Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. I. DISTINCT. I. SECT XI.
chen faſt unheilſam ſcheinet. Jſts nicht ſo/ daß alte gewohnheit/ das exempel der
vorigen/ die gemeine maximen der welt/ die authoritaͤt der jenigen ſo etwas be-
haupten oder widerſprechen/ bey unſern leuten die vornehmſte reglen ſind/ nach
denen alles gerichtet wird. Widerſpricht die Schrifft/ ſo muß ihr ja durch ſo
viel herum ziehens endlich nein werden/ ehe unſere reglen verlaſſen werden ſolten.
Aber ach vielgeliebte ſchweſter/ wo wir die welt nicht aͤndern koͤnnen/ ſo laſſet doch
uns ſelbs von dero befleckung rein behalten/ um ſolches GOTT taͤglich anruffen/
und wo einigen noch gutes beygebracht werden kan/ ſolches nach vermoͤgen thun.
Tie Sontags feyer belangend/ ſorge ich ſehr von ſolcher heiligen und unſerer er-
bauung ſo noͤthigen materi, es duͤrffte daruͤber bald ein ſchwehrer ſtreit in unſerer
kirchen oͤffentlich ausbrechen/ der die ſchwache nicht wenig aͤrgern/ und fleiſchlich ge-
ſinneten ſich einiger ſreyheit zu mißbrauchen anlaß geben wird. Gott wolle ſolches
in gnaden verhuͤten/ wo es ſein heiliger wille iſt/ oder doch geben/ daß endlich dar-
aus gutes kommen muͤſſe. Was die vorgelegte frage anlanget/ davon ſie meine
wenige gedancken zu wiſſen verlanget/ ſind dieſe eben die jenige/ welche ſie/ vielgelieb-
te ſchweſter/ auch dabey gehabt hat/ nehmlich daß uns nicht gezieme/ von der ge-
genwart CHriſti fuͤrwitzig zu urtheilen/ oder uͤber das geoffenbahrte zu gruͤbeln.
Daß iſt gewiß/ daß auſſer dem gantzen gebrauch des heiligen abendmahls brod und
wein kein Sacrament nicht ſind/ ſondern daß alle Sacramenten in handlungen be-
ſtehen. Deßwegen denn von brod und wein/ ehe ſie zu dieſer heiligen handlung ge-
bracht werden/ und ehe dieſelbe anfaͤngt/ ſo dann was von ſolchen elementen nach
dem gebrauch noch uͤbrig iſt/ nicht anders gehalten werden mag/ als daß ſie ge-
mein brod und wein ſind/ hingegen iſt anderer ſeits aus CHriſti worten gewiß/
daß ſein leib und blut/ krafft ſeiner wort und einſetzung mit ſolchen irdiſchen elemen-
ten in dem gebrauch vereiniget ſind/ zu gleich mit gegeben und mit genoſſen werden.
Die zeit und das moment aber/ in welchen der leib und blut des HERREN an-
fange mit brod und wein vereinigt zu werden/ und wenn ſolche vereinigung auff-
hoͤre (in dem endlich brod und wein das jenige in dem leib begegnet/ was anderer na-
tuͤrlicher ſpeiß und tranck zu begegnen pfleget/ da ja Cbriſti leib und blut nicht mehr
mit vereinigt ſeyn kan/ ob wohl den augenblick wenn ſolches geſchehe nicht determi-
ni
ret wird) zu forſchen/ wuͤrde ein unziemlicher fuͤrwiß und der Chriſtl. einfalt nicht
gemaͤß ſeyn. Jſt eben das urtheil was mein ſeliger præceptor Herr D. Dann-
hauer und vor ihm der beruͤhmte Herr D. Gerhard auch gegeben: Wie denn jener
hieher zu ziehen pflegte/ daß es auch hie heiſſen moͤgte: Es zieme ſich uns nicht
zuwiſſen
zeit und augenblick/ welche der Vater ſeiner macht vorbehal-
ten habe.
Dieſe Chriſtliche beſcheidenheit/ wo ſie in allen denen fragen/ welche
in GOttes wort nicht klahr ausgemachet ſind/ beobachtet wuͤrde/ waͤre das mittel
damit ſehr viele unnuͤtze und aͤrgerlicher ſtreite unterblieben. Wo es gelegenheit
giebt/ bitte ich meine geliebte ſchweſter wolle die Fuͤrſtliche Prinzeßin/ meines un-

terthaͤ-
K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/93
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/93>, abgerufen am 01.03.2025.