Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. III. SECT. XVI. SECTIO XVI. An einen Churfürstlichen Rath. Churfürst- WAs derselbe in dem an mich abgegebenen angenehm verlanget/ daß unsers trei-
ARTIC. III. SECT. XVI. SECTIO XVI. An einen Churfuͤrſtlichen Rath. Churfuͤrſt- WAs derſelbe in dem an mich abgegebenen angenehm verlanget/ daß unſers trei-
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ARTIC. III. SECT. XVI.
SECTIO XVI.
An einen Churfuͤrſtlichen Rath. Churfuͤrſt-
liches reſcript wegen der ſo genanten Pietiſten. Der Gottſe-
ligkeit nutzen auch in gemeinen weſen. We-
gen aͤnderung eines Beichtva-
ters.
WAs derſelbe in dem an mich abgegebenen angenehm verlanget/ daß unſers
gnaͤdigſten Churfuͤrſten und Herrn Durchl. ein einſehen auff die verlaͤſte-
ſterung unſchuldiger leute und den nahmen der Pietiſten/ ſo an ſo vielen
orten dero herrſchafft ungeſcheuet von den cantzeln bißher geſchehen war/ haben und
derſelben ſteuren moͤchte/ hatte bereits ehe ſolches eingelauffen angefangen/ und
war/ weil ich an einem vornehmen ort repræſentiret/ wie von den leuten/ ſo mit ge-
walt einigen Leipzigſchen Theologen zu gefallen/ eine neue ſecte machen wolten/
S. Churfuͤruͤlichen Durchl. die zu erſt daruͤber cognitionem hatten unverant-
wortlich vorgegriffen und præjudiciret wuͤrde/ bereits ein ſchreiben an die Magde-
burgiſche und Halberſtaͤttiſche regierung dergleichen und ſchwehren geldſtraffen/
ohne welchen die leute ſich ſchwehrlich geben wuͤrden/ zu inhibiren abgefaſſet ge-
weſen/ ſo auch fort geſendet wird worden ſeyen. Der HERR gebe nur einen
nachdruck/ und laſſe entweder ſolche unzeitige zeloten ſelbſt zu erkaͤntnuͤß deſſen
was ſie thun zu ihren eignem beſten gebracht/ oder ihnen haͤnde und zungen ſich de-
roſelben nicht mehr mit ſolcher licenz zu mißbrauchen gebunden werden. Wozu
ſichs faſt einiger orten anlaſſen/ und das anſehen gewinnen will/ als wolten viel
rechtſchaffene leute auffwachen/ und ſehen/ was der ungezaͤhmte und auff falſchem
grunde ruhende eiffer ſo vieler genannter geiſtlicher vor groſſen ſchaden thue/ dahe-
ro diejenigen/ denen das allgemeine beſte ein ernſt iſt/ auch finden werden/ zeit zu
ſeyen/ daß man denſelben mit nachdruck einhalt thue. Daß die ungefaͤrbte Gott-
ſeligkeit auch zu der gemeinen ruhe und weltlichen wohlſtand vieles thue/
werden alle bekennen/ ich will nicht ſagen/ die das Chriſtenthum verſtehen
und die Goͤttliche gnade den grund aller wohlfahrt zu ſeyen glauben: ſondern auch
ſelbs ſein Machiavelliſt/ der in den hertzen der Gottſeligkeit ſportet/ wird doch ſei-
nem fuͤrſten das nuͤtzlichſte/ und ihn am gluͤcklichſten halten/ wo er lauter Gottſeli-
ge unterthanen haͤtte. Daraus aber erhellet/ wie dan der conatus der jenigen/ ſo
gleichſam mit haͤnden und fuͤſſen wehren/ daß ja die leute nicht fromm werden
moͤchten/ und deswegen ſo wol die jenige/ welche vor andern mit ernſt darauff
trei-
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