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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.

Dieses ists/ Gnädigster Churfürst und Herr/ worinnen ich meine einsicht in
das gantze geschäfft/ und was mich dabey zu thun nöthig bedeucht/ vor dem angesicht
des HErrn und derselben in schuldiger demut vorzustellen nöthig und Ew. Chur-
fürstlichen Durchlauchtigkeit gnädigstem befehl gemäß erachtet habe: Der gäntz-
lichen zuversicht/ wo auff diese weise die sach mit gebührender sorgfalt und vorsichtig-
keit angestellet werden solte/ daß damit viel besorgendes unheil vermieden/ vieler se-
len heil so viel kräfftiger befordert/ und nicht geringer segen über diese lande und kir-
che unfehlbahr gezogen werden würde.

Wie ich dann noch zuletzt davor achte/ die hauptabsichten/ so zu gleich die re-
glen mitgeben können in diesem gantzen geschäffte sollen nechst der Göttlichen ehr
und der kirchen wohlfahrt/ so in allen folgenden mit stecken/ seyen/ daß

1. Aller irrthum verhütet/ oder wo einer wäre/ so bald gebessert/ und das theu-
re kleinod der reinen lehr/ als eine Göttliche beylage/ in Ew. Churfürstlichen
Durchlauchtigkeit landen ohne einigen abbruch erhalten.

2. Dabey aber auch keine mügliche gelegenheit zur erbauung und einem Got-
seligen leben/ dessen mangel bey den meisten so wol den mangel des wahren glau-
bens verräth/ als auch wol dessen ursach ist/ mit willen zu einer schwehren verant-
wortung versäumet/ sondern alle welche GOTT zeiget danckbahrlich angewen-
det/ und also wo man weisst gutes zu thun/ nichts wider des Apostels lehr Jac. 4/
17. unterlassen.

3. Niemand so unschuldig ist/ der reinen lehr beypflichtet/ und dieselbe mit
heiligen wandel zu zieren/ auch andern dazu nach möglichkeit beförderlich zu seyen/
begiehrig ist/ um verdacht oder einiger wiederwärtigen eigen sinns willen/ gedruckt
und zu seufftzen bewogen.

4. Auch niemanden/ der wahrhafftig der gottseligkeit zu wider wäre/ und
unter dem vorwand der reinen lehr und guter ordnung in der that dieselbe zu hin-
dern bedacht wäre/ die hand gegen dieselbe auch unwissend gestärcket.

5. Ew. Churfürstlichen Durchlauchtigkeit land und kirche der auffgelegten
üblen nachrede nachdrücklich befreyet/ der wiederwärtigen freude und frolocken ü-
ber die post einer neuen secte unter den Evangelischen geschweiget und die kirche
selbs in ruhe erhalten/ auch zu dieser fernerem GOTT gefälligem flor guter vor-
schub gethan.

6. Das vertrauen gegen Eurer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit hohe per-
son und dero regierung bey gottseligen hertzen wegen dero treuen vorsorge in beför-
derung des guten stattlich bestärcket.

7. Des heiligen predigamts würde/ so durch nichts bey sonst Gottsfürchtigen
seelen gefährlicher verletzt und das nöthige vertrauen geschwächet werden kan/ als
wo es das ansehen gewinnet/ daß die personen in demselben nicht alles zur erbau-

ung
Das ſechſte Capitel.

Dieſes iſts/ Gnaͤdigſter Churfuͤrſt und Herr/ worinnen ich meine einſicht in
das gantze geſchaͤfft/ und was mich dabey zu thun noͤthig bedeucht/ vor dem angeſicht
des HErrn und derſelben in ſchuldiger demut vorzuſtellen noͤthig und Ew. Chur-
fuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit gnaͤdigſtem befehl gemaͤß erachtet habe: Der gaͤntz-
lichen zuverſicht/ wo auff dieſe weiſe die ſach mit gebuͤhrender ſorgfalt und vorſichtig-
keit angeſtellet werden ſolte/ daß damit viel beſorgendes unheil vermieden/ vieler ſe-
len heil ſo viel kraͤfftiger befordert/ und nicht geringer ſegen uͤber dieſe lande und kir-
che unfehlbahr gezogen werden wuͤrde.

Wie ich dann noch zuletzt davor achte/ die hauptabſichten/ ſo zu gleich die re-
glen mitgeben koͤnnen in dieſem gantzen geſchaͤffte ſollen nechſt der Goͤttlichen ehr
und der kirchen wohlfahrt/ ſo in allen folgenden mit ſtecken/ ſeyen/ daß

1. Aller irrthum verhuͤtet/ oder wo einer waͤre/ ſo bald gebeſſert/ und das theu-
re kleinod der reinen lehr/ als eine Goͤttliche beylage/ in Ew. Churfuͤrſtlichen
Durchlauchtigkeit landen ohne einigen abbruch erhalten.

2. Dabey aber auch keine muͤgliche gelegenheit zur erbauung und einem Got-
ſeligen leben/ deſſen mangel bey den meiſten ſo wol den mangel des wahren glau-
bens verraͤth/ als auch wol deſſen urſach iſt/ mit willen zu einer ſchwehren verant-
wortung verſaͤumet/ ſondern alle welche GOTT zeiget danckbahrlich angewen-
det/ und alſo wo man weiſſt gutes zu thun/ nichts wider des Apoſtels lehr Jac. 4/
17. unterlaſſen.

3. Niemand ſo unſchuldig iſt/ der reinen lehr beypflichtet/ und dieſelbe mit
heiligen wandel zu zieren/ auch andern dazu nach moͤglichkeit befoͤrderlich zu ſeyen/
begiehrig iſt/ um verdacht oder einiger wiederwaͤrtigen eigen ſinns willen/ gedruckt
und zu ſeufftzen bewogen.

4. Auch niemanden/ der wahrhafftig der gottſeligkeit zu wider waͤre/ und
unter dem vorwand der reinen lehr und guter ordnung in der that dieſelbe zu hin-
dern bedacht waͤre/ die hand gegen dieſelbe auch unwiſſend geſtaͤrcket.

5. Ew. Churfuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit land und kirche der auffgelegten
uͤblen nachrede nachdruͤcklich befreyet/ der wiederwaͤrtigen freude und frolocken uͤ-
ber die poſt einer neuen ſecte unter den Evangeliſchen geſchweiget und die kirche
ſelbs in ruhe erhalten/ auch zu dieſer fernerem GOTT gefaͤlligem flor guter vor-
ſchub gethan.

6. Das vertrauen gegen Eurer Churfuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit hohe per-
ſon und dero regierung bey gottſeligen hertzen wegen dero treuen vorſorge in befoͤr-
derung des guten ſtattlich beſtaͤrcket.

7. Des heiligen predigamts wuͤrde/ ſo durch nichts bey ſonſt Gottsfuͤrchtigen
ſeelen gefaͤhrlicher verletzt und das noͤthige vertrauen geſchwaͤchet werden kan/ als
wo es das anſehen gewinnet/ daß die perſonen in demſelben nicht alles zur erbau-

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[804/0822] Das ſechſte Capitel. Dieſes iſts/ Gnaͤdigſter Churfuͤrſt und Herr/ worinnen ich meine einſicht in das gantze geſchaͤfft/ und was mich dabey zu thun noͤthig bedeucht/ vor dem angeſicht des HErrn und derſelben in ſchuldiger demut vorzuſtellen noͤthig und Ew. Chur- fuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit gnaͤdigſtem befehl gemaͤß erachtet habe: Der gaͤntz- lichen zuverſicht/ wo auff dieſe weiſe die ſach mit gebuͤhrender ſorgfalt und vorſichtig- keit angeſtellet werden ſolte/ daß damit viel beſorgendes unheil vermieden/ vieler ſe- len heil ſo viel kraͤfftiger befordert/ und nicht geringer ſegen uͤber dieſe lande und kir- che unfehlbahr gezogen werden wuͤrde. Wie ich dann noch zuletzt davor achte/ die hauptabſichten/ ſo zu gleich die re- glen mitgeben koͤnnen in dieſem gantzen geſchaͤffte ſollen nechſt der Goͤttlichen ehr und der kirchen wohlfahrt/ ſo in allen folgenden mit ſtecken/ ſeyen/ daß 1. Aller irrthum verhuͤtet/ oder wo einer waͤre/ ſo bald gebeſſert/ und das theu- re kleinod der reinen lehr/ als eine Goͤttliche beylage/ in Ew. Churfuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit landen ohne einigen abbruch erhalten. 2. Dabey aber auch keine muͤgliche gelegenheit zur erbauung und einem Got- ſeligen leben/ deſſen mangel bey den meiſten ſo wol den mangel des wahren glau- bens verraͤth/ als auch wol deſſen urſach iſt/ mit willen zu einer ſchwehren verant- wortung verſaͤumet/ ſondern alle welche GOTT zeiget danckbahrlich angewen- det/ und alſo wo man weiſſt gutes zu thun/ nichts wider des Apoſtels lehr Jac. 4/ 17. unterlaſſen. 3. Niemand ſo unſchuldig iſt/ der reinen lehr beypflichtet/ und dieſelbe mit heiligen wandel zu zieren/ auch andern dazu nach moͤglichkeit befoͤrderlich zu ſeyen/ begiehrig iſt/ um verdacht oder einiger wiederwaͤrtigen eigen ſinns willen/ gedruckt und zu ſeufftzen bewogen. 4. Auch niemanden/ der wahrhafftig der gottſeligkeit zu wider waͤre/ und unter dem vorwand der reinen lehr und guter ordnung in der that dieſelbe zu hin- dern bedacht waͤre/ die hand gegen dieſelbe auch unwiſſend geſtaͤrcket. 5. Ew. Churfuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit land und kirche der auffgelegten uͤblen nachrede nachdruͤcklich befreyet/ der wiederwaͤrtigen freude und frolocken uͤ- ber die poſt einer neuen ſecte unter den Evangeliſchen geſchweiget und die kirche ſelbs in ruhe erhalten/ auch zu dieſer fernerem GOTT gefaͤlligem flor guter vor- ſchub gethan. 6. Das vertrauen gegen Eurer Churfuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit hohe per- ſon und dero regierung bey gottſeligen hertzen wegen dero treuen vorſorge in befoͤr- derung des guten ſtattlich beſtaͤrcket. 7. Des heiligen predigamts wuͤrde/ ſo durch nichts bey ſonſt Gottsfuͤrchtigen ſeelen gefaͤhrlicher verletzt und das noͤthige vertrauen geſchwaͤchet werden kan/ als wo es das anſehen gewinnet/ daß die perſonen in demſelben nicht alles zur erbau- ung

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 804. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/822>, abgerufen am 22.11.2024.