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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. II. SECTIO. XXXIII.
cken/ da ich einmal des redlichen hertzens derselben versichert wäre/ sie so offt
als die heilige handlung meines orts öffentlich gehalten würde/ auch mit zu
admittiren: würde aber die gelegenheit nehmen/ in predigten einige mal da-
von unterricht zu geben/ daß niemand seinen bruder/ der seine freyheit zu sei-
ner seelen mehrern erbauung gebrauchte/ darüber urtheilen/ oder sich daran
stossen solte: Wie ich dann in Franckfurth dergleichen mehrmal auff der can-
tzel erinnert habe. 5. So lange man aber solche öffentliche cbmmunion haben
kan/ liesse ichs nicht darzu kommen/ die handlung ausser dem nothfall/ wo
man zur gemeinde nicht zu kommen vermag/ zu hause anzustellen. Jndem ein-
mal die Sacramenten/ als die bande der gemeinde/ rechtswegen in die öffent-
liche versammlungen/ und daß also alle glieder davon wissen mögen/ gehören/
daher auch davon nicht abzuziehen sind. 6. Wo sich aber bey einer seelen ein
so inbrünstiges verlangen nach dieser stärckung fände an einem ort/ da man
diese handlung seltener öffentlich haben kan/ oder auch sonst ausser der zeit/
die darzu verordnet ist/ wolte ich zwahr ihr zumuthen/ ob sie es nicht lieber
auff die zeit der versammlung verschieben wolte/ liesse ihr aber ihr verlangen
solches nicht zu/ würde es ihr entweder zu hause oder in der sacristey allein
zu reichen mich nicht entziehen. 7. Wie nun dieses alles geredet ist von einem
Prediger/ und wie derselbe sich gegen seiner gemeinde glieder/ oder doch die
sich seines diensts gebrauchen wollen/ zu verhalten habe: also könte hingegen
durchaus nicht billigen/ wo sich einige/ ob wol sonsten glaubige hertzen/ die
freyheit nehmen wolten/ (wie eines orts dergleichen exempel vorgegangen/
aber insgemein mehr schaden gethan hat/ als solche gute leute vor sich nutzen
davon gehabt zu haben/ gedencken mögen) unter sich privatim die heilige com-
munion zu halten. Dann nachdem aus göttlicher verordnung in der kirchen
das amt der ältisten verordnet ist/ so ist denselben die auffsicht auf alles in der
kirchen anbefohlen/ und kan also nichts/ was die gemeinde angehet/ dahin
dann die handlung der Sacramenten gehöret/ als welche die bande der gan-
tzen gemeinde sind/ von jemand ohne derselben vorwissen und einstimmung
vorgenommen werden/ wie ich solches in einem eigenen bedencken ausgefüh-
ret habe/ sondern wer sich dergleichen/ ausser dem wahren nothfall/ unterneh-
me/ würde sich damit versündigen/ auch in einer sonsten an sich selbs heiligen
sache: zu geschweigen was aus solcher licenz der eigenmächtigen communion
vor ärgernüß und zerrüttung entstehen würde/ also daß unsrer gantzen kir-
chen eusserster ruin und öffentliche trennung daraus nothwendig erfolgen
müsse/ zu allzuschwehrer verantwortung derjenigen/ welche dergleichen ver-
anlaßten/ nachdem das gewiß daher erwartende unheil so groß ist/ daß wo
auch einigerley massen eine mehrere freyheit göttlichem wort nicht gantz zu-
wider zu seyn gezeiget werden könte/ glaubige sich lieber ihrer eigenen frey-

heit
Q q q q q

ARTIC. II. SECTIO. XXXIII.
cken/ da ich einmal des redlichen hertzens derſelben verſichert waͤre/ ſie ſo offt
als die heilige handlung meines orts oͤffentlich gehalten wuͤrde/ auch mit zu
admittiren: wuͤrde aber die gelegenheit nehmen/ in predigten einige mal da-
von unterricht zu geben/ daß niemand ſeinen bruder/ der ſeine freyheit zu ſei-
ner ſeelen mehrern erbauung gebrauchte/ daruͤber urtheilen/ oder ſich daran
ſtoſſen ſolte: Wie ich dann in Franckfurth dergleichen mehrmal auff der can-
tzel erinnert habe. 5. So lange man aber ſolche oͤffentliche cbmmunion haben
kan/ lieſſe ichs nicht darzu kommen/ die handlung auſſer dem nothfall/ wo
man zur gemeinde nicht zu kommen vermag/ zu hauſe anzuſtellen. Jndem ein-
mal die Sacramenten/ als die bande der gemeinde/ rechtswegen in die oͤffent-
liche verſammlungen/ und daß alſo alle glieder davon wiſſen moͤgen/ gehoͤren/
daher auch davon nicht abzuziehen ſind. 6. Wo ſich aber bey einer ſeelen ein
ſo inbruͤnſtiges verlangen nach dieſer ſtaͤrckung faͤnde an einem ort/ da man
dieſe handlung ſeltener oͤffentlich haben kan/ oder auch ſonſt auſſer der zeit/
die darzu verordnet iſt/ wolte ich zwahr ihr zumuthen/ ob ſie es nicht lieber
auff die zeit der verſammlung verſchieben wolte/ lieſſe ihr aber ihr verlangen
ſolches nicht zu/ wuͤrde es ihr entweder zu hauſe oder in der ſacriſtey allein
zu reichen mich nicht entziehen. 7. Wie nun dieſes alles geredet iſt von einem
Prediger/ und wie derſelbe ſich gegen ſeiner gemeinde glieder/ oder doch die
ſich ſeines dienſts gebrauchen wollen/ zu verhalten habe: alſo koͤnte hingegen
durchaus nicht billigen/ wo ſich einige/ ob wol ſonſten glaubige hertzen/ die
freyheit nehmen wolten/ (wie eines orts dergleichen exempel vorgegangen/
aber insgemein mehr ſchaden gethan hat/ als ſolche gute leute vor ſich nutzen
davon gehabt zu haben/ gedencken moͤgen) unter ſich privatim die heilige com-
munion zu halten. Dann nachdem aus goͤttlicher verordnung in der kirchen
das amt der aͤltiſten verordnet iſt/ ſo iſt denſelben die auffſicht auf alles in der
kirchen anbefohlen/ und kan alſo nichts/ was die gemeinde angehet/ dahin
dann die handlung der Sacramenten gehoͤret/ als welche die bande der gan-
tzen gemeinde ſind/ von jemand ohne derſelben vorwiſſen und einſtimmung
vorgenommen werden/ wie ich ſolches in einem eigenen bedencken ausgefuͤh-
ret habe/ ſondern wer ſich dergleichen/ auſſer dem wahren nothfall/ unterneh-
me/ wuͤrde ſich damit verſuͤndigen/ auch in einer ſonſten an ſich ſelbs heiligen
ſache: zu geſchweigen was aus ſolcher licenz der eigenmaͤchtigen communion
vor aͤrgernuͤß und zerruͤttung entſtehen wuͤrde/ alſo daß unſrer gantzen kir-
chen euſſerſter ruin und oͤffentliche trennung daraus nothwendig erfolgen
muͤſſe/ zu allzuſchwehrer verantwortung derjenigen/ welche dergleichen ver-
anlaßten/ nachdem das gewiß daher erwartende unheil ſo groß iſt/ daß wo
auch einigerley maſſen eine mehrere freyheit goͤttlichem wort nicht gantz zu-
wider zu ſeyn gezeiget werden koͤnte/ glaubige ſich lieber ihrer eigenen frey-

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[857/0865] ARTIC. II. SECTIO. XXXIII. cken/ da ich einmal des redlichen hertzens derſelben verſichert waͤre/ ſie ſo offt als die heilige handlung meines orts oͤffentlich gehalten wuͤrde/ auch mit zu admittiren: wuͤrde aber die gelegenheit nehmen/ in predigten einige mal da- von unterricht zu geben/ daß niemand ſeinen bruder/ der ſeine freyheit zu ſei- ner ſeelen mehrern erbauung gebrauchte/ daruͤber urtheilen/ oder ſich daran ſtoſſen ſolte: Wie ich dann in Franckfurth dergleichen mehrmal auff der can- tzel erinnert habe. 5. So lange man aber ſolche oͤffentliche cbmmunion haben kan/ lieſſe ichs nicht darzu kommen/ die handlung auſſer dem nothfall/ wo man zur gemeinde nicht zu kommen vermag/ zu hauſe anzuſtellen. Jndem ein- mal die Sacramenten/ als die bande der gemeinde/ rechtswegen in die oͤffent- liche verſammlungen/ und daß alſo alle glieder davon wiſſen moͤgen/ gehoͤren/ daher auch davon nicht abzuziehen ſind. 6. Wo ſich aber bey einer ſeelen ein ſo inbruͤnſtiges verlangen nach dieſer ſtaͤrckung faͤnde an einem ort/ da man dieſe handlung ſeltener oͤffentlich haben kan/ oder auch ſonſt auſſer der zeit/ die darzu verordnet iſt/ wolte ich zwahr ihr zumuthen/ ob ſie es nicht lieber auff die zeit der verſammlung verſchieben wolte/ lieſſe ihr aber ihr verlangen ſolches nicht zu/ wuͤrde es ihr entweder zu hauſe oder in der ſacriſtey allein zu reichen mich nicht entziehen. 7. Wie nun dieſes alles geredet iſt von einem Prediger/ und wie derſelbe ſich gegen ſeiner gemeinde glieder/ oder doch die ſich ſeines dienſts gebrauchen wollen/ zu verhalten habe: alſo koͤnte hingegen durchaus nicht billigen/ wo ſich einige/ ob wol ſonſten glaubige hertzen/ die freyheit nehmen wolten/ (wie eines orts dergleichen exempel vorgegangen/ aber insgemein mehr ſchaden gethan hat/ als ſolche gute leute vor ſich nutzen davon gehabt zu haben/ gedencken moͤgen) unter ſich privatim die heilige com- munion zu halten. Dann nachdem aus goͤttlicher verordnung in der kirchen das amt der aͤltiſten verordnet iſt/ ſo iſt denſelben die auffſicht auf alles in der kirchen anbefohlen/ und kan alſo nichts/ was die gemeinde angehet/ dahin dann die handlung der Sacramenten gehoͤret/ als welche die bande der gan- tzen gemeinde ſind/ von jemand ohne derſelben vorwiſſen und einſtimmung vorgenommen werden/ wie ich ſolches in einem eigenen bedencken ausgefuͤh- ret habe/ ſondern wer ſich dergleichen/ auſſer dem wahren nothfall/ unterneh- me/ wuͤrde ſich damit verſuͤndigen/ auch in einer ſonſten an ſich ſelbs heiligen ſache: zu geſchweigen was aus ſolcher licenz der eigenmaͤchtigen communion vor aͤrgernuͤß und zerruͤttung entſtehen wuͤrde/ alſo daß unſrer gantzen kir- chen euſſerſter ruin und oͤffentliche trennung daraus nothwendig erfolgen muͤſſe/ zu allzuſchwehrer verantwortung derjenigen/ welche dergleichen ver- anlaßten/ nachdem das gewiß daher erwartende unheil ſo groß iſt/ daß wo auch einigerley maſſen eine mehrere freyheit goͤttlichem wort nicht gantz zu- wider zu ſeyn gezeiget werden koͤnte/ glaubige ſich lieber ihrer eigenen frey- heit Q q q q q

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 857. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/865>, abgerufen am 23.11.2024.