Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. sen lassen/ sondern noch 3. jahr darnach T. 4. Alt. f. 465. b. wiederholet hat. Jn-dessen sehe noch nicht/ wie diese stelle das jenige darthue/ wozu sie angeführet wird. 1. Wird damit allerdings nicht jeden Christen macht gegeben/ unter sich frey die communion zu halten/ sondern Lutherus redet von einer sondern ge- meinde/ die er/ und also ein Prediger/ anordnen wolte/ wie er darnach spricht: Aber ich kan und mag noch nicht eine solche gemeine oder versammlung ordnen oder anrichten; Also solte auch solche gemeinde in einer gewissen ordnung/ und demnach unter der regirung einiger Prediger/ stehen/ da nicht einem jeglichen frey stünde zu thun/ was er wolte; sondern es gehörte darzu die auffsicht der Vorsteher: und wäre diese gemeinde von jeder andern ab- fonderlichen gemeinde/ die sich nemlich in dieses oder jenes kirch-spiel und kir- che sammlen/ alleine darinnen unterschieden/ daß zu diesen ein jeder ein- wohner solches orts/ bloß aus dem/ weil er ein einwohner ist/ recht hat/ als ein glied sich einzufinden/ in jene aber/ als die etwas neues wäre/ niemand ohne gewisse conditiones, nemlich in allen dem christlichen ordnungen/ so bey an- dern wieder so sehr in abgang gekommen/ sich zu bequemen/ auffgenommen würde: daher müßten sie/ nemlich erstlich/ allein in einem hause zusammen kommen/ nicht daß der liebe mann einen eckel vor den öffentlichen kirchen ge- habt/ sondern weil die andre gemeinden/ da man nicht einen jeglichen unter ihnen mit einnehmen würde/ ihre kirchen einer solchen neuen gemeinde nicht einräumen würden. Also ists allerdings ein ander sache/ davon Lutherus redet/ und von welcher unsre frage handelt; und zwahr ist der unterscheid in dem haupt-werck/ nach dem Lutherus keine eigenmächtige communion mit ausschliessung der Vorsteher damit noch billiget. 2. Den Vorschlag des lieben mannes aber selbs betreffende/ habe ich bereits vor 16. jahren dessel- ben in einem send-schreiben an einen ausländischen Theologum p. 74. meldung gethan/ auch bekannt/ daß ich in solchem fall ein schisma oder trennung be- sorgte/ so ich in der kirchen auff alle mügliche weise verhütet zu werden nöthig achtete: daher nur verlangt/ daß da der theure Lehrer so weit gegangen wäre/ auffs wenigste so viel von seinem vorschlag möchte beliebet werden/ als noch davon ohne sorge der trennung behalten werden könte. So ists nun an dem/ daß des lieben mannes absicht wol herrlich gut gewesen/ als der nach dem er gemercket/ daß den fast verwildeten gemeinden überhaupt schwehr mehr zu helffen seye/ weil der bösen und ruchlosen allzuviele wären/ auff die- sen weg gedacht/ daß eine neue gemeinde gesammlet würde/ zu dero sich allge- mach auch aus der andern diejenige sammleten/ die der HErr nachund nach rüh- rete/ ob dero gutes exempel so viel fruchtete/ daß endlich die andre insgesamt auch gewonnen/ und auff diese art gebessert würden. So hoffe ich/ es wer- den seine gedancken auch nicht gewesen seyn/ ein eigenlich schisma an einem ort
Das dritte Capitel. ſen laſſen/ ſondern noch 3. jahr darnach T. 4. Alt. f. 465. b. wiederholet hat. Jn-deſſen ſehe noch nicht/ wie dieſe ſtelle das jenige darthue/ wozu ſie angefuͤhret wird. 1. Wird damit allerdings nicht jeden Chriſten macht gegeben/ unter ſich frey die communion zu halten/ ſondern Lutherus redet von einer ſondern ge- meinde/ die er/ und alſo ein Prediger/ anordnen wolte/ wie er darnach ſpricht: Aber ich kan und mag noch nicht eine ſolche gemeine oder verſam̃lung ordnen oder anrichten; Alſo ſolte auch ſolche gemeinde in einer gewiſſen ordnung/ und demnach unter der regirung einiger Prediger/ ſtehen/ da nicht einem jeglichen frey ſtuͤnde zu thun/ was er wolte; ſondern es gehoͤrte darzu die auffſicht der Vorſteher: und waͤre dieſe gemeinde von jeder andern ab- fonderlichen gemeinde/ die ſich nemlich in dieſes oder jenes kirch-ſpiel und kir- che ſammlen/ alleine darinnen unterſchieden/ daß zu dieſen ein jeder ein- wohner ſolches orts/ bloß aus dem/ weil er ein einwohner iſt/ recht hat/ als ein glied ſich einzufinden/ in jene aber/ als die etwas neues waͤre/ niemand ohne gewiſſe conditiones, nemlich in allen dem chriſtlichen ordnungen/ ſo bey an- dern wieder ſo ſehr in abgang gekommen/ ſich zu bequemen/ auffgenommen wuͤrde: daher muͤßten ſie/ nemlich erſtlich/ allein in einem hauſe zuſammen kommen/ nicht daß der liebe mann einen eckel vor den oͤffentlichen kirchen ge- habt/ ſondern weil die andre gemeinden/ da man nicht einen jeglichen unter ihnen mit einnehmen wuͤrde/ ihre kirchen einer ſolchen neuen gemeinde nicht einraͤumen wuͤrden. Alſo iſts allerdings ein ander ſache/ davon Lutherus redet/ und von welcher unſre frage handelt; und zwahr iſt der unterſcheid in dem haupt-werck/ nach dem Lutherus keine eigenmaͤchtige communion mit ausſchlieſſung der Vorſteher damit noch billiget. 2. Den Vorſchlag des lieben mannes aber ſelbs betreffende/ habe ich bereits vor 16. jahren deſſel- ben in einem ſend-ſchreiben an einen auslaͤndiſchen Theologum p. 74. meldung gethan/ auch bekannt/ daß ich in ſolchem fall ein ſchiſma oder trennung be- ſorgte/ ſo ich in der kirchen auff alle muͤgliche weiſe verhuͤtet zu werden noͤthig achtete: daher nur verlangt/ daß da der theure Lehrer ſo weit gegangen waͤre/ auffs wenigſte ſo viel von ſeinem vorſchlag moͤchte beliebet werden/ als noch davon ohne ſorge der trennung behalten werden koͤnte. So iſts nun an dem/ daß des lieben mannes abſicht wol herrlich gut geweſen/ als der nach dem er gemercket/ daß den faſt verwildeten gemeinden uͤberhaupt ſchwehr mehr zu helffen ſeye/ weil der boͤſen und ruchloſen allzuviele waͤren/ auff die- ſen weg gedacht/ daß eine neue gemeinde geſammlet wuͤrde/ zu dero ſich allge- mach auch aus der andern diejenige ſam̃leten/ die der HErr nachund nach ruͤh- rete/ ob dero gutes exempel ſo viel fruchtete/ daß endlich die andre insgeſamt auch gewonnen/ und auff dieſe art gebeſſert wuͤrden. So hoffe ich/ es wer- den ſeine gedancken auch nicht geweſen ſeyn/ ein eigenlich ſchiſma an einem ort
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Das dritte Capitel.
ſen laſſen/ ſondern noch 3. jahr darnach T. 4. Alt. f. 465. b. wiederholet hat. Jn-
deſſen ſehe noch nicht/ wie dieſe ſtelle das jenige darthue/ wozu ſie angefuͤhret
wird. 1. Wird damit allerdings nicht jeden Chriſten macht gegeben/ unter ſich
frey die communion zu halten/ ſondern Lutherus redet von einer ſondern ge-
meinde/ die er/ und alſo ein Prediger/ anordnen wolte/ wie er darnach ſpricht:
Aber ich kan und mag noch nicht eine ſolche gemeine oder verſam̃lung
ordnen oder anrichten; Alſo ſolte auch ſolche gemeinde in einer gewiſſen
ordnung/ und demnach unter der regirung einiger Prediger/ ſtehen/ da nicht
einem jeglichen frey ſtuͤnde zu thun/ was er wolte; ſondern es gehoͤrte darzu
die auffſicht der Vorſteher: und waͤre dieſe gemeinde von jeder andern ab-
fonderlichen gemeinde/ die ſich nemlich in dieſes oder jenes kirch-ſpiel und kir-
che ſammlen/ alleine darinnen unterſchieden/ daß zu dieſen ein jeder ein-
wohner ſolches orts/ bloß aus dem/ weil er ein einwohner iſt/ recht hat/ als ein
glied ſich einzufinden/ in jene aber/ als die etwas neues waͤre/ niemand ohne
gewiſſe conditiones, nemlich in allen dem chriſtlichen ordnungen/ ſo bey an-
dern wieder ſo ſehr in abgang gekommen/ ſich zu bequemen/ auffgenommen
wuͤrde: daher muͤßten ſie/ nemlich erſtlich/ allein in einem hauſe zuſammen
kommen/ nicht daß der liebe mann einen eckel vor den oͤffentlichen kirchen ge-
habt/ ſondern weil die andre gemeinden/ da man nicht einen jeglichen unter
ihnen mit einnehmen wuͤrde/ ihre kirchen einer ſolchen neuen gemeinde nicht
einraͤumen wuͤrden. Alſo iſts allerdings ein ander ſache/ davon Lutherus
redet/ und von welcher unſre frage handelt; und zwahr iſt der unterſcheid in
dem haupt-werck/ nach dem Lutherus keine eigenmaͤchtige communion mit
ausſchlieſſung der Vorſteher damit noch billiget. 2. Den Vorſchlag des
lieben mannes aber ſelbs betreffende/ habe ich bereits vor 16. jahren deſſel-
ben in einem ſend-ſchreiben an einen auslaͤndiſchen Theologum p. 74. meldung
gethan/ auch bekannt/ daß ich in ſolchem fall ein ſchiſma oder trennung be-
ſorgte/ ſo ich in der kirchen auff alle muͤgliche weiſe verhuͤtet zu werden noͤthig
achtete: daher nur verlangt/ daß da der theure Lehrer ſo weit gegangen
waͤre/ auffs wenigſte ſo viel von ſeinem vorſchlag moͤchte beliebet werden/ als
noch davon ohne ſorge der trennung behalten werden koͤnte. So iſts nun an
dem/ daß des lieben mannes abſicht wol herrlich gut geweſen/ als der nach
dem er gemercket/ daß den faſt verwildeten gemeinden uͤberhaupt ſchwehr
mehr zu helffen ſeye/ weil der boͤſen und ruchloſen allzuviele waͤren/ auff die-
ſen weg gedacht/ daß eine neue gemeinde geſammlet wuͤrde/ zu dero ſich allge-
mach auch aus der andern diejenige ſam̃leten/ die der HErr nachund nach ruͤh-
rete/ ob dero gutes exempel ſo viel fruchtete/ daß endlich die andre insgeſamt
auch gewonnen/ und auff dieſe art gebeſſert wuͤrden. So hoffe ich/ es wer-
den ſeine gedancken auch nicht geweſen ſeyn/ ein eigenlich ſchiſma an einem
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/80>, abgerufen am 16.02.2025. |