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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO II. SECTIO III.
innen mir ein zeugnüß seyn/ daß ich in treibung des lebendigen thätlich en Christen-
thums von der reinen wahrheit nicht abweiche. Was das andere nemlich meine
zu hauß gewöhnlich anstellende übung anlangt/ so ist wiederum bey solcher arbeit/ die
mir doch des jahrs viele stunden/ (worinne sonsten etwas sparsamer zu seyn pflege)
wegnimmet/ keine absicht auff etwas meines eigenen sondern lauter allein/ weil
als erstlich von gottseligen gemüthern darum angesprochen werden/ und deroselben
habenden zweck göttlicher ehre und ihrer erbauung erkant/ ihnen mit gutem gewis-
sen aushanden gehen zukönnen nicht gesehen/ nochsolche aber offters wahrgenommen/ dz
auch der zweck der gesuchten aufferbauung aus göttlicher gnade u. segen bey unter
schiedlichen erfolget/ hingegen nicht allerdings erhebliches dargegen biß dahero ge-
bracht/ sondern auch von vortrefflichen Theologis entweder insgesamt solche
exercitia bekräfftiget/ oder doch/ welche nicht gern sehen/ daß es promiscue
von andern imitirt würde/ das meinige gleichwol gebilliget/ und ich zur continu-
i
rung angefrischet/ von keinem aber/ daß solches abzustellen hätte/ erinnert wor-
den/ so ich mich gleichwol versichere/ in solchen fall würde geschehen seyn/ und haben
geschehen sollen. So ists auch erstlich mit rath und gut befinden unterschiedlicher
unsers Collegii, welche auch als lange ihre geschäffte solches ihnen vergönnet/ sich
mit dabey eingefunden/ angefangen worden. Wie nicht weniger die damahlige
Scholarchae, als unsere vorgesetzte in rebus ecclesiasticis, solches gewußt/ auch
absonderlich mit einigen davon damahl geredet/ von ihnen gebillichet/ und solches
mit zulassung/ daß die ihrige selbst es besuchten/ bezeuget worden. Hingegen ist
nicht ein einigesmahl weder von gesamten Herrn/ oder einem einigen gegen mich
selbst/ einiges mißfallen contestiret oder angedeutet worden. So wird auch
solches also angestellet/ daß jeglichen erlaubt dazu zukommen/ daß also da nichts
heimliches tractiret, oder vorgenommen wird/ da nicht so viele zeugen dabey wä-
ren/ welche was vorgegangen oder vorgehe wissen/ und hören würden: Die mir
noch darzu meistens bekant sind/ wie wohl wo die erlaubnüß hätte/ ich solches exerci-
tium
noch viel lieber selbst in der kirche/ da mehr bequemlichkeit wäre/ zuhalten
verlangte.

Das 3. stück betreffend/ so bekenne gern/ das etwa von 4. monaten/
nachdem mit neu angefangenem methodo bey dem neuen kirchen-jahr/ wo ich
vorschlag gethan zu lesung der Schrifft/ die zu hörer besser anzufrischen und anzu-
führen/ solche treulich erinnert und vermahnet mit rechtschaffenem ernst ihnen ihr
Christenthum und das wachsthum desselben angelegen seyn zu lassen/ unterschied-
liche gute gemüther/ so vielmehr eyffer gefasset/ daß sie theils jeglicher vor sich selbst
das göttliche wort fleißiger untersuchte/ theils einige hauß-väter und hauß-müttern
mit den ihrigen solches zu thun/ oder mit zuziehung eines erforderten Studiosi,
thun zu lassen/ sich resolvireten, theils bey besuchungen und der gleichen zusam-
men künfften/ da sie zu einem gespräch eine gelegenheit hätten/ sich derselbigen ge-

brauch-
U 3

ARTIC. I. DISTINCTIO II. SECTIO III.
innen mir ein zeugnuͤß ſeyn/ daß ich in treibung des lebendigen thaͤtlich en Chriſten-
thums von der reinen wahrheit nicht abweiche. Was das andere nemlich meine
zu hauß gewoͤhnlich anſtellende uͤbung anlangt/ ſo iſt wiederum bey ſolcher arbeit/ die
mir doch des jahrs viele ſtunden/ (worinne ſonſten etwas ſparſamer zu ſeyn pflege)
wegnimmet/ keine abſicht auff etwas meines eigenen ſondern lauter allein/ weil
als erſtlich von gottſeligen gemuͤthern darum angeſprochen werden/ und deroſelben
habenden zweck goͤttlicher ehre und ihrer erbauung erkant/ ihnen mit gutem gewiſ-
ſen aushanden gehen zukoͤñen nicht geſehen/ nochſolche aber offters wahrgenom̃en/ dz
auch der zweck der geſuchten aufferbauung aus goͤttlicher gnade u. ſegen bey unter
ſchiedlichen erfolget/ hingegen nicht allerdings erhebliches dargegen biß dahero ge-
bracht/ ſondern auch von vortrefflichen Theologis entweder insgeſamt ſolche
exercitia bekraͤfftiget/ oder doch/ welche nicht gern ſehen/ daß es promiſcue
von andern imitirt wuͤrde/ das meinige gleichwol gebilliget/ und ich zur continu-
i
rung angefriſchet/ von keinem aber/ daß ſolches abzuſtellen haͤtte/ erinnert wor-
den/ ſo ich mich gleichwol verſichere/ in ſolchen fall wuͤrde geſchehen ſeyn/ und haben
geſchehen ſollen. So iſts auch erſtlich mit rath und gut befinden unterſchiedlicher
unſers Collegii, welche auch als lange ihre geſchaͤffte ſolches ihnen vergoͤnnet/ ſich
mit dabey eingefunden/ angefangen worden. Wie nicht weniger die damahlige
Scholarchæ, als unſere vorgeſetzte in rebus eccleſiaſticis, ſolches gewußt/ auch
abſonderlich mit einigen davon damahl geredet/ von ihnen gebillichet/ und ſolches
mit zulaſſung/ daß die ihrige ſelbſt es beſuchten/ bezeuget worden. Hingegen iſt
nicht ein einigesmahl weder von geſamten Herrn/ oder einem einigen gegen mich
ſelbſt/ einiges mißfallen conteſtiret oder angedeutet worden. So wird auch
ſolches alſo angeſtellet/ daß jeglichen erlaubt dazu zukommen/ daß alſo da nichts
heimliches tractiret, oder vorgenommen wird/ da nicht ſo viele zeugen dabey waͤ-
ren/ welche was vorgegangen oder vorgehe wiſſen/ und hoͤren wuͤrden: Die mir
noch darzu meiſtens bekant ſind/ wie wohl wo die erlaubnuͤß haͤtte/ ich ſolches exerci-
tium
noch viel lieber ſelbſt in der kirche/ da mehr bequemlichkeit waͤre/ zuhalten
verlangte.

Das 3. ſtuͤck betreffend/ ſo bekenne gern/ das etwa von 4. monaten/
nachdem mit neu angefangenem methodo bey dem neuen kirchen-jahr/ wo ich
vorſchlag gethan zu leſung der Schrifft/ die zu hoͤrer beſſer anzufriſchen und anzu-
fuͤhren/ ſolche treulich erinnert und vermahnet mit rechtſchaffenem ernſt ihnen ihr
Chriſtenthum und das wachsthum deſſelben angelegen ſeyn zu laſſen/ unterſchied-
liche gute gemuͤther/ ſo vielmehr eyffer gefaſſet/ daß ſie theils jeglicher vor ſich ſelbſt
das goͤttliche wort fleißiger unterſuchte/ theils einige hauß-vaͤter und hauß-muͤttern
mit den ihrigen ſolches zu thun/ oder mit zuziehung eines erforderten Studioſi,
thun zu laſſen/ ſich reſolvireten, theils bey beſuchungen und der gleichen zuſam-
men kuͤnfften/ da ſie zu einem geſpraͤch eine gelegenheit haͤtten/ ſich derſelbigen ge-

brauch-
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[157/0175] ARTIC. I. DISTINCTIO II. SECTIO III. innen mir ein zeugnuͤß ſeyn/ daß ich in treibung des lebendigen thaͤtlich en Chriſten- thums von der reinen wahrheit nicht abweiche. Was das andere nemlich meine zu hauß gewoͤhnlich anſtellende uͤbung anlangt/ ſo iſt wiederum bey ſolcher arbeit/ die mir doch des jahrs viele ſtunden/ (worinne ſonſten etwas ſparſamer zu ſeyn pflege) wegnimmet/ keine abſicht auff etwas meines eigenen ſondern lauter allein/ weil als erſtlich von gottſeligen gemuͤthern darum angeſprochen werden/ und deroſelben habenden zweck goͤttlicher ehre und ihrer erbauung erkant/ ihnen mit gutem gewiſ- ſen aushanden gehen zukoͤñen nicht geſehen/ nochſolche aber offters wahrgenom̃en/ dz auch der zweck der geſuchten aufferbauung aus goͤttlicher gnade u. ſegen bey unter ſchiedlichen erfolget/ hingegen nicht allerdings erhebliches dargegen biß dahero ge- bracht/ ſondern auch von vortrefflichen Theologis entweder insgeſamt ſolche exercitia bekraͤfftiget/ oder doch/ welche nicht gern ſehen/ daß es promiſcue von andern imitirt wuͤrde/ das meinige gleichwol gebilliget/ und ich zur continu- irung angefriſchet/ von keinem aber/ daß ſolches abzuſtellen haͤtte/ erinnert wor- den/ ſo ich mich gleichwol verſichere/ in ſolchen fall wuͤrde geſchehen ſeyn/ und haben geſchehen ſollen. So iſts auch erſtlich mit rath und gut befinden unterſchiedlicher unſers Collegii, welche auch als lange ihre geſchaͤffte ſolches ihnen vergoͤnnet/ ſich mit dabey eingefunden/ angefangen worden. Wie nicht weniger die damahlige Scholarchæ, als unſere vorgeſetzte in rebus eccleſiaſticis, ſolches gewußt/ auch abſonderlich mit einigen davon damahl geredet/ von ihnen gebillichet/ und ſolches mit zulaſſung/ daß die ihrige ſelbſt es beſuchten/ bezeuget worden. Hingegen iſt nicht ein einigesmahl weder von geſamten Herrn/ oder einem einigen gegen mich ſelbſt/ einiges mißfallen conteſtiret oder angedeutet worden. So wird auch ſolches alſo angeſtellet/ daß jeglichen erlaubt dazu zukommen/ daß alſo da nichts heimliches tractiret, oder vorgenommen wird/ da nicht ſo viele zeugen dabey waͤ- ren/ welche was vorgegangen oder vorgehe wiſſen/ und hoͤren wuͤrden: Die mir noch darzu meiſtens bekant ſind/ wie wohl wo die erlaubnuͤß haͤtte/ ich ſolches exerci- tium noch viel lieber ſelbſt in der kirche/ da mehr bequemlichkeit waͤre/ zuhalten verlangte. Das 3. ſtuͤck betreffend/ ſo bekenne gern/ das etwa von 4. monaten/ nachdem mit neu angefangenem methodo bey dem neuen kirchen-jahr/ wo ich vorſchlag gethan zu leſung der Schrifft/ die zu hoͤrer beſſer anzufriſchen und anzu- fuͤhren/ ſolche treulich erinnert und vermahnet mit rechtſchaffenem ernſt ihnen ihr Chriſtenthum und das wachsthum deſſelben angelegen ſeyn zu laſſen/ unterſchied- liche gute gemuͤther/ ſo vielmehr eyffer gefaſſet/ daß ſie theils jeglicher vor ſich ſelbſt das goͤttliche wort fleißiger unterſuchte/ theils einige hauß-vaͤter und hauß-muͤttern mit den ihrigen ſolches zu thun/ oder mit zuziehung eines erforderten Studioſi, thun zu laſſen/ ſich reſolvireten, theils bey beſuchungen und der gleichen zuſam- men kuͤnfften/ da ſie zu einem geſpraͤch eine gelegenheit haͤtten/ ſich derſelbigen ge- brauch- U 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/175>, abgerufen am 25.11.2024.