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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
und wo seine gerichte an ihr anheben sollen/ wolle er sie mit grosser barmhertzigkeit
lassen gemildert werden. Daß eine person/ so sich wider göttliche ehe-ordnung
mißbrauchen lässet/ nachmahl auch die bekäntnüß ihrer religion verlasse/ ist mir
gantz kein wunder nicht. Fide quae credit amissa (solche aber stehet nicht mit sol-
chen herschenden sünden) quid facilius quam fidem quae creditur pariter
perdi?
Der HERRbringe zur buß und seiner gnade/ welche sich noch retten wol-
len lassen. Daphnaei Arcuarii buch ist meines wissens nirgend zu kauffen zu ha-
ben. Vielleicht aber möchte Herr Resident/ dazu behülfflich seyn können. Jch
höre/ es habe ein grosser Herr aus lesung desselben schon schaden genommen/ und
möchte daß daher befahrende ärgernüß bald schwehrer außbrechen. So muß ja
nichts bey uns unangetastet bleiben/ damit ja das feuer göttlichen zorns strohes und
anderer materie genug finde. etc. 1681.

SECTIO XLI.

Als die statt Strasburg in Frantzöische gewalt
gerathen. Wie solches gericht Christlich anzusehen/
und wie sich alle dabey zu schicken
haben.

JCh zweiffle nicht/ daß so wohl derselbige als übrige hochgeehrt. Herr schwä-
gere sich wundern werden/ daß in diesen etlichen wochen nicht geschrieben ha-
be/ als zu einer solchen zeit/ wo ich etwa so viel ungesäumter zu solcher gebühr
hätte seyn sollen; nun will ich mich mit der meß arbeit nicht entschuldigen/ sondern be-
kenne/ daß ich fast nicht gewust/ noch jetzt recht weiß/ was ich schreiben solle; zu dem
ich auch nicht weiß/ ob die brieffe in den ersten tagen einer solchen haupt-änderung
gantz sicher seyen oder nicht. Jch habe es aber doch auch nicht länger auffschieben
sollen. Wie mir nach dem fleisch über die beyde nacheinander gekommene zeitun-
gen der occupirung von keyl/ und nach ferner übergab der statt zu muth gewesen/
bedarff nicht hie ausgetruckt zu werden sondern ist leicht zuermessen/ was in einer
solchen begebenheit die liebe der seinigen/ mitleiden mit deroselben leiden/ sorge
mehrer und kräfftiger gefahr und dergleichen andere affecten, bey einem gemüth
vor unruhe erwecken. Sie werden aber selbs an sich dergleichen gefühlet haben/
und daher auch unsere bewandtnüß sich einbilden können. Hingegen wie ich in
nichts anders eine ruhe der seelen und eine zufriedenheit finde/ als in dem willen
des HERREN/ so zweiffele ich auch nicht/ sie werden in demselbigen nicht weniger
beruhen. Der wille des HERREN ist geschehen. Andere ursachen und be-
trachtungen haben auch ihrem nutzen zu einer besänfftigung des gemüths/ aber

nicht

Das ſechſte Capitel.
und wo ſeine gerichte an ihr anheben ſollen/ wolle er ſie mit groſſer barmhertzigkeit
laſſen gemildert werden. Daß eine perſon/ ſo ſich wider goͤttliche ehe-ordnung
mißbrauchen laͤſſet/ nachmahl auch die bekaͤntnuͤß ihrer religion verlaſſe/ iſt mir
gantz kein wunder nicht. Fide quæ credit amiſſa (ſolche aber ſtehet nicht mit ſol-
chen herſchenden ſuͤnden) quid facilius quam fidem quæ creditur pariter
perdi?
Der HERRbringe zur buß und ſeiner gnade/ welche ſich noch retten wol-
len laſſen. Daphnæi Arcuarii buch iſt meines wiſſens nirgend zu kauffen zu ha-
ben. Vielleicht aber moͤchte Heꝛr Reſident/ dazu behuͤlfflich ſeyn koͤnnen. Jch
hoͤre/ es habe ein groſſer Heꝛr aus leſung deſſelben ſchon ſchaden genommen/ und
moͤchte daß daher befahrende aͤrgernuͤß bald ſchwehrer außbrechen. So muß ja
nichts bey uns unangetaſtet bleiben/ damit ja das feuer goͤttlichen zorns ſtrohes und
anderer materie genug finde. ꝛc. 1681.

SECTIO XLI.

Als die ſtatt Strasburg in Frantzoͤiſche gewalt
gerathen. Wie ſolches gericht Chriſtlich anzuſehen/
und wie ſich alle dabey zu ſchicken
haben.

JCh zweiffle nicht/ daß ſo wohl derſelbige als uͤbrige hochgeehꝛt. Heꝛr ſchwaͤ-
gere ſich wundern werden/ daß in dieſen etlichen wochen nicht geſchrieben ha-
be/ als zu einer ſolchen zeit/ wo ich etwa ſo viel ungeſaͤumter zu ſolcher gebuͤhr
haͤtte ſeyn ſollen; nun will ich mich mit der meß arbeit nicht entſchuldigen/ ſondern be-
kenne/ daß ich faſt nicht gewuſt/ noch jetzt recht weiß/ was ich ſchreiben ſolle; zu dem
ich auch nicht weiß/ ob die brieffe in den erſten tagen einer ſolchen haupt-aͤnderung
gantz ſicher ſeyen oder nicht. Jch habe es aber doch auch nicht laͤnger auffſchieben
ſollen. Wie mir nach dem fleiſch uͤber die beyde nacheinander gekommene zeitun-
gen der occupirung von keyl/ und nach ferner uͤbergab der ſtatt zu muth geweſen/
bedarff nicht hie ausgetruckt zu werden ſondern iſt leicht zuermeſſen/ was in einer
ſolchen begebenheit die liebe der ſeinigen/ mitleiden mit deroſelben leiden/ ſorge
mehrer und kraͤfftiger gefahr und dergleichen andere affecten, bey einem gemuͤth
vor unruhe erwecken. Sie werden aber ſelbs an ſich dergleichen gefuͤhlet haben/
und daher auch unſere bewandtnuͤß ſich einbilden koͤnnen. Hingegen wie ich in
nichts anders eine ruhe der ſeelen und eine zufriedenheit finde/ als in dem willen
des HERREN/ ſo zweiffele ich auch nicht/ ſie werden in demſelbigen nicht wenigeꝛ
beruhen. Der wille des HERREN iſt geſchehen. Andere urſachen und be-
trachtungen haben auch ihrem nutzen zu einer beſaͤnfftigung des gemuͤths/ aber

nicht
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[488/0506] Das ſechſte Capitel. und wo ſeine gerichte an ihr anheben ſollen/ wolle er ſie mit groſſer barmhertzigkeit laſſen gemildert werden. Daß eine perſon/ ſo ſich wider goͤttliche ehe-ordnung mißbrauchen laͤſſet/ nachmahl auch die bekaͤntnuͤß ihrer religion verlaſſe/ iſt mir gantz kein wunder nicht. Fide quæ credit amiſſa (ſolche aber ſtehet nicht mit ſol- chen herſchenden ſuͤnden) quid facilius quam fidem quæ creditur pariter perdi? Der HERRbringe zur buß und ſeiner gnade/ welche ſich noch retten wol- len laſſen. Daphnæi Arcuarii buch iſt meines wiſſens nirgend zu kauffen zu ha- ben. Vielleicht aber moͤchte Heꝛr Reſident/ dazu behuͤlfflich ſeyn koͤnnen. Jch hoͤre/ es habe ein groſſer Heꝛr aus leſung deſſelben ſchon ſchaden genommen/ und moͤchte daß daher befahrende aͤrgernuͤß bald ſchwehrer außbrechen. So muß ja nichts bey uns unangetaſtet bleiben/ damit ja das feuer goͤttlichen zorns ſtrohes und anderer materie genug finde. ꝛc. 1681. SECTIO XLI. Als die ſtatt Strasburg in Frantzoͤiſche gewalt gerathen. Wie ſolches gericht Chriſtlich anzuſehen/ und wie ſich alle dabey zu ſchicken haben. JCh zweiffle nicht/ daß ſo wohl derſelbige als uͤbrige hochgeehꝛt. Heꝛr ſchwaͤ- gere ſich wundern werden/ daß in dieſen etlichen wochen nicht geſchrieben ha- be/ als zu einer ſolchen zeit/ wo ich etwa ſo viel ungeſaͤumter zu ſolcher gebuͤhr haͤtte ſeyn ſollen; nun will ich mich mit der meß arbeit nicht entſchuldigen/ ſondern be- kenne/ daß ich faſt nicht gewuſt/ noch jetzt recht weiß/ was ich ſchreiben ſolle; zu dem ich auch nicht weiß/ ob die brieffe in den erſten tagen einer ſolchen haupt-aͤnderung gantz ſicher ſeyen oder nicht. Jch habe es aber doch auch nicht laͤnger auffſchieben ſollen. Wie mir nach dem fleiſch uͤber die beyde nacheinander gekommene zeitun- gen der occupirung von keyl/ und nach ferner uͤbergab der ſtatt zu muth geweſen/ bedarff nicht hie ausgetruckt zu werden ſondern iſt leicht zuermeſſen/ was in einer ſolchen begebenheit die liebe der ſeinigen/ mitleiden mit deroſelben leiden/ ſorge mehrer und kraͤfftiger gefahr und dergleichen andere affecten, bey einem gemuͤth vor unruhe erwecken. Sie werden aber ſelbs an ſich dergleichen gefuͤhlet haben/ und daher auch unſere bewandtnuͤß ſich einbilden koͤnnen. Hingegen wie ich in nichts anders eine ruhe der ſeelen und eine zufriedenheit finde/ als in dem willen des HERREN/ ſo zweiffele ich auch nicht/ ſie werden in demſelbigen nicht wenigeꝛ beruhen. Der wille des HERREN iſt geſchehen. Andere urſachen und be- trachtungen haben auch ihrem nutzen zu einer beſaͤnfftigung des gemuͤths/ aber nicht

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/506>, abgerufen am 23.11.2024.