Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. II. SECTIO XXXII. als in einigem unfug der so genanten Pietisten selbs bestanden/ also dero universi-tät und lande zur ungebühr einer daselbs entstandenen neuen secte mit nicht weni- ger beschimpffung bezüchtiget worden seyen: Welches Ew. Churfürstlichen Durch- lauchtigkeit selbs zu viel grössrer vergnügung/ ehr und freude gedeyen solte/ als hin- gegen verdrießlich gewesen wäre/ deroselben beglückten regierung bey der nach- welt einen solchen nahmen einer neuen secte angeschmitzet zu werden. Ob nun wol diesem allem entgegen gehalten werden wolte/ (wie ich leider Jch stehe auch in den unterthänigsten vertrauen/ nach dem gedachter massen Es wird auch Ew. Churfürstliche Durchlauchtigkeit selbs gnädigst und hoch- leicht-
ARTIC. II. SECTIO XXXII. als in einigem unfug der ſo genanten Pietiſten ſelbs beſtanden/ alſo dero univerſi-taͤt und lande zur ungebuͤhr einer daſelbs entſtandenen neuen ſecte mit nicht weni- ger beſchimpffung bezuͤchtiget worden ſeyen: Welches Ew. Churfuͤrſtlichen Durch- lauchtigkeit ſelbs zu viel groͤſſrer vergnuͤgung/ ehr und freude gedeyen ſolte/ als hin- gegen verdrießlich geweſen waͤre/ deroſelben begluͤckten regierung bey der nach- welt einen ſolchen nahmen einer neuen ſecte angeſchmitzet zu werden. Ob nun wol dieſem allem entgegen gehalten werden wolte/ (wie ich leider Jch ſtehe auch in den unterthaͤnigſten vertrauen/ nach dem gedachter maſſen Es wird auch Ew. Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit ſelbs gnaͤdigſt und hoch- leicht-
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ARTIC. II. SECTIO XXXII.
als in einigem unfug der ſo genanten Pietiſten ſelbs beſtanden/ alſo dero univerſi-
taͤt und lande zur ungebuͤhr einer daſelbs entſtandenen neuen ſecte mit nicht weni-
ger beſchimpffung bezuͤchtiget worden ſeyen: Welches Ew. Churfuͤrſtlichen Durch-
lauchtigkeit ſelbs zu viel groͤſſrer vergnuͤgung/ ehr und freude gedeyen ſolte/ als hin-
gegen verdrießlich geweſen waͤre/ deroſelben begluͤckten regierung bey der nach-
welt einen ſolchen nahmen einer neuen ſecte angeſchmitzet zu werden.
Ob nun wol dieſem allem entgegen gehalten werden wolte/ (wie ich leider
dergleichen geſchehen/ und auch an andre ort geſchrieben worden zu ſeyen/ vor mich
ſelbs weiß) daß dieſe leute/ die examiniret worden ſind/ die wahrheit weder mit noch
ohne eyd ausgeſaget haͤtten/ ſondern der Baſilidianer irrthum bey gethan waͤren/
und ſich die wahrheit vor einem Richter der nicht widergebohren waͤre/ aus zuſagen
nicht ſchuldig hielten (wie auch nur Vol. ♂. f. 39. 40. ohne zweiffel auff vorhalten/
ſich daruͤber erklaͤhren muͤſſen) ſo iſt doch die geringſte urſach nicht/ warum er die-
ſelbe/ auff die man ſonſten nichts ungleiches bringen koͤñen/ mit dem verdacht ſolcher
gottloſigkeit und falſchheit belegen wolte. Dahero der troͤſtlichen zuverſicht gele-
be/ daß Ew. Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit ſelbs an dergleichen aufflage viel-
mehr ein ungnaͤdiges mißfall tragen/ als unverſchuldete mit einem ſolchen ſchweh-
ren verdacht ohne einigen erweiß beſchwehren laſſen werden. Dann wo dieſe be-
ſchuldigung ſolte ohne gruͤndliche uͤberfuͤhrung angenommen werden/ ſo waͤre es um
allen ſchutz der unſchuldigen gethan/ und ſtuͤnde einem jeglichen frey/ einen from-
men menſchen/ dem er dieſen irrthum andichtete/ nach ſeinem belieben alles boͤſen
anzuklagen/ und waͤre dieſem/ weil alle verantwortung durch jene exception elu-
diret wuͤrde/ vor ſeine unſchuld nichts mehr uͤbrig: welches ferne ſeye unter Chri-
ſten gehoͤret zu werden.
Jch ſtehe auch in den unterthaͤnigſten vertrauen/ nach dem gedachter maſſen
die unſchuld dieſer uͤber ein jahr in ziemlicher bedraͤngnuͤß von allerley leuten ge-
ſtandenen perſonen ſich darthat/ daß Eure Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit gnaͤ-
digſi anorden werden/ daß ſie auff gebuͤhrende weiſe in ſchutz genom̃en/ aller arreſt/
ſuſpenſionen von beneficien/ oder beforderung/ und dergleichen/ ſo biß zu der
ſachen unterſuchung noͤthig gehalten worden iſt/ auffgehoben/ und ſie weiter von
niemand mehr graviret werden moͤchten.
Es wird auch Ew. Churfuͤrſtliche Durchlauchtigkeit ſelbs gnaͤdigſt und hoch-
vernuͤnfftigſt ermeſſen/ wie hoch dero reſpect, dero kirchen und lande gutem ruhm
und wohlweſen daran gelegen ſeye/ daß alle die bißherige motus auffs foͤrderlich-
ſte/ gerechteſte/ kraͤfftigſte und beſtaͤndigſte beygelegt werden/ wie nun auff gnaͤdigſte
erforderung vorige unterthaͤnigſtebedencken/ wie ich daher hielte/ daß das werck
am beſten zu heben aus treueſten und gehorſamſten hertzen vorgeſtellet habe/ welche
beſondere vorſchlaͤge alle hiemit nochmahl unterthaͤnigſt wider hohlet habẽ will: alſo
achtete nach gaͤendigter inquiſition daß es nun in dero hohen hand ſtehet/ alles gantz
leicht-
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