Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. II. SECTIO II. amt nöthig ist/ erfordert würde/ und also gewißlich auch ein meh-rers als ich an mir finde. 8. So ist gleichwohl auch nicht ausser acht zulassen/ daß ich be- reits in dem 52sten jahr meines alters stehe/ und so wol vorher/ als nach letzter unpäßlichkeit nach Gottes willen die kräfften des leibes/ wie oben erwehnet/ den vorigen jahren nicht mehr gleich fühle: und etwa zusorgen stehet/ mir solche änderung der lufft der natur nach erträglich/ oder etwa zu fürchten wäre/ daß wo sich das gegen theil finden solte/ ich aus mangel der gesuntheit zu allem nur ungeschickt/ und dem amt mehr eine last werdendörffte. Diese gesamte rationes haben abermahl ihr nicht geringes ge- wicht/ und machen mir sehrzweiffelhafft/ ob ich jenes vor einen ei- genlichen von GOTT wahrhafftig beschlossenen beruff halten solle. Nun kan jederman wol ermessen/ nachdem so viel daran gelegen ist/ daß wir Göttliches beruffs versichert seyen/ in dem ein grosser theil der freudigkeit/ des trostes und des segens daran liget/ daß mir in solchen zweiffelmuth einige resolution zufassen/ schwehr/ ja vor mich selbs unmöglich werde. Jch kenne mich darinnen selbs/ und weiß dieses mein gebrechen/ daß ich ohne das in eigenen meinen sa- chen wo sie wichtig sind/ zu einer sichern resolution kaum je mit einer festigkeit kommen kan: und also solches hierinnen so vielweniger zuthun vermag/ alldieweil ich in stäter sorge/ dahin ich mich auch wendete/ stehen müsste/ ich traute mir zu viel oder wenig zu: ich wolte mit Jona fliehen/ oder hätte vermeßenlich wider das gefühl meiner schwachheit mich aus fleischlichen absichten zu etwas grosses gebrauchen lassen. Nun solcherley gemüthern/ und also auch mir in diesen stande/ ist allerdins nöthig/ daß sie den endlich in der furcht des HERRN/ da sie selbs Göttlichen guten/ wohlgefälligen und vollkommenen willen nicht gnug prüffen können (dazu ich mich auch nicht geneigt zu seyen beklage) desselben anzeige andern überlassen/ und ihn also von denselbigen erwarten. Die- Qqqq 2
ARTIC. II. SECTIO II. amt noͤthig iſt/ erfordert wuͤrde/ und alſo gewißlich auch ein meh-rers als ich an mir finde. 8. So iſt gleichwohl auch nicht auſſer acht zulaſſen/ daß ich be- reits in dem 52ſten jahr meines alters ſtehe/ und ſo wol vorher/ als nach letzter unpaͤßlichkeit nach Gottes willen die kraͤfften des leibes/ wie oben erwehnet/ den vorigen jahren nicht mehr gleich fuͤhle: und etwa zuſorgen ſtehet/ mir ſolche aͤnderung der lufft der natur nach ertraͤglich/ oder etwa zu fuͤrchten waͤre/ daß wo ſich das gegen theil finden ſolte/ ich aus mangel der geſuntheit zu allem nur ungeſchickt/ und dem amt mehr eine laſt werdendoͤrffte. Dieſe geſamte rationes haben abermahl ihr nicht geringes ge- wicht/ und machen mir ſehrzweiffelhafft/ ob ich jenes vor einen ei- genlichen von GOTT wahrhafftig beſchloſſenen beruff halten ſolle. Nun kan jederman wol ermeſſen/ nachdem ſo viel daran gelegen iſt/ daß wir Goͤttliches beruffs verſichert ſeyen/ in dem ein groſſer theil der freudigkeit/ des troſtes und des ſegens daran liget/ daß mir in ſolchen zweiffelmuth einige reſolution zufaſſen/ ſchwehr/ ja vor mich ſelbs unmoͤglich werde. Jch kenne mich darinnen ſelbs/ und weiß dieſes mein gebrechen/ daß ich ohne das in eigenen meinen ſa- chen wo ſie wichtig ſind/ zu einer ſichern reſolution kaum je mit einer feſtigkeit kommen kan: und alſo ſolches hierinnen ſo vielweniger zuthun vermag/ alldieweil ich in ſtaͤter ſorge/ dahin ich mich auch wendete/ ſtehen muͤſſte/ ich traute mir zu viel oder wenig zu: ich wolte mit Jona fliehen/ oder haͤtte vermeßenlich wider das gefuͤhl meiner ſchwachheit mich aus fleiſchlichen abſichten zu etwas groſſes gebrauchen laſſen. Nun ſolcherley gemuͤthern/ und alſo auch mir in dieſen ſtande/ iſt allerdins noͤthig/ daß ſie den endlich in der furcht des HERRN/ da ſie ſelbs Goͤttlichen guten/ wohlgefaͤlligen und vollkommenen willen nicht gnug pruͤffen koͤnnen (dazu ich mich auch nicht geneigt zu ſeyen beklage) deſſelben anzeige andern uͤberlaſſen/ und ihn alſo von denſelbigen erwarten. Die- Qqqq 2
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ARTIC. II. SECTIO II.
amt noͤthig iſt/ erfordert wuͤrde/ und alſo gewißlich auch ein meh-
rers als ich an mir finde.
8.
So iſt gleichwohl auch nicht auſſer acht zulaſſen/ daß ich be-
reits in dem 52ſten jahr meines alters ſtehe/ und ſo wol vorher/ als
nach letzter unpaͤßlichkeit nach Gottes willen die kraͤfften des leibes/
wie oben erwehnet/ den vorigen jahren nicht mehr gleich fuͤhle: und
etwa zuſorgen ſtehet/ mir ſolche aͤnderung der lufft der natur nach
ertraͤglich/ oder etwa zu fuͤrchten waͤre/ daß wo ſich das gegen theil
finden ſolte/ ich aus mangel der geſuntheit zu allem nur ungeſchickt/
und dem amt mehr eine laſt werdendoͤrffte.
Dieſe geſamte rationes haben abermahl ihr nicht geringes ge-
wicht/ und machen mir ſehrzweiffelhafft/ ob ich jenes vor einen ei-
genlichen von GOTT wahrhafftig beſchloſſenen beruff halten ſolle.
Nun kan jederman wol ermeſſen/ nachdem ſo viel daran gelegen iſt/
daß wir Goͤttliches beruffs verſichert ſeyen/ in dem ein groſſer theil
der freudigkeit/ des troſtes und des ſegens daran liget/ daß mir
in ſolchen zweiffelmuth einige reſolution zufaſſen/ ſchwehr/ ja vor
mich ſelbs unmoͤglich werde. Jch kenne mich darinnen ſelbs/ und
weiß dieſes mein gebrechen/ daß ich ohne das in eigenen meinen ſa-
chen wo ſie wichtig ſind/ zu einer ſichern reſolution kaum je mit einer
feſtigkeit kommen kan: und alſo ſolches hierinnen ſo vielweniger
zuthun vermag/ alldieweil ich in ſtaͤter ſorge/ dahin ich mich auch
wendete/ ſtehen muͤſſte/ ich traute mir zu viel oder wenig zu: ich
wolte mit Jona fliehen/ oder haͤtte vermeßenlich wider das gefuͤhl
meiner ſchwachheit mich aus fleiſchlichen abſichten zu etwas groſſes
gebrauchen laſſen.
Nun ſolcherley gemuͤthern/ und alſo auch mir in dieſen ſtande/
iſt allerdins noͤthig/ daß ſie den endlich in der furcht des HERRN/
da ſie ſelbs Goͤttlichen guten/ wohlgefaͤlligen und vollkommenen
willen nicht gnug pruͤffen koͤnnen (dazu ich mich auch nicht geneigt zu
ſeyen beklage) deſſelben anzeige andern uͤberlaſſen/ und ihn alſo von
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