Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
ARTIC. I. SECTIO XXI.
SECTIO XXI.
Vermahnung vornemlich auff dem weg des Ev-
angelii einherzu gehen. Wie man sich gegen die Refor-
mirte zu bezeigen.

WJe es billich unsre größte freude seyn solte/ wo wir gewahr werden/
wie die himmlische güte da und dort bald diesen bald jenen ergreifft/
und aus der welt gemeinschafft mächtiglich zu sich reißt/ als darin-
nen ein grosses stück göttlicher ehr bestehet/ und wir uns an einem jeden sol-
chen menschen eines brudern versichern können/ mit dem wir dermaleins ewig-
lich uns freuen sollen: also kan versichern/ daß dessen/ ob wol mir so nahmen
als person nach unbekant gewesten/ liebes schreiben mich inniglich ergötzet hat.
Dahero mit demselben unsers himmlischen Vaters ewiger güte demüthigsten
danck sage/ der auch dessen seele von der Obrigkeit der finsternüß errettet/
und in das reich seines lieben Sohnes versetzet/ auch tüchtig gemacht hat zu
dem erbtheil der Heiligen in dem liecht. Sie wolle aber noch fortfahren sol-
ches gute werck fortzusetzen und zu vollführen auff den tag JEsu CHristi:
dessen mich auch zu derselben treue gewiß/ zu ihme aber/ daß er dem gnaden-
zug auch künfftig gehorsam bleiben/ und dessen wirckung niemal selbs unter-
brechen/ oder an sich vergebens machen werde/ in christlicher liebe versehe.
Dabey solte mir aber sehr angenehm seyn/ wo mein wehrter Herr geruhen
wolte/ die art und weise ausführlicher zu beschreiben/ wie der gütigste Vater
das wahre und helle liecht der gerechtigkeit/ davon das schreiben gedencket/
in seiner seelen auffgehen lassen/ ob es plötzlich oder allgemach/ bey gelegen-
heit des lesens/ hörens oder betrachtung göttlichen worts/ oder ausser dem-
selben aus der krafft des vor dem gefaßten worts/ geschehen seye. Wie
dann manchmal einige grund-wahrheiten aus dem göttlichen wort in
in das hertz also gefaßt werden/ daß weil durch anderes dero krafft/ welche sie
sonsten bey uns haben solten/ gehindert wird/ sie gleichwol lang als wären
sie unkräfftig bey uns ligen bleiben/ biß sie so zu reden durch gewisse gelegen-
heit rege gemacht werden/ und in göttlicher krafft durchtringen: so ich zu
vergleichen pflege mit einem saamkörnlein/ das in ein gantz trockenes land
fället/ welches seine lebendige krafft zum auffgehen nicht ereignen kan/ biß et-
wa einmal ein gesegneter regen darauff fället/ so die erde anfeuchtet/ daß das
körnlein zu käumen und hervor zubrechen verursachet/ weil nunmehr die er-
de darzu beqvem worden. Wie nun aber der weiseste GOTT nach seiner
weißheit nicht nur eine/ sondern vielerley arten und wege bey seinen kindern
gebraucht/ solte michs sehr freuen/ vielleicht auch zu einigem nützlich seyn/

wo
S s s s
ARTIC. I. SECTIO XXI.
SECTIO XXI.
Vermahnung vornemlich auff dem weg des Ev-
angelii einherzu gehen. Wie man ſich gegen die Refor-
mirte zu bezeigen.

WJe es billich unſre groͤßte freude ſeyn ſolte/ wo wir gewahr werden/
wie die himmliſche guͤte da und dort bald dieſen bald jenen ergreifft/
und aus der welt gemeinſchafft maͤchtiglich zu ſich reißt/ als darin-
nen ein groſſes ſtuͤck goͤttlicher ehr beſtehet/ und wir uns an einem jeden ſol-
chen menſchen eines brudern verſichern koͤñen/ mit dem wir deꝛmaleins ewig-
lich uns freuen ſollen: alſo kan verſichern/ daß deſſen/ ob wol mir ſo nahmen
als perſon nach unbekant geweſten/ liebes ſchreiben mich inniglich eꝛgoͤtzet hat.
Dahero mit demſelben unſers himmliſchen Vaters ewiger guͤte demuͤthigſten
danck ſage/ der auch deſſen ſeele von der Obrigkeit der finſternuͤß errettet/
und in das reich ſeines lieben Sohnes verſetzet/ auch tuͤchtig gemacht hat zu
dem erbtheil der Heiligen in dem liecht. Sie wolle aber noch fortfahren ſol-
ches gute werck fortzuſetzen und zu vollfuͤhren auff den tag JEſu CHriſti:
deſſen mich auch zu derſelben treue gewiß/ zu ihme aber/ daß er dem gnaden-
zug auch kuͤnfftig gehorſam bleiben/ und deſſen wirckung niemal ſelbs unter-
brechen/ oder an ſich vergebens machen werde/ in chriſtlicher liebe verſehe.
Dabey ſolte mir aber ſehr angenehm ſeyn/ wo mein wehrter Herr geruhen
wolte/ die art und weiſe ausfuͤhrlicher zu beſchreiben/ wie der guͤtigſte Vater
das wahre und helle liecht der gerechtigkeit/ davon das ſchreiben gedencket/
in ſeiner ſeelen auffgehen laſſen/ ob es ploͤtzlich oder allgemach/ bey gelegen-
heit des leſens/ hoͤrens oder betrachtung goͤttlichen worts/ oder auſſer dem-
ſelben aus der krafft des vor dem gefaßten worts/ geſchehen ſeye. Wie
dann manchmal einige grund-wahrheiten aus dem goͤttlichen wort in
in das hertz alſo gefaßt werden/ daß weil durch anderes dero krafft/ welche ſie
ſonſten bey uns haben ſolten/ gehindert wird/ ſie gleichwol lang als waͤren
ſie unkraͤfftig bey uns ligen bleiben/ biß ſie ſo zu reden durch gewiſſe gelegen-
heit rege gemacht werden/ und in goͤttlicher krafft durchtringen: ſo ich zu
vergleichen pflege mit einem ſaamkoͤrnlein/ das in ein gantz trockenes land
faͤllet/ welches ſeine lebendige krafft zum auffgehen nicht ereignen kan/ biß et-
wa einmal ein geſegneter regen darauff faͤllet/ ſo die erde anfeuchtet/ daß das
koͤrnlein zu kaͤumen und hervor zubrechen verurſachet/ weil nunmehr die er-
de darzu beqvem worden. Wie nun aber der weiſeſte GOTT nach ſeiner
weißheit nicht nur eine/ ſondern vielerley arten und wege bey ſeinen kindern
gebraucht/ ſolte michs ſehr freuen/ vielleicht auch zu einigem nuͤtzlich ſeyn/

wo
S s s s
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0697" n="689"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">ARTIC. I. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXI.</hi> </hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXI.</hi><lb/>
Vermahnung vornemlich auff dem weg des Ev-<lb/>
angelii einherzu gehen. Wie man &#x017F;ich gegen die Refor-<lb/>
mirte zu bezeigen.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">W</hi>Je es billich un&#x017F;re gro&#x0364;ßte freude &#x017F;eyn &#x017F;olte/ wo wir gewahr werden/<lb/>
wie die himmli&#x017F;che gu&#x0364;te da und dort bald die&#x017F;en bald jenen ergreifft/<lb/>
und aus der welt gemein&#x017F;chafft ma&#x0364;chtiglich zu &#x017F;ich reißt/ als darin-<lb/>
nen ein gro&#x017F;&#x017F;es &#x017F;tu&#x0364;ck go&#x0364;ttlicher ehr be&#x017F;tehet/ und wir uns an einem jeden &#x017F;ol-<lb/>
chen men&#x017F;chen eines brudern ver&#x017F;ichern ko&#x0364;n&#x0303;en/ mit dem wir de&#xA75B;maleins ewig-<lb/>
lich uns freuen &#x017F;ollen: al&#x017F;o kan ver&#x017F;ichern/ daß de&#x017F;&#x017F;en/ ob wol mir &#x017F;o nahmen<lb/>
als per&#x017F;on nach unbekant gewe&#x017F;ten/ liebes &#x017F;chreiben mich inniglich e&#xA75B;go&#x0364;tzet hat.<lb/>
Dahero mit dem&#x017F;elben un&#x017F;ers himmli&#x017F;chen Vaters ewiger gu&#x0364;te demu&#x0364;thig&#x017F;ten<lb/>
danck &#x017F;age/ der auch de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eele von der Obrigkeit der fin&#x017F;ternu&#x0364;ß errettet/<lb/>
und in das reich &#x017F;eines lieben Sohnes ver&#x017F;etzet/ auch tu&#x0364;chtig gemacht hat zu<lb/>
dem erbtheil der Heiligen in dem liecht. Sie wolle aber noch fortfahren &#x017F;ol-<lb/>
ches gute werck fortzu&#x017F;etzen und zu vollfu&#x0364;hren auff den tag JE&#x017F;u CHri&#x017F;ti:<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en mich auch zu der&#x017F;elben treue gewiß/ zu ihme aber/ daß er dem gnaden-<lb/>
zug auch ku&#x0364;nfftig gehor&#x017F;am bleiben/ und de&#x017F;&#x017F;en wirckung niemal &#x017F;elbs unter-<lb/>
brechen/ oder an &#x017F;ich vergebens machen werde/ in chri&#x017F;tlicher liebe ver&#x017F;ehe.<lb/>
Dabey &#x017F;olte mir aber &#x017F;ehr angenehm &#x017F;eyn/ wo mein wehrter Herr geruhen<lb/>
wolte/ die art und wei&#x017F;e ausfu&#x0364;hrlicher zu be&#x017F;chreiben/ wie der gu&#x0364;tig&#x017F;te Vater<lb/>
das wahre und helle liecht der gerechtigkeit/ davon das &#x017F;chreiben gedencket/<lb/>
in &#x017F;einer &#x017F;eelen auffgehen la&#x017F;&#x017F;en/ ob es plo&#x0364;tzlich oder allgemach/ bey gelegen-<lb/>
heit des le&#x017F;ens/ ho&#x0364;rens oder betrachtung go&#x0364;ttlichen worts/ oder au&#x017F;&#x017F;er dem-<lb/>
&#x017F;elben aus der krafft des vor dem gefaßten worts/ ge&#x017F;chehen &#x017F;eye. Wie<lb/>
dann manchmal einige grund-wahrheiten aus dem go&#x0364;ttlichen wort in<lb/>
in das hertz al&#x017F;o gefaßt werden/ daß weil durch anderes dero krafft/ welche &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;on&#x017F;ten bey uns haben &#x017F;olten/ gehindert wird/ &#x017F;ie gleichwol lang als wa&#x0364;ren<lb/>
&#x017F;ie unkra&#x0364;fftig bey uns ligen bleiben/ biß &#x017F;ie &#x017F;o zu reden durch gewi&#x017F;&#x017F;e gelegen-<lb/>
heit rege gemacht werden/ und in go&#x0364;ttlicher krafft durchtringen: &#x017F;o ich zu<lb/>
vergleichen pflege mit einem &#x017F;aamko&#x0364;rnlein/ das in ein gantz trockenes land<lb/>
fa&#x0364;llet/ welches &#x017F;eine lebendige krafft zum auffgehen nicht ereignen kan/ biß et-<lb/>
wa einmal ein ge&#x017F;egneter regen darauff fa&#x0364;llet/ &#x017F;o die erde anfeuchtet/ daß das<lb/>
ko&#x0364;rnlein zu ka&#x0364;umen und hervor zubrechen verur&#x017F;achet/ weil nunmehr die er-<lb/>
de darzu beqvem worden. Wie nun aber der wei&#x017F;e&#x017F;te GOTT nach &#x017F;einer<lb/>
weißheit nicht nur eine/ &#x017F;ondern vielerley arten und wege bey &#x017F;einen kindern<lb/>
gebraucht/ &#x017F;olte michs &#x017F;ehr freuen/ vielleicht auch zu einigem nu&#x0364;tzlich &#x017F;eyn/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S s s s</fw><fw place="bottom" type="catch">wo</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[689/0697] ARTIC. I. SECTIO XXI. SECTIO XXI. Vermahnung vornemlich auff dem weg des Ev- angelii einherzu gehen. Wie man ſich gegen die Refor- mirte zu bezeigen. WJe es billich unſre groͤßte freude ſeyn ſolte/ wo wir gewahr werden/ wie die himmliſche guͤte da und dort bald dieſen bald jenen ergreifft/ und aus der welt gemeinſchafft maͤchtiglich zu ſich reißt/ als darin- nen ein groſſes ſtuͤck goͤttlicher ehr beſtehet/ und wir uns an einem jeden ſol- chen menſchen eines brudern verſichern koͤñen/ mit dem wir deꝛmaleins ewig- lich uns freuen ſollen: alſo kan verſichern/ daß deſſen/ ob wol mir ſo nahmen als perſon nach unbekant geweſten/ liebes ſchreiben mich inniglich eꝛgoͤtzet hat. Dahero mit demſelben unſers himmliſchen Vaters ewiger guͤte demuͤthigſten danck ſage/ der auch deſſen ſeele von der Obrigkeit der finſternuͤß errettet/ und in das reich ſeines lieben Sohnes verſetzet/ auch tuͤchtig gemacht hat zu dem erbtheil der Heiligen in dem liecht. Sie wolle aber noch fortfahren ſol- ches gute werck fortzuſetzen und zu vollfuͤhren auff den tag JEſu CHriſti: deſſen mich auch zu derſelben treue gewiß/ zu ihme aber/ daß er dem gnaden- zug auch kuͤnfftig gehorſam bleiben/ und deſſen wirckung niemal ſelbs unter- brechen/ oder an ſich vergebens machen werde/ in chriſtlicher liebe verſehe. Dabey ſolte mir aber ſehr angenehm ſeyn/ wo mein wehrter Herr geruhen wolte/ die art und weiſe ausfuͤhrlicher zu beſchreiben/ wie der guͤtigſte Vater das wahre und helle liecht der gerechtigkeit/ davon das ſchreiben gedencket/ in ſeiner ſeelen auffgehen laſſen/ ob es ploͤtzlich oder allgemach/ bey gelegen- heit des leſens/ hoͤrens oder betrachtung goͤttlichen worts/ oder auſſer dem- ſelben aus der krafft des vor dem gefaßten worts/ geſchehen ſeye. Wie dann manchmal einige grund-wahrheiten aus dem goͤttlichen wort in in das hertz alſo gefaßt werden/ daß weil durch anderes dero krafft/ welche ſie ſonſten bey uns haben ſolten/ gehindert wird/ ſie gleichwol lang als waͤren ſie unkraͤfftig bey uns ligen bleiben/ biß ſie ſo zu reden durch gewiſſe gelegen- heit rege gemacht werden/ und in goͤttlicher krafft durchtringen: ſo ich zu vergleichen pflege mit einem ſaamkoͤrnlein/ das in ein gantz trockenes land faͤllet/ welches ſeine lebendige krafft zum auffgehen nicht ereignen kan/ biß et- wa einmal ein geſegneter regen darauff faͤllet/ ſo die erde anfeuchtet/ daß das koͤrnlein zu kaͤumen und hervor zubrechen verurſachet/ weil nunmehr die er- de darzu beqvem worden. Wie nun aber der weiſeſte GOTT nach ſeiner weißheit nicht nur eine/ ſondern vielerley arten und wege bey ſeinen kindern gebraucht/ ſolte michs ſehr freuen/ vielleicht auch zu einigem nuͤtzlich ſeyn/ wo S s s s

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/697
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/697>, abgerufen am 22.02.2025.