Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. ten nicht solte dem Presbyterio, dem insgesamt die regirung der gemeindeund der geistlichen dinge zukommet/ anbefohlen/ sondern allen frey gegeben haben. Daher 5. nachdem diese inspectio von dem Presbyterio unabsonder- lich/ so ist sie nicht weniger juris divini, als die institutio des Presbyterii selbs. So bleibet ein grosser unterscheid unter Sanctioribus Ecclesiasticis, die nach der kirchen gutbefinden über diejenigen dinge/ so in der kirchenmacht stehen/ gemacht worden/ und unter demjenig n/ ohne welches eine der vornehmsten einsetzungen Christi/ nemlich das predigamt und dessen regirung/ dasjenige verliehren würde/ was ihm nöthig/ und durch dessen entziehung seine regi- rung guten theils unfruchtbar würde/ daher nicht anders als nach göttlichem willen an jener einsetzung hengen muß. Ja dem ersten/ kan die kirche ändern nach ihrem wolgefallen/ und wie sie es zu jeden zeiten am erbaulichsten fin- det/ wie sie auch über dasjenige/ was jedesmal vor ehrlich und ordentlich ge- halten werden solle/ decerniret; aber in dem andern stehet ihr nicht zu/ et- was nachzugeben/ wodurch die göttliche ordnung selbs geschwächet würde/ wie sie auch insgemein darzu verbunden ist/ daß sie nach vermögen alles ehr- lich und ordentlich hergehen zu lassen/ trachte. Es wird also dieses argument geben: Was dem Presbyterio dermassen zukommt/ daß ohne dassel- bige die solchem anvertrauete regirung der gantzen gemeinde ihren zweck nicht erreichen kan/ sondern allzusehr geschwächet wird/ solches ist juris divini: (denn da das Presbyterium selbs aus diesem herkommt/ so muß dasjenige gleicher natur seyn/ was in dessen innerstes gleichsam einfleußt) Nun kommt die auffsicht und anordnung der H. communion dem Pres- byterio dermassen zu/ daß ohne dieselbige die solchem anvertraute regi- rung der gantzen gemeinde ihren zweck nicht erreichen kan/ sondern all- zusehr geschwächet wird: Ergo so ist dieselbige juris divini. Der Minor ist bereits in vorigem erwiesen; wie dann mir fast nicht begreifflich ist/ wie im übrigen auch des Presbyterii auffsicht ihren völligen zweck erreichen könte/ wo in diesem stück/ und was das Sacrament angehet/ so das sonderbareste band der gemeinschafft der kirchen-glieder ist/ ohne seine auffsicht jeder nach seinem düncken thun dörffte. Jst aber solche auffsicht juris divini, so streitet die selbs anmassende freyheit der glieder/ was diese sache betrifft/ contra jus divinum: nur daß man zu unterscheiden hat/ daß einige dinge bloß und in ihrer natur nach oder wider göttliches recht gehen/ die nemlich in sich selbs böse oder gut sind/ andere hingegen können juris divini seyn/ nach dem sie allein von andern göttlichen einsetzungen gleichsam nach sich gezogen/ und von den- selben erfordert werden; da denn das gegentheil als mit dem jure divino strei- tend/ angesehen werden muß. Die der ersten art wider jus divinum sind/ mö- gen
Das dritte Capitel. ten nicht ſolte dem Presbyterio, dem insgeſamt die regirung der gemeindeund der geiſtlichen dinge zukommet/ anbefohlen/ ſondern allen frey gegeben haben. Daher 5. nachdem dieſe inſpectio von dem Presbyterio unabſonder- lich/ ſo iſt ſie nicht weniger juris divini, als die inſtitutio des Presbyterii ſelbs. So bleibet ein groſſer unterſcheid unter Sanctioribus Eccleſiaſticis, die nach der kirchen gutbefinden uͤber diejenigen dinge/ ſo in der kirchenmacht ſtehen/ gemacht worden/ und unter demjenig n/ ohne welches eine der vornehmſten einſetzungen Chriſti/ nemlich das predigamt und deſſen regirung/ dasjenige verliehren wuͤrde/ was ihm noͤthig/ und durch deſſen entziehung ſeine regi- rung guten theils unfruchtbar wuͤrde/ daher nicht anders als nach goͤttlichem willen an jener einſetzung hengen muß. Ja dem erſten/ kan die kirche aͤndern nach ihrem wolgefallen/ und wie ſie es zu jeden zeiten am erbaulichſten fin- det/ wie ſie auch uͤber dasjenige/ was jedesmal vor ehrlich und ordentlich ge- halten werden ſolle/ decerniret; aber in dem andern ſtehet ihr nicht zu/ et- was nachzugeben/ wodurch die goͤttliche ordnung ſelbs geſchwaͤchet wuͤrde/ wie ſie auch insgemein darzu verbunden iſt/ daß ſie nach vermoͤgen alles ehr- lich und ordentlich hergehen zu laſſen/ trachte. Es wird alſo dieſes argument geben: Was dem Presbyterio dermaſſen zukommt/ daß ohne daſſel- bige die ſolchem anvertrauete regirung der gantzen gemeinde ihren zweck nicht erreichen kan/ ſondern allzuſehr geſchwaͤchet wird/ ſolches iſt juris divini: (denn da das Presbyterium ſelbs aus dieſem herkommt/ ſo muß dasjenige gleicher natuꝛ ſeyn/ was in deſſen iñerſtes gleichſam einfleußt) Nun kom̃t die auffſicht und anordnung der H. communion dem Pres- byterio dermaſſen zu/ daß ohne dieſelbige die ſolchem anvertraute regi- rung der gantzen gemeinde ihꝛen zweck nicht erreichen kan/ ſondern all- zuſehr geſchwaͤchet wird: Ergo ſo iſt dieſelbige juris divini. Der Minor iſt bereits in vorigem erwieſen; wie dann mir faſt nicht begreifflich iſt/ wie im uͤbrigen auch des Presbyterii auffſicht ihren voͤlligen zweck erreichen koͤnte/ wo in dieſem ſtuͤck/ und was das Sacrament angehet/ ſo das ſonderbareſte band der gemeinſchafft der kirchen-glieder iſt/ ohne ſeine auffſicht jeder nach ſeinem duͤncken thun doͤrffte. Jſt aber ſolche auffſicht juris divini, ſo ſtreitet die ſelbs anmaſſende freyheit der glieder/ was dieſe ſache betrifft/ contra jus divinum: nur daß man zu unterſcheiden hat/ daß einige dinge bloß und in ihrer natur nach oder wider goͤttliches recht gehen/ die nemlich in ſich ſelbs boͤſe oder gut ſind/ andere hingegen koͤnnen juris divini ſeyn/ nach dem ſie allein von andern goͤttlichen einſetzungen gleichſam nach ſich gezogen/ und von den- ſelben erfordert werden; da denn das gegentheil als mit dem jure divino ſtrei- tend/ angeſehen werden muß. Die der erſten art wider jus divinum ſind/ moͤ- gen
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Das dritte Capitel.
ten nicht ſolte dem Presbyterio, dem insgeſamt die regirung der gemeinde
und der geiſtlichen dinge zukommet/ anbefohlen/ ſondern allen frey gegeben
haben. Daher 5. nachdem dieſe inſpectio von dem Presbyterio unabſonder-
lich/ ſo iſt ſie nicht weniger juris divini, als die inſtitutio des Presbyterii ſelbs.
So bleibet ein groſſer unterſcheid unter Sanctioribus Eccleſiaſticis, die nach
der kirchen gutbefinden uͤber diejenigen dinge/ ſo in der kirchenmacht ſtehen/
gemacht worden/ und unter demjenig n/ ohne welches eine der vornehmſten
einſetzungen Chriſti/ nemlich das predigamt und deſſen regirung/ dasjenige
verliehren wuͤrde/ was ihm noͤthig/ und durch deſſen entziehung ſeine regi-
rung guten theils unfruchtbar wuͤrde/ daher nicht anders als nach goͤttlichem
willen an jener einſetzung hengen muß. Ja dem erſten/ kan die kirche aͤndern
nach ihrem wolgefallen/ und wie ſie es zu jeden zeiten am erbaulichſten fin-
det/ wie ſie auch uͤber dasjenige/ was jedesmal vor ehrlich und ordentlich ge-
halten werden ſolle/ decerniret; aber in dem andern ſtehet ihr nicht zu/ et-
was nachzugeben/ wodurch die goͤttliche ordnung ſelbs geſchwaͤchet wuͤrde/
wie ſie auch insgemein darzu verbunden iſt/ daß ſie nach vermoͤgen alles ehr-
lich und ordentlich hergehen zu laſſen/ trachte. Es wird alſo dieſes argument
geben: Was dem Presbyterio dermaſſen zukommt/ daß ohne daſſel-
bige die ſolchem anvertrauete regirung der gantzen gemeinde ihren
zweck nicht erreichen kan/ ſondern allzuſehr geſchwaͤchet wird/ ſolches
iſt juris divini: (denn da das Presbyterium ſelbs aus dieſem herkommt/ ſo
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Nun kom̃t die auffſicht und anordnung der H. communion dem Pres-
byterio dermaſſen zu/ daß ohne dieſelbige die ſolchem anvertraute regi-
rung der gantzen gemeinde ihꝛen zweck nicht erreichen kan/ ſondern all-
zuſehr geſchwaͤchet wird: Ergo ſo iſt dieſelbige juris divini. Der Minor
iſt bereits in vorigem erwieſen; wie dann mir faſt nicht begreifflich iſt/ wie
im uͤbrigen auch des Presbyterii auffſicht ihren voͤlligen zweck erreichen koͤnte/
wo in dieſem ſtuͤck/ und was das Sacrament angehet/ ſo das ſonderbareſte
band der gemeinſchafft der kirchen-glieder iſt/ ohne ſeine auffſicht jeder nach
ſeinem duͤncken thun doͤrffte. Jſt aber ſolche auffſicht juris divini, ſo ſtreitet
die ſelbs anmaſſende freyheit der glieder/ was dieſe ſache betrifft/ contra jus
divinum: nur daß man zu unterſcheiden hat/ daß einige dinge bloß und in
ihrer natur nach oder wider goͤttliches recht gehen/ die nemlich in ſich ſelbs
boͤſe oder gut ſind/ andere hingegen koͤnnen juris divini ſeyn/ nach dem ſie allein
von andern goͤttlichen einſetzungen gleichſam nach ſich gezogen/ und von den-
ſelben erfordert werden; da denn das gegentheil als mit dem jure divino ſtrei-
tend/ angeſehen werden muß. Die der erſten art wider jus divinum ſind/ moͤ-
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