Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.SECTIO X. stis findet er in dem eigenlichen gebrauch unterscheid/ daß incestae eigenlichseyen nur inter collaterales in primo & secundo gradu inaequali consangui nitatis & affinitatis. Hingegen werden inutiles genennet/ quae tantum jure civili vel canonico prohibentur, & non natura vel jure divino repugnante contrahuntur. Wie er auch weiset/ wie unterschiedliche straffe auf beyder- ley arten gesetzet seye. Welches auf gleiche art auch also lehret der geübte Theol. Erasm. Sarcerius Corp. Jur. matrim. P. 3. p. 145. b. 147. a. Und nennet die eine art blut-schändliche und lästerliche/ die andere art unnütze und nicht zuläßige hochzeiten: Nun wird hoffentlich niemand seyn/ der nur die gedancken fassen werde/ daß in diesem casu einiges göttliches verbot zu finden seye; indem göttliches gesetz unter eigenlichen blut-verwandten und schwä- gern seine verbot gar nicht weit extendiret/ und die in demselben verbotene gradus bald gezehlet sind. 2. Wenn aber auch zuweilen generaliori sensu eine blut-schande 3. Werden alle Theologi hierinn gantz einstimmig seyn/ und inspecie girt A a a a 3
SECTIO X. ſtis findet er in dem eigenlichen gebrauch unterſcheid/ daß inceſtæ eigenlichſeyen nur inter collaterales in primo & ſecundo gradu inæquali conſangui nitatis & affinitatis. Hingegen werden inutiles genennet/ quæ tantum jure civili vel canonico prohibentur, & non natura vel jure divino repugnante contrahuntur. Wie er auch weiſet/ wie unterſchiedliche ſtraffe auf beyder- ley arten geſetzet ſeye. Welches auf gleiche art auch alſo lehret der geuͤbte Theol. Eraſm. Sarcerius Corp. Jur. matrim. P. 3. p. 145. b. 147. a. Und nennet die eine art blut-ſchaͤndliche und laͤſterliche/ die andere art unnuͤtze und nicht zulaͤßige hochzeiten: Nun wird hoffentlich niemand ſeyn/ der nur die gedancken faſſen werde/ daß in dieſem caſu einiges goͤttliches verbot zu finden ſeye; indem goͤttliches geſetz unter eigenlichen blut-verwandten und ſchwaͤ- gern ſeine verbot gar nicht weit extendiret/ und die in demſelben verbotene gradus bald gezehlet ſind. 2. Wenn aber auch zuweilen generaliori ſenſu eine blut-ſchande 3. Werden alle Theologi hierinn gantz einſtimmig ſeyn/ und inſpecie girt A a a a 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0565" n="557"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> X.</hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">ſtis</hi> findet er in dem eigenlichen gebrauch unterſcheid/ daß <hi rendition="#aq">inceſtæ</hi> eigenlich<lb/> ſeyen nur <hi rendition="#aq">inter collaterales in primo & ſecundo gradu inæquali conſangui<lb/> nitatis & affinitatis.</hi> Hingegen werden <hi rendition="#aq">inutiles</hi> genennet/ <hi rendition="#aq">quæ tantum jure<lb/> civili vel canonico prohibentur, & non natura vel jure divino repugnante<lb/> contrahuntur.</hi> Wie er auch weiſet/ wie unterſchiedliche ſtraffe auf beyder-<lb/> ley arten geſetzet ſeye. Welches auf gleiche art auch alſo lehret der geuͤbte<lb/><hi rendition="#aq">Theol. Eraſm. Sarcerius Corp. Jur. matrim. P. 3. p. 145. b. 147. a.</hi> Und nennet<lb/> die eine art <hi rendition="#fr">blut-ſchaͤndliche und laͤſterliche/</hi> die andere art <hi rendition="#fr">unnuͤtze und<lb/> nicht zulaͤßige hochzeiten:</hi> Nun wird hoffentlich niemand ſeyn/ der nur die<lb/> gedancken faſſen werde/ daß in dieſem <hi rendition="#aq">caſu</hi> einiges goͤttliches verbot zu finden<lb/> ſeye; indem goͤttliches geſetz unter eigenlichen blut-verwandten und ſchwaͤ-<lb/> gern ſeine verbot gar nicht weit <hi rendition="#aq">extendi</hi>ret/ und die in demſelben verbotene<lb/><hi rendition="#aq">gradus</hi> bald gezehlet ſind.</p><lb/> <p>2. Wenn aber auch zuweilen <hi rendition="#aq">generaliori ſenſu</hi> eine <hi rendition="#fr">blut-ſchande</hi><lb/> genennet werden mag alle verbotene vermiſchung/ die nicht nur aus goͤttli-<lb/> chen ſondern auch menſchlichen geſetzen und ordnungen unerlaubet ſind/ ſo<lb/> mag aber dieſe heyrath/ daß zwey bruͤder zwey ſchweſtern heyrathen/ auch in<lb/> ſolchem weitern verſtande vor keine blut-ſchande geachtet werden/ indem kein<lb/> verbot vorhanden iſt; von goͤttlichem geſetz wird nicht eine einige vermu-<lb/> thung deſſen ſeyn. Was denn die Kaͤyſerliche/ weltliche und <hi rendition="#aq">canoni</hi>ſche<lb/> geiſtliche rechte anlanget/ ſo kommen ſolche/ ob ſie wol ſonſten in ſo vielen ſtuͤ-<lb/> cken <hi rendition="#aq">different</hi> ſind/ in dieſer regel alle uͤberein/ daß zweyer eheleute bluts-<lb/> freunde keine ſchwaͤgerſchafft unter ſich haben/ und alſo <hi rendition="#aq">Sempronii</hi> bruder<lb/> und ſeiner frauen ſchweſter keine ſchwaͤgerſchafft unter ſich haben. Wenn<lb/> denn nun alles verbot ordenlicher weiſe entweder wegen des gebluͤts ſelbs/<lb/> oder wegen der ſchwaͤgerſchafft geſchihet/ und aber dieſe beyde verlobte weder<lb/> mit einander verwandt ſind nach dem gebluͤte/ noch in einer eigenlichen ſchwaͤ-<lb/> gerſchafft ſtehen/ ſo folgt ſo bald/ daß zwiſchen ſelbigen kein verbot ſeyn<lb/> koͤnne.</p><lb/> <p>3. Werden alle <hi rendition="#aq">Theologi</hi> hierinn gantz einſtimmig ſeyn/ und <hi rendition="#aq">inſpecie</hi><lb/> dieſe heyrath aus vorgedachten regeln nicht verboten achten/ daher ſie alle<lb/> annehmen und behaupten; als <hi rendition="#aq">(1) Philipp. Melanchthon,</hi> deſſen dieſe wor-<lb/> te ſind: <hi rendition="#aq">Non late vagatur affinitas. Nam conſanguinei mei non ſunt af-<lb/> fines conſangvineis uxoris meæ. E. â conſangvinea uxoris meæ abſtinere<lb/> debeo, mei conſangvinei abſtinere debent à mea uxore, non à conſangvi-<lb/> neis meæ uxoris. Quare duo fratres cum duabus ſororibus contrahere poſ-<lb/> ſunt. Non enim impediuntur affinitate.</hi> Wiederum <hi rendition="#aq">(2) D. G. Major. conſan-<lb/> gvinei uxoris non fiunt affines conſangvineis mariti, nec conſangvinei<lb/> mariti fiunt affines conſangvineis uxoris, ita ut inter ipſos conſangvineos<lb/> mariti & uxoris matrimonium contrahi non poſſit;</hi> welche beyde <hi rendition="#aq">loca alle-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A a a a 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">gi</hi>rt</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [557/0565]
SECTIO X.
ſtis findet er in dem eigenlichen gebrauch unterſcheid/ daß inceſtæ eigenlich
ſeyen nur inter collaterales in primo & ſecundo gradu inæquali conſangui
nitatis & affinitatis. Hingegen werden inutiles genennet/ quæ tantum jure
civili vel canonico prohibentur, & non natura vel jure divino repugnante
contrahuntur. Wie er auch weiſet/ wie unterſchiedliche ſtraffe auf beyder-
ley arten geſetzet ſeye. Welches auf gleiche art auch alſo lehret der geuͤbte
Theol. Eraſm. Sarcerius Corp. Jur. matrim. P. 3. p. 145. b. 147. a. Und nennet
die eine art blut-ſchaͤndliche und laͤſterliche/ die andere art unnuͤtze und
nicht zulaͤßige hochzeiten: Nun wird hoffentlich niemand ſeyn/ der nur die
gedancken faſſen werde/ daß in dieſem caſu einiges goͤttliches verbot zu finden
ſeye; indem goͤttliches geſetz unter eigenlichen blut-verwandten und ſchwaͤ-
gern ſeine verbot gar nicht weit extendiret/ und die in demſelben verbotene
gradus bald gezehlet ſind.
2. Wenn aber auch zuweilen generaliori ſenſu eine blut-ſchande
genennet werden mag alle verbotene vermiſchung/ die nicht nur aus goͤttli-
chen ſondern auch menſchlichen geſetzen und ordnungen unerlaubet ſind/ ſo
mag aber dieſe heyrath/ daß zwey bruͤder zwey ſchweſtern heyrathen/ auch in
ſolchem weitern verſtande vor keine blut-ſchande geachtet werden/ indem kein
verbot vorhanden iſt; von goͤttlichem geſetz wird nicht eine einige vermu-
thung deſſen ſeyn. Was denn die Kaͤyſerliche/ weltliche und canoniſche
geiſtliche rechte anlanget/ ſo kommen ſolche/ ob ſie wol ſonſten in ſo vielen ſtuͤ-
cken different ſind/ in dieſer regel alle uͤberein/ daß zweyer eheleute bluts-
freunde keine ſchwaͤgerſchafft unter ſich haben/ und alſo Sempronii bruder
und ſeiner frauen ſchweſter keine ſchwaͤgerſchafft unter ſich haben. Wenn
denn nun alles verbot ordenlicher weiſe entweder wegen des gebluͤts ſelbs/
oder wegen der ſchwaͤgerſchafft geſchihet/ und aber dieſe beyde verlobte weder
mit einander verwandt ſind nach dem gebluͤte/ noch in einer eigenlichen ſchwaͤ-
gerſchafft ſtehen/ ſo folgt ſo bald/ daß zwiſchen ſelbigen kein verbot ſeyn
koͤnne.
3. Werden alle Theologi hierinn gantz einſtimmig ſeyn/ und inſpecie
dieſe heyrath aus vorgedachten regeln nicht verboten achten/ daher ſie alle
annehmen und behaupten; als (1) Philipp. Melanchthon, deſſen dieſe wor-
te ſind: Non late vagatur affinitas. Nam conſanguinei mei non ſunt af-
fines conſangvineis uxoris meæ. E. â conſangvinea uxoris meæ abſtinere
debeo, mei conſangvinei abſtinere debent à mea uxore, non à conſangvi-
neis meæ uxoris. Quare duo fratres cum duabus ſororibus contrahere poſ-
ſunt. Non enim impediuntur affinitate. Wiederum (2) D. G. Major. conſan-
gvinei uxoris non fiunt affines conſangvineis mariti, nec conſangvinei
mariti fiunt affines conſangvineis uxoris, ita ut inter ipſos conſangvineos
mariti & uxoris matrimonium contrahi non poſſit; welche beyde loca alle-
girt
A a a a 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |