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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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mahl auch darvon/ aber wuste doch auch den völligen grund nicht: meldete nur dieses
daß er seinen characterem nicht kundlich machte/ biß er hörte/ ob die vorschläge
nicht gar abgeschlagen würden/ sondern zu einer conferenz gedeyen möchte/ als dann
er seine macht genugsam vor zu zeigen haben solte/ die er sonsten ohne seiner Principa-
len beschimpffung nicht auff ein ungewisses hazardi[r]en dörffte. Aus Dreßden bekam
einige zeilen/ aber wurde bedeutet/ daß es ein mann wäre/ dem es an nötigen qualitä-
ten zu solchem werck al zu sehr mangele. Jch leugne nicht/ daß ich diese [c]onatus von
Römischer seiten/ wo man mine macht zu einer freundlichen vergleichung/ vor ge-
fährlicher halte/ als alle deroselben offenbahre gewalt: Wie wir dann dadurch
niemahls nichts beständiges erhalten können/ aber allezeit verliehren müßen. Was
wir eingehen/ wird uns völlig verbinden/ und allezeit gegentheil eine neue gewalt
geben: sie aber/ so lang sie die oberste autori[t]ät der kirchen/ sonderlich aber/ dar-
ein es sich bey den meisten resolvirt, des Römischen stuhls behaupten/ er-
halten in solchem per indirectum alles wiederum/ was sie uns zugegeben zu haben
scheineten/ nicht nur/ da sie allemahl nach gut befinden/ wiederum dasjenige zu revo-
ciren
macht behalten/ was sie sagen mögen/ daß sie eine zeitlang um unserer her-
tzen härtigkeit willen/ nachgeben hätten müssen; sondern auch weil dieser articul in-
dispensabel
bleibet/ daß die kirche in einem concilio oecumenico, (wie sie das
Trientische in glaubens sachens davor erkennen) nicht irren mögen: Daher was
vor milderungen gesucht würden/ muß ich gleich wohl alle jenes decreta wahr zu
seyn erkennen/ und bleiben sie die regel/ nach dero auch solche vergleiche interpretirt
werden müßten. Solte auch etwa/ sonderlich das nachgeben der communion
unter beyden gestalten/ unter lassung der anruffung der Heiligen/ und dergleichen an-
erboten werden/ so haben wir abermahl wenig gewonnen/ in dem diese condition
daran hänget/ daß gleichwol die andere praxis Ecclesiae recht und heilig seye; wel-
ches wo wir erkennen und bekennen müssen/ so beschuldigen wir uns eben damit
selbs einer starcken halßstarrigkeit/ daß wir uns solcher dinge entziehen/ die an sich
gut und nützlich sind/ und daß wir mit ärgernüß anderer etwas besonders haben
wolten. Jndessen wo von Römischer seiten sie nur einige dergleichen offerten
thun/ gewinnen sie alle zeit so viel/ daß wir mit schwehrerer invidia beladen werden/
als denen alle billigmäßige conditiones offerirt, aber niemahls angenommen
worden wären. Sonsten weiß ich nicht/ ob E. Excellenz zu handen kommen ein ge-
wisses aus dem Französischen zu Nürnberg ver irtes s[c]riptum unter dem namen:
sichere und redliche mittel zu bekehrung aller ketzer/ und heilsamer
rath und anschläge zu
Reformation der kirchen. Auffs wenigste hoffe ich/
E. Excell. werde sich die mühe nicht reuen lassen/ solches zu lesen. Es ist der autor
entweder der so genanten Catholischen religion (kein Papist will er mit gewalt seyen/
als der den Papst und Papstum alles unglücks anfang und fortsetzung hält/) oder
wo es ein Reformirter ist/ hat er seine person artig agirt/ er straffet zwar

an
Ccec 2

ARTIC. I. DISTINCT. SECT. XV.
mahl auch darvon/ aber wuſte doch auch den voͤlligen grund nicht: meldete nur dieſes
daß er ſeinen characterem nicht kundlich machte/ biß er hoͤrte/ ob die vorſchlaͤge
nicht gar abgeſchlagen wuͤrden/ ſondern zu einer conferenz gedeyen moͤchte/ als dañ
er ſeine macht genugſam vor zu zeigen haben ſolte/ die er ſonſten ohne ſeiner Principa-
len beſchimpffung nicht auff ein ungewiſſes hazardi[r]en doͤrffte. Aus Dreßden bekam
einige zeilen/ aber wurde bedeutet/ daß es ein mann waͤre/ dem es an noͤtigen qualitaͤ-
ten zu ſolchem werck al zu ſehr mangele. Jch leugne nicht/ daß ich dieſe [c]onatus von
Roͤmiſcher ſeiten/ wo man mine macht zu einer freundlichen vergleichung/ vor ge-
faͤhrlicher halte/ als alle deroſelben offenbahre gewalt: Wie wir dann dadurch
niemahls nichts beſtaͤndiges erhalten koͤnnen/ aber allezeit verliehren muͤßen. Was
wir eingehen/ wird uns voͤllig verbinden/ und allezeit gegentheil eine neue gewalt
geben: ſie aber/ ſo lang ſie die oberſte autori[t]aͤt der kirchen/ ſonderlich aber/ dar-
ein es ſich bey den meiſten reſolvirt, des Roͤmiſchen ſtuhls behaupten/ er-
halten in ſolchem per indirectum alles wiederum/ was ſie uns zugegeben zu haben
ſcheineten/ nicht nur/ da ſie allemahl nach gut befinden/ wiederum dasjenige zu revo-
ciren
macht behalten/ was ſie ſagen moͤgen/ daß ſie eine zeitlang um unſerer her-
tzen haͤrtigkeit willen/ nachgeben haͤtten muͤſſen; ſondern auch weil dieſer articul in-
diſpenſabel
bleibet/ daß die kirche in einem concilio œcumenìco, (wie ſie das
Trientiſche in glaubens ſachens davor erkennen) nicht irren moͤgen: Daher was
vor milderungen geſucht wuͤrden/ muß ich gleich wohl alle jenes decreta wahr zu
ſeyn erkennen/ und bleiben ſie die regel/ nach dero auch ſolche vergleiche interpretirt
werden muͤßten. Solte auch etwa/ ſonderlich das nachgeben der communion
unter beyden geſtalten/ unter laſſung der anruffung der Heiligen/ und dergleichen an-
erboten werden/ ſo haben wir abermahl wenig gewonnen/ in dem dieſe condition
daran haͤnget/ daß gleichwol die andere praxis Eccleſiæ recht und heilig ſeye; wel-
ches wo wir erkennen und bekennen muͤſſen/ ſo beſchuldigen wir uns eben damit
ſelbs einer ſtarcken halßſtarrigkeit/ daß wir uns ſolcher dinge entziehen/ die an ſich
gut und nuͤtzlich ſind/ und daß wir mit aͤrgernuͤß anderer etwas beſonders haben
wolten. Jndeſſen wo von Roͤmiſcher ſeiten ſie nur einige dergleichen offerten
thun/ gewinnen ſie alle zeit ſo viel/ daß wir mit ſchwehrerer invidia beladen werden/
als denen alle billigmaͤßige conditiones offerirt, aber niemahls angenommen
worden waͤren. Sonſten weiß ich nicht/ ob E. Excellenz zu handen kommen ein ge-
wiſſes aus dem Franzoͤſiſchen zu Nuͤrnberg ver irtes ſ[c]riptum unter dem namen:
ſichere und redliche mittel zu bekehrung aller ketzer/ und heilſamer
rath und anſchlaͤge zu
Reformation der kirchen. Auffs wenigſte hoffe ich/
E. Excell. werde ſich die muͤhe nicht reuen laſſen/ ſolches zu leſen. Es iſt der autor
entweder der ſo genanten Catholiſchen religion (kein Papiſt will er mit gewalt ſeyen/
als der den Papſt und Papſtum alles ungluͤcks anfang und fortſetzung haͤlt/) oder
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[571/0589] ARTIC. I. DISTINCT. SECT. XV. mahl auch darvon/ aber wuſte doch auch den voͤlligen grund nicht: meldete nur dieſes daß er ſeinen characterem nicht kundlich machte/ biß er hoͤrte/ ob die vorſchlaͤge nicht gar abgeſchlagen wuͤrden/ ſondern zu einer conferenz gedeyen moͤchte/ als dañ er ſeine macht genugſam vor zu zeigen haben ſolte/ die er ſonſten ohne ſeiner Principa- len beſchimpffung nicht auff ein ungewiſſes hazardiren doͤrffte. Aus Dreßden bekam einige zeilen/ aber wurde bedeutet/ daß es ein mann waͤre/ dem es an noͤtigen qualitaͤ- ten zu ſolchem werck al zu ſehr mangele. Jch leugne nicht/ daß ich dieſe conatus von Roͤmiſcher ſeiten/ wo man mine macht zu einer freundlichen vergleichung/ vor ge- faͤhrlicher halte/ als alle deroſelben offenbahre gewalt: Wie wir dann dadurch niemahls nichts beſtaͤndiges erhalten koͤnnen/ aber allezeit verliehren muͤßen. Was wir eingehen/ wird uns voͤllig verbinden/ und allezeit gegentheil eine neue gewalt geben: ſie aber/ ſo lang ſie die oberſte autoritaͤt der kirchen/ ſonderlich aber/ dar- ein es ſich bey den meiſten reſolvirt, des Roͤmiſchen ſtuhls behaupten/ er- halten in ſolchem per indirectum alles wiederum/ was ſie uns zugegeben zu haben ſcheineten/ nicht nur/ da ſie allemahl nach gut befinden/ wiederum dasjenige zu revo- ciren macht behalten/ was ſie ſagen moͤgen/ daß ſie eine zeitlang um unſerer her- tzen haͤrtigkeit willen/ nachgeben haͤtten muͤſſen; ſondern auch weil dieſer articul in- diſpenſabel bleibet/ daß die kirche in einem concilio œcumenìco, (wie ſie das Trientiſche in glaubens ſachens davor erkennen) nicht irren moͤgen: Daher was vor milderungen geſucht wuͤrden/ muß ich gleich wohl alle jenes decreta wahr zu ſeyn erkennen/ und bleiben ſie die regel/ nach dero auch ſolche vergleiche interpretirt werden muͤßten. Solte auch etwa/ ſonderlich das nachgeben der communion unter beyden geſtalten/ unter laſſung der anruffung der Heiligen/ und dergleichen an- erboten werden/ ſo haben wir abermahl wenig gewonnen/ in dem dieſe condition daran haͤnget/ daß gleichwol die andere praxis Eccleſiæ recht und heilig ſeye; wel- ches wo wir erkennen und bekennen muͤſſen/ ſo beſchuldigen wir uns eben damit ſelbs einer ſtarcken halßſtarrigkeit/ daß wir uns ſolcher dinge entziehen/ die an ſich gut und nuͤtzlich ſind/ und daß wir mit aͤrgernuͤß anderer etwas beſonders haben wolten. Jndeſſen wo von Roͤmiſcher ſeiten ſie nur einige dergleichen offerten thun/ gewinnen ſie alle zeit ſo viel/ daß wir mit ſchwehrerer invidia beladen werden/ als denen alle billigmaͤßige conditiones offerirt, aber niemahls angenommen worden waͤren. Sonſten weiß ich nicht/ ob E. Excellenz zu handen kommen ein ge- wiſſes aus dem Franzoͤſiſchen zu Nuͤrnberg ver irtes ſcriptum unter dem namen: ſichere und redliche mittel zu bekehrung aller ketzer/ und heilſamer rath und anſchlaͤge zu Reformation der kirchen. Auffs wenigſte hoffe ich/ E. Excell. werde ſich die muͤhe nicht reuen laſſen/ ſolches zu leſen. Es iſt der autor entweder der ſo genanten Catholiſchen religion (kein Papiſt will er mit gewalt ſeyen/ als der den Papſt und Papſtum alles ungluͤcks anfang und fortſetzung haͤlt/) oder wo es ein Reformirter iſt/ hat er ſeine perſon artig agirt/ er ſtraffet zwar an Ccec 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/589>, abgerufen am 25.11.2024.