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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das fünffte Capitel.
maldieses zur entschuldigung gebraucht/ man thue es eben nicht täglich/ o-
der man trincke sich nicht eben gleich tolle und voll/ oder man gehe nicht mit
liederlichen lumpen-sondern mit rechtschaffenen leuten um/ aber alle solche
feigenblätter mögen die blösse dieses lasters nicht bedecken: denn offenbare
sünde thun ist unverantwortlich/ wenns auch schon selten geschehe/ so hat
uns auch CHristus nicht nur den eusersten grad der trunckenheit/ da man von
seinen sinnen nicht mehr weiß/ verboten/ sondern eben so wol denjenigen/ wo
man sein hertz mit dem trunck beschwehret/ und sich zu andächtigem dienst Got-
tes und nützlichen verrichtungen solche zeit untüchtig machet: auch heisset vor
GOtt böse gesellschafft alle diejenige/ womit man sündiget/ solten es auch
in der welt vor die ehrlichsten gehalten werden. Ferner ist mir auch bekant/
daß viel rohe ehemänner meinen/ (wie ich auch sorge/ daß einige ihm derglei-
chen mögen zuweilen eingeblasen haben) es wäre wider ihre ehre/ wo sie sich
von ihren weibern etwas liessen einreden/ sondern wenn diese ihnen aus
christlichem gemüth zusprechen/ thun sie ihnen zu trutz gerade das gegentheil/
und halten sie übel darüber/ gedencken auch/ daß darinnen vornemlich ihre
reputation bestehe/ aber es ist auch dieses wider göttliche ordnung/ denn
ob wol GOtt dem manne die herrschafft über das weib gegeben/ so hat er sie
ihm doch zu einer gehülffin zu geordnet: Daher hat ein christlich eheweib fug/
ja sie ist darzu verbunden/ wenn ihr ehemann nicht in der ordnung bleibet/
ihm liebreich und beweglich zu zusprechen/ er aber hat in solchem fall ihre
stimme als GOttes stimme anzuhören und willig zu folgen/ ja derjenigen/
die ihm freundlich zugesprochen/ dafür als für eine sonderbahre treue danck
zu sagen: Wo aber ein mann sich widersetzet/ und solches wider sein mann-
liches recht zu streiten einbildet/ verräth er sich/ daß er göttliche ordnung
noch nicht verstehe/ und versündiget sich hefftig. An alles solches wolle er
fleißig gedencken/ und glauben/ daß diejenige alle des satans werckzeuge/
auch unwissend gewesen seyn/ die ihn darzu angefrischet/ seiner lieben hauß-
frauen dasjenige zu leid zu thun/ welches abzusteilen sie ihn gebeten/ da er sie
vielmehr für solche treue sorgfalt desto hertzlicher lieben sollen. Nun mein ge-
liebter freund/ dieses wären diejenigen dinge/ welche ich auff veranlassung sei-
ner mir zugestellten schrifft noch zu seiner seelen besten aus treuem hertzen ü-
berschreiben/ und ihr erinnern sollen. Damit ich also an ihm völlig meine
seele gerettet haben/ und keine weitere rechenschafft für dieselbe geben will;
aber bitte/ er erwege diese meine antwort fleißig in der furcht des HErrn/ le-
ge sie bey und überlese sie mehrmal/ sonderlich so offt er sein hertz zur bußübung
schicken will. Jch ruffe schließlichen GOtt an/ und werde ihn noch ferner an-
ruffen/ der nicht nur diesem seinem wort/ itzt aus meiner feder geflossen/ in
seine seele zu dero rührung einen kräfftigen eintruck geben/ sondern insgesamt

ihn

Das fuͤnffte Capitel.
maldieſes zur entſchuldigung gebraucht/ man thue es eben nicht taͤglich/ o-
der man trincke ſich nicht eben gleich tolle und voll/ oder man gehe nicht mit
liederlichen lumpen-ſondern mit rechtſchaffenen leuten um/ aber alle ſolche
feigenblaͤtter moͤgen die bloͤſſe dieſes laſters nicht bedecken: denn offenbare
ſuͤnde thun iſt unverantwortlich/ wenns auch ſchon ſelten geſchehe/ ſo hat
uns auch CHriſtus nicht nur den euſerſten grad der trunckenheit/ da man von
ſeinen ſinnen nicht mehr weiß/ verboten/ ſondern eben ſo wol denjenigen/ wo
man ſein hertz mit dem trunck beſchwehret/ uñ ſich zu andaͤchtigem dienſt Got-
tes und nuͤtzlichen verrichtungen ſolche zeit untuͤchtig machet: auch heiſſet vor
GOtt boͤſe geſellſchafft alle diejenige/ womit man ſuͤndiget/ ſolten es auch
in der welt vor die ehrlichſten gehalten werden. Ferner iſt mir auch bekant/
daß viel rohe ehemaͤnner meinen/ (wie ich auch ſorge/ daß einige ihm derglei-
chen moͤgen zuweilen eingeblaſen haben) es waͤre wider ihre ehre/ wo ſie ſich
von ihren weibern etwas lieſſen einreden/ ſondern wenn dieſe ihnen aus
chriſtlichem gemuͤth zuſprechen/ thun ſie ihnen zu trutz gerade das gegentheil/
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reputation beſtehe/ aber es iſt auch dieſes wider goͤttliche ordnung/ denn
ob wol GOtt dem manne die herrſchafft uͤber das weib gegeben/ ſo hat er ſie
ihm doch zu einer gehuͤlffin zu geordnet: Daher hat ein chriſtlich eheweib fug/
ja ſie iſt darzu verbunden/ wenn ihr ehemann nicht in der ordnung bleibet/
ihm liebreich und beweglich zu zuſprechen/ er aber hat in ſolchem fall ihre
ſtimme als GOttes ſtimme anzuhoͤren und willig zu folgen/ ja derjenigen/
die ihm freundlich zugeſprochen/ dafuͤr als fuͤr eine ſonderbahre treue danck
zu ſagen: Wo aber ein mann ſich widerſetzet/ und ſolches wider ſein mann-
liches recht zu ſtreiten einbildet/ verraͤth er ſich/ daß er goͤttliche ordnung
noch nicht verſtehe/ und verſuͤndiget ſich hefftig. An alles ſolches wolle er
fleißig gedencken/ und glauben/ daß diejenige alle des ſatans werckzeuge/
auch unwiſſend geweſen ſeyn/ die ihn darzu angefriſchet/ ſeiner lieben hauß-
frauen dasjenige zu leid zu thun/ welches abzuſteilen ſie ihn gebeten/ da er ſie
vielmehr fuͤr ſolche treue ſorgfalt deſto hertzlicher lieben ſollen. Nun mein ge-
liebter freund/ dieſes waͤren diejenigen dinge/ welche ich auff veꝛanlaſſung ſei-
ner mir zugeſtellten ſchrifft noch zu ſeiner ſeelen beſten aus treuem hertzen uͤ-
berſchreiben/ und ihr erinnern ſollen. Damit ich alſo an ihm voͤllig meine
ſeele gerettet haben/ und keine weitere rechenſchafft fuͤr dieſelbe geben will;
aber bitte/ er erwege dieſe meine antwort fleißig in der furcht des HErrn/ le-
ge ſie bey uñ uͤberleſe ſie mehrmal/ ſonderlich ſo offt er ſein hertz zur bußuͤbung
ſchicken will. Jch ruffe ſchließlichen GOtt an/ und werde ihn noch ferner an-
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ihn
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[706/0714] Das fuͤnffte Capitel. maldieſes zur entſchuldigung gebraucht/ man thue es eben nicht taͤglich/ o- der man trincke ſich nicht eben gleich tolle und voll/ oder man gehe nicht mit liederlichen lumpen-ſondern mit rechtſchaffenen leuten um/ aber alle ſolche feigenblaͤtter moͤgen die bloͤſſe dieſes laſters nicht bedecken: denn offenbare ſuͤnde thun iſt unverantwortlich/ wenns auch ſchon ſelten geſchehe/ ſo hat uns auch CHriſtus nicht nur den euſerſten grad der trunckenheit/ da man von ſeinen ſinnen nicht mehr weiß/ verboten/ ſondern eben ſo wol denjenigen/ wo man ſein hertz mit dem trunck beſchwehret/ uñ ſich zu andaͤchtigem dienſt Got- tes und nuͤtzlichen verrichtungen ſolche zeit untuͤchtig machet: auch heiſſet vor GOtt boͤſe geſellſchafft alle diejenige/ womit man ſuͤndiget/ ſolten es auch in der welt vor die ehrlichſten gehalten werden. Ferner iſt mir auch bekant/ daß viel rohe ehemaͤnner meinen/ (wie ich auch ſorge/ daß einige ihm derglei- chen moͤgen zuweilen eingeblaſen haben) es waͤre wider ihre ehre/ wo ſie ſich von ihren weibern etwas lieſſen einreden/ ſondern wenn dieſe ihnen aus chriſtlichem gemuͤth zuſprechen/ thun ſie ihnen zu trutz gerade das gegentheil/ und halten ſie uͤbel daruͤber/ gedencken auch/ daß darinnen vornemlich ihre reputation beſtehe/ aber es iſt auch dieſes wider goͤttliche ordnung/ denn ob wol GOtt dem manne die herrſchafft uͤber das weib gegeben/ ſo hat er ſie ihm doch zu einer gehuͤlffin zu geordnet: Daher hat ein chriſtlich eheweib fug/ ja ſie iſt darzu verbunden/ wenn ihr ehemann nicht in der ordnung bleibet/ ihm liebreich und beweglich zu zuſprechen/ er aber hat in ſolchem fall ihre ſtimme als GOttes ſtimme anzuhoͤren und willig zu folgen/ ja derjenigen/ die ihm freundlich zugeſprochen/ dafuͤr als fuͤr eine ſonderbahre treue danck zu ſagen: Wo aber ein mann ſich widerſetzet/ und ſolches wider ſein mann- liches recht zu ſtreiten einbildet/ verraͤth er ſich/ daß er goͤttliche ordnung noch nicht verſtehe/ und verſuͤndiget ſich hefftig. An alles ſolches wolle er fleißig gedencken/ und glauben/ daß diejenige alle des ſatans werckzeuge/ auch unwiſſend geweſen ſeyn/ die ihn darzu angefriſchet/ ſeiner lieben hauß- frauen dasjenige zu leid zu thun/ welches abzuſteilen ſie ihn gebeten/ da er ſie vielmehr fuͤr ſolche treue ſorgfalt deſto hertzlicher lieben ſollen. Nun mein ge- liebter freund/ dieſes waͤren diejenigen dinge/ welche ich auff veꝛanlaſſung ſei- ner mir zugeſtellten ſchrifft noch zu ſeiner ſeelen beſten aus treuem hertzen uͤ- berſchreiben/ und ihr erinnern ſollen. Damit ich alſo an ihm voͤllig meine ſeele gerettet haben/ und keine weitere rechenſchafft fuͤr dieſelbe geben will; aber bitte/ er erwege dieſe meine antwort fleißig in der furcht des HErrn/ le- ge ſie bey uñ uͤberleſe ſie mehrmal/ ſonderlich ſo offt er ſein hertz zur bußuͤbung ſchicken will. Jch ruffe ſchließlichen GOtt an/ und werde ihn noch ferner an- ruffen/ der nicht nur dieſem ſeinem wort/ itzt aus meiner feder gefloſſen/ in ſeine ſeele zu dero ruͤhrung einen kraͤfftigen eintruck geben/ ſondern insgeſamt ihn

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 706. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/714>, abgerufen am 23.11.2024.