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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO X.
der schrifft/ die theils von den bereits geschenckten gütern des heyls und schätzen
des reichs der gnaden/ theils von den verheissungen der künfftigen herrligkeit
handeln/ unser vertrauen zu GOtt/ glauben und hoffnung rechtschaffen grün-
den/ und wiederum aus den regeln unsers lebens/ die wir auch deutlich auf-
gezeichnet finden/ mit bey gesetzten Exempel unsers lieben heylands/ der sol-
che regeln an sich selbst gewiesen hat/ uns unsere pflicht täglich vor augen zu-
stellen/ daß wir dererselben immer gedencken und immer neuen antrieb darzu
bey uns selbst fassen möchten. Diese übung bringet uns in eine Christliche
einfalt/ daß wir nichts wissen/ alß Christum den gekreutzigten/ und densel-
ben so wohl alß den jenigen grund unsers glaubens mit seinem verdienst alß
unsern vorgänger mit seinem H. Exempel. Da sind wir verwahret vor al-
lem vorwitz dinge zuforschen/ die uns zu hoch sind/ und damit uns selbst in
versuchung zustürtzen/ so dann vor allen unfruchtbaren wissen/ das nur auf-
blähet/ weil wir alle unsere wissenschafft auf glaube/ liebe und hofnung rich-
ten/ und in demuth wandeln. Neben diesen heiligen übungen des lesens und
betrachtens auch hörens (so viel man nemlich dasselbe haben kan) des Gött-
lichen worts/ welches krafft man alß dann recht in das hertze fasset/ so bringen
wir billig unsere übrige zeit zu mit verrichtung derjenigen geschäfften und arbeit/
dazu uns der HERR gesetzet hat/ dieselbe in meinem h. gehorsam um des
Herrn willen/ so uns dazu verordnet/ und in liebe des nechsten zuverrichten.
Wie ich dann nicht zweiffele/ daß demselben auch an solchem nicht man-
glen würde in regierung und verwaltung der haußhaltung/ und der geliebten
Fr. Mutter in solcher sorge leistenden söhnliche beystand. Solche arbeit in
einfalt deß hertzens um des HErrn und seiner ordnung willen/ mit hertzli-
chem innerlichen gebet und offtern seuffzen in sanfftmuth/ liebe/ gedult/ demuth/
freudigkeit verrichtet/ nach den kräfften die der HErr uns giebet/ ist der vor-
treflichste GOttes dienst/ und in denen sonsten scheinenden weltlichen wercken
gleichwohl ein rechtes heiliges opffer/ und wo also unsere meiste sorge ist/ nicht
viel verborgene und künfftige dinge (ohne so fern zu unserer verhaltung um uns
in die zeit zuschicken nötig ist/ dessen wir uns billig zubefleißigen haben) zuwissen
und zulernen/ sondern immer mehr und mehr aus der züchtigenden gnade Gottes/
die uns und allen menschen erschienen ist/ uns zu befleissen/ zu verleugnen das
ungöttliche wesen und die weltliche lüsten/ und züchtig gerecht und gottse-
lig zuleben in der welt/ so warten wir recht auf die selige hoffnung und er-
scheinung der herrligkeit des grossen GOttes und unsers heylandes JESU
CHRJSTJ und werden in dem stande guter werck erfunden werden. Wie
ich nun in guten vertrauen stehe/ daß derselbe sich eben solches bißher werde
haben sein vornemste angelegenheit sein lassen/ also wolle er auf solchem we-

ge
Ccc 3

ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO X.
der ſchrifft/ die theils von den bereits geſchenckten guͤtern des heyls und ſchaͤtzen
des reichs der gnaden/ theils von den verheiſſungen der kuͤnfftigen herrligkeit
handeln/ unſer vertrauen zu GOtt/ glauben und hoffnung rechtſchaffen gruͤn-
den/ und wiederum aus den regeln unſers lebens/ die wir auch deutlich auf-
gezeichnet finden/ mit bey geſetzten Exempel unſers lieben heylands/ der ſol-
che regeln an ſich ſelbſt gewieſen hat/ uns unſere pflicht taͤglich vor augen zu-
ſtellen/ daß wir dererſelben immer gedencken und immer neuen antrieb darzu
bey uns ſelbſt faſſen moͤchten. Dieſe uͤbung bringet uns in eine Chriſtliche
einfalt/ daß wir nichts wiſſen/ alß Chriſtum den gekreutzigten/ und denſel-
ben ſo wohl alß den jenigen grund unſers glaubens mit ſeinem verdienſt alß
unſern vorgaͤnger mit ſeinem H. Exempel. Da ſind wir verwahret vor al-
lem vorwitz dinge zuforſchen/ die uns zu hoch ſind/ und damit uns ſelbſt in
verſuchung zuſtuͤrtzen/ ſo dann vor allen unfruchtbaren wiſſen/ das nur auf-
blaͤhet/ weil wir alle unſere wiſſenſchafft auf glaube/ liebe und hofnung rich-
ten/ und in demuth wandeln. Neben dieſen heiligen uͤbungen des leſens und
betrachtens auch hoͤrens (ſo viel man nemlich daſſelbe haben kan) des Goͤtt-
lichen worts/ welches krafft man alß dann recht in das hertze faſſet/ ſo bringen
wir billig unſere uͤbrige zeit zu mit verrichtung derjenigen geſchaͤfften und arbeit/
dazu uns der HERR geſetzet hat/ dieſelbe in meinem h. gehorſam um des
Herrn willen/ ſo uns dazu verordnet/ und in liebe des nechſten zuverrichten.
Wie ich dann nicht zweiffele/ daß demſelben auch an ſolchem nicht man-
glen wuͤrde in regierung und verwaltung der haußhaltung/ und der geliebten
Fr. Mutter in ſolcher ſorge leiſtenden ſoͤhnliche beyſtand. Solche arbeit in
einfalt deß hertzens um des HErrn und ſeiner ordnung willen/ mit hertzli-
chem innerlichen gebet und offtern ſeuffzen in ſanfftmuth/ liebe/ gedult/ demuth/
freudigkeit verrichtet/ nach den kraͤfften die der HErr uns giebet/ iſt der vor-
treflichſte GOttes dienſt/ und in denen ſonſten ſcheinenden weltlichen wercken
gleichwohl ein rechtes heiliges opffer/ und wo alſo unſere meiſte ſorge iſt/ nicht
viel verborgene und kuͤnfftige dinge (ohne ſo fern zu unſerer verhaltung um uns
in die zeit zuſchicken noͤtig iſt/ deſſen wir uns billig zubefleißigen haben) zuwiſſen
und zulernen/ ſondern immer mehr und mehr aus der zuͤchtigenden gnade Gottes/
die uns und allen menſchen erſchienen iſt/ uns zu befleiſſen/ zu verleugnen das
ungoͤttliche weſen und die weltliche luͤſten/ und zuͤchtig gerecht und gottſe-
lig zuleben in der welt/ ſo warten wir recht auf die ſelige hoffnung und er-
ſcheinung der herrligkeit des groſſen GOttes und unſers heylandes JESU
CHRJSTJ und werden in dem ſtande guter werck erfunden werden. Wie
ich nun in guten vertrauen ſtehe/ daß derſelbe ſich eben ſolches bißher werde
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ge
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[389/0407] ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO X. der ſchrifft/ die theils von den bereits geſchenckten guͤtern des heyls und ſchaͤtzen des reichs der gnaden/ theils von den verheiſſungen der kuͤnfftigen herrligkeit handeln/ unſer vertrauen zu GOtt/ glauben und hoffnung rechtſchaffen gruͤn- den/ und wiederum aus den regeln unſers lebens/ die wir auch deutlich auf- gezeichnet finden/ mit bey geſetzten Exempel unſers lieben heylands/ der ſol- che regeln an ſich ſelbſt gewieſen hat/ uns unſere pflicht taͤglich vor augen zu- ſtellen/ daß wir dererſelben immer gedencken und immer neuen antrieb darzu bey uns ſelbſt faſſen moͤchten. Dieſe uͤbung bringet uns in eine Chriſtliche einfalt/ daß wir nichts wiſſen/ alß Chriſtum den gekreutzigten/ und denſel- ben ſo wohl alß den jenigen grund unſers glaubens mit ſeinem verdienſt alß unſern vorgaͤnger mit ſeinem H. Exempel. Da ſind wir verwahret vor al- lem vorwitz dinge zuforſchen/ die uns zu hoch ſind/ und damit uns ſelbſt in verſuchung zuſtuͤrtzen/ ſo dann vor allen unfruchtbaren wiſſen/ das nur auf- blaͤhet/ weil wir alle unſere wiſſenſchafft auf glaube/ liebe und hofnung rich- ten/ und in demuth wandeln. Neben dieſen heiligen uͤbungen des leſens und betrachtens auch hoͤrens (ſo viel man nemlich daſſelbe haben kan) des Goͤtt- lichen worts/ welches krafft man alß dann recht in das hertze faſſet/ ſo bringen wir billig unſere uͤbrige zeit zu mit verrichtung derjenigen geſchaͤfften und arbeit/ dazu uns der HERR geſetzet hat/ dieſelbe in meinem h. gehorſam um des Herrn willen/ ſo uns dazu verordnet/ und in liebe des nechſten zuverrichten. Wie ich dann nicht zweiffele/ daß demſelben auch an ſolchem nicht man- glen wuͤrde in regierung und verwaltung der haußhaltung/ und der geliebten Fr. Mutter in ſolcher ſorge leiſtenden ſoͤhnliche beyſtand. Solche arbeit in einfalt deß hertzens um des HErrn und ſeiner ordnung willen/ mit hertzli- chem innerlichen gebet und offtern ſeuffzen in ſanfftmuth/ liebe/ gedult/ demuth/ freudigkeit verrichtet/ nach den kraͤfften die der HErr uns giebet/ iſt der vor- treflichſte GOttes dienſt/ und in denen ſonſten ſcheinenden weltlichen wercken gleichwohl ein rechtes heiliges opffer/ und wo alſo unſere meiſte ſorge iſt/ nicht viel verborgene und kuͤnfftige dinge (ohne ſo fern zu unſerer verhaltung um uns in die zeit zuſchicken noͤtig iſt/ deſſen wir uns billig zubefleißigen haben) zuwiſſen und zulernen/ ſondern immer mehr und mehr aus der zuͤchtigenden gnade Gottes/ die uns und allen menſchen erſchienen iſt/ uns zu befleiſſen/ zu verleugnen das ungoͤttliche weſen und die weltliche luͤſten/ und zuͤchtig gerecht und gottſe- lig zuleben in der welt/ ſo warten wir recht auf die ſelige hoffnung und er- ſcheinung der herrligkeit des groſſen GOttes und unſers heylandes JESU CHRJSTJ und werden in dem ſtande guter werck erfunden werden. Wie ich nun in guten vertrauen ſtehe/ daß derſelbe ſich eben ſolches bißher werde haben ſein vornemſte angelegenheit ſein laſſen/ alſo wolle er auf ſolchem we- ge Ccc 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/407>, abgerufen am 22.11.2024.