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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
nicht/ daß nicht/ etwas von göttlichen licht bey ihm möchte gewesen seyen/ sondern
daß bey dem liecht viele finsternüß sich gefunden/ wie jener blinde Marc. 8, 29.
als der HErr JEsus ihm zu erleuchten anfinge/ menschen als bäume ansahe/
biß er zu völligem gesichte kam. Jst es nun eine mügliche sache gewesen/ daß
Petrus/ und ohne zweiffel auch mit ihm andere Apostel/ so gar nach unmittel- und
wunderbahrer ausgiessung des heil. Geistes über sie/ der sie auch in dem amt
selbst allezeit erleuchtete und führete/ dennoch in einen ziemlichen irrthum betrüf-
fende die Juden und friden gestecket/ biß Petro selbst wiederum durch eine neue
offenbahrung Act. 10. auch solches geheimnüß mehr geoffenbahret worden ist/
warum solte man deßwegen dem Satan zuschreiben/ was Jacob Böhm ge-
schrieben/ weil er in einigen stücken sich verstossen hat? Ja warum solte des-
wegen unmüglich seyen/ daß er ein sonderbahres liecht von GOtt in gewissen din-
gen empfangen hätte/ weil er in einigen dingen/ was ihm etwa in solchem liecht
gezeiget worden/ als von ferne erstlich noch nicht recht/ sondern confus, und also
mit einigem irrthum/ angesehen/ nachmahl aber auch dasselbe tieffer und klärer
eingesehen? da wir in übrigen ihn nicht den Aposteln und allgemeinen lehrern
der kirchen/ auf dero grund dieselbe erbauet ist/ und von denen wir den weg un-
serer seeligkeit also zu lernen haben/ daß wir ihren schrifften ohne fernere prüf-
fung glauben/ nach ihnen aber alle andre erst prüffen müssen/ vergleichen: son-
dern wo man etwas göttliches in ihn erkennen wolte (davon ich aber selbst noch
nicht urtheilen kan) es also eine sonderbahre Gabe/ etwa wie dorten Bezaleels/
dem auch der Geist GOttes gegeben worden Exod. [3]5, 31. achten möchten. Nun
aber auch solcherley gabe hart zu tractiren/ mag das gewissen auch verletzen.
Was eine remotion oder dero androhung anlangt/ darff geliebter bruder/ ob er
auch seinen gewissen nicht anders als durch eine retractation rathschaffen kön-
te/ jene nicht fürchten/ noch diese anders ansehen/ als daß einige denselben damit
zuschrecken und abzuhalten/ gedencken. Jedoch GOtt/ der sein werck aller orten
kräfftig wird lassen durchdringen/ wird alles wol machen. etc. 9. May 1692.

(NB. Sectionem XXVI. suche am ende dieses dritten theils.)
SECTIO XXVII.

An einen Christlichen schulmeister in Sachsen/ den
GOtt von jugend auf geführet auf den weg der buße und
glaubens. Hochachtung der schrifft. Einige prediger verbieten dero
lesung. Wir haben alle zuhörer auf dieselbe zu weisen. Mäßigung
des entbrennenden eyffers. Wie auf dem lande auch erbauliche bücher
unter die leute zu bringen. Gebet um besserung. Luc. 18/
7. 8. Hoffnung derselben.

Daß

Das ſechſte Capitel.
nicht/ daß nicht/ etwas von goͤttlichen licht bey ihm moͤchte geweſen ſeyen/ ſondern
daß bey dem liecht viele finſternuͤß ſich gefunden/ wie jener blinde Marc. 8, 29.
als der HErr JEſus ihm zu erleuchten anfinge/ menſchen als baͤume anſahe/
biß er zu voͤlligem geſichte kam. Jſt es nun eine muͤgliche ſache geweſen/ daß
Petrus/ und ohne zweiffel auch mit ihm andere Apoſtel/ ſo gar nach unmittel- und
wunderbahrer ausgieſſung des heil. Geiſtes uͤber ſie/ der ſie auch in dem amt
ſelbſt allezeit erleuchtete und fuͤhrete/ dennoch in einen ziemlichen irrthum betruͤf-
fende die Juden und friden geſtecket/ biß Petro ſelbſt wiederum durch eine neue
offenbahrung Act. 10. auch ſolches geheimnuͤß mehr geoffenbahret worden iſt/
warum ſolte man deßwegen dem Satan zuſchreiben/ was Jacob Boͤhm ge-
ſchrieben/ weil er in einigen ſtuͤcken ſich verſtoſſen hat? Ja warum ſolte des-
wegen unmuͤglich ſeyen/ daß er ein ſonderbahres liecht von GOtt in gewiſſen din-
gen empfangen haͤtte/ weil er in einigen dingen/ was ihm etwa in ſolchem liecht
gezeiget worden/ als von ferne erſtlich noch nicht recht/ ſondern confus, und alſo
mit einigem irrthum/ angeſehen/ nachmahl aber auch daſſelbe tieffer und klaͤrer
eingeſehen? da wir in uͤbrigen ihn nicht den Apoſteln und allgemeinen lehrern
der kirchen/ auf dero grund dieſelbe erbauet iſt/ und von denen wir den weg un-
ſerer ſeeligkeit alſo zu lernen haben/ daß wir ihren ſchrifften ohne fernere pruͤf-
fung glauben/ nach ihnen aber alle andre erſt pruͤffen muͤſſen/ vergleichen: ſon-
dern wo man etwas goͤttliches in ihn erkennen wolte (davon ich aber ſelbſt noch
nicht urtheilen kan) es alſo eine ſonderbahre Gabe/ etwa wie dorten Bezaleels/
dem auch der Geiſt GOttes gegeben worden Exod. [3]5, 31. achten moͤchten. Nun
aber auch ſolcherley gabe hart zu tractiren/ mag das gewiſſen auch verletzen.
Was eine remotion oder dero androhung anlangt/ darff geliebter bruder/ ob er
auch ſeinen gewiſſen nicht anders als durch eine retractation rathſchaffen koͤn-
te/ jene nicht fuͤrchten/ noch dieſe anders anſehen/ als daß einige denſelben damit
zuſchrecken und abzuhalten/ gedencken. Jedoch GOtt/ der ſein werck aller orten
kraͤfftig wird laſſen durchdringen/ wird alles wol machen. ꝛc. 9. May 1692.

(NB. Sectionem XXVI. ſuche am ende dieſes dritten theils.)
SECTIO XXVII.

An einen Chriſtlichen ſchulmeiſter in Sachſen/ den
GOtt von jugend auf gefuͤhret auf den weg der buße und
glaubens. Hochachtung der ſchrifft. Einige prediger verbieten dero
leſung. Wir haben alle zuhoͤrer auf dieſelbe zu weiſen. Maͤßigung
des entbreñenden eyffers. Wie auf dem lande auch erbauliche buͤcher
unter die leute zu bringen. Gebet um beſſerung. Luc. 18/
7. 8. Hoffnung derſelben.

Daß
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[924/0942] Das ſechſte Capitel. nicht/ daß nicht/ etwas von goͤttlichen licht bey ihm moͤchte geweſen ſeyen/ ſondern daß bey dem liecht viele finſternuͤß ſich gefunden/ wie jener blinde Marc. 8, 29. als der HErr JEſus ihm zu erleuchten anfinge/ menſchen als baͤume anſahe/ biß er zu voͤlligem geſichte kam. Jſt es nun eine muͤgliche ſache geweſen/ daß Petrus/ und ohne zweiffel auch mit ihm andere Apoſtel/ ſo gar nach unmittel- und wunderbahrer ausgieſſung des heil. Geiſtes uͤber ſie/ der ſie auch in dem amt ſelbſt allezeit erleuchtete und fuͤhrete/ dennoch in einen ziemlichen irrthum betruͤf- fende die Juden und friden geſtecket/ biß Petro ſelbſt wiederum durch eine neue offenbahrung Act. 10. auch ſolches geheimnuͤß mehr geoffenbahret worden iſt/ warum ſolte man deßwegen dem Satan zuſchreiben/ was Jacob Boͤhm ge- ſchrieben/ weil er in einigen ſtuͤcken ſich verſtoſſen hat? Ja warum ſolte des- wegen unmuͤglich ſeyen/ daß er ein ſonderbahres liecht von GOtt in gewiſſen din- gen empfangen haͤtte/ weil er in einigen dingen/ was ihm etwa in ſolchem liecht gezeiget worden/ als von ferne erſtlich noch nicht recht/ ſondern confus, und alſo mit einigem irrthum/ angeſehen/ nachmahl aber auch daſſelbe tieffer und klaͤrer eingeſehen? da wir in uͤbrigen ihn nicht den Apoſteln und allgemeinen lehrern der kirchen/ auf dero grund dieſelbe erbauet iſt/ und von denen wir den weg un- ſerer ſeeligkeit alſo zu lernen haben/ daß wir ihren ſchrifften ohne fernere pruͤf- fung glauben/ nach ihnen aber alle andre erſt pruͤffen muͤſſen/ vergleichen: ſon- dern wo man etwas goͤttliches in ihn erkennen wolte (davon ich aber ſelbſt noch nicht urtheilen kan) es alſo eine ſonderbahre Gabe/ etwa wie dorten Bezaleels/ dem auch der Geiſt GOttes gegeben worden Exod. 35, 31. achten moͤchten. Nun aber auch ſolcherley gabe hart zu tractiren/ mag das gewiſſen auch verletzen. Was eine remotion oder dero androhung anlangt/ darff geliebter bruder/ ob er auch ſeinen gewiſſen nicht anders als durch eine retractation rathſchaffen koͤn- te/ jene nicht fuͤrchten/ noch dieſe anders anſehen/ als daß einige denſelben damit zuſchrecken und abzuhalten/ gedencken. Jedoch GOtt/ der ſein werck aller orten kraͤfftig wird laſſen durchdringen/ wird alles wol machen. ꝛc. 9. May 1692. (NB. Sectionem XXVI. ſuche am ende dieſes dritten theils.) SECTIO XXVII. An einen Chriſtlichen ſchulmeiſter in Sachſen/ den GOtt von jugend auf gefuͤhret auf den weg der buße und glaubens. Hochachtung der ſchrifft. Einige prediger verbieten dero leſung. Wir haben alle zuhoͤrer auf dieſelbe zu weiſen. Maͤßigung des entbreñenden eyffers. Wie auf dem lande auch erbauliche buͤcher unter die leute zu bringen. Gebet um beſſerung. Luc. 18/ 7. 8. Hoffnung derſelben. Daß

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 924. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/942>, abgerufen am 22.11.2024.