Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. lich und weitläufftig vorgestellet hatte/ dadurch in ungnade gefallen/ die sich im-mer durch einblasen gehäßiger leute vermehret/ und daher bey hoff ohne schutz wä- re/ dazu mißbrauchet hat/ daß er mich/ als dem er alles zuschriebe/ was andere ge- than hätten/ zu mehrern malen/ sonderlich in predigten/ so dann dreyen program- matibus, so dazu sub nomine Rectoris und also academiae publibiret worden/ zum hefftigsten angegriffen/ und vielerley dinge beschuldigt/ da ich hingegen wie- der ihn ohne schutz geblieben bin. Nun der HErr hat ihm auch solches zur übung und prüffung meiner gedult zu gelassen. Dem bleibe deswegen auch schuldiges danck- bares lob/ und ihm alles zu seiner gnade empfohlen. Die hiesige stelle anlangend/ ob sie wol unterschiedlicher bekanter ursachen de-
Das ſechſte Capitel. lich und weitlaͤufftig vorgeſtellet hatte/ dadurch in ungnade gefallen/ die ſich im-mer durch einblaſen gehaͤßiger leute vermehret/ und daher bey hoff ohne ſchutz waͤ- re/ dazu mißbrauchet hat/ daß er mich/ als dem er alles zuſchriebe/ was andere ge- than haͤtten/ zu mehrern malen/ ſonderlich in predigten/ ſo dann dreyen program- matibus, ſo dazu ſub nomine Rectoris und alſo academiæ publibiret worden/ zum hefftigſten angegriffen/ und vielerley dinge beſchuldigt/ da ich hingegen wie- der ihn ohne ſchutz geblieben bin. Nun der HErr hat ihm auch ſolches zur uͤbung und pruͤffung meiner gedult zu gelaſſen. Dem bleibe deswegen auch ſchuldiges danck- bares lob/ und ihm alles zu ſeiner gnade empfohlen. Die hieſige ſtelle anlangend/ ob ſie wol unterſchiedlicher bekanter urſachen de-
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Das ſechſte Capitel.
lich und weitlaͤufftig vorgeſtellet hatte/ dadurch in ungnade gefallen/ die ſich im-
mer durch einblaſen gehaͤßiger leute vermehret/ und daher bey hoff ohne ſchutz waͤ-
re/ dazu mißbrauchet hat/ daß er mich/ als dem er alles zuſchriebe/ was andere ge-
than haͤtten/ zu mehrern malen/ ſonderlich in predigten/ ſo dann dreyen program-
matibus, ſo dazu ſub nomine Rectoris und alſo academiæ publibiret worden/
zum hefftigſten angegriffen/ und vielerley dinge beſchuldigt/ da ich hingegen wie-
der ihn ohne ſchutz geblieben bin. Nun der HErr hat ihm auch ſolches zur uͤbung und
pruͤffung meiner gedult zu gelaſſen. Dem bleibe deswegen auch ſchuldiges danck-
bares lob/ und ihm alles zu ſeiner gnade empfohlen.
Die hieſige ſtelle anlangend/ ob ſie wol unterſchiedlicher bekanter urſachen
willen nicht wenig gefaͤhrlich iſt/ und ich wol vorſehe/ daß es an allerhand wider-
wertigkeiten nicht manglen wird/ ſehe gleichwol auch alſo an/ daß ſich vieles gutes
in derſelben werde ausrichten laſſen. Wie ich dann ſo wol wegen des gewiß goͤtt-
lichen beruffs/ da wieder aller auch ſonſten kluger ſtaats-leute vermuthen das werck
dieſen ausgang nehmen muͤſſen/ aber eben dardurch der unhintertreibliche rath des
HErrn ſich ſo viel verſicherter offenbahret hat/ der dann deswegen nicht anders
als guͤtig und weiſe ſeyen kan und muß/ als auch wegen anderer umſtaͤnde/ der troͤſt-
lichen zuverſicht gelebe/ daß mir eine weitere thuͤr des guten hieſigen orts geoͤffnet
werden ſolle/ u. mir der HErr einen reichern ſegen beſtimmet haben werde. Er gebe
mir doch dazu ſeinẽ h. Geiſt in dem jenigẽ maß als die ſtelle erfordert/ weder aus man
gel noͤthiger klugheit in etwas anzuſtoſſen/ u. dẽ wort ſelbs eine hindernuͤß zu machẽ/
noch ſonſten aus forcht oder nachlaͤßigkeit etwas noͤthiges zuverſaͤumẽ. Welche noͤ-
thige gaben aber Chriſtliche mit-bruͤder mir auch mit ihrem gebet erbitten zu helffen
gebeten werden. Jm uͤbrigen haben wir ja hertzlich zu bejam̃ern den zuſtand unſerer
armen kirchen/ da es nun dahin gekommen/ daß man die warheit faſt nirgend mehr
leiden will/ ſonderlich wo mans nicht bey dem ſchelten auff dieſes und jenes beſondern
laſter bleiben laͤſſet/ ſondern die wurtzel und den ſtamm/ von welchem jene boͤſe
fruͤchten herkommen/ ſelbs angreifft/ und die rechte innere hertzens-buß und einen
gantz andren ſinn/ als der menſch von natur hat/ folglich die gruͤndliche verleugnung
ſeiner ſelbs/ als etwas das bloſſer dings nothwendig ſeye/ erfordert: Dañ darwieder
ſtreubet ſich der alte Adã am allermeiſten/ der ſonſten noch wohl leidet/ daß man ein
moral-leben treibe/ und ſich auch/ wo man etwas grob verſehen hat/ zu einer corre-
ction daruͤber verſtehet/ nur daß man nicht gar ſeinen todt fordere/ ſondern eine ſol-
che buß gelten laſſe/ welche bey ſeinem leben ſtehen koͤnne. Sonderlich aber ha-
ben wir zu bedauren den verfall unſeres ordinis, nach dem wir ſehen/ und an eige-
nem exempel mehrmahl ſelbs erfahrenhaben/ daß die jenige/ ſo aus doppelter
pflicht das gute befordern ſolten/ die jenige ſeyen/ welche mit nachlaͤßiger und der
welt-art ſich bequemender lehr/ ſchmeicheley und traͤgheit/ ſo dann fleiſchlichem le-
ben/ der beforderung des guten am meiſten entgegen ſtehen/ deßwegen aber auch
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