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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO VIII.
der gewalt des Satans ligen/ dadurch sie krafft der erlösung Christi/ die ih-
nen in der tauff geschencket wird/ befreyet werden: wie auch um solcher ur-
sach willen die alte kirche den exorcismum eingeführet/ so thane gewalt des
bösen feindes anzudeuten: wie die wort hart lauten/ aber solche lehr wohl mit
andern nachtrücklichern und weniger anstößigen worten könne angedeutet wer-
den: wie zwar sorge seye/ daß die Reformirten möchten damit auf die derje-
nigen ihrer lehrer lehre sehen/ welche eine sonderbare natürliche heiligkeit der
kinder lehrten/ und die gewalt des Satans über die sündige verderbnüß nicht
erkenneten: wie aber auch/ ohne die reformirte/ viel andere gottselige hertzen/
die in der lehre rein und pur wären/ einigen eckel und anstoß an dieser cere-
monie
hätten/ wie man sich auch bey unterlassung der ceremonie wegen der
reinigkeit der lehr wohl verwahren könte/ und was dergleichen mehr wäre. 2.
Solte nun die gemeinde damit also convincirt werden/ daß sie erkennete/ es
gehe ihrer religion und warheit nichts ab/ sondern werde von ihnen das-
jenige gefordert/ was sie aus eigenem willen wohl ohne das hätte thun mö-
gen/ und worinnen sie andern Evangelischen kirchen auch gleich seyn würden/
so sehe ich nicht/ daß man weiter bedencken machen möchte; Dann damit
fiehle alles ärgernüß der schwachen einer seits/ und auch derjenigen/ welche
auf der andern seiten sich selbst an der ceremonie gestossen/ so wohl von den
unsrigen als den reformirten/ und zwar unter diesen/ nicht nur bey denen/
welche die lehr selbst so damit gemeint ist/ nicht belieben möchten/ sondern
auch denjenigen/ die samt vielen der unsrigen/ die harte redens art/ die ja be-
kantlich einer linderenden erklärung nöthig hat/ mit eckel anhören/ ja viele
von diesen dazu gantz ungleiche gedancken von unserer religion schöpffen/ ob
glaubten wir die kinder besessen zu seyn/ und hätten mit den Papisten hierin-
nen zu viele gemeinschafft/ können sich auch in die erklärung so wohl nicht
schicken/ daß mans dem nicht lieber mit andern worten gebe/ und würden
von unserer religion so vielmehr abgehalten. Wäre also nicht nur damit dem
besorgenden ärgernüß vorgekommen/ sondern anderes mehres ärgernüß ab-
gewendet. Und möchte dann bey der widrigen religions obrigkeit auch diese
öffentlich protestation geschehen/ wie man ihrem gebot sich submittire/ nicht
daß man den exorcismum schlechter dings verwürffe/ sondern sich damit nicht
trenne von der kirchen/ die denselben haben/ vielmehr ihnen ihren gebrauch
willig lasse/ wo sie ihn vor sich gut befinden: Man bedinge auch austrück-
lich/ daß man diejenige lehr von der gewalt des Satans über die verderbte
menschen die er aus der sünde hat/ erkenne und zu bekennen nicht unterlassen
werde/ daher durchaus nichts darvon nachlasse/ was sonsten andere kirchen
damit andeuten wollen: sondern man thue solches/ mit eben solcher ablegung

zube-
Bbb 2

ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO VIII.
der gewalt des Satans ligen/ dadurch ſie krafft der erloͤſung Chriſti/ die ih-
nen in der tauff geſchencket wird/ befreyet werden: wie auch um ſolcher ur-
ſach willen die alte kirche den exorciſmum eingefuͤhret/ ſo thane gewalt des
boͤſen feindes anzudeuten: wie die wort hart lauten/ aber ſolche lehr wohl mit
andern nachtruͤcklichern und weniger anſtoͤßigen worten koͤnne angedeutet wer-
den: wie zwar ſorge ſeye/ daß die Reformirten moͤchten damit auf die derje-
nigen ihrer lehrer lehre ſehen/ welche eine ſonderbare natuͤrliche heiligkeit der
kinder lehrten/ und die gewalt des Satans uͤber die ſuͤndige verderbnuͤß nicht
erkenneten: wie aber auch/ ohne die reformirte/ viel andere gottſelige hertzen/
die in der lehre rein und pur waͤren/ einigen eckel und anſtoß an dieſer cere-
monie
haͤtten/ wie man ſich auch bey unterlaſſung der ceremonie wegen der
reinigkeit der lehr wohl verwahren koͤnte/ und was dergleichen mehr waͤre. 2.
Solte nun die gemeinde damit alſo convincirt werden/ daß ſie erkennete/ es
gehe ihrer religion und warheit nichts ab/ ſondern werde von ihnen das-
jenige gefordert/ was ſie aus eigenem willen wohl ohne das haͤtte thun moͤ-
gen/ und worinnen ſie andern Evangeliſchen kirchen auch gleich ſeyn wuͤrden/
ſo ſehe ich nicht/ daß man weiter bedencken machen moͤchte; Dann damit
fiehle alles aͤrgernuͤß der ſchwachen einer ſeits/ und auch derjenigen/ welche
auf der andern ſeiten ſich ſelbſt an der ceremonie geſtoſſen/ ſo wohl von den
unſrigen als den reformirten/ und zwar unter dieſen/ nicht nur bey denen/
welche die lehr ſelbſt ſo damit gemeint iſt/ nicht belieben moͤchten/ ſondern
auch denjenigen/ die ſamt vielen der unſrigen/ die harte redens art/ die ja be-
kantlich einer linderenden erklaͤrung noͤthig hat/ mit eckel anhoͤren/ ja viele
von dieſen dazu gantz ungleiche gedancken von unſerer religion ſchoͤpffen/ ob
glaubten wir die kinder beſeſſen zu ſeyn/ und haͤtten mit den Papiſten hierin-
nen zu viele gemeinſchafft/ koͤnnen ſich auch in die erklaͤrung ſo wohl nicht
ſchicken/ daß mans dem nicht lieber mit andern worten gebe/ und wuͤrden
von unſerer religion ſo vielmehr abgehalten. Waͤre alſo nicht nur damit dem
beſorgenden aͤrgernuͤß vorgekommen/ ſondern anderes mehres aͤrgernuͤß ab-
gewendet. Und moͤchte dann bey der widrigen religions obrigkeit auch dieſe
oͤffentlich proteſtation geſchehen/ wie man ihrem gebot ſich ſubmittire/ nicht
daß man den exorciſmum ſchlechter dings verwuͤrffe/ ſondern ſich damit nicht
trenne von der kirchen/ die denſelben haben/ vielmehr ihnen ihren gebrauch
willig laſſe/ wo ſie ihn vor ſich gut befinden: Man bedinge auch austruͤck-
lich/ daß man diejenige lehr von der gewalt des Satans uͤber die verderbte
menſchen die er aus der ſuͤnde hat/ erkenne und zu bekennen nicht unterlaſſen
werde/ daher durchaus nichts darvon nachlaſſe/ was ſonſten andere kirchen
damit andeuten wollen: ſondern man thue ſolches/ mit eben ſolcher ablegung

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Bbb 2
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[379/0397] ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO VIII. der gewalt des Satans ligen/ dadurch ſie krafft der erloͤſung Chriſti/ die ih- nen in der tauff geſchencket wird/ befreyet werden: wie auch um ſolcher ur- ſach willen die alte kirche den exorciſmum eingefuͤhret/ ſo thane gewalt des boͤſen feindes anzudeuten: wie die wort hart lauten/ aber ſolche lehr wohl mit andern nachtruͤcklichern und weniger anſtoͤßigen worten koͤnne angedeutet wer- den: wie zwar ſorge ſeye/ daß die Reformirten moͤchten damit auf die derje- nigen ihrer lehrer lehre ſehen/ welche eine ſonderbare natuͤrliche heiligkeit der kinder lehrten/ und die gewalt des Satans uͤber die ſuͤndige verderbnuͤß nicht erkenneten: wie aber auch/ ohne die reformirte/ viel andere gottſelige hertzen/ die in der lehre rein und pur waͤren/ einigen eckel und anſtoß an dieſer cere- monie haͤtten/ wie man ſich auch bey unterlaſſung der ceremonie wegen der reinigkeit der lehr wohl verwahren koͤnte/ und was dergleichen mehr waͤre. 2. Solte nun die gemeinde damit alſo convincirt werden/ daß ſie erkennete/ es gehe ihrer religion und warheit nichts ab/ ſondern werde von ihnen das- jenige gefordert/ was ſie aus eigenem willen wohl ohne das haͤtte thun moͤ- gen/ und worinnen ſie andern Evangeliſchen kirchen auch gleich ſeyn wuͤrden/ ſo ſehe ich nicht/ daß man weiter bedencken machen moͤchte; Dann damit fiehle alles aͤrgernuͤß der ſchwachen einer ſeits/ und auch derjenigen/ welche auf der andern ſeiten ſich ſelbſt an der ceremonie geſtoſſen/ ſo wohl von den unſrigen als den reformirten/ und zwar unter dieſen/ nicht nur bey denen/ welche die lehr ſelbſt ſo damit gemeint iſt/ nicht belieben moͤchten/ ſondern auch denjenigen/ die ſamt vielen der unſrigen/ die harte redens art/ die ja be- kantlich einer linderenden erklaͤrung noͤthig hat/ mit eckel anhoͤren/ ja viele von dieſen dazu gantz ungleiche gedancken von unſerer religion ſchoͤpffen/ ob glaubten wir die kinder beſeſſen zu ſeyn/ und haͤtten mit den Papiſten hierin- nen zu viele gemeinſchafft/ koͤnnen ſich auch in die erklaͤrung ſo wohl nicht ſchicken/ daß mans dem nicht lieber mit andern worten gebe/ und wuͤrden von unſerer religion ſo vielmehr abgehalten. Waͤre alſo nicht nur damit dem beſorgenden aͤrgernuͤß vorgekommen/ ſondern anderes mehres aͤrgernuͤß ab- gewendet. Und moͤchte dann bey der widrigen religions obrigkeit auch dieſe oͤffentlich proteſtation geſchehen/ wie man ihrem gebot ſich ſubmittire/ nicht daß man den exorciſmum ſchlechter dings verwuͤrffe/ ſondern ſich damit nicht trenne von der kirchen/ die denſelben haben/ vielmehr ihnen ihren gebrauch willig laſſe/ wo ſie ihn vor ſich gut befinden: Man bedinge auch austruͤck- lich/ daß man diejenige lehr von der gewalt des Satans uͤber die verderbte menſchen die er aus der ſuͤnde hat/ erkenne und zu bekennen nicht unterlaſſen werde/ daher durchaus nichts darvon nachlaſſe/ was ſonſten andere kirchen damit andeuten wollen: ſondern man thue ſolches/ mit eben ſolcher ablegung zube- Bbb 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/397>, abgerufen am 25.11.2024.