gedult und erbarmen anzuſehen und zu vertragen. Bedancke
mich indeſſen fuͤr die anzeige und uͤberſandte titul, ohne welches ich das buch
wol ſchwerlich wuͤrde bekommen haben. Was den chriſtlichen buchbinder be-
trifft, iſt mir u. andern guten hertzen, durch communication ſolches berichts,
groſſe freude gemacht worden, dafuͤr wir uns bertzlich bedancken. Jch ſchaͤtze
die goͤttliche gnade und liecht bey allen hoch, abeꝛ ſo vielmehr bey denen ſonſten
einfaͤltigen, deren erkaͤntnuͤß weniger von menſchlicher wiſſenſchafft und kunſt
hat, daher gewoͤhnlich reiner iſt. Werde jedesmal durch dergleichen exempel
eines theils getroͤſtet und aufgerichtet, daß der HErr noch in ſeiner gnade ſich
bey ſolchen lieben leuten kꝛaͤftig weiſet und den einfaͤltigen ſeines reichs geheim-
nuͤſſen offenbaret, ob wol auch andern theils beſchaͤmet, daß bey allem meinen
ſtudiren, noch ſo viel zuruͤck bleibe gegen dergleichen freunden. Wobey mich
dennoch dieſes noch erfreuet, daß ich weiß, ein glied an dem leib zu ſeyn, daran
jene auch glieder ſind, da die ehre und gnade einem glied eꝛzeiget, mich nicht we-
niger erfreuen ſoll, und zuweiln erfreuet, als ob ich an eigner perſon ſolcher ge-
noͤſſe. Crameri tractaͤtlein, die ich zuſammen trucken laſſen, ſchicke ich ſelbs;
und iſt eben dasjenige/ ſo ich bedaure, die vorige meß verſaͤumet zu haben.
Hingegen verlangt mich wol recht nach Havemanni ſcripto, und uͤberſetz-
ung: Die bey ſolcher gelegenheit aber bedeutete leibes beſchwerlichkeit hat
mich wol von hertzen betruͤbet: Der HErr wolle nach ſeinem heiligen willen
dieſelbe mildern und wegnehmen, oder wo es ja der in ſein fleiſch beſtimmte
pfahl ſeyn ſoll, ihm in kindlicher gelaſſenheit tragen helffen, hingegen in ſeiner
ſchwachheit ſich ſo viel ſtaͤrcker erweiſen, und alſo auch an ihm den zweck ſo-
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[114/0126] Das ſiebende Capitel. langt, ſo iſts ja kein ander leben nach dieſer zeit, als eben das jenige, ſo in der wiedergeburt entzuͤndet und erwecket worden; und finde ich den unterſcheid nicht wol anders als wie zwiſchen einem noch in mutterleibe ligenden und nun an das liecht gebohrnen kinde, wo es ein leben, aber eine ziemliche unterſchie- dene krafft deſſelben iſt. Ob es eben der Theologus ſeye, welcher mit unſers lieben Lutheri antwort von der tauff nicht allerdings zu frieden ſeyn ſolte, weiß ich nicht, als der ich dieſen nicht kenne, derjenige aber davon ich rede, iſt ſonſten in ipſa cathedra Lutheri, und bezeiget eine groſſe æſtim von des theuren mannes ſchrifften, daraus er einen Commentarium uͤber die Bibel ausgehen laͤſſet. Von des M. Statii cynoſu_a habe noch ſeither nichts ferner erfahren, moͤchte etwa nicht ſo gar unvermuthlich ſeyn, daß das ſcriptum waͤre ſuppri- miret worden. Neodorpii privilegia der chriſten aber habe ſelbs annoch hie gefunden, und ein gutes theil darinnen bereits geleſen, nicht ohne hertzliches vergnuͤgen Was nach einigem der Reformirten irrthum darinnen ſchmecket, hindert mich nicht viel, dañ es leicht erkant wird, und wo ich den rechten grund des glaubens finde, bin ich gewohnt, andere ob wol auch ſchwerere irrthume und verſtoß mit gedult und erbarmen anzuſehen und zu vertragen. Bedancke mich indeſſen fuͤr die anzeige und uͤberſandte titul, ohne welches ich das buch wol ſchwerlich wuͤrde bekommen haben. Was den chriſtlichen buchbinder be- trifft, iſt mir u. andern guten hertzen, durch communication ſolches berichts, groſſe freude gemacht worden, dafuͤr wir uns bertzlich bedancken. Jch ſchaͤtze die goͤttliche gnade und liecht bey allen hoch, abeꝛ ſo vielmehr bey denen ſonſten einfaͤltigen, deren erkaͤntnuͤß weniger von menſchlicher wiſſenſchafft und kunſt hat, daher gewoͤhnlich reiner iſt. Werde jedesmal durch dergleichen exempel eines theils getroͤſtet und aufgerichtet, daß der HErr noch in ſeiner gnade ſich bey ſolchen lieben leuten kꝛaͤftig weiſet und den einfaͤltigen ſeines reichs geheim- nuͤſſen offenbaret, ob wol auch andern theils beſchaͤmet, daß bey allem meinen ſtudiren, noch ſo viel zuruͤck bleibe gegen dergleichen freunden. Wobey mich dennoch dieſes noch erfreuet, daß ich weiß, ein glied an dem leib zu ſeyn, daran jene auch glieder ſind, da die ehre und gnade einem glied eꝛzeiget, mich nicht we- niger erfreuen ſoll, und zuweiln erfreuet, als ob ich an eigner perſon ſolcher ge- noͤſſe. Crameri tractaͤtlein, die ich zuſammen trucken laſſen, ſchicke ich ſelbs; und iſt eben dasjenige/ ſo ich bedaure, die vorige meß verſaͤumet zu haben. Hingegen verlangt mich wol recht nach Havemanni ſcripto, und uͤberſetz- ung: Die bey ſolcher gelegenheit aber bedeutete leibes beſchwerlichkeit hat mich wol von hertzen betruͤbet: Der HErr wolle nach ſeinem heiligen willen dieſelbe mildern und wegnehmen, oder wo es ja der in ſein fleiſch beſtimmte pfahl ſeyn ſoll, ihm in kindlicher gelaſſenheit tragen helffen, hingegen in ſeiner ſchwachheit ſich ſo viel ſtaͤrcker erweiſen, und alſo auch an ihm den zweck ſo- _haner heimſuchung kraͤfftig befoͤrdern. Das bedencken uͤber die Theopra- xian

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/126>, abgerufen am 24.11.2024.