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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
gen seynd/ von denjenigen in dem unserigen herkommen/ welche da sie es nicht
verstehen/ oder sonsten das gute hassen/ eben dergleichen eckel und widerwil-
len dagegen/ ihren herrn und denjenigen/ deren gewalt sie sich nachmahl miß-
brauchen können/ suchen beyzubringen. Sie auch offtmahl würcklich dazu be-
wegen. Diese werden auch denjenigen/ so ein gantz ander leben/ sonderlich
bey den geistlichen/ erfordern/ eben deswegen so viel feinder/ weilen sie zu ei-
nem solchen sich nicht resolviren/ und doch dabey den nahmen der rechtschaffenen
geistlichen nicht fahren lassen wollen. Jch erinnere mich dabey/ was mir neu-
lich ein vornehmer Professor Theologiae schriebe/ daß meine antwort gegen
meinen widersacher/ und was ich von einem Theologo erforderte/ eben des-
wegen vielen sehr unleidentlich scheinen würde/ weil sie dabey den nahmen der
Theologorum schwerlich behaupten könten: dabey er sich erinnerte in denen
relationibus Boccalini ex Parnasso gelesen zu haben/ daß die Fürsten dieser
zeit sich einmahl bey dem Apolline beklagt über des Aristotelis definitionem
tyranni, quia stante illa omnes tyranni futuri essent.
Jch bin aber ge-
wiß/ der HERR wirds nicht allezeit so bleiben lassen/ sondern die zeit solle
kommen/ da der HErr wird sitzen und schmeltzen/ und das silber reinigen/ und
die kinder Levi reinigen und läutern wie gold und silber/ als dorten der Pro-
phet Malach. 3. sagt/ dann werden wir ihm speis-opffer bringen in gerech-
tigkeit. Das Gedenckbüchlein ist wohl aufs höchste zur ungebühr angeg[ri]f-
fen worden/ und hat sich der censor sehr bloß gegeben/ daß er die sache schlecht
verstehe. Jch zweiffele nicht/ es werde hinwieder von Wertheim aus com-
munic
irt worden seyn/ was ein guter freund zu rettung desselben aufgesetzt.
Es hats gleichwohl ein rechtschaffener Doctor und Professor in Abo in die
Schwedische Sprache übersetzet/ und selbst drucken lassen/ ohne daß es auch
zu Jena in gegenwart der theologischen Facultät (allein mit etzlicher weni-
gen/ und hie nicht angezapffter worte änderung) Französisch gedruckt wor-
den: und hat sich niemand an solchen unschuldigen büchlein gestossen/ wie diese
delicate leute. Meinen Dilfelden anlangend/ habe gehofft/ er solte ursach
haben zu schweigen/ und der wahrheit zu weichen: Jch werde aber berichtet/
daß er diese meß wieder eine antwort heraus geben werde/ dero ich erwarten
muß. Er hat sich an Herr D. Musaeum zu Jena zu adressiren gemeynet/ und
wie ich höre/ ihm seine antwort zugefertiget/ solcher solle sie ihm aber wieder
mit bezeugung des mißfalls und weitläufftiger ableinung zurück gesandt haben.
Jch bin versichert vor die wahrheit zu stehen/ welche aufs wenigste zu letzt über-
winden muß. Doch ist mirs leid/ daß ich der stein des anstossens seyn solle/
daran sich unterschiedliche stossen. Was die mir imputirte neue und ungewöhn-
liche phrases anlanget/ so bin ich ie allerdings unschuldig. Die vornehmste/
ich bin Christus/ ist ja nicht mein/ sondern Lutheri, und von mir hauptsächl.

allein

Das ſechſte Capitel.
gen ſeynd/ von denjenigen in dem unſerigen herkommen/ welche da ſie es nicht
verſtehen/ oder ſonſten das gute haſſen/ eben dergleichen eckel und widerwil-
len dagegen/ ihren herrn und denjenigen/ deren gewalt ſie ſich nachmahl miß-
brauchen koͤnnen/ ſuchen beyzubringen. Sie auch offtmahl wuͤrcklich dazu be-
wegen. Dieſe werden auch denjenigen/ ſo ein gantz ander leben/ ſonderlich
bey den geiſtlichen/ erfordern/ eben deswegen ſo viel feinder/ weilen ſie zu ei-
nem ſolchen ſich nicht reſolviren/ und doch dabey den nahmen der rechtſchaffenen
geiſtlichen nicht fahren laſſen wollen. Jch erinnere mich dabey/ was mir neu-
lich ein vornehmer Profeſſor Theologiæ ſchriebe/ daß meine antwort gegen
meinen widerſacher/ und was ich von einem Theologo erforderte/ eben des-
wegen vielen ſehr unleidentlich ſcheinen wuͤrde/ weil ſie dabey den nahmen der
Theologorum ſchwerlich behaupten koͤnten: dabey er ſich erinnerte in denen
relationibus Boccalini ex Parnaſſo geleſen zu haben/ daß die Fuͤrſten dieſer
zeit ſich einmahl bey dem Apolline beklagt uͤber des Ariſtotelis definitionem
tyranni, quia ſtante illa omnes tyranni futuri eſſent.
Jch bin aber ge-
wiß/ der HERR wirds nicht allezeit ſo bleiben laſſen/ ſondern die zeit ſolle
kommen/ da der HErr wird ſitzen und ſchmeltzen/ und das ſilber reinigen/ und
die kinder Levi reinigen und laͤutern wie gold und ſilber/ als dorten der Pro-
phet Malach. 3. ſagt/ dann werden wir ihm ſpeis-opffer bringen in gerech-
tigkeit. Das Gedenckbuͤchlein iſt wohl aufs hoͤchſte zur ungebuͤhr angeg[ri]f-
fen worden/ und hat ſich der cenſor ſehr bloß gegeben/ daß er die ſache ſchlecht
verſtehe. Jch zweiffele nicht/ es werde hinwieder von Wertheim aus com-
munic
irt worden ſeyn/ was ein guter freund zu rettung deſſelben aufgeſetzt.
Es hats gleichwohl ein rechtſchaffener Doctor und Profeſſor in Abo in die
Schwediſche Sprache uͤberſetzet/ und ſelbſt drucken laſſen/ ohne daß es auch
zu Jena in gegenwart der theologiſchen Facultaͤt (allein mit etzlicher weni-
gen/ und hie nicht angezapffter worte aͤnderung) Franzoͤſiſch gedruckt wor-
den: und hat ſich niemand an ſolchen unſchuldigen buͤchlein geſtoſſen/ wie dieſe
delicate leute. Meinen Dilfelden anlangend/ habe gehofft/ er ſolte urſach
haben zu ſchweigen/ und der wahrheit zu weichen: Jch werde aber berichtet/
daß er dieſe meß wieder eine antwort heraus geben werde/ dero ich erwarten
muß. Er hat ſich an Herr D. Muſæum zu Jena zu adreſſiren gemeynet/ und
wie ich hoͤre/ ihm ſeine antwort zugefertiget/ ſolcher ſolle ſie ihm aber wieder
mit bezeugung des mißfalls und weitlaͤufftiger ableinung zuruͤck geſandt haben.
Jch bin verſichert vor die wahrheit zu ſtehen/ welche aufs wenigſte zu letzt uͤber-
winden muß. Doch iſt mirs leid/ daß ich der ſtein des anſtoſſens ſeyn ſolle/
daran ſich unterſchiedliche ſtoſſen. Was die mir imputirte neue und ungewoͤhn-
liche phraſes anlanget/ ſo bin ich ie allerdings unſchuldig. Die vornehmſte/
ich bin Chriſtus/ iſt ja nicht mein/ ſondern Lutheri, und von mir hauptſaͤchl.

allein
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[430/0448] Das ſechſte Capitel. gen ſeynd/ von denjenigen in dem unſerigen herkommen/ welche da ſie es nicht verſtehen/ oder ſonſten das gute haſſen/ eben dergleichen eckel und widerwil- len dagegen/ ihren herrn und denjenigen/ deren gewalt ſie ſich nachmahl miß- brauchen koͤnnen/ ſuchen beyzubringen. Sie auch offtmahl wuͤrcklich dazu be- wegen. Dieſe werden auch denjenigen/ ſo ein gantz ander leben/ ſonderlich bey den geiſtlichen/ erfordern/ eben deswegen ſo viel feinder/ weilen ſie zu ei- nem ſolchen ſich nicht reſolviren/ und doch dabey den nahmen der rechtſchaffenen geiſtlichen nicht fahren laſſen wollen. Jch erinnere mich dabey/ was mir neu- lich ein vornehmer Profeſſor Theologiæ ſchriebe/ daß meine antwort gegen meinen widerſacher/ und was ich von einem Theologo erforderte/ eben des- wegen vielen ſehr unleidentlich ſcheinen wuͤrde/ weil ſie dabey den nahmen der Theologorum ſchwerlich behaupten koͤnten: dabey er ſich erinnerte in denen relationibus Boccalini ex Parnaſſo geleſen zu haben/ daß die Fuͤrſten dieſer zeit ſich einmahl bey dem Apolline beklagt uͤber des Ariſtotelis definitionem tyranni, quia ſtante illa omnes tyranni futuri eſſent. Jch bin aber ge- wiß/ der HERR wirds nicht allezeit ſo bleiben laſſen/ ſondern die zeit ſolle kommen/ da der HErr wird ſitzen und ſchmeltzen/ und das ſilber reinigen/ und die kinder Levi reinigen und laͤutern wie gold und ſilber/ als dorten der Pro- phet Malach. 3. ſagt/ dann werden wir ihm ſpeis-opffer bringen in gerech- tigkeit. Das Gedenckbuͤchlein iſt wohl aufs hoͤchſte zur ungebuͤhr angegrif- fen worden/ und hat ſich der cenſor ſehr bloß gegeben/ daß er die ſache ſchlecht verſtehe. Jch zweiffele nicht/ es werde hinwieder von Wertheim aus com- municirt worden ſeyn/ was ein guter freund zu rettung deſſelben aufgeſetzt. Es hats gleichwohl ein rechtſchaffener Doctor und Profeſſor in Abo in die Schwediſche Sprache uͤberſetzet/ und ſelbſt drucken laſſen/ ohne daß es auch zu Jena in gegenwart der theologiſchen Facultaͤt (allein mit etzlicher weni- gen/ und hie nicht angezapffter worte aͤnderung) Franzoͤſiſch gedruckt wor- den: und hat ſich niemand an ſolchen unſchuldigen buͤchlein geſtoſſen/ wie dieſe delicate leute. Meinen Dilfelden anlangend/ habe gehofft/ er ſolte urſach haben zu ſchweigen/ und der wahrheit zu weichen: Jch werde aber berichtet/ daß er dieſe meß wieder eine antwort heraus geben werde/ dero ich erwarten muß. Er hat ſich an Herr D. Muſæum zu Jena zu adreſſiren gemeynet/ und wie ich hoͤre/ ihm ſeine antwort zugefertiget/ ſolcher ſolle ſie ihm aber wieder mit bezeugung des mißfalls und weitlaͤufftiger ableinung zuruͤck geſandt haben. Jch bin verſichert vor die wahrheit zu ſtehen/ welche aufs wenigſte zu letzt uͤber- winden muß. Doch iſt mirs leid/ daß ich der ſtein des anſtoſſens ſeyn ſolle/ daran ſich unterſchiedliche ſtoſſen. Was die mir imputirte neue und ungewoͤhn- liche phraſes anlanget/ ſo bin ich ie allerdings unſchuldig. Die vornehmſte/ ich bin Chriſtus/ iſt ja nicht mein/ ſondern Lutheri, und von mir hauptſaͤchl. allein

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/448>, abgerufen am 22.11.2024.