Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. das gerichte falsch/ u. ein heimlicher tück des satans darunter verborgen ist/ welchertrachtet dem guten mit aussprengung solcher falschen dinge (die ich selbs/ wo sie also geschehen/ wie ausgegeben wird/ nicht billigte) einen bösen nahmen und bösen ver- dacht zu machen. Wolte aber die obrigkeit/ so wir auch darum ersuchet/ und die zu inquiriren angefangen/ als sie aber bald anfangs nichts gründliches finden kun- te/ gleich wieder nachgelassen hat/ die sache fleißig untersuchen/ so würde allen gar bald gerathen seyn/ und Gottseliger leute unschuld bald gerettet werden. Es will aber GOTT auch dero beständigkeit prüffen/ ob sie ihm nehmlich in dem guten auch durch böse und gute gerüchte/ gehorsam bleiben wollen. Ach wie weit sind wir zu unserer zeit verfallen/ daß da die laster ungescheut die nahmen der tugenden tragen/ hingegen die wahre Gottseligkeit unter den verhasstesten nahmen muß durch- gezogen oder wohl verfolget werden. Nun lasset uns die sache dem HErrn befehlen/ dessen sie ist/ und nicht müde werden gutes zu thun/ daß wir auch zu seiner zeit ernd- ten mögen ohn auffhören. 8. Jan. 1677. SECTIO III. An einen vornehmen Theologum. Erkläh- WEil ich theils benachrichtiget worden/ daß vieles ungleiches von meiner innen
Das ſechſte Capitel. das gerichte falſch/ u. ein heimlicher tuͤck des ſatans darunter verborgen iſt/ welchertrachtet dem guten mit ausſprengung ſolcher falſchen dinge (die ich ſelbs/ wo ſie alſo geſchehen/ wie ausgegeben wird/ nicht billigte) einen boͤſen nahmen und boͤſen ver- dacht zu machen. Wolte aber die obrigkeit/ ſo wir auch darum erſuchet/ und die zu inquiriren angefangen/ als ſie aber bald anfangs nichts gruͤndliches finden kun- te/ gleich wieder nachgelaſſen hat/ die ſache fleißig unterſuchen/ ſo wuͤrde allen gar bald gerathen ſeyn/ und Gottſeliger leute unſchuld bald gerettet werden. Es will aber GOTT auch dero beſtaͤndigkeit pruͤffen/ ob ſie ihm nehmlich in dem guten auch durch boͤſe und gute geruͤchte/ gehorſam bleiben wollen. Ach wie weit ſind wir zu unſerer zeit verfallen/ daß da die laſter ungeſcheut die nahmen der tugenden tragen/ hingegen die wahre Gottſeligkeit unter den veꝛhaſſteſten nahmen muß duꝛch- gezogen oder wohl verfolget werden. Nun laſſet uns die ſache dem HErrn befehlen/ deſſen ſie iſt/ und nicht muͤde werden gutes zu thun/ daß wir auch zu ſeiner zeit ernd- ten moͤgen ohn auffhoͤren. 8. Jan. 1677. SECTIO III. An einen vornehmen Theologum. Erklaͤh- WEil ich theils benachrichtiget worden/ daß vieles ungleiches von meiner innen
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Das ſechſte Capitel.
das gerichte falſch/ u. ein heimlicher tuͤck des ſatans darunter verborgen iſt/ welcher
trachtet dem guten mit ausſprengung ſolcher falſchen dinge (die ich ſelbs/ wo ſie alſo
geſchehen/ wie ausgegeben wird/ nicht billigte) einen boͤſen nahmen und boͤſen ver-
dacht zu machen. Wolte aber die obrigkeit/ ſo wir auch darum erſuchet/ und die
zu inquiriren angefangen/ als ſie aber bald anfangs nichts gruͤndliches finden kun-
te/ gleich wieder nachgelaſſen hat/ die ſache fleißig unterſuchen/ ſo wuͤrde allen gar
bald gerathen ſeyn/ und Gottſeliger leute unſchuld bald gerettet werden. Es will
aber GOTT auch dero beſtaͤndigkeit pruͤffen/ ob ſie ihm nehmlich in dem guten
auch durch boͤſe und gute geruͤchte/ gehorſam bleiben wollen. Ach wie weit ſind
wir zu unſerer zeit verfallen/ daß da die laſter ungeſcheut die nahmen der tugenden
tragen/ hingegen die wahre Gottſeligkeit unter den veꝛhaſſteſten nahmen muß duꝛch-
gezogen oder wohl verfolget werden. Nun laſſet uns die ſache dem HErrn befehlen/
deſſen ſie iſt/ und nicht muͤde werden gutes zu thun/ daß wir auch zu ſeiner zeit ernd-
ten moͤgen ohn auffhoͤren. 8. Jan. 1677.
SECTIO III.
An einen vornehmen Theologum. Erklaͤh-
rung uͤber einige beſchuldigungen wegen meiner lehr/ col-
legii und uͤbung des geiſtlichen prieſterthums/ auch
von ſolchem tractat.
WEil ich theils benachrichtiget worden/ daß vieles ungleiches von meiner
perſon und handlungen Euer Hochw. zu ohren gekommen/ theils leicht ver-
muthen mag/ daß dergleichen noch mehr geſchehen moͤchte: Auff daß dann
ſo wohl Eure Hochw. ſelbs einen gruͤndlichen bericht meiner intention haben/ als
auch mir die wohlthat thun moͤchte/ wo derſelbe nach von GOTT empfangener
gnade und mit vieler erfahrung bekraͤfftigſter prudenz mich in einigen dingen zu
erinnern finden ſolte/ dergleichen erinnerung und bey gefuͤgten Chriſtlichen raths
mich zu wuͤrdigen/ ſo habe mein hertz bey derſelben hierdurch ausſchuͤtten ſollen. Jch
weiß ſehr wohl/ und hoͤre es offt/ daß ſo hier in dieſer ſtatt mancherley reden und
urtheile gehen/ als auch anderwertlich hin ausbrechen uͤber ein und andere dinge/
welche entweder von mir in meinem amt geſchehen/ oder theils daß ich ſolche fovirte/
mir beygemeſſen wird. Es beſtehet aber vornehmlich ſolches in 3. ſtuͤcken. 1. Was
meine lehr betrifft/ daß in deroſelben ernſtlich auff die lebendige uͤbung des Chriſten-
thums treibe/ und weiſe/ wie kein anderer glaube ein wahrer und ſeligmachender
glaube ſey/ als der nach Lutheri worten einen gantzen anderen menſchen machet/
und das leben allerdings nach goͤttlichen willen zu fuͤhren antreibet. 2. Das an-
dere gehet an diejenige habende hauß-uͤbung/ oder ſo nennendes Collegium, wor-
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/172>, abgerufen am 03.03.2025. |