Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. I. DIST. IV. SECT. XXX. führung der leuthe in überredung in den glaubens streitigkeiten geschiehet/ alsdurch verheissungen und drohungen/ so sehe ich nicht/ wie die tractirung der con- troversen das meiste thun könte/ ob man sie schon auch zimlich frey hätte/ sondern das kräfftigste ist/ daß den leuten die liebe der welt aus den hertzen/ hingegen die wahre liebe zu GOTT und die hochachtung seiner warheit/ in dasselbe gepredi- get werde/ daß sie was Math. 16/ 25. 26. stehet anfangen recht zu glauben. Wo dieser grund erstlich fest geleget und der mensch nur einiger hauptwarheiten/ die wir gegen das Papstum durch GOttes gnade behaupten/ in seiner seele überzeuget ist/ da ist derselbe besser gegen allen abfall verwahret/ als wo er auch die controversen gründlich verstünde/ aber an der welt mit seiner liebe hänget. Jenes gibt freu- dige märtyrer auch unter einfältigen/ die den widrigen auf ihre sophismata zu ant- worten nicht verstehen/ aber alle wahrheit GOTT es alles ihres verlusts und des lebens selbsten würdig achten: diese werden lieber zu heuchlern/ wo man nicht mit ihnen disputiret/ sondern mit anderer gewal[t] in sie dringet. Daher gewißlich die ernstliche liebe zu GOtt und eine gründliche pietät in die hertzen gepflantzet/ samt einer warhafftigen verschmähung der dinge/ damit die welt locket und schreibet/ sind die sicherste verwahrung gegen jetztmalige arten der bekehrungen/ wie dieser liebe nahm so schändlich jetzt verkehret wird. Das meiste aber wird wol seyen das un- abläßige gebet/ so nicht nur allein von uns Predigern/ vor unsre gemeinden geschehen muß/ sondern auch allen andern vor sich und die gantze kirche recommandiret werden solle. Diese ist die kräfftigste wehre der kirchen vor den gewesen/ wir werden auch SECT. XXXI. Von meiner kranckheit/ die 3. Adv. 1684. an- GElobet seye die gütigkeit des himmlischen Vaters/ welche mich ihrer und ten Hhhh
ARTIC. I. DIST. IV. SECT. XXX. fuͤhrung der leuthe in uͤberredung in den glaubens ſtreitigkeiten geſchiehet/ alsdurch verheiſſungen und drohungen/ ſo ſehe ich nicht/ wie die tractirung der con- troverſen das meiſte thun koͤnte/ ob man ſie ſchon auch zimlich frey haͤtte/ ſondern das kraͤfftigſte iſt/ daß den leuten die liebe der welt aus den hertzen/ hingegen die wahre liebe zu GOTT und die hochachtung ſeiner warheit/ in daſſelbe gepredi- get werde/ daß ſie was Math. 16/ 25. 26. ſtehet anfangen recht zu glauben. Wo dieſer grund erſtlich feſt geleget und der menſch nur einiger hauptwarheiten/ die wiꝛ gegen das Papſtum durch GOttes gnade behaupten/ in ſeiner ſeele uͤberzeuget iſt/ da iſt derſelbe beſſer gegen allen abfall verwahret/ als wo er auch die controverſen gruͤndlich verſtuͤnde/ aber an der welt mit ſeiner liebe haͤnget. Jenes gibt freu- dige maͤrtyrer auch unter einfaͤltigen/ die den widrigen auf ihre ſophiſmata zu ant- worten nicht verſtehen/ aber alle wahrheit GOTT es alles ihres verluſts und des lebens ſelbſten wuͤrdig achten: dieſe werden lieber zu heuchlern/ wo man nicht mit ihnen disputiret/ ſondern mit anderer gewal[t] in ſie dringet. Daher gewißlich die ernſtliche liebe zu GOtt und eine gruͤndliche pietaͤt in die hertzen gepflantzet/ ſamt einer warhafftigen verſchmaͤhung der dinge/ damit die welt locket und ſchreibet/ ſind die ſicherſte verwahrung gegen jetztmalige arten der bekehrungen/ wie dieſer liebe nahm ſo ſchaͤndlich jetzt verkehret wird. Das meiſte aber wird wol ſeyen das un- ablaͤßige gebet/ ſo nicht nur allein võ uns Predigern/ vor unſre gemeinden geſchehen muß/ ſondern auch allen andern vor ſich und die gantze kirche recommandiret weꝛden ſolle. Dieſe iſt die kraͤfftigſte wehre der kiꝛchen vor den geweſen/ wir werden auch SECT. XXXI. Von meiner kranckheit/ die 3. Adv. 1684. an- GElobet ſeye die guͤtigkeit des himmliſchen Vaters/ welche mich ihrer und ten Hhhh
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ARTIC. I. DIST. IV. SECT. XXX.
fuͤhrung der leuthe in uͤberredung in den glaubens ſtreitigkeiten geſchiehet/ als
durch verheiſſungen und drohungen/ ſo ſehe ich nicht/ wie die tractirung der con-
troverſen das meiſte thun koͤnte/ ob man ſie ſchon auch zimlich frey haͤtte/ ſondern
das kraͤfftigſte iſt/ daß den leuten die liebe der welt aus den hertzen/ hingegen die
wahre liebe zu GOTT und die hochachtung ſeiner warheit/ in daſſelbe gepredi-
get werde/ daß ſie was Math. 16/ 25. 26. ſtehet anfangen recht zu glauben. Wo
dieſer grund erſtlich feſt geleget und der menſch nur einiger hauptwarheiten/ die wiꝛ
gegen das Papſtum durch GOttes gnade behaupten/ in ſeiner ſeele uͤberzeuget iſt/
da iſt derſelbe beſſer gegen allen abfall verwahret/ als wo er auch die controverſen
gruͤndlich verſtuͤnde/ aber an der welt mit ſeiner liebe haͤnget. Jenes gibt freu-
dige maͤrtyrer auch unter einfaͤltigen/ die den widrigen auf ihre ſophiſmata zu ant-
worten nicht verſtehen/ aber alle wahrheit GOTT es alles ihres verluſts und des
lebens ſelbſten wuͤrdig achten: dieſe werden lieber zu heuchlern/ wo man nicht mit
ihnen disputiret/ ſondern mit anderer gewalt in ſie dringet. Daher gewißlich die
ernſtliche liebe zu GOtt und eine gruͤndliche pietaͤt in die hertzen gepflantzet/ ſamt
einer warhafftigen verſchmaͤhung der dinge/ damit die welt locket und ſchreibet/
ſind die ſicherſte verwahrung gegen jetztmalige arten der bekehrungen/ wie dieſer
liebe nahm ſo ſchaͤndlich jetzt verkehret wird. Das meiſte aber wird wol ſeyen das un-
ablaͤßige gebet/ ſo nicht nur allein võ uns Predigern/ vor unſre gemeinden geſchehen
muß/ ſondern auch allen andern vor ſich und die gantze kirche recommandiret
weꝛden ſolle.
Dieſe iſt die kraͤfftigſte wehre der kiꝛchen vor den geweſen/ wir werden auch
damit da es in glauben/ liebe und heiligen eyffer geſchiehet/ noch wunder thun/ und
immer mit den unſrigen noch andere ſeelen zu retten vermoͤgen. Darum laſt uns
fleiß erzeigen/ und nicht muͤde werden/ der gewiſſen zuverſicht aus Luc. 18. wo die
außerwehlte tag und nacht zu ihren HErrn ruffen/ ſo werden ſie gnade finden/ und
der HErr wird ſie erretten in einer kuͤrtze. 14. Dec. 85.
SECT. XXXI.
Von meiner kranckheit/ die 3. Adv. 1684. an-
gefangen und ſo lange gewaͤhret daß erſt dem 3ten p. Tri-
nit. 1685. die cantzel wieder betreten. Jn derſelben zwey
traͤume. Kirchen diſciplin. Schwehrigkeit in
ſolcher materie.
GElobet ſeye die guͤtigkeit des himmliſchen Vaters/ welche mich ihrer und
meiner mit neulich ausgeſtandener leibs ſchwachheit erinnert/ in der-
ſelbigen mit einer ſtaͤten ruhe des gemuͤthes beſeliget/ viel andere woltha-
ten
Hhhh
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/627>, abgerufen am 23.02.2025. |