Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. II. SECTIO II. wort unterwegen war/ und indessen bemeldter Herr D. Lucius von GOTTnach seinem heiligen rath selig abgefordert worden/ auffs neue schreiben an mich eingelauffen/ und bezeuget worden/ daß man einmahl auff meiner person bey hoch- löblichen Consistoriio noch verharrete/ und bald darauff/ daß neben andern ich mit sonderbahren zeugnüß gegen seiner Churfürstliche Durchleuchtigkeit zu dessen gnädigster wahl von demselben vorgeschlagen und recommendiret worden seye. Darauff endlichen verschienen donnerstag ein pacquet angekommen/ in dem ich so bald das würckliche und solenne gnädigste vocation-schreiben von den Durch- leuchtigsten Churfürsten zu dero Oberhoffpredigern/ Beichtvater/ Kirchenrath und Assessore Consistorii, so dann von mehr bemeldten Ober-Consistorio zugleich dessen hochgeneigte invitation/ samt Churfürstlichen paß zum abzug/ auch zum fordersten das von hochgedachter Churfürstlichen Durchleuchtigkeit an Euer Hoch Edl. Gestrengen/ und Herrlichkeit bey gelegte gnädigste schreiben enthalten gefunden. Wie sehr mich dieses unvermuthete bestürtzet/ und in meinem gemüth unru- Einer seits bleibet dieses eine ausgemachte sache/ daß der höchste beruffer/ Gott Auff meiner seite sind die rationen sehr nachdrücklich/ welche mir die sa- 1. Jst alles solches bißdaher ohne mich und das geringste mein gesuch o- der veranlassung geschehen/ und ich auch ohne das der person nach allen den übri- Pppp 2
ARTIC. II. SECTIO II. wort unterwegen war/ und indeſſen bemeldter Herr D. Lucius von GOTTnach ſeinem heiligen rath ſelig abgefordert worden/ auffs neue ſchreiben an mich eingelauffen/ und bezeuget worden/ daß man einmahl auff meiner perſon bey hoch- loͤblichen Conſiſtoriio noch verharrete/ und bald darauff/ daß neben andern ich mit ſonderbahren zeugnuͤß gegen ſeiner Churfuͤrſtliche Durchleuchtigkeit zu deſſen gnaͤdigſter wahl von demſelben vorgeſchlagen und recommendiret worden ſeye. Darauff endlichen verſchienen donnerſtag ein pacquet angekommen/ in dem ich ſo bald das wuͤrckliche und ſolenne gnaͤdigſte vocation-ſchreiben von den Durch- leuchtigſten Churfuͤrſten zu dero Oberhoffpredigern/ Beichtvater/ Kirchenrath und Aſſeſſore Conſiſtorii, ſo dann von mehr bemeldten Ober-Conſiſtorio zugleich deſſen hochgeneigte invitation/ ſamt Churfuͤrſtlichen paß zum abzug/ auch zum forderſten das von hochgedachter Churfuͤrſtlichen Durchleuchtigkeit an Euer Hoch Edl. Geſtrengen/ und Herrlichkeit bey gelegte gnaͤdigſte ſchreiben enthalten gefunden. Wie ſehr mich dieſes unvermuthete beſtuͤrtzet/ und in meinem gemuͤth unru- Einer ſeits bleibet dieſes eine ausgemachte ſache/ daß der hoͤchſte beruffer/ Gott Auff meiner ſeite ſind die rationen ſehr nachdruͤcklich/ welche mir die ſa- 1. Jſt alles ſolches bißdaher ohne mich und das geringſte mein geſuch o- der veranlaſſung geſchehen/ und ich auch ohne das der perſon nach allen den uͤbri- Pppp 2
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ARTIC. II. SECTIO II.
wort unterwegen war/ und indeſſen bemeldter Herr D. Lucius von GOTT
nach ſeinem heiligen rath ſelig abgefordert worden/ auffs neue ſchreiben an mich
eingelauffen/ und bezeuget worden/ daß man einmahl auff meiner perſon bey hoch-
loͤblichen Conſiſtoriio noch verharrete/ und bald darauff/ daß neben andern ich
mit ſonderbahren zeugnuͤß gegen ſeiner Churfuͤrſtliche Durchleuchtigkeit zu deſſen
gnaͤdigſter wahl von demſelben vorgeſchlagen und recommendiret worden ſeye.
Darauff endlichen verſchienen donnerſtag ein pacquet angekommen/ in dem ich
ſo bald das wuͤrckliche und ſolenne gnaͤdigſte vocation-ſchreiben von den Durch-
leuchtigſten Churfuͤrſten zu dero Oberhoffpredigern/ Beichtvater/ Kirchenrath und
Aſſeſſore Conſiſtorii, ſo dann von mehr bemeldten Ober-Conſiſtorio zugleich
deſſen hochgeneigte invitation/ ſamt Churfuͤrſtlichen paß zum abzug/ auch zum
forderſten das von hochgedachter Churfuͤrſtlichen Durchleuchtigkeit an Euer
Hoch Edl. Geſtrengen/ und Herrlichkeit bey gelegte gnaͤdigſte ſchreiben enthalten
gefunden.
Wie ſehr mich dieſes unvermuthete beſtuͤrtzet/ und in meinem gemuͤth unru-
hig gemachet/ weil mir Goͤttlicher wille noch ſo gar verborgen/ kan ich nicht zur gnuͤ-
ge hie austrucken: Wie ich dann auch biß daher nach aller fernern uͤberlegung
und hertzlichen gebet nichts gewiſſes bey mir ſchlieſſen oder zu einer ruhe geben koͤn-
nen.
Einer ſeits bleibet dieſes eine ausgemachte ſache/ daß der hoͤchſte beruffer/ Gott
uͤber alle ſeine diener/ welche er hier und dort in ſeinen weinberg ſendet uñ ſtellet/ eine
ungebundene hand behalte/ dieſelbige zu allen zeiten nach ſeinen willen zu verſehen/
und daß deswegen weder ich noch einiger anderer einen wahrhafftig erkanten Goͤtt-
lichen beruff unter keinem vorwand mich entziehen/ oder von niemand davon abge-
halten werden ſolle: ſondern man wuͤrde hierinnen allerſeits ſich in Goͤttlichem
rath ſchwehrlich verſuͤndigen/ und die widerſetzlichkeit keine gnade nach ſich ziehen.
Anderſeits aber wird mirs ſehr ſchwehr/ ja biß daher noch unmoͤglich/ den Goͤttli-
chen rath und ob ich das werck vor einen wahrhafftigen Goͤttlichen beruff oder
menſchliche wohlgemeinte gedancken/ und alſo eine Goͤttliche tentation/ achten
ſolle/ zu erkennen und zu unterſcheiden. Jn deme beyderſeits die momenta und
urſachen ſehr wichtig ſind/ und in den gewiſſen tieff greiffen.
Auff meiner ſeite ſind die rationen ſehr nachdruͤcklich/ welche mir die ſa-
che dermaſſen vorſtellen/ das GOTTes finger in derſelben bißher geſpuͤhret
worden/ und faſt nicht dermaſſen angeſehen werden koͤnne/ das bloß menſchli-
che anſchlaͤge darinnen ſeyen ſolten.
1. Jſt alles ſolches bißdaher ohne mich und das geringſte mein geſuch o-
der veranlaſſung geſchehen/ und ich auch ohne das der perſon nach allen den
uͤbri-
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/685>, abgerufen am 02.07.2024. |