Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. JCh habe das neuliche wohl erhalten/ und mich von hertzen zu erfreuen auffs Es bemercket mein werther bruder gar wol eine starcke hindernüß/ wo nem- an-
Das ſechſte Capitel. JCh habe das neuliche wohl erhalten/ und mich von hertzen zu erfreuen auffs Es bemercket mein werther bruder gar wol eine ſtarcke hindernuͤß/ wo nem- an-
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Das ſechſte Capitel.
JCh habe das neuliche wohl erhalten/ und mich von hertzen zu erfreuen auffs
neue eines ſolchen mannes liebe und freundſchafft verſichert zu werden/ deſ-
ſen redliche intention und einſtimmiges verlangen nach beſſerung der kir-
chen aus demſelben mir ſtarck einleuchtet: Wo ich darinnen geſehen die ſehnliche
klage uͤber die uͤberhand genommene verderbnuͤß/ und bemerckung der urſachen/
welche dieſelbe noch immer befoͤrdern: ſolche aber recht in dem liecht des Geiſtes
einzuſehen/ und um die beſſerung bekuͤmmert zu ſeyn/ iſt faſt das jenige/ daran wir
dieſelbige am beſten erkennen moͤgen/ welchen es um das werck des HERRN ein
ernſt iſt.
Es bemercket mein werther bruder gar wol eine ſtarcke hindernuͤß/ wo nem-
lich Moſes den Araron nicht unter die arme greifft/ ſondern wol gar denſelben mit
fleiß hindert. Jch bekenne es auch/ und beklage es von hertzen/ ſehe auch die ſa-
che an/ als eine hindernuß/ daß nicht leicht jemal/ oder doch ſehr langſam/ eine ſolche
reformation zu erwarten ſeye/ die ſolenniter und mit groſſen apparat geſchehe/
als worinnen Moſes mit ſeiner von GOTT habender macht wohl das allermeiſte
thun muͤſſte/ weil vieles in euſſerlichen oͤffendlichen anſtalten beſtehen ſolte/ welche
ohne obrigkeit liche macht nicht angeordnet werden koͤnnen. Deßwegen vielmehr
davor gehalten habe/ daß wir auff eine andere art der reformation anfangs zu
reflectiren haͤtten/ worinnen wir keiner euſſerlichen gewalt oder Obrigkeitlicher
autoritaͤt bedoͤrffen/ ſondern allein trachten moͤchten/ durch ſorgfaͤltigen fleiß un-
ſers amts und allein vermittels des Goͤttlichen worts an den jenige/ welche ohne das
zu dem guten willig ſind/ und keines zwangs noͤthig haben/ dahin zu arbeiten/ daß
wir rechtſchaffene Chriſten/ und ſolten es nur ein und andere in jeglicher gemeinde
ſeyn/ machen und zu wegen bringen koͤnten/ durch dero exempel und vorgang ande-
re allgemach auch be wogen/ und unſer amt an ſolchen deſto fruchtbarer gemachet
werden moͤchte: wuͤrden derſelben abgemach an jedem ort eine zimliche anzahl/
ſo wuͤrde ſich von ſelbſten manches nachmahl ergeben/ was ſich jetzo nicht ausrichten
laͤſſet/ und dann moͤchte die Obrigkeit/ ihrer autoritaͤt zu coercirung und auch
allmaͤchlicher herbey bꝛingung dereꝛ ſonſten hartnaͤckigkeit anzuwenden leichter veꝛ-
moͤgend/ oder wo ſie nichts thun will/ ſolche boͤſe/ an denen wir nichts mehr auszuꝛich-
ten vermoͤgen/ weil unſer amt an ſich ſelbs keine gewalt hat/ ihrer boßheit uͤberlaſ-
werden: Nicht zwar ſie nicht weiter mehr zu erinnern dann dieſes muß bleiben/
ſondern daß wir endlich muͤſſen das jenige weitere/ ſo wir ſonſt hoffen moͤchten/
nachtruͤcklich geſchehn zu koͤnnen/ zu ruͤcklaſſen/ was nicht in unſeren haͤnden ſtehet/
zu verantwortung der jenigen/ die nicht ſo wohl dem predigamt als gantzer kirchen
das jenige vorenthalten/ was derſelben gebuͤhret. Jch hoffte aber/ wo wir erſt-
lich/ ſonderlich jedes orts alle die in ſolchem heiligen amt ſtehen mit zuſammen ge-
ſetzter hand/ eiffer und fleiß/ das unſrige in oben angezeigtem thun wuͤrden/ ſo wuͤr-
de vielleicht die Obrigkeit auch ſich geben/ oder GOTT vielmehr derſelben hertzen
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