Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. auch flehenlich zu bitten habe/ sich auch künfftig durch kein ungleiches exempel je-mahl von der regel abziehen zu lassen. 6. Wann der Allmächtige nach seinem rath Ew. Churprintzliche Durch- Ein kennzeichen aber dieser letztern art ist unter andern dieses/ wo bediente ih- liche
Das ſechſte Capitel. auch flehenlich zu bitten habe/ ſich auch kuͤnfftig durch kein ungleiches exempel je-mahl von der regel abziehen zu laſſen. 6. Wann der Allmaͤchtige nach ſeinem rath Ew. Churprintzliche Durch- Ein kennzeichen aber dieſer letztern art iſt unter andern dieſes/ wo bediente ih- liche
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Das ſechſte Capitel.
auch flehenlich zu bitten habe/ ſich auch kuͤnfftig durch kein ungleiches exempel je-
mahl von der regel abziehen zu laſſen.
6. Wann der Allmaͤchtige nach ſeinem rath Ew. Churprintzliche Durch-
lauchtigkeit zu wuͤrcklicher regierung ſetzen wird/ habe ich das kindliche vertrauen
zu ſeiner ewigen guͤte/ daß er deroſelben auch alle dazu noͤthige Gottſelige weißheit
verleihen werde. Jch meines wenigen orts recommendire voran dieſe beyde
wichtigſte regeln/ deren die eine die unterthanen angehend iſt/ daß deroſelben wohl-
fahrt der hauptwerck eines Regenten ſeye/ und wo deſſen vermeintes intereſſe und
jene einander begegnen/ daß jener billich dieſes weichen ſolle/ alldieweil nicht die un-
terthanen um des Regenten/ ſondern dieſer um jener willen in der welt iſt: Die an-
dere betrifft die geſamte hohe und niedrige bediente/ und wuͤrde darinnen beſtehen/
daß man in dero wahl allezeit hauptſaͤchlich auff die Gottſeligkeit zuſehen/ und zu
glauben habe/ daß je treuer einer ſeinem GOTT ſeye/ je treuer werde er auch fei-
ner herrſchafft dienen/ da hingegen wer ſich kein gewiſſen macht wiſſentlich wider
GOTT zu ſuͤndigen/ ſich auch kein bedenckeu machen wird/ wo er ſeinen vortheil
ſiehet/ ſeiner herrſchafft etwas zu verſaͤumen. Welche regel Ew. Churprintzlichen
Durchlauchtigkeit auch auff dieſe ſtunde zu obſerviren noͤthig iſt/ daß ſie nehm-
lich/ da ſie einige ihrer diener zu wehlen willens ſind/ immer nicht nur auff uͤbrige
geſchicklichkeit/ oder wie man ſich nach der welt mode zuſchicken gelernet habe/ ſehe/
ſondern wie das gemuͤth eines jeden beſchaffen ſeye/ ob es GOtt und die tugend
hauptſaͤchlich liebe/ oder ſeine fortun/ nutzen oder ehre zu ſeinem goͤtzen und end-
zweck gemachet haben: an den erſten werden Ew. Churprintzliche Durchlauch-
tigkeit niemahl fehlen/ an der letztern art aber niemahl beſtaͤndige treue finden.
Ein kennzeichen aber dieſer letztern art iſt unter andern dieſes/ wo bediente ih-
ren Herrn zu einigen ſuͤnden rathen/ anlaß geben/ ja auch wo die Herrn ſelbſten
ſolches verlangen ihnen willig darzu helffen. Da moͤgen Ew. Churpritznliche
Durchlauchtigkeit dieſes als eine gewiſſe wahrheit ſich feſt eintrucken/ wo jemand
ihrer bedienten ſie jemahl zu einigem unrechten veranlaſſet/ ſein wohlgefallen daran
bezeuget oder dazu geholffen/ ſo vielmehr gar dazugerahten haͤtte/ oder ins kuͤnfftige
dergleichen thun wuͤrde/ der ſeye wahrhafftig kein treuer diener/ dann er liebet E.
Churprintzliche Durchlauchtigkeit und ihre wahre wohlfahrt nicht/ da doch die
liebe der grund aller treue iſt/ ſondern er ſucht allein ihre gnade um ſeines vortheils
willen/ und trachtet ſie auch mit dero ſchaden zu erlangen oder zu erhalten. Wo
aber Ew. Churprintzliche Durchlauchtigkeit einige finden werden/ welche mit un-
terthenigſtem reſpect/ wo etwas GOTT miß gefaͤlliges vorgegangen waͤre/ oder
vorgehen ſolte/ lieber dieſelbe ſelbs erinnern/ oder doch ihr mißfallen bezeuͤgen/ und
nichts damit zu thun haben wollen/ von denen koͤnnen ſie ſich unfehlbahr ſolcher tꝛeue
verſehen/ daß ſie ihnen alles auch wichtigſte vertrauen doͤrffen/ in dem ſie es wahr-
hafftig treu mit derſelben und ihrer wohlfahrt meinen. Wird Ew. Churrintz-
liche
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