Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECT. XXIII. ermanglen lassen. So sollen wir dennoch mit hertzlichem anruffen GOttes einenmuth fassen/ und dem fürsten dieser welt mit einem strategemate eines abgewin- nen/ daß da er meinet/ sein reich sicher gnug zu behalten/ in dem er an hohen orten durch seine hoff- und regiments teuffel die allgemeine versassungen und consilia hindert/ und sich vor dem übrigen wenig befahrt/ er endlich sehe/ daß man auff an- dere weise ihm nachtrücklich eingebrochen/ und ein loch in seine sestung gemacht. E. Wol Chrnv. hertzlichen eyffer lobe und liebe ich hertzlich: wünsche auch von dem aller Höchsten nachtrücklichen succeß. Kan auch nicht unbillichen/ wo E. Wol- Chrnv. auff den Creiß- oder Reichs-tag deswegen etwas ansuchung thun wolte. Jch bekenne aber dabey offenhertzig/ daß ich noch wenig hoffnung sehe einer guten folgenden frucht: Auch mich entsinne/ daß grossen theils/ wo GOtt seiner kirchen hat helffen lassen/ solches nicht geschehen seye durch vor der welt ansehnliche mittel/ und mit-würckung der grossen in der welt: Sondern gemeiniglich geschahe es durch geringe anfänge/ da man dergleichen viele gute früchte nicht hoffen könte/ biß endlich GOtt die hand derer mit dazu kommen hat lassen/ die er zu seines reichs amtleuten gemacht. Jedoch sind die wege des HErrn wunderbahr/ und uns un- erforschlich/ und jetzt braucht er diese/ ein andermahl ein ander art. Daher man allerley versuchungen/ und endlich dem HErren die sache befehlen mag/ welchen weg er zu seinen ehren segnen wolle. Was einen General-synodum von allen 3. Religionen anlangt/ sorge ich/ daß bey dem werck unüberwindliche difficulteten seyen. Dann 1. von Päpstischer seite nimmermehr darin mag gehellet werden/ weil ohne des Papsts consens etwas dergleichen nur in die gedancken zufassen/ bey ihnen das gröste crimen laesae majestatis pontificiae wäre. Von dem Papst aber ist eine solche permission nicht nur zu hoffen/ man gebe ihm dann/ daß er das praesidium und directorium ea autoritate führe/ welches er in allen nur etlicher massen auff das geistliche reflectirenden sachen praetendiret. 2. So ist ein grosses stück der vor augen schwebenden greuel eine sache/ so noch zu dem fermento pontificio gehöret/ und haben die meiste mißbräuche aus dem Papstum den ursprung genommen: Daß viele darunter seind/ so ein Papist be- haupten/ uns zu trutz verfechten/ oder doch entschuldigen wird. 3. So gibt es auch die ratio status Pontificii nicht zu/ daß sie helffe die ärgernüß unter den Ke- tzern abzuschaffen/ und nur das wenigste darzu zu helffen: Dann je übler es in unsern kirchen hergehe/ so viel mehreren vorwurff haben sie wider uns/ und wol- len also nicht gern/ daß ihnen etwas ihres obwol eitlen und falsch angemaßten ruhms/ daß sie allein seyen/ bey denen die gottseligkeit gefördert/ und auff die heilig- keit getrieben werde/ entgehe. Ziemlicher aber wäre es mit einen synodo or- thodoxorum, dadurch vielleicht viel gutes möchte gestifftet werden. Utinam vel hanc sperare his temporibus liceret! Nun GOTT wird helffen auff art P 2
ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECT. XXIII. ermanglen laſſen. So ſollen wir dennoch mit hertzlichem anruffen GOttes einenmuth faſſen/ und dem fuͤrſten dieſer welt mit einem ſtrategemate eines abgewin- nen/ daß da er meinet/ ſein reich ſicher gnug zu behalten/ in dem er an hohen orten durch ſeine hoff- und regiments teuffel die allgemeine verſaſſungen und conſilia hindert/ und ſich vor dem uͤbrigen wenig befahrt/ er endlich ſehe/ daß man auff an- dere weiſe ihm nachtruͤcklich eingebrochen/ und ein loch in ſeine ſeſtung gemacht. E. Wol Chrnv. hertzlichen eyffer lobe und liebe ich hertzlich: wuͤnſche auch von dem aller Hoͤchſten nachtruͤcklichen ſucceß. Kan auch nicht unbillichen/ wo E. Wol- Chrnv. auff den Creiß- oder Reichs-tag deswegen etwas anſuchung thun wolte. Jch bekenne aber dabey offenhertzig/ daß ich noch wenig hoffnung ſehe einer guten folgenden frucht: Auch mich entſinne/ daß groſſen theils/ wo GOtt ſeiner kirchen hat helffen laſſen/ ſolches nicht geſchehen ſeye durch vor der welt anſehnliche mittel/ und mit-wuͤrckung der groſſen in der welt: Sondern gemeiniglich geſchahe es durch geringe anfaͤnge/ da man dergleichen viele gute fruͤchte nicht hoffen koͤnte/ biß endlich GOtt die hand derer mit dazu kommen hat laſſen/ die er zu ſeines reichs amtleuten gemacht. Jedoch ſind die wege des HErrn wunderbahr/ und uns un- erforſchlich/ und jetzt braucht er dieſe/ ein andermahl ein ander art. Daher man allerley verſuchungen/ und endlich dem HErren die ſache befehlen mag/ welchen weg er zu ſeinen ehren ſegnen wolle. Was einen General-ſynodum von allen 3. Religionen anlangt/ ſorge ich/ daß bey dem werck unuͤberwindliche difficulteten ſeyen. Dann 1. von Paͤpſtiſcher ſeite nimmermehr darin mag gehellet werden/ weil ohne des Papſts conſens etwas dergleichen nur in die gedancken zufaſſen/ bey ihnen das groͤſte crimen læſæ majeſtatis pontificiæ waͤre. Von dem Papſt aber iſt eine ſolche permiſſion nicht nur zu hoffen/ man gebe ihm dann/ daß er das præſidium und directorium ea autoritate fuͤhre/ welches er in allen nur etlicher maſſen auff das geiſtliche reflectirenden ſachen prætendiret. 2. So iſt ein groſſes ſtuͤck der vor augen ſchwebenden greuel eine ſache/ ſo noch zu dem fermento pontificio gehoͤret/ und haben die meiſte mißbraͤuche aus dem Papſtum den urſprung genommen: Daß viele darunter ſeind/ ſo ein Papiſt be- haupten/ uns zu trutz verfechten/ oder doch entſchuldigen wird. 3. So gibt es auch die ratio ſtatus Pontificii nicht zu/ daß ſie helffe die aͤrgernuͤß unter den Ke- tzern abzuſchaffen/ und nur das wenigſte darzu zu helffen: Dann je uͤbler es in unſern kirchen hergehe/ ſo viel mehreren vorwurff haben ſie wider uns/ und wol- len alſo nicht gern/ daß ihnen etwas ihres obwol eitlen und falſch angemaßten ruhms/ daß ſie allein ſeyen/ bey denen die gottſeligkeit gefoͤrdert/ und auff die heilig- keit getrieben werde/ entgehe. Ziemlicher aber waͤre es mit einen ſynodo or- thodoxorum, dadurch vielleicht viel gutes moͤchte geſtifftet werden. Utinam vel hanc ſperare his temporibus liceret! Nun GOTT wird helffen auff art P 2
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ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECT. XXIII.
ermanglen laſſen. So ſollen wir dennoch mit hertzlichem anruffen GOttes einen
muth faſſen/ und dem fuͤrſten dieſer welt mit einem ſtrategemate eines abgewin-
nen/ daß da er meinet/ ſein reich ſicher gnug zu behalten/ in dem er an hohen orten
durch ſeine hoff- und regiments teuffel die allgemeine verſaſſungen und conſilia
hindert/ und ſich vor dem uͤbrigen wenig befahrt/ er endlich ſehe/ daß man auff an-
dere weiſe ihm nachtruͤcklich eingebrochen/ und ein loch in ſeine ſeſtung gemacht. E.
Wol Chrnv. hertzlichen eyffer lobe und liebe ich hertzlich: wuͤnſche auch von dem
aller Hoͤchſten nachtruͤcklichen ſucceß. Kan auch nicht unbillichen/ wo E. Wol-
Chrnv. auff den Creiß- oder Reichs-tag deswegen etwas anſuchung thun wolte.
Jch bekenne aber dabey offenhertzig/ daß ich noch wenig hoffnung ſehe einer guten
folgenden frucht: Auch mich entſinne/ daß groſſen theils/ wo GOtt ſeiner kirchen
hat helffen laſſen/ ſolches nicht geſchehen ſeye durch vor der welt anſehnliche mittel/
und mit-wuͤrckung der groſſen in der welt: Sondern gemeiniglich geſchahe es
durch geringe anfaͤnge/ da man dergleichen viele gute fruͤchte nicht hoffen koͤnte/ biß
endlich GOtt die hand derer mit dazu kommen hat laſſen/ die er zu ſeines reichs
amtleuten gemacht. Jedoch ſind die wege des HErrn wunderbahr/ und uns un-
erforſchlich/ und jetzt braucht er dieſe/ ein andermahl ein ander art. Daher man
allerley verſuchungen/ und endlich dem HErren die ſache befehlen mag/ welchen
weg er zu ſeinen ehren ſegnen wolle. Was einen General-ſynodum von allen 3.
Religionen anlangt/ ſorge ich/ daß bey dem werck unuͤberwindliche difficulteten
ſeyen. Dann 1. von Paͤpſtiſcher ſeite nimmermehr darin mag gehellet werden/
weil ohne des Papſts conſens etwas dergleichen nur in die gedancken zufaſſen/ bey
ihnen das groͤſte crimen læſæ majeſtatis pontificiæ waͤre. Von dem Papſt
aber iſt eine ſolche permiſſion nicht nur zu hoffen/ man gebe ihm dann/ daß er
das præſidium und directorium ea autoritate fuͤhre/ welches er in allen nur
etlicher maſſen auff das geiſtliche reflectirenden ſachen prætendiret. 2. So
iſt ein groſſes ſtuͤck der vor augen ſchwebenden greuel eine ſache/ ſo noch zu
dem fermento pontificio gehoͤret/ und haben die meiſte mißbraͤuche aus dem
Papſtum den urſprung genommen: Daß viele darunter ſeind/ ſo ein Papiſt be-
haupten/ uns zu trutz verfechten/ oder doch entſchuldigen wird. 3. So gibt es
auch die ratio ſtatus Pontificii nicht zu/ daß ſie helffe die aͤrgernuͤß unter den Ke-
tzern abzuſchaffen/ und nur das wenigſte darzu zu helffen: Dann je uͤbler es in
unſern kirchen hergehe/ ſo viel mehreren vorwurff haben ſie wider uns/ und wol-
len alſo nicht gern/ daß ihnen etwas ihres obwol eitlen und falſch angemaßten
ruhms/ daß ſie allein ſeyen/ bey denen die gottſeligkeit gefoͤrdert/ und auff die heilig-
keit getrieben werde/ entgehe. Ziemlicher aber waͤre es mit einen ſynodo or-
thodoxorum, dadurch vielleicht viel gutes moͤchte geſtifftet werden. Utinam
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art
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/133>, abgerufen am 16.02.2025. |