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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das fünffte Capitel.
then müssen/ ersetzet GOtt auff andere weise dieselbe bey ihnen: Er redet so viel
offter und nachtrücklicher selbs mit ihnen in seinem wort/ daß sie in ihrer einsam-
keit (indem sie mitten unter den leuten dienicht gleiche begierde GOtt eiffrig zu
dienen haben/ ihnen einsam zuseyn deuchten) so viel kräfftiger desselben würckung
fühlen/ weil sie an statt dessen/ daß sie sonsten verlangten mit andern gottseeligen
hertzen sich offters von ihren geistlichen gütern und pflichten zubesprachen/ der
zeit/ die sie ihren leiblichen verrichtungen abbrechen können/ so viel angelegenlicher
zu lesung und betrachtung anwenden/ und also an statt anderer sichtbahrer freun-
de ihren Heyland/ und alle heilige Propheten/ Apostel und Evangelisten/ in dem
Geist umb sich haben/ mit denen sie sich in ihren schrifften besprachen. Jch ruffe
deswegen den grundgütigen GOtt demüthigst an/ daß dessen väterliche güte über
E. Hochfürstl. Durchl. allezeit mit solcher gnade walten wolle/ daß/ er führe sie
auch da oder dort hin/ sie komme an ort wo sie erbauliche gesellschafft umb sich
hat/ und deroselben geniessen kan/ oder sie müsse mit David unter Mesech und
den hütten Kedar leben/ das ist/ meistentheils lauter leute umb sich sehen/ dero
ärgernüß und unchristlicher wandel ihre Gott-liebende seele betrübete/ sie doch ohn-
geändert und mit gleicher krafft seine göttliche würckung bey sich spüre/ und an
gut und bösem exempel/ welches sie vor sich sehen muß/ zu ihrem geistlichen wachs-
thum anlaß finde: welches auch derjenige wunsch ist/ mit deme immerfort die-
selbe des himmlischen Vaters getreuester obhut empfehle/ und so Jhro als allen
hohen angehörigen alles/ was zu seel und leib hier und dort selig ist/ mit hertzli-
chem eiffer einsältig anwünsche etc. 1673.

SECTIO VIII.
Als obige Fürstin oder Princeßin auch Fürstlich ver-
heyrathet wurde/ zur aufmunterung.

WAs der allerweiseste GOtt mit E. Hochfürstl. Durchl. vor eine ände-
rung vorgenommen/ ist mir eine sonderbahre freude gewesen zuerfah-
ren; wie auch solche freude mir zuerst vor andern vermittels Jungfl.
Müllerin/ daß dergleichen vor seyn sollte/ wissend worden/ biß end-
lich durch deroselben eigen gnädiges in Jungfl. Merlauin uns sam-
mentlich solcher sache gewißheit zugekommen. Wie nun ich biß daher nebens
E. Hochfürstl. Durchl. hohem stande vor allem billich die noch viel höhere von
göttlicher güte deroselben ertheilte geistliche gnade hochgehalten/ und dem geber alles
guten demüthigen danck dafür gesagt/ also sage auch nochmal seiner weisesten

gött-

Das fuͤnffte Capitel.
then muͤſſen/ erſetzet GOtt auff andere weiſe dieſelbe bey ihnen: Er redet ſo viel
offter und nachtruͤcklicher ſelbs mit ihnen in ſeinem wort/ daß ſie in ihrer einſam-
keit (indem ſie mitten unter den leuten dienicht gleiche begierde GOtt eiffrig zu
dienen haben/ ihnen einſam zuſeyn deuchten) ſo viel kraͤfftiger deſſelben wuͤrckung
fuͤhlen/ weil ſie an ſtatt deſſen/ daß ſie ſonſten verlangten mit andern gottſeeligen
hertzen ſich offters von ihren geiſtlichen guͤtern und pflichten zubeſprachen/ der
zeit/ die ſie ihren leiblichen verrichtungen abbrechen koͤnnen/ ſo viel angelegenlicher
zu leſung und betrachtung anwenden/ und alſo an ſtatt anderer ſichtbahrer freun-
de ihren Heyland/ und alle heilige Propheten/ Apoſtel und Evangeliſten/ in dem
Geiſt umb ſich haben/ mit denen ſie ſich in ihren ſchrifften beſprachen. Jch ruffe
deswegen den grundguͤtigen GOtt demuͤthigſt an/ daß deſſen vaͤterliche guͤte uͤber
E. Hochfuͤrſtl. Durchl. allezeit mit ſolcher gnade walten wolle/ daß/ er fuͤhre ſie
auch da oder dort hin/ ſie komme an ort wo ſie erbauliche geſellſchafft umb ſich
hat/ und deroſelben genieſſen kan/ oder ſie muͤſſe mit David unter Meſech und
den huͤtten Kedar leben/ das iſt/ meiſtentheils lauter leute umb ſich ſehen/ dero
aͤrgernuͤß und unchriſtlicher wandel ihre Gott-liebende ſeele betruͤbete/ ſie doch ohn-
geaͤndert und mit gleicher krafft ſeine goͤttliche wuͤrckung bey ſich ſpuͤre/ und an
gut und boͤſem exempel/ welches ſie vor ſich ſehen muß/ zu ihrem geiſtlichen wachs-
thum anlaß finde: welches auch derjenige wunſch iſt/ mit deme immerfort die-
ſelbe des himmliſchen Vaters getreueſter obhut empfehle/ und ſo Jhro als allen
hohen angehoͤrigen alles/ was zu ſeel und leib hier und dort ſelig iſt/ mit hertzli-
chem eiffer einſaͤltig anwuͤnſche ꝛc. 1673.

SECTIO VIII.
Als obige Fuͤrſtin oder Princeßin auch Fuͤrſtlich ver-
heyrathet wurde/ zur aufmunterung.

WAs der allerweiſeſte GOtt mit E. Hochfuͤrſtl. Durchl. vor eine aͤnde-
rung vorgenommen/ iſt mir eine ſonderbahre freude geweſen zuerfah-
ren; wie auch ſolche freude mir zuerſt vor andern vermittels Jungfl.
Muͤllerin/ daß dergleichen vor ſeyn ſollte/ wiſſend worden/ biß end-
lich durch deroſelben eigen gnaͤdiges in Jungfl. Merlauin uns ſam-
mentlich ſolcher ſache gewißheit zugekommen. Wie nun ich biß daher nebens
E. Hochfuͤrſtl. Durchl. hohem ſtande vor allem billich die noch viel hoͤhere von
goͤttlicher guͤte deroſelben ertheilte geiſtliche gnade hochgehalten/ und dem geber alles
guten demuͤthigen danck dafuͤr geſagt/ alſo ſage auch nochmal ſeiner weiſeſten

goͤtt-
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[652/0660] Das fuͤnffte Capitel. then muͤſſen/ erſetzet GOtt auff andere weiſe dieſelbe bey ihnen: Er redet ſo viel offter und nachtruͤcklicher ſelbs mit ihnen in ſeinem wort/ daß ſie in ihrer einſam- keit (indem ſie mitten unter den leuten dienicht gleiche begierde GOtt eiffrig zu dienen haben/ ihnen einſam zuſeyn deuchten) ſo viel kraͤfftiger deſſelben wuͤrckung fuͤhlen/ weil ſie an ſtatt deſſen/ daß ſie ſonſten verlangten mit andern gottſeeligen hertzen ſich offters von ihren geiſtlichen guͤtern und pflichten zubeſprachen/ der zeit/ die ſie ihren leiblichen verrichtungen abbrechen koͤnnen/ ſo viel angelegenlicher zu leſung und betrachtung anwenden/ und alſo an ſtatt anderer ſichtbahrer freun- de ihren Heyland/ und alle heilige Propheten/ Apoſtel und Evangeliſten/ in dem Geiſt umb ſich haben/ mit denen ſie ſich in ihren ſchrifften beſprachen. Jch ruffe deswegen den grundguͤtigen GOtt demuͤthigſt an/ daß deſſen vaͤterliche guͤte uͤber E. Hochfuͤrſtl. Durchl. allezeit mit ſolcher gnade walten wolle/ daß/ er fuͤhre ſie auch da oder dort hin/ ſie komme an ort wo ſie erbauliche geſellſchafft umb ſich hat/ und deroſelben genieſſen kan/ oder ſie muͤſſe mit David unter Meſech und den huͤtten Kedar leben/ das iſt/ meiſtentheils lauter leute umb ſich ſehen/ dero aͤrgernuͤß und unchriſtlicher wandel ihre Gott-liebende ſeele betruͤbete/ ſie doch ohn- geaͤndert und mit gleicher krafft ſeine goͤttliche wuͤrckung bey ſich ſpuͤre/ und an gut und boͤſem exempel/ welches ſie vor ſich ſehen muß/ zu ihrem geiſtlichen wachs- thum anlaß finde: welches auch derjenige wunſch iſt/ mit deme immerfort die- ſelbe des himmliſchen Vaters getreueſter obhut empfehle/ und ſo Jhro als allen hohen angehoͤrigen alles/ was zu ſeel und leib hier und dort ſelig iſt/ mit hertzli- chem eiffer einſaͤltig anwuͤnſche ꝛc. 1673. SECTIO VIII. Als obige Fuͤrſtin oder Princeßin auch Fuͤrſtlich ver- heyrathet wurde/ zur aufmunterung. WAs der allerweiſeſte GOtt mit E. Hochfuͤrſtl. Durchl. vor eine aͤnde- rung vorgenommen/ iſt mir eine ſonderbahre freude geweſen zuerfah- ren; wie auch ſolche freude mir zuerſt vor andern vermittels Jungfl. Muͤllerin/ daß dergleichen vor ſeyn ſollte/ wiſſend worden/ biß end- lich durch deroſelben eigen gnaͤdiges in Jungfl. Merlauin uns ſam- mentlich ſolcher ſache gewißheit zugekommen. Wie nun ich biß daher nebens E. Hochfuͤrſtl. Durchl. hohem ſtande vor allem billich die noch viel hoͤhere von goͤttlicher guͤte deroſelben ertheilte geiſtliche gnade hochgehalten/ und dem geber alles guten demuͤthigen danck dafuͤr geſagt/ alſo ſage auch nochmal ſeiner weiſeſten goͤtt-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/660>, abgerufen am 23.11.2024.