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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCT. III. SECT. XXII.
niciren; wo eines einigen verständigen mannes reise nicht nur viele gemüther mit
ihnen/ sondern auch deroselben mehrere unter einander verbinden/ das band der
einigkeit des Geistes und des friedes mehr befestigen/ und vieles dessen ausrichten
könte/ was sich sonsten schwerlich ausrichten lässet. Es möchte ein solch er einiger
mann gleichsam auch die mittel-person seyn/ dadurch/ was von gutem rath und
vorschlägen hin und wieder bey einigen sich findet/ mehrern gemein gemacht wer-
den möchte/ das sonsten nicht anders alß öffentlich mit schrifften (wo zu auch nicht
eben ieglicher sich gern resolviret.) ja auch nicht allezeit so wohl durch solches mit-
tel/ geschehe. Ja es solte ein theil dessen/ waß man sonsten durch synodos und
concilia, so wir schwerlich zuhoffen haben/ gesucht wird/ durch solche weise erhal-
ten werden. So ein nützliches werck ich aber solches achte/ so viel difficultät sehe
auch wiederum dabey/ und dörffte es nicht an seltzamen verdachten und hinter-
nissen mangeln/ wo iemand solches versuchen wolte. Mit meinem geliebten bru-
der einmahl gegenwärtig um zugehen/ solte mir eben so wohl eine hertzliche freude
seyn/ und ob ich wohl annoch keine gelegenheit dazu sehe/ wolte ich doch nicht alle
hoffnung dessen gantz unmöglich halten: weil es ja endlich so gar schwehr nicht ist/
daß 2. personen durch allerhand gelegenheit von Gott mögen zusammen geführet/
und ihnen zu einer unterredung anlaß gegeben werden. So ich auch/ so es zu deß
Herren ehren meiner hoffnung nach solte dienlich sein/ von seiner göttlichen güte
gefügt zu werden wünschte: und zwar so vielmehr/ weil auch auß diesem schrei-
ben mit großem vergnügen erkant habe das reiche in seiner se[e]l gelegte maaß der
gnaden in der erkäntnüs des grund-articuls von unserem heil/ das auch von ihm
in demselben weiter gestärckt zu werden verlange/ wie ich sehe/ daß ihm in solcher
materie viel lieber leute schrifften bekant sind/ von denen ich allerdings nichts weiß/
oder annoch gehöret habe: Ob wohl die lehre selbst deß geschenckten heyls
durch gottes gnade/ dero demüthig dancksage/ etwas frühe eingesehen. Was
also unsern lieben Praetorium anlangt/ bleibe nochmahl dabey/ daß ich ihn vor ei-
nen werthen man/ durch den Gott viel gutes gewürckt/ und gegen demselben die
an einem schönen leib befindliche wartzen oder flecken so viel nicht achte/ daß um
ihrent willen ihn verwerffen/ oder seine arbeit den leuten aus den händen reissen
lassen wolte. Daß das dogma selbst de exhibita in Christo salute noch nie-
mahl eigentlich wiedersprochen worden/ laße ich auch ein stück der göttlichen pro-
videnz
und zeugnüs seyn der klarheit solcher lehr/ die wir nicht ohne umstossung
unserer gantzen analogia fidei, wo die sach recht erwogen wird/ verlassen können.
Jedoch habe ich einem berühmten/ und mir sonsten werthen Theologo mit be-
trübnüs diese thesin gelesen. Qui baptizantur, remissionem quidem peccato-
rum actu, vitam aeternam quoad spem & jus ad eandem conseqvuntur per
baptismum. Cont. Steph. Praetorium, per baptismum nos ita salvari, ut hic
in statu salutis & vitae aeternae constituti simus, asserentem.
Gleich wie aber
solches autoris eigene thesis, solle sie nicht der schrifft und andern unsern gottseli-

gen

ARTIC. I. DISTINCT. III. SECT. XXII.
niciren; wo eines einigen verſtaͤndigen mannes reiſe nicht nur viele gemuͤther mit
ihnen/ ſondern auch deroſelben mehrere unter einander verbinden/ das band der
einigkeit des Geiſtes und des friedes mehr befeſtigen/ und vieles deſſen ausrichten
koͤnte/ was ſich ſonſten ſchwerlich ausrichten laͤſſet. Es moͤchte ein ſolch er einiger
mann gleichſam auch die mittel-perſon ſeyn/ dadurch/ was von gutem rath und
vorſchlaͤgen hin und wieder bey einigen ſich findet/ mehrern gemein gemacht wer-
den moͤchte/ das ſonſten nicht anders alß oͤffentlich mit ſchrifften (wo zu auch nicht
eben ieglicher ſich gern reſolviret.) ja auch nicht allezeit ſo wohl durch ſolches mit-
tel/ geſchehe. Ja es ſolte ein theil deſſen/ waß man ſonſten durch ſynodos und
concilia, ſo wir ſchwerlich zuhoffen haben/ geſucht wird/ durch ſolche weiſe erhal-
ten werden. So ein nuͤtzliches werck ich aber ſolches achte/ ſo viel difficultaͤt ſehe
auch wiederum dabey/ und doͤrffte es nicht an ſeltzamen verdachten und hinter-
niſſen mangeln/ wo iemand ſolches verſuchen wolte. Mit meinem geliebten bru-
der einmahl gegenwaͤrtig um zugehen/ ſolte mir eben ſo wohl eine hertzliche freude
ſeyn/ und ob ich wohl annoch keine gelegenheit dazu ſehe/ wolte ich doch nicht alle
hoffnung deſſen gantz unmoͤglich halten: weil es ja endlich ſo gar ſchwehr nicht iſt/
daß 2. perſonen durch allerhand gelegenheit von Gott moͤgen zuſammen gefuͤhret/
und ihnen zu einer unterredung anlaß gegeben werden. So ich auch/ ſo es zu deß
Herren ehren meiner hoffnung nach ſolte dienlich ſein/ von ſeiner goͤttlichen guͤte
gefuͤgt zu werden wuͤnſchte: und zwar ſo vielmehr/ weil auch auß dieſem ſchrei-
ben mit großem vergnuͤgen erkant habe das reiche in ſeiner ſe[e]l gelegte maaß der
gnaden in der erkaͤntnuͤs des grund-articuls von unſerem heil/ das auch von ihm
in demſelben weiter geſtaͤrckt zu werden verlange/ wie ich ſehe/ daß ihm in ſolcher
materie viel lieber leute ſchrifften bekant ſind/ von denẽ ich allerdings nichts weiß/
oder annoch gehoͤret habe: Ob wohl die lehre ſelbſt deß geſchenckten heyls
durch gottes gnade/ dero demuͤthig danckſage/ etwas fruͤhe eingeſehen. Was
alſo unſern lieben Prætorium anlangt/ bleibe nochmahl dabey/ daß ich ihn vor ei-
nen werthen man/ durch den Gott viel gutes gewuͤrckt/ und gegen demſelben die
an einem ſchoͤnen leib befindliche wartzen oder flecken ſo viel nicht achte/ daß um
ihrent willen ihn verwerffen/ oder ſeine arbeit den leuten aus den haͤnden reiſſen
laſſen wolte. Daß das dogma ſelbſt de exhibita in Chriſto ſalute noch nie-
mahl eigentlich wiederſprochen worden/ laße ich auch ein ſtuͤck der goͤttlichen pro-
videnz
und zeugnuͤs ſeyn der klarheit ſolcher lehr/ die wir nicht ohne umſtoſſung
unſerer gantzen analogia fidei, wo die ſach recht erwogen wird/ verlaſſen koͤnnen.
Jedoch habe ich einem beruͤhmten/ und mir ſonſten werthen Theologo mit be-
truͤbnuͤs dieſe theſin geleſen. Qui baptizantur, remiſſionem quidem peccato-
rum actu, vitam æternam quoad ſpem & jus ad eandem conſeqvuntur per
baptiſmum. Cont. Steph. Prætorium, per baptiſmum nos ita ſalvari, ut hic
in ſtatu ſalutis & vitæ æternæ conſtituti ſimus, aſſerentem.
Gleich wie aber
ſolches autoris eigene theſis, ſolle ſie nicht der ſchrifft und andern unſern gottſeli-

gen
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[425[423]/0441] ARTIC. I. DISTINCT. III. SECT. XXII. niciren; wo eines einigen verſtaͤndigen mannes reiſe nicht nur viele gemuͤther mit ihnen/ ſondern auch deroſelben mehrere unter einander verbinden/ das band der einigkeit des Geiſtes und des friedes mehr befeſtigen/ und vieles deſſen ausrichten koͤnte/ was ſich ſonſten ſchwerlich ausrichten laͤſſet. Es moͤchte ein ſolch er einiger mann gleichſam auch die mittel-perſon ſeyn/ dadurch/ was von gutem rath und vorſchlaͤgen hin und wieder bey einigen ſich findet/ mehrern gemein gemacht wer- den moͤchte/ das ſonſten nicht anders alß oͤffentlich mit ſchrifften (wo zu auch nicht eben ieglicher ſich gern reſolviret.) ja auch nicht allezeit ſo wohl durch ſolches mit- tel/ geſchehe. Ja es ſolte ein theil deſſen/ waß man ſonſten durch ſynodos und concilia, ſo wir ſchwerlich zuhoffen haben/ geſucht wird/ durch ſolche weiſe erhal- ten werden. So ein nuͤtzliches werck ich aber ſolches achte/ ſo viel difficultaͤt ſehe auch wiederum dabey/ und doͤrffte es nicht an ſeltzamen verdachten und hinter- niſſen mangeln/ wo iemand ſolches verſuchen wolte. Mit meinem geliebten bru- der einmahl gegenwaͤrtig um zugehen/ ſolte mir eben ſo wohl eine hertzliche freude ſeyn/ und ob ich wohl annoch keine gelegenheit dazu ſehe/ wolte ich doch nicht alle hoffnung deſſen gantz unmoͤglich halten: weil es ja endlich ſo gar ſchwehr nicht iſt/ daß 2. perſonen durch allerhand gelegenheit von Gott moͤgen zuſammen gefuͤhret/ und ihnen zu einer unterredung anlaß gegeben werden. So ich auch/ ſo es zu deß Herren ehren meiner hoffnung nach ſolte dienlich ſein/ von ſeiner goͤttlichen guͤte gefuͤgt zu werden wuͤnſchte: und zwar ſo vielmehr/ weil auch auß dieſem ſchrei- ben mit großem vergnuͤgen erkant habe das reiche in ſeiner ſeel gelegte maaß der gnaden in der erkaͤntnuͤs des grund-articuls von unſerem heil/ das auch von ihm in demſelben weiter geſtaͤrckt zu werden verlange/ wie ich ſehe/ daß ihm in ſolcher materie viel lieber leute ſchrifften bekant ſind/ von denẽ ich allerdings nichts weiß/ oder annoch gehoͤret habe: Ob wohl die lehre ſelbſt deß geſchenckten heyls durch gottes gnade/ dero demuͤthig danckſage/ etwas fruͤhe eingeſehen. Was alſo unſern lieben Prætorium anlangt/ bleibe nochmahl dabey/ daß ich ihn vor ei- nen werthen man/ durch den Gott viel gutes gewuͤrckt/ und gegen demſelben die an einem ſchoͤnen leib befindliche wartzen oder flecken ſo viel nicht achte/ daß um ihrent willen ihn verwerffen/ oder ſeine arbeit den leuten aus den haͤnden reiſſen laſſen wolte. Daß das dogma ſelbſt de exhibita in Chriſto ſalute noch nie- mahl eigentlich wiederſprochen worden/ laße ich auch ein ſtuͤck der goͤttlichen pro- videnz und zeugnuͤs ſeyn der klarheit ſolcher lehr/ die wir nicht ohne umſtoſſung unſerer gantzen analogia fidei, wo die ſach recht erwogen wird/ verlaſſen koͤnnen. Jedoch habe ich einem beruͤhmten/ und mir ſonſten werthen Theologo mit be- truͤbnuͤs dieſe theſin geleſen. Qui baptizantur, remiſſionem quidem peccato- rum actu, vitam æternam quoad ſpem & jus ad eandem conſeqvuntur per baptiſmum. Cont. Steph. Prætorium, per baptiſmum nos ita ſalvari, ut hic in ſtatu ſalutis & vitæ æternæ conſtituti ſimus, aſſerentem. Gleich wie aber ſolches autoris eigene theſis, ſolle ſie nicht der ſchrifft und andern unſern gottſeli- gen

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 425[423]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/441>, abgerufen am 22.11.2024.