Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

Bild:
<< vorherige Seite
ARTIC. I. DISTINCT. III. SECT. XXXVII.
SECTIO XXXVII.

Als ein Christlicher prediger remouirt worden.
Vorhaben eine
apologie zu schreiben. Auff was art
das
nimium Studium Philosophiae zu bestreiten. Christ-
liche gelassenheit zu einem be-
ruff.

AUs dem überschriebenen ist mir von der historia so viel bekand/ als nöthig
gewesen und ich verlangt. Der HERR wolle allen solchen/ die hierinnen
mögen wieder die liebe und warheit gesündiget haben/ solches zuerkennen ge-
ben zu gütiger vergebung. Mein liebster bruder wird selbs seines orts sich fleißig
untersuchen/ ob er etwas an sich finde/ daß in dieser gantzen sache der heilige eyf-
fer vor GOttes ehre mit einigem fremden feuer vermischt gewesen/ (welches in un-
sere schwachheit so gar leicht geschehen kan) oder einige unvorsichtigkeit der wiedri-
gen haß befordert/ oder ihnen daß schwerdt in der hand gegeben. Welches wir
alsdann auch so viel hertzlicher zuerkennen/ als offenbahrer etwa in andern dingen
die unbilligkeit sein möchte/ die wir erlitten hätten. Sonderlich aber wünsche ich
denen/ welche solche tragrediam etwa aus fleischlichen affecten mögen angefan-
gen/ und nachmal andere an sich gehängt/ so dann die academien mit darein ge-
zogen haben/ daß sie der HERR zu dessen wahrer erkäntnüß bringe/ auff daß es
ihnen verziehen werde. Jch kenne niemand von allen/ und weiß keine weitere par-
ticularia,
als von demselben selbs habe. Ob die acta herauszugeben solt rath-
sam seyn/ weis ich nicht/ kan auch solches nicht beurtheilen/ weil ich keine völlige
wissenschafft davon habe. Jedoch bitte ich freundlich die sache in der furcht und an-
ruffung GOttes fleißig und reifflich/ etwa auch mit einigen Christlichen freunden/
zu überlegen/ und nichts zu übereylen/ wie denn in dieser sache weniger mit schwei-
gen als mit schreiben gefehlet werden kan. Sonderlich wolte ich ja nicht rathen/
ehe und bevor GOtt eine stelle wiederum angewiesen hat/ eine solche apologiam
zu publiciren/ welche beforglich nachmal einer beforderung mehr als das vorige
unglück entgegen stehen möchte. Wo aber GOtt gnade giebet/ und wiederum
meinen werthesten bruder an seinen dienst setzet/ so wolte nicht entgegen seyn/ daß
derselbe durch ein öffentliches scriptum nicht so wol unter den nahmen einer de-
fension
als declaration seine sache der Evangelischen kirche vortrage/ jedoch wel-
ches zwar ohne das mich zu ihm versehe/ ohne bitterkeit oder hefftigkeit/ welche art
zuschreiben uns Christen so wol anständiget ist/ als hingegen den widrigen schweh-
rer fället/ weil der leser/ wo er auf einer seiten offenbahre fleischliche hefftigkeit/ auff

der
Ooo 3
ARTIC. I. DISTINCT. III. SECT. XXXVII.
SECTIO XXXVII.

Als ein Chriſtlicher prediger remouirt worden.
Vorhaben eine
apologie zu ſchreiben. Auff was art
das
nimium Studium Philoſophiæ zu beſtreiten. Chriſt-
liche gelaſſenheit zu einem be-
ruff.

AUs dem uͤberſchriebenen iſt mir von der hiſtoria ſo viel bekand/ als noͤthig
geweſen und ich verlangt. Der HERR wolle allen ſolchen/ die hierinnen
moͤgen wieder die liebe und warheit geſuͤndiget haben/ ſolches zuerkennen ge-
ben zu guͤtiger vergebung. Mein liebſter bruder wird ſelbs ſeines orts ſich fleißig
unterſuchen/ ob er etwas an ſich finde/ daß in dieſer gantzen ſache der heilige eyf-
fer vor GOttes ehre mit einigem fremden feuer vermiſcht geweſen/ (welches in un-
ſere ſchwachheit ſo gar leicht geſchehen kan) oder einige unvorſichtigkeit der wiedri-
gen haß befordert/ oder ihnen daß ſchwerdt in der hand gegeben. Welches wir
alsdann auch ſo viel hertzlicher zuerkennen/ als offenbahrer etwa in andern dingen
die unbilligkeit ſein moͤchte/ die wir erlitten haͤtten. Sonderlich aber wuͤnſche ich
denen/ welche ſolche tragrediam etwa aus fleiſchlichen affecten moͤgen angefan-
gen/ und nachmal andere an ſich gehaͤngt/ ſo dann die academien mit darein ge-
zogen haben/ daß ſie der HERR zu deſſen wahrer erkaͤntnuͤß bringe/ auff daß es
ihnen verziehen werde. Jch kenne niemand von allen/ und weiß keine weitere par-
ticularia,
als von demſelben ſelbs habe. Ob die acta herauszugeben ſolt rath-
ſam ſeyn/ weis ich nicht/ kan auch ſolches nicht beurtheilen/ weil ich keine voͤllige
wiſſenſchafft davon habe. Jedoch bitte ich freundlich die ſache in deꝛ furcht und an-
ruffung GOttes fleißig und reifflich/ etwa auch mit einigen Chriſtlichen freunden/
zu uͤberlegen/ und nichts zu uͤbereylen/ wie denn in dieſer ſache weniger mit ſchwei-
gen als mit ſchreiben gefehlet werden kan. Sonderlich wolte ich ja nicht rathen/
ehe und bevor GOtt eine ſtelle wiederum angewieſen hat/ eine ſolche apologiam
zu publiciren/ welche beforglich nachmal einer beforderung mehr als das vorige
ungluͤck entgegen ſtehen moͤchte. Wo aber GOtt gnade giebet/ und wiederum
meinen wertheſten bruder an ſeinen dienſt ſetzet/ ſo wolte nicht entgegen ſeyn/ daß
derſelbe durch ein oͤffentliches ſcriptum nicht ſo wol unter den nahmen einer de-
fenſion
als declaration ſeine ſache der Evangeliſchen kirche vortrage/ jedoch wel-
ches zwar ohne das mich zu ihm verſehe/ ohne bitterkeit oder hefftigkeit/ welche art
zuſchreiben uns Chriſten ſo wol anſtaͤndiget iſt/ als hingegen den widrigen ſchweh-
rer faͤllet/ weil der leſer/ wo er auf einer ſeiten offenbahre fleiſchliche hefftigkeit/ auff

der
Ooo 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0495" n="477"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. I. DISTINCT. III. <hi rendition="#g">SECT</hi>. XXXVII.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq">SECTIO XXXVII.</hi> </head><lb/>
            <argument>
              <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">A</hi>ls ein Chri&#x017F;tlicher prediger</hi> <hi rendition="#aq">remouirt</hi> <hi rendition="#fr">worden.<lb/>
Vorhaben eine</hi> <hi rendition="#aq">apologie</hi> <hi rendition="#fr">zu &#x017F;chreiben. Auff was art<lb/>
das</hi> <hi rendition="#aq">nimium Studium Philo&#x017F;ophiæ</hi> <hi rendition="#fr">zu be&#x017F;treiten. Chri&#x017F;t-<lb/>
liche gela&#x017F;&#x017F;enheit zu einem be-<lb/>
ruff.</hi> </hi> </p>
            </argument><lb/>
            <p><hi rendition="#in">A</hi>Us dem u&#x0364;ber&#x017F;chriebenen i&#x017F;t mir von der <hi rendition="#aq">hi&#x017F;toria</hi> &#x017F;o viel bekand/ als no&#x0364;thig<lb/>
gewe&#x017F;en und ich verlangt. Der HERR wolle allen &#x017F;olchen/ die hierinnen<lb/>
mo&#x0364;gen wieder die liebe und warheit ge&#x017F;u&#x0364;ndiget haben/ &#x017F;olches zuerkennen ge-<lb/>
ben zu gu&#x0364;tiger vergebung. Mein lieb&#x017F;ter bruder wird &#x017F;elbs &#x017F;eines orts &#x017F;ich fleißig<lb/>
unter&#x017F;uchen/ ob er etwas an &#x017F;ich finde/ daß in die&#x017F;er gantzen &#x017F;ache der heilige eyf-<lb/>
fer vor GOttes ehre mit einigem fremden feuer vermi&#x017F;cht gewe&#x017F;en/ (welches in un-<lb/>
&#x017F;ere &#x017F;chwachheit &#x017F;o gar leicht ge&#x017F;chehen kan) oder einige unvor&#x017F;ichtigkeit der wiedri-<lb/>
gen haß befordert/ oder ihnen daß &#x017F;chwerdt in der hand gegeben. Welches wir<lb/>
alsdann auch &#x017F;o viel hertzlicher zuerkennen/ als offenbahrer etwa in andern dingen<lb/>
die unbilligkeit &#x017F;ein mo&#x0364;chte/ die wir erlitten ha&#x0364;tten. Sonderlich aber wu&#x0364;n&#x017F;che ich<lb/>
denen/ welche &#x017F;olche <hi rendition="#aq">tragrediam</hi> etwa aus flei&#x017F;chlichen <hi rendition="#aq">affecten</hi> mo&#x0364;gen angefan-<lb/>
gen/ und nachmal andere an &#x017F;ich geha&#x0364;ngt/ &#x017F;o dann die <hi rendition="#aq">academien</hi> mit darein ge-<lb/>
zogen haben/ daß &#x017F;ie der HERR zu de&#x017F;&#x017F;en wahrer erka&#x0364;ntnu&#x0364;ß bringe/ auff daß es<lb/>
ihnen verziehen werde. Jch kenne niemand von allen/ und weiß keine weitere <hi rendition="#aq">par-<lb/>
ticularia,</hi> als von dem&#x017F;elben &#x017F;elbs habe. Ob die <hi rendition="#aq">acta</hi> herauszugeben &#x017F;olt rath-<lb/>
&#x017F;am &#x017F;eyn/ weis ich nicht/ kan auch &#x017F;olches nicht beurtheilen/ weil ich keine vo&#x0364;llige<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft davon habe. Jedoch bitte ich freundlich die &#x017F;ache in de&#xA75B; furcht und an-<lb/>
ruffung GOttes fleißig und reifflich/ etwa auch mit einigen Chri&#x017F;tlichen freunden/<lb/>
zu u&#x0364;berlegen/ und nichts zu u&#x0364;bereylen/ wie denn in die&#x017F;er &#x017F;ache weniger mit &#x017F;chwei-<lb/>
gen als mit &#x017F;chreiben gefehlet werden kan. Sonderlich wolte ich ja nicht rathen/<lb/>
ehe und bevor GOtt eine &#x017F;telle wiederum angewie&#x017F;en hat/ eine &#x017F;olche <hi rendition="#aq">apologiam</hi><lb/>
zu <hi rendition="#aq">publiciren</hi>/ welche beforglich nachmal einer beforderung mehr als das vorige<lb/>
unglu&#x0364;ck entgegen &#x017F;tehen mo&#x0364;chte. Wo aber GOtt gnade giebet/ und wiederum<lb/>
meinen werthe&#x017F;ten bruder an &#x017F;einen dien&#x017F;t &#x017F;etzet/ &#x017F;o wolte nicht entgegen &#x017F;eyn/ daß<lb/>
der&#x017F;elbe durch ein o&#x0364;ffentliches <hi rendition="#aq">&#x017F;criptum</hi> nicht &#x017F;o wol unter den nahmen einer <hi rendition="#aq">de-<lb/>
fen&#x017F;ion</hi> als <hi rendition="#aq">declara</hi>t<hi rendition="#aq">ion</hi> &#x017F;eine &#x017F;ache der Evangeli&#x017F;chen kirche vortrage/ jedoch wel-<lb/>
ches zwar ohne das mich zu ihm ver&#x017F;ehe/ ohne bitterkeit oder hefftigkeit/ welche art<lb/>
zu&#x017F;chreiben uns Chri&#x017F;ten &#x017F;o wol an&#x017F;ta&#x0364;ndiget i&#x017F;t/ als hingegen den widrigen &#x017F;chweh-<lb/>
rer fa&#x0364;llet/ weil der le&#x017F;er/ wo er auf einer &#x017F;eiten offenbahre flei&#x017F;chliche hefftigkeit/ auff<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Ooo 3</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[477/0495] ARTIC. I. DISTINCT. III. SECT. XXXVII. SECTIO XXXVII. Als ein Chriſtlicher prediger remouirt worden. Vorhaben eine apologie zu ſchreiben. Auff was art das nimium Studium Philoſophiæ zu beſtreiten. Chriſt- liche gelaſſenheit zu einem be- ruff. AUs dem uͤberſchriebenen iſt mir von der hiſtoria ſo viel bekand/ als noͤthig geweſen und ich verlangt. Der HERR wolle allen ſolchen/ die hierinnen moͤgen wieder die liebe und warheit geſuͤndiget haben/ ſolches zuerkennen ge- ben zu guͤtiger vergebung. Mein liebſter bruder wird ſelbs ſeines orts ſich fleißig unterſuchen/ ob er etwas an ſich finde/ daß in dieſer gantzen ſache der heilige eyf- fer vor GOttes ehre mit einigem fremden feuer vermiſcht geweſen/ (welches in un- ſere ſchwachheit ſo gar leicht geſchehen kan) oder einige unvorſichtigkeit der wiedri- gen haß befordert/ oder ihnen daß ſchwerdt in der hand gegeben. Welches wir alsdann auch ſo viel hertzlicher zuerkennen/ als offenbahrer etwa in andern dingen die unbilligkeit ſein moͤchte/ die wir erlitten haͤtten. Sonderlich aber wuͤnſche ich denen/ welche ſolche tragrediam etwa aus fleiſchlichen affecten moͤgen angefan- gen/ und nachmal andere an ſich gehaͤngt/ ſo dann die academien mit darein ge- zogen haben/ daß ſie der HERR zu deſſen wahrer erkaͤntnuͤß bringe/ auff daß es ihnen verziehen werde. Jch kenne niemand von allen/ und weiß keine weitere par- ticularia, als von demſelben ſelbs habe. Ob die acta herauszugeben ſolt rath- ſam ſeyn/ weis ich nicht/ kan auch ſolches nicht beurtheilen/ weil ich keine voͤllige wiſſenſchafft davon habe. Jedoch bitte ich freundlich die ſache in deꝛ furcht und an- ruffung GOttes fleißig und reifflich/ etwa auch mit einigen Chriſtlichen freunden/ zu uͤberlegen/ und nichts zu uͤbereylen/ wie denn in dieſer ſache weniger mit ſchwei- gen als mit ſchreiben gefehlet werden kan. Sonderlich wolte ich ja nicht rathen/ ehe und bevor GOtt eine ſtelle wiederum angewieſen hat/ eine ſolche apologiam zu publiciren/ welche beforglich nachmal einer beforderung mehr als das vorige ungluͤck entgegen ſtehen moͤchte. Wo aber GOtt gnade giebet/ und wiederum meinen wertheſten bruder an ſeinen dienſt ſetzet/ ſo wolte nicht entgegen ſeyn/ daß derſelbe durch ein oͤffentliches ſcriptum nicht ſo wol unter den nahmen einer de- fenſion als declaration ſeine ſache der Evangeliſchen kirche vortrage/ jedoch wel- ches zwar ohne das mich zu ihm verſehe/ ohne bitterkeit oder hefftigkeit/ welche art zuſchreiben uns Chriſten ſo wol anſtaͤndiget iſt/ als hingegen den widrigen ſchweh- rer faͤllet/ weil der leſer/ wo er auf einer ſeiten offenbahre fleiſchliche hefftigkeit/ auff der Ooo 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/495
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/495>, abgerufen am 03.12.2024.