Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. II. SECT. XIII. Statio in ordnung gebracht worden/ Christlichen hertzen zu erbauung (wonur ein und anderer ort gütig erklähret werden) nützlich achte/ und wo er mit Elia Praetorio verglichen wird/ gewißlich mehr wahre zeugnüsse des Geistes Christi in Stephano finde. 7. Das stürmen eines solchen geistes/ wie sich bey dem herrn weiset/ verlange ich/ und andere/ die mit mir Arndtium, und mit ihm Lutherum, lieben/ nicht/ aber wissen auch/ daß er nicht Apostolisch ist. Der Geist kam auff die Apostel mit grossem brausen und feuer/ nicht aber mit don- ner und blitz: wie dann freylich auch die predigt des Evangelii ihre feurige krafft hat/ die hertzen durch zutringen/ ob wohl nicht zum schrecken: sondern zu ent- zünden das licht des glaubens und das feuer der liebe. Welcherley das Gesetz noch nicht ausrichten kan/ sondern sich vielmehr als ein verzehrend feuer dar- stellet. Daher als die Apostel damit erfüllet wurden/ war die würckung allein/ daß sie die grossen thaten GOttes preiseten/ nicht aber mit schelten und fluchen anhuben. Wie auch die erste in solcher fülle des Geistes gehaltene predigt des Petri, da er dazu das straff-amt führen muste/ viel gelinder gehet/ als ich etwa sorge/ das der Herr möchte vor nöthig gehalten haben. Jndem ich in dem schreiben begriffen war/ wird mir von einem Christlichen freund ein ort des lie- ben Matthesii gezeiget/ wie Lutherus seine hefftigkeit selbst angesehen/ und da- mit nicht eben gepranget/ oder andere zur nachfolge gereitzet habe/ welchen ich hie anzuführen würdig achte/ damit der herr ja nicht meyne/ es seye uns solche art Lutheri zu einem muster vorgestellet. Es gedencket jener wohl-verdiente mann in der 7. predigt von der historia D. Luthers/ p. 69. Grosse leute haben auch hohe gedancken und ihre sonderliche anfechtung/ darein wir einfältige uns nicht allweg schicken können. Moses zuwirfft in seinem zorn die beyde tafeln/ darauff die Zehen Geboth stunden/ Pinehas ersticht in seinem eyffer den unzüchtigen Jsraetiter/ Sa- muel richtet den König hin/ den Saul unter einem grossen schein wieder GOttes wort verschonet. S. Paulus giebt den Corinthischen blut-schänder dem teuffel. GOtt und seine leute haben auch ihren hitzigen und brennenden zorn: wie es zwar unserm Doctor offt- mahl auch hertzlich wehe gethan/ daß seine schrifften so rauscheten wie platz-regen/ und wünschte vielmahl/ daß er so fein sanfft und lieblich könte regnen/ wie Herr Philippus und herr Brentius, aber ei- nerley geist hat mancherley wirckung. Wir die wir die land-strasse oder gemeinen fuß-pfad reisen/ können und sollen den nicht nach- setzen/ die aus der fuhr-straß und gebähntem wege setzen/ und quer feld durch gemöß/ wasser/ wäld/ berg und thal ihre wege nehmen. Viel minder sollen wir von grosser leute ernst/ brunst/ eiffer und hefftigkeit leichtlich urtheilen/ sie haben ihren zeiger-steller und schär- Xxxx 2
ARTIC. II. SECT. XIII. Statio in ordnung gebracht worden/ Chriſtlichen hertzen zu erbauung (wonur ein und anderer ort guͤtig erklaͤhret werden) nuͤtzlich achte/ und wo er mit Elia Prætorio verglichen wird/ gewißlich mehr wahre zeugnuͤſſe des Geiſtes Chriſti in Stephano finde. 7. Das ſtuͤrmen eines ſolchen geiſtes/ wie ſich bey dem herrn weiſet/ verlange ich/ und andere/ die mit mir Arndtium, und mit ihm Lutherum, lieben/ nicht/ aber wiſſen auch/ daß er nicht Apoſtoliſch iſt. Der Geiſt kam auff die Apoſtel mit groſſem brauſen und feuer/ nicht aber mit don- ner und blitz: wie dann freylich auch die predigt des Evangelii ihre feurige krafft hat/ die hertzen durch zutringen/ ob wohl nicht zum ſchrecken: ſondern zu ent- zuͤnden das licht des glaubens und das feuer der liebe. Welcherley das Geſetz noch nicht ausrichten kan/ ſondern ſich vielmehr als ein verzehrend feuer dar- ſtellet. Daher als die Apoſtel damit erfuͤllet wurden/ war die wuͤrckung allein/ daß ſie die groſſen thaten GOttes preiſeten/ nicht aber mit ſchelten und fluchen anhuben. Wie auch die erſte in ſolcher fuͤlle des Geiſtes gehaltene predigt des Petri, da er dazu das ſtraff-amt fuͤhren muſte/ viel gelinder gehet/ als ich etwa ſorge/ das der Herr moͤchte vor noͤthig gehalten haben. Jndem ich in dem ſchreiben begriffen war/ wird mir von einem Chriſtlichen freund ein ort des lie- ben Mattheſii gezeiget/ wie Lutherus ſeine hefftigkeit ſelbſt angeſehen/ und da- mit nicht eben gepranget/ oder andere zur nachfolge gereitzet habe/ welchen ich hie anzufuͤhren wuͤrdig achte/ damit der herr ja nicht meyne/ es ſeye uns ſolche art Lutheri zu einem muſter vorgeſtellet. Es gedencket jener wohl-verdiente mann in der 7. predigt von der hiſtoria D. Luthers/ p. 69. Groſſe leute haben auch hohe gedancken und ihre ſonderliche anfechtung/ darein wir einfaͤltige uns nicht allweg ſchicken koͤnnen. Moſes zuwirfft in ſeinem zorn die beyde tafeln/ darauff die Zehen Geboth ſtunden/ Pinehas erſticht in ſeinem eyffer den unzuͤchtigen Jſraetiter/ Sa- muel richtet den Koͤnig hin/ den Saul unter einem groſſen ſchein wieder GOttes wort verſchonet. S. Paulus giebt den Corinthiſchen blut-ſchaͤnder dem teuffel. GOtt und ſeine leute haben auch ihren hitzigen und brennenden zorn: wie es zwar unſerm Doctor offt- mahl auch hertzlich wehe gethan/ daß ſeine ſchrifften ſo rauſcheten wie platz-regen/ und wuͤnſchte vielmahl/ daß er ſo fein ſanfft und lieblich koͤnte regnen/ wie Herr Philippus und herr Brentius, aber ei- nerley geiſt hat mancherley wirckung. Wir die wir die land-ſtraſſe oder gemeinen fuß-pfad reiſen/ koͤnnen und ſollen den nicht nach- ſetzen/ die aus der fuhr-ſtraß und gebaͤhntem wege ſetzen/ und quer feld durch gemoͤß/ waſſer/ waͤld/ berg und thal ihre wege nehmen. Viel minder ſollen wir von groſſer leute ernſt/ brunſt/ eiffer und hefftigkeit leichtlich urtheilen/ ſie haben ihren zeiger-ſteller und ſchaͤr- Xxxx 2
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ARTIC. II. SECT. XIII.
Statio in ordnung gebracht worden/ Chriſtlichen hertzen zu erbauung (wo
nur ein und anderer ort guͤtig erklaͤhret werden) nuͤtzlich achte/ und wo er mit
Elia Prætorio verglichen wird/ gewißlich mehr wahre zeugnuͤſſe des Geiſtes
Chriſti in Stephano finde. 7. Das ſtuͤrmen eines ſolchen geiſtes/ wie ſich bey
dem herrn weiſet/ verlange ich/ und andere/ die mit mir Arndtium, und mit ihm
Lutherum, lieben/ nicht/ aber wiſſen auch/ daß er nicht Apoſtoliſch iſt. Der
Geiſt kam auff die Apoſtel mit groſſem brauſen und feuer/ nicht aber mit don-
ner und blitz: wie dann freylich auch die predigt des Evangelii ihre feurige krafft
hat/ die hertzen durch zutringen/ ob wohl nicht zum ſchrecken: ſondern zu ent-
zuͤnden das licht des glaubens und das feuer der liebe. Welcherley das Geſetz
noch nicht ausrichten kan/ ſondern ſich vielmehr als ein verzehrend feuer dar-
ſtellet. Daher als die Apoſtel damit erfuͤllet wurden/ war die wuͤrckung allein/
daß ſie die groſſen thaten GOttes preiſeten/ nicht aber mit ſchelten und fluchen
anhuben. Wie auch die erſte in ſolcher fuͤlle des Geiſtes gehaltene predigt des
Petri, da er dazu das ſtraff-amt fuͤhren muſte/ viel gelinder gehet/ als ich etwa
ſorge/ das der Herr moͤchte vor noͤthig gehalten haben. Jndem ich in dem
ſchreiben begriffen war/ wird mir von einem Chriſtlichen freund ein ort des lie-
ben Mattheſii gezeiget/ wie Lutherus ſeine hefftigkeit ſelbſt angeſehen/ und da-
mit nicht eben gepranget/ oder andere zur nachfolge gereitzet habe/ welchen ich
hie anzufuͤhren wuͤrdig achte/ damit der herr ja nicht meyne/ es ſeye uns ſolche
art Lutheri zu einem muſter vorgeſtellet. Es gedencket jener wohl-verdiente
mann in der 7. predigt von der hiſtoria D. Luthers/ p. 69. Groſſe leute
haben auch hohe gedancken und ihre ſonderliche anfechtung/ darein
wir einfaͤltige uns nicht allweg ſchicken koͤnnen. Moſes zuwirfft
in ſeinem zorn die beyde tafeln/ darauff die Zehen Geboth ſtunden/
Pinehas erſticht in ſeinem eyffer den unzuͤchtigen Jſraetiter/ Sa-
muel richtet den Koͤnig hin/ den Saul unter einem groſſen ſchein
wieder GOttes wort verſchonet. S. Paulus giebt den Corinthiſchen
blut-ſchaͤnder dem teuffel. GOtt und ſeine leute haben auch ihren
hitzigen und brennenden zorn: wie es zwar unſerm Doctor offt-
mahl auch hertzlich wehe gethan/ daß ſeine ſchrifften ſo rauſcheten
wie platz-regen/ und wuͤnſchte vielmahl/ daß er ſo fein ſanfft und
lieblich koͤnte regnen/ wie Herr Philippus und herr Brentius, aber ei-
nerley geiſt hat mancherley wirckung. Wir die wir die land-ſtraſſe
oder gemeinen fuß-pfad reiſen/ koͤnnen und ſollen den nicht nach-
ſetzen/ die aus der fuhr-ſtraß und gebaͤhntem wege ſetzen/ und quer
feld durch gemoͤß/ waſſer/ waͤld/ berg und thal ihre wege nehmen.
Viel minder ſollen wir von groſſer leute ernſt/ brunſt/ eiffer und
hefftigkeit leichtlich urtheilen/ ſie haben ihren zeiger-ſteller und
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 715. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/733>, abgerufen am 01.07.2024. |