Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. gerichtet werden solle/ das meiste mit beytragen und arbeiten. Dahero ich michimmerdar zwar allen menschen mit der gemeinen/ aber mit brüderlicher/ liebe den jenigen verbunden achte/ welche von oben her gebohren in einer kind- und gemein- schafft des erbs stehen/ und solches durch die hervor leuchtende zeugnüssen zu erken- nen geben/ widerum ein so viel mehrers maß den jenigen schuldig/ welche der himm- lische Vater mit mir in einerley heiliges amt gesetzet/ am aller sonderbahrsten aber bin ich widerum unter solchen den jenigen (ach daß ich da von einer grossen zahl rühmen möchte) von welcher treue und hertzlichen eiffer er mich beglaubte zeug- nüssen hören oder sehen lässet. Diese sollen mir billich lieber seyn/ als alle dem fleisch nach nechst angehörige/ und leugne nicht/ daß mirs die hertzlichste freude ist/ bald da bald dort her von mehrern solcher art bericht zu erlangen; Wie ich dann dieses/ eine der nicht geringsten mir erzeigten gnade GOttes achte/ daß dessen gütigste weißheit zu meiner schwachheit auffmunterung von unterschiedlichen jahren her durch viele zuschreiben vorhin mir unbekant gewesener gottseliger leute mich zum öfftern erfreuet/ und damit versichert hat/ daß unter dem sonsten so of- fenbahr in die augen leuchtenden verderben/ er dennoch mehr heiligen saamen ihm erhalten habe/ als man sonsten ohne die erfahrung hätte gedencken mögen. Ge- gen solche nun tragen wir billich alle/ so einerley gesinnet seynd/ die aller zarteste lie- be/ und achten sie vor diejenige/ denen wir vor anderen alles schuldig seyen. N n unter solchen habe auch meines theuren bruders nahmen und gedächtnüß von der zeit an/ als solche mir bekant worden/ schuldiger massen geliebet/ ob ich wohl derglei- chen zu bezeugen wenig gelegenheit gehabt/ jedennoch nicht vergessen habe/ seine werthe person und amt unserem liebsten himmlischen Vater in kindlicher einfalt mit vorzutragen/ als offt vor desselben heiligsten angesicht meiner treuen mitbrüder absonderlichen gedencke/ wie ich nun also meiner gegen denselben tragenden unge- färbten liebe mir solches zur gnüge bewust bin/ so bin ich auch biß daher hinwiderum dessen brüderlichen gegen mich gefaster gegenliebe aus versicherten zeugnüßen so hoher als anderer Christlicher personen versichert worden/ habe auch nicht weniger solches aus eingesehener prob- und antrits predigten selbst ersehen. Vor solche neigung unserer seelen gegen einander zu einer geheiligter freundschafft sage ich auch dem grundgütigen GOTT/ der alles guts und ihm gefällige in uns würcken muß/ demüthigen danck/ und ruffe ihn an/ daß er solche vereinigung zu einiger guter frucht und unser beyderseits auffmunterung (dero ich mich sonderlich meines orts sehr bedörfftig erkenne) segnen wolle. Jch hätte auch dieser meiner liebe zeugnüß in einigen zuschreiben längst selbst ablegen sollen/ wie aber etwa auch andere mehre- re hinderungen meine meiste vorhaben offt zimlich lang verschieben/ so habe ich bil- lich dieses nicht ausser consideration zu lassen gehabt/ des aus GOTTes ver- hängnüß/ der nach seinen heiligen und mir in vielen stücken nicht völlig erforschlichen rath/ wiedrig gesinneten gemüthern von etzlichen jahren her ein zimliches verhänget hat/
Das ſechſte Capitel. gerichtet werden ſolle/ das meiſte mit beytragen und arbeiten. Dahero ich michimmerdar zwar allen menſchen mit der gemeinen/ aber mit bruͤderlicher/ liebe den jenigen verbunden achte/ welche von oben her gebohren in einer kind- und gemein- ſchafft des erbs ſtehen/ und ſolches durch die hervor leuchtende zeugnuͤſſen zu erken- nen geben/ widerum ein ſo viel mehrers maß den jenigen ſchuldig/ welche der himm- liſche Vater mit mir in einerley heiliges amt geſetzet/ am aller ſonderbahrſten aber bin ich widerum unter ſolchen den jenigen (ach daß ich da von einer groſſen zahl ruͤhmen moͤchte) von welcher treue und hertzlichen eiffer er mich beglaubte zeug- nuͤſſen hoͤren oder ſehen laͤſſet. Dieſe ſollen mir billich lieber ſeyn/ als alle dem fleiſch nach nechſt angehoͤrige/ und leugne nicht/ daß mirs die hertzlichſte freude iſt/ bald da bald dort her von mehrern ſolcher art bericht zu erlangen; Wie ich dann dieſes/ eine der nicht geringſten mir erzeigten gnade GOttes achte/ daß deſſen guͤtigſte weißheit zu meiner ſchwachheit auffmunterung von unterſchiedlichen jahren her durch viele zuſchreiben vorhin mir unbekant geweſener gottſeliger leute mich zum oͤfftern erfreuet/ und damit verſichert hat/ daß unter dem ſonſten ſo of- fenbahr in die augen leuchtenden verderben/ er dennoch mehr heiligen ſaamen ihm erhalten habe/ als man ſonſten ohne die erfahrung haͤtte gedencken moͤgen. Ge- gen ſolche nun tragen wir billich alle/ ſo einerley geſinnet ſeynd/ die aller zarteſte lie- be/ und achten ſie vor diejenige/ denen wir vor anderen alles ſchuldig ſeyen. N n unter ſolchen habe auch meines theuren bruders nahmen und gedaͤchtnuͤß von der zeit an/ als ſolche mir bekant worden/ ſchuldiger maſſen geliebet/ ob ich wohl derglei- chen zu bezeugen wenig gelegenheit gehabt/ jedennoch nicht vergeſſen habe/ ſeine werthe perſon und amt unſerem liebſten himmliſchen Vater in kindlicher einfalt mit vorzutragen/ als offt vor deſſelben heiligſten angeſicht meiner treuen mitbruͤder abſonderlichen gedencke/ wie ich nun alſo meiner gegen denſelben tragenden unge- faͤrbten liebe mir ſolches zur gnuͤge bewuſt bin/ ſo bin ich auch biß daher hinwiderum deſſen bruͤderlichen gegen mich gefaſter gegenliebe aus verſicherten zeugnuͤßen ſo hoher als anderer Chriſtlicher perſonen verſichert worden/ habe auch nicht weniger ſolches aus eingeſehener prob- und antrits predigten ſelbſt erſehen. Vor ſolche neigung unſerer ſeelen gegen einander zu einer geheiligter freundſchafft ſage ich auch dem grundguͤtigen GOTT/ der alles guts und ihm gefaͤllige in uns wuͤrcken muß/ demuͤthigen danck/ und ruffe ihn an/ daß er ſolche vereinigung zu einiger guter frucht und unſer beyderſeits auffmunterung (dero ich mich ſonderlich meines orts ſehr bedoͤrfftig erkenne) ſegnen wolle. Jch haͤtte auch dieſer meiner liebe zeugnuͤß in einigen zuſchreiben laͤngſt ſelbſt ablegen ſollen/ wie aber etwa auch andere mehre- re hinderungen meine meiſte vorhaben offt zimlich lang verſchieben/ ſo habe ich bil- lich dieſes nicht auſſer conſideration zu laſſen gehabt/ des aus GOTTes ver- haͤngnuͤß/ der nach ſeinen heiligen und mir in vielen ſtuͤcken nicht voͤllig erforſchlichen rath/ wiedrig geſinneten gemuͤthern von etzlichen jahren her ein zimliches verhaͤnget hat/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0476" n="458"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das ſechſte Capitel.</hi></fw><lb/> gerichtet werden ſolle/ das meiſte mit beytragen und arbeiten. Dahero ich mich<lb/> immerdar zwar allen menſchen mit der gemeinen/ aber mit bruͤderlicher/ liebe den<lb/> jenigen verbunden achte/ welche von oben her gebohren in einer kind- und gemein-<lb/> ſchafft des erbs ſtehen/ und ſolches durch die hervor leuchtende zeugnuͤſſen zu erken-<lb/> nen geben/ widerum ein ſo viel mehrers maß den jenigen ſchuldig/ welche der himm-<lb/> liſche Vater mit mir in einerley heiliges amt geſetzet/ am aller ſonderbahrſten<lb/> aber bin ich widerum unter ſolchen den jenigen (ach daß ich da von einer groſſen<lb/> zahl ruͤhmen moͤchte) von welcher treue und hertzlichen eiffer er mich beglaubte zeug-<lb/> nuͤſſen hoͤren oder ſehen laͤſſet. Dieſe ſollen mir billich lieber ſeyn/ als alle dem<lb/> fleiſch nach nechſt angehoͤrige/ und leugne nicht/ daß mirs die hertzlichſte freude iſt/<lb/> bald da bald dort her von mehrern ſolcher art bericht zu erlangen; Wie ich dann<lb/> dieſes/ eine der nicht geringſten mir erzeigten gnade GOttes achte/ daß deſſen<lb/> guͤtigſte weißheit zu meiner ſchwachheit auffmunterung von unterſchiedlichen<lb/> jahren her durch viele zuſchreiben vorhin mir unbekant geweſener gottſeliger leute<lb/> mich zum oͤfftern erfreuet/ und damit verſichert hat/ daß unter dem ſonſten ſo of-<lb/> fenbahr in die augen leuchtenden verderben/ er dennoch mehr heiligen ſaamen ihm<lb/> erhalten habe/ als man ſonſten ohne die erfahrung haͤtte gedencken moͤgen. Ge-<lb/> gen ſolche nun tragen wir billich alle/ ſo einerley geſinnet ſeynd/ die aller zarteſte lie-<lb/> be/ und achten ſie vor diejenige/ denen wir vor anderen alles ſchuldig ſeyen. N n<lb/> unter ſolchen habe auch meines theuren bruders nahmen und gedaͤchtnuͤß von der<lb/> zeit an/ als ſolche mir bekant worden/ ſchuldiger maſſen geliebet/ ob ich wohl derglei-<lb/> chen zu bezeugen wenig gelegenheit gehabt/ jedennoch nicht vergeſſen habe/ ſeine<lb/> werthe perſon und amt unſerem liebſten himmliſchen Vater in kindlicher einfalt mit<lb/> vorzutragen/ als offt vor deſſelben heiligſten angeſicht meiner treuen mitbruͤder<lb/> abſonderlichen gedencke/ wie ich nun alſo meiner gegen denſelben tragenden unge-<lb/> faͤrbten liebe mir ſolches zur gnuͤge bewuſt bin/ ſo bin ich auch biß daher hinwiderum<lb/> deſſen bruͤderlichen gegen mich gefaſter gegenliebe aus verſicherten zeugnuͤßen ſo<lb/> hoher als anderer Chriſtlicher perſonen verſichert worden/ habe auch nicht weniger<lb/> ſolches aus eingeſehener prob- und antrits predigten ſelbſt erſehen. Vor ſolche<lb/> neigung unſerer ſeelen gegen einander zu einer geheiligter freundſchafft ſage ich auch<lb/> dem grundguͤtigen GOTT/ der alles guts und ihm gefaͤllige in uns wuͤrcken muß/<lb/> demuͤthigen danck/ und ruffe ihn an/ daß er ſolche vereinigung zu einiger guter<lb/> frucht und unſer beyderſeits auffmunterung (dero ich mich ſonderlich meines orts<lb/> ſehr bedoͤrfftig erkenne) ſegnen wolle. Jch haͤtte auch dieſer meiner liebe zeugnuͤß<lb/> in einigen zuſchreiben laͤngſt ſelbſt ablegen ſollen/ wie aber etwa auch andere mehre-<lb/> re hinderungen meine meiſte vorhaben offt zimlich lang verſchieben/ ſo habe ich bil-<lb/> lich dieſes nicht auſſer <hi rendition="#aq">conſideration</hi> zu laſſen gehabt/ des aus GOTTes ver-<lb/> haͤngnuͤß/ der nach ſeinen heiligen und mir in vielen ſtuͤcken nicht voͤllig erforſchlichen<lb/> rath/ wiedrig geſinneten gemuͤthern von etzlichen jahren her ein zimliches verhaͤnget<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hat/</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [458/0476]
Das ſechſte Capitel.
gerichtet werden ſolle/ das meiſte mit beytragen und arbeiten. Dahero ich mich
immerdar zwar allen menſchen mit der gemeinen/ aber mit bruͤderlicher/ liebe den
jenigen verbunden achte/ welche von oben her gebohren in einer kind- und gemein-
ſchafft des erbs ſtehen/ und ſolches durch die hervor leuchtende zeugnuͤſſen zu erken-
nen geben/ widerum ein ſo viel mehrers maß den jenigen ſchuldig/ welche der himm-
liſche Vater mit mir in einerley heiliges amt geſetzet/ am aller ſonderbahrſten
aber bin ich widerum unter ſolchen den jenigen (ach daß ich da von einer groſſen
zahl ruͤhmen moͤchte) von welcher treue und hertzlichen eiffer er mich beglaubte zeug-
nuͤſſen hoͤren oder ſehen laͤſſet. Dieſe ſollen mir billich lieber ſeyn/ als alle dem
fleiſch nach nechſt angehoͤrige/ und leugne nicht/ daß mirs die hertzlichſte freude iſt/
bald da bald dort her von mehrern ſolcher art bericht zu erlangen; Wie ich dann
dieſes/ eine der nicht geringſten mir erzeigten gnade GOttes achte/ daß deſſen
guͤtigſte weißheit zu meiner ſchwachheit auffmunterung von unterſchiedlichen
jahren her durch viele zuſchreiben vorhin mir unbekant geweſener gottſeliger leute
mich zum oͤfftern erfreuet/ und damit verſichert hat/ daß unter dem ſonſten ſo of-
fenbahr in die augen leuchtenden verderben/ er dennoch mehr heiligen ſaamen ihm
erhalten habe/ als man ſonſten ohne die erfahrung haͤtte gedencken moͤgen. Ge-
gen ſolche nun tragen wir billich alle/ ſo einerley geſinnet ſeynd/ die aller zarteſte lie-
be/ und achten ſie vor diejenige/ denen wir vor anderen alles ſchuldig ſeyen. N n
unter ſolchen habe auch meines theuren bruders nahmen und gedaͤchtnuͤß von der
zeit an/ als ſolche mir bekant worden/ ſchuldiger maſſen geliebet/ ob ich wohl derglei-
chen zu bezeugen wenig gelegenheit gehabt/ jedennoch nicht vergeſſen habe/ ſeine
werthe perſon und amt unſerem liebſten himmliſchen Vater in kindlicher einfalt mit
vorzutragen/ als offt vor deſſelben heiligſten angeſicht meiner treuen mitbruͤder
abſonderlichen gedencke/ wie ich nun alſo meiner gegen denſelben tragenden unge-
faͤrbten liebe mir ſolches zur gnuͤge bewuſt bin/ ſo bin ich auch biß daher hinwiderum
deſſen bruͤderlichen gegen mich gefaſter gegenliebe aus verſicherten zeugnuͤßen ſo
hoher als anderer Chriſtlicher perſonen verſichert worden/ habe auch nicht weniger
ſolches aus eingeſehener prob- und antrits predigten ſelbſt erſehen. Vor ſolche
neigung unſerer ſeelen gegen einander zu einer geheiligter freundſchafft ſage ich auch
dem grundguͤtigen GOTT/ der alles guts und ihm gefaͤllige in uns wuͤrcken muß/
demuͤthigen danck/ und ruffe ihn an/ daß er ſolche vereinigung zu einiger guter
frucht und unſer beyderſeits auffmunterung (dero ich mich ſonderlich meines orts
ſehr bedoͤrfftig erkenne) ſegnen wolle. Jch haͤtte auch dieſer meiner liebe zeugnuͤß
in einigen zuſchreiben laͤngſt ſelbſt ablegen ſollen/ wie aber etwa auch andere mehre-
re hinderungen meine meiſte vorhaben offt zimlich lang verſchieben/ ſo habe ich bil-
lich dieſes nicht auſſer conſideration zu laſſen gehabt/ des aus GOTTes ver-
haͤngnuͤß/ der nach ſeinen heiligen und mir in vielen ſtuͤcken nicht voͤllig erforſchlichen
rath/ wiedrig geſinneten gemuͤthern von etzlichen jahren her ein zimliches verhaͤnget
hat/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |