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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. II. SECTIO XXXI.
zeit wäre/ da bekanntlich eine mehrere begierde bey so vielen entstehet/ sich in ih-
rem Christenthum besser als vormahlen zu üben/ einigen oder etzlichen Predigern/
welche zeit/ prudenz und zuneigung dazu hätten/ auffzutragen/ daß sie derglei-
chen übungen auff art und weise/ welche denselben vorgeschrieben werden möchte/
würcklich anstelleten/ damit die leute nicht in die gedancken kommen/ man verlan-
ge hohen orts nicht alles zu thun/ was ihr ewiges heyl mehr befordern könte/ son-
dern daß sie vielmehr sehen/ was vorhin gegen die vorige Collegia gethan worden
seye nicht geschehen zu dämpffung des guten/ sondern dessen übung allein in die
rechte und sicherste ordnung zu bringen. Jch sehe auch nicht/ wie einiger abu-
sus
der inseparabel wäre/ und nicht prudenter vorgebauet/ oder stracks abge-
lehnet werden könte/ da gegen angeführet werden könte. Daher eine blosse forcht/
der erhaltung eines starck einleuchtenden guten mit recht nicht gleich wichtig gehal-
ten werden mag.

6. Wann dann alles solches durch GOttes gnad völlig zu stand und in ord-
nung gebracht wäre/ solte an statt der Act. Vol. f. 89. vorgeschlagenen predigt/
nicht undiensam seyen/ daß/ wie vor einigen jahren die Universität Jena sich pu-
blice purgiret
hat/ als ein geschrey von einer daselbs neu entstandenen secte der
gewissener entstanden war/ u. dessen ungrund von ihnen dargethan worden ist/ a[lso]
durch einen offenlichen anschlag unter E. Churf. Durchl. autorität auch bezeuget
würde/ wie ungütlich dero unschuldige Universität Leipzig/ ob hätte daselbs eine neue
secte sich entsponnen/ hin und wieder diffamiret worden/ wie die sache auffs ge-
naueste untersucht/ des ausgesprengten nichts gefunden/ einigen bemerckten ge-
ringen unordnungen abgeholffen/ und alles in solche verfassung/ daß weder dem
studio pietatis einige hinderung gemacht/ nach dem vorwand desselben eine ge-
legenheit schaden zu thun gelassen würde/ gebracht worden seye. Wo etwa auch
unmaßgeblich etliches von gewissen anstalten/ dero kundmachung bey andern vor
nützlich erachtet würde/ den nahmen des pietismi oder der pietisten nicht weiter
mehr hören zu lassen. So möchte auch dergleichen in ausdrücklichen predigten
der gemeinde wissend gemacht/ und sie von dem mißverstand von einer seiten eines
hasses gegen unschuldige leute/ von der andern seite der sorge/ daß man das gute
selbs hindern wolle/ durch Christkluge information befreyet werden. Jndessen
aber würde zum allerfördersten wol die höchste nothdurfft erfordern/ daß Ew.
Churfürstl. Durchl. hier/ in Leipzig/ in Wittenberg/ und an allen orten ernstli-
che inhibition thäten/ daß ehe alles ausgemacht/ auff den cantzeln/ wie mit be-
trübnüß und ärgernüß vieler Christlichen hertzen bißher geschehen ist/ von der glei-
chen unerfindlichen und aufs wenigste noch unerwiesenen dingen nicht gepredigt/
das falsche gerücht gestärckt/ und die beylegung des gantzen wercks schwerer ge-
macht würde.

Die-
Jiiii 2

ARTIC. II. SECTIO XXXI.
zeit waͤre/ da bekanntlich eine mehrere begierde bey ſo vielen entſtehet/ ſich in ih-
rem Chꝛiſtenthum beſſer als vormahlen zu uͤben/ einigen oder etzlichen Predigern/
welche zeit/ prudenz und zuneigung dazu haͤtten/ auffzutragen/ daß ſie derglei-
chen uͤbungen auff art und weiſe/ welche denſelben vorgeſchrieben weꝛden moͤchte/
wuͤrcklich anſtelleten/ damit die leute nicht in die gedancken kommen/ man verlan-
ge hohen orts nicht alles zu thun/ was ihr ewiges heyl mehr befordern koͤnte/ ſon-
dern daß ſie vielmehr ſehen/ was vorhin gegen die vorige Collegia gethan worden
ſeye nicht geſchehen zu daͤmpffung des guten/ ſondern deſſen uͤbung allein in die
rechte und ſicherſte ordnung zu bringen. Jch ſehe auch nicht/ wie einiger abu-
ſus
der inſeparabel waͤre/ und nicht prudenter vorgebauet/ oder ſtracks abge-
lehnet werden koͤnte/ da gegen angefuͤhret werden koͤnte. Daher eine bloſſe forcht/
der erhaltung eines ſtarck einleuchtenden guten mit recht nicht gleich wichtig gehal-
ten werden mag.

6. Wann dann alles ſolches duꝛch GOttes gnad voͤllig zu ſtand und in ord-
nung gebracht waͤre/ ſolte an ſtatt der Act. Vol. ☾ f. 89. vorgeſchlagenen predigt/
nicht undienſam ſeyen/ daß/ wie vor einigen jahren die Univerſitaͤt Jena ſich pu-
blice purgiret
hat/ als ein geſchrey von einer daſelbs neu entſtandenen ſecte der
gewiſſener entſtanden war/ u. deſſen ungrund von ihnen dargethan worden iſt/ a[lſo]
durch einen offenlichen anſchlag unter E. Churf. Durchl. autoritaͤt auch bezeuget
wuͤrde/ wie unguͤtlich dero unſchuldige Univerſitaͤt Leipzig/ ob haͤtte daſelbs eine neue
ſecte ſich entſponnen/ hin und wieder diffamiret worden/ wie die ſache auffs ge-
naueſte unterſucht/ des ausgeſprengten nichts gefunden/ einigen bemerckten ge-
ringen unordnungen abgeholffen/ und alles in ſolche verfaſſung/ daß weder dem
ſtudio pietatis einige hinderung gemacht/ nach dem vorwand deſſelben eine ge-
legenheit ſchaden zu thun gelaſſen wuͤrde/ gebracht worden ſeye. Wo etwa auch
unmaßgeblich etliches von gewiſſen anſtalten/ dero kundmachung bey andern vor
nuͤtzlich erachtet wuͤrde/ den nahmen des pietismi oder der pietiſten nicht weiter
mehr hoͤren zu laſſen. So moͤchte auch deꝛgleichen in ausdruͤcklichen predigten
der gemeinde wiſſend gemacht/ und ſie von dem mißverſtand von einer ſeiten eines
haſſes gegen unſchuldige leute/ von der andern ſeite der ſorge/ daß man das gute
ſelbs hindern wolle/ durch Chriſtkluge information befreyet werden. Jndeſſen
aber wuͤꝛde zum allerfoͤrderſten wol die hoͤchſte nothdurfft erfordern/ daß Ew.
Churfuͤrſtl. Durchl. hier/ in Leipzig/ in Wittenberg/ und an allen orten ernſtli-
che inhibition thaͤten/ daß ehe alles ausgemacht/ auff den cantzeln/ wie mit be-
truͤbnuͤß und aͤrgernuͤß vieler Chriſtlichen hertzen bißher geſchehen iſt/ von der glei-
chen unerfindlichen und aufs wenigſte noch unerwieſenen dingen nicht gepredigt/
das falſche geruͤcht geſtaͤrckt/ und die beylegung des gantzen wercks ſchwerer ge-
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Die-
Jiiii 2
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[803/0821] ARTIC. II. SECTIO XXXI. zeit waͤre/ da bekanntlich eine mehrere begierde bey ſo vielen entſtehet/ ſich in ih- rem Chꝛiſtenthum beſſer als vormahlen zu uͤben/ einigen oder etzlichen Predigern/ welche zeit/ prudenz und zuneigung dazu haͤtten/ auffzutragen/ daß ſie derglei- chen uͤbungen auff art und weiſe/ welche denſelben vorgeſchrieben weꝛden moͤchte/ wuͤrcklich anſtelleten/ damit die leute nicht in die gedancken kommen/ man verlan- ge hohen orts nicht alles zu thun/ was ihr ewiges heyl mehr befordern koͤnte/ ſon- dern daß ſie vielmehr ſehen/ was vorhin gegen die vorige Collegia gethan worden ſeye nicht geſchehen zu daͤmpffung des guten/ ſondern deſſen uͤbung allein in die rechte und ſicherſte ordnung zu bringen. Jch ſehe auch nicht/ wie einiger abu- ſus der inſeparabel waͤre/ und nicht prudenter vorgebauet/ oder ſtracks abge- lehnet werden koͤnte/ da gegen angefuͤhret werden koͤnte. Daher eine bloſſe forcht/ der erhaltung eines ſtarck einleuchtenden guten mit recht nicht gleich wichtig gehal- ten werden mag. 6. Wann dann alles ſolches duꝛch GOttes gnad voͤllig zu ſtand und in ord- nung gebracht waͤre/ ſolte an ſtatt der Act. Vol. ☾ f. 89. vorgeſchlagenen predigt/ nicht undienſam ſeyen/ daß/ wie vor einigen jahren die Univerſitaͤt Jena ſich pu- blice purgiret hat/ als ein geſchrey von einer daſelbs neu entſtandenen ſecte der gewiſſener entſtanden war/ u. deſſen ungrund von ihnen dargethan worden iſt/ alſo durch einen offenlichen anſchlag unter E. Churf. Durchl. autoritaͤt auch bezeuget wuͤrde/ wie unguͤtlich dero unſchuldige Univerſitaͤt Leipzig/ ob haͤtte daſelbs eine neue ſecte ſich entſponnen/ hin und wieder diffamiret worden/ wie die ſache auffs ge- naueſte unterſucht/ des ausgeſprengten nichts gefunden/ einigen bemerckten ge- ringen unordnungen abgeholffen/ und alles in ſolche verfaſſung/ daß weder dem ſtudio pietatis einige hinderung gemacht/ nach dem vorwand deſſelben eine ge- legenheit ſchaden zu thun gelaſſen wuͤrde/ gebracht worden ſeye. Wo etwa auch unmaßgeblich etliches von gewiſſen anſtalten/ dero kundmachung bey andern vor nuͤtzlich erachtet wuͤrde/ den nahmen des pietismi oder der pietiſten nicht weiter mehr hoͤren zu laſſen. So moͤchte auch deꝛgleichen in ausdruͤcklichen predigten der gemeinde wiſſend gemacht/ und ſie von dem mißverſtand von einer ſeiten eines haſſes gegen unſchuldige leute/ von der andern ſeite der ſorge/ daß man das gute ſelbs hindern wolle/ durch Chriſtkluge information befreyet werden. Jndeſſen aber wuͤꝛde zum allerfoͤrderſten wol die hoͤchſte nothdurfft erfordern/ daß Ew. Churfuͤrſtl. Durchl. hier/ in Leipzig/ in Wittenberg/ und an allen orten ernſtli- che inhibition thaͤten/ daß ehe alles ausgemacht/ auff den cantzeln/ wie mit be- truͤbnuͤß und aͤrgernuͤß vieler Chriſtlichen hertzen bißher geſchehen iſt/ von der glei- chen unerfindlichen und aufs wenigſte noch unerwieſenen dingen nicht gepredigt/ das falſche geruͤcht geſtaͤrckt/ und die beylegung des gantzen wercks ſchwerer ge- macht wuͤrde. Die- Jiiii 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 803. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/821>, abgerufen am 22.11.2024.